Projekt 34316/01

Ethohydraulische Untersuchungen zur Funktionalität und Fischfreundlichkeit einer neu entwickelten Fangkammer unter besonderer Berücksichtigung von Bodenfischen

Projektträger

Universität Kassel Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen Versuchsanstalt und Prüfstelle für Umwelttechnik und Wasserbau
Kurt-Wolters-Str. 3
34125 Kassel
Telefon: +49 561 8043291

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Auffindbarkeit von Fischaufstiegsanlagen ist in vielen Fällen nicht optimal, weil der mäßige Durchfluss
durch den Fischpass mit einem großen und hochturbulenten Durchfluss aus einer Wasserkraftanlage konkurriert.
Der Leitstrom aus der Fischaufstiegsanlage wird durch diese hohe Turbulenz gestört und kann
sein Lockwirkung nur in einem kleinen Bereich entfalten Dadurch leidet die Auffindbarkeit des Fischpasses
massiv. Weiterhin muss die Auffindbarkeit von intermittierend arbeitenden Aufstiegsanlagen wie Fischlifte
oder Fischschleusen dahingehend unterstützt werden, dass Fische auch dann angelockt werden, wenn
die Anlage gerade nicht geöffnet ist, und dass sie dann nicht infolge eines weiteren Suchverhaltens den
Einstiegsbereich wieder verlassen.
Das Konzept der Fangkammer basiert zum einen auf der Idee, mit durchlässigen Rechen einen Raum zu
schaffen, der von einem Teil der konkurrierenden Strömung durchflossen wird, so dass dieser Abfluss-
Anteil als Lockströmung wirksam wird. Mit einem unterwasserseitigen Verschluss (Rechen) können Fische,
die in die Fangkammer gewandert sind, am Wegschwimmen gehindert werden. Als zweite Komponente
im Konzept kann einer der Verschluss-Rechen horizontal so bewegt werden, dass die Fische so
nah zum weiteren Wanderkorridor gebracht werden, dass ein Ausweichen praktisch nicht möglich ist.
Diese Funktion kann auch die Verfrachtung in ein Transportgefäß beinhalten, in dem die Fische dann zum
Oberwasser gebracht werden können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenKritischer Punkt im geschilderten Lösungskonzept ist die Scherkante zwischen dem beweglichen Rechen
und einer rauen Sohle. Diverse Fischarten, deren Wanderungen im Sinne eines genetischen Austauschs
ebenfalls unterstützt werden sollen, verlassen eine natürliche oder naturähnliche Sohle nur ungern und
schmiegen sich bei Gefahr in die Rauheits-Strukturen dieses Untergrunds. Die Sohle der Fangkammer
muss deshalb mit Rauheitsstrukturen versehen sein, dass die Fische ohne Zögern einwandern. Hierfür
wurde in einem ersten Untersuchungsschritt eine künstlich gestaltete Sohle einer naturnahen gegenübergestellt
und untersucht, welches Wanderverhalten kleine Grundfischarten (Schmerlen und Groppen) bei
beiden Strukturen zeigen. Anschließend wurde untersucht, ob Fische mit dem an der Unterkante speziell
ausgerüsteten Verschiebe-Element ohne Verletzungsgefahr und ohne übermäßige Störung motiviert werden
können, die Sohlstrukturen zu verlassen und in der gewünschten Richtung weiter zu wandern.
Der Kern der Versuche beinhaltete demnach die ethohydraulische Untersuchungen folgender Fragen:
1. Gelingt es, in einer Fangkammer künstliche Rauheitsstrukturen zu schaffen, über die sohlorientierte
Fische freiwillig einwandern?
2. Wie kann die Unterkante eines verschieblichen Rechens beschaffen bzw. ausgerüstet sein, damit Fische
ohne Verletzungsgefahr in die beabsichtigte Richtung „gescheucht“ werden können?
3. Wandern so verfrachtete Fische in ein Transportgefäß ein, das mit einer glatten Sohle versehen ist?
4. Wie verhalten sich Fische, wenn ein solches Transportgefäß leerläuft bzw. ausgeleert wird?
Diese Fragen wurden mit einer Versuchseinrichtung ethohydraulisch untersucht, die in der großen Kipprinne
der Versuchsanstalt und Prüfstelle für Umwelttechnik und Wasserbau (Breite 2,00 m; Länge 30 m)
eingebaut wurde. Der Versuchsstand bildete die natürliche Strömungssituation annähernd nach, so dass
aus dem Verhalten der Fische auf die Funktionalität und die Effizienz solcher Einrichtungen in der Natur
geschlossen werden kann. Dazu wurden diverse Fischarten (Schmerlen (Barbatula barbatula) und Groppen
(Cottus gobio)) in den Versuchsstand gesetzt und dabei beobachtet, wie sie in die Fangkammer einwandern
und sich beim Heranfahren des Verschiebeelements gegen die Strömung des Wassers verhalten.
Die Effizienzen verschiedener Ausrüstungen bzw. Scheuchvarianten an der Unterkante des Verschiebeelements
(Schwingungserzeuger, Wasserstrahlen und Borstenriegel) wurden bestimmt.


Fazit

Bei den Laborversuchen wurde deutlich, dass einzelne Komponenten der Fangkammeranlage, wie z.B.
die künstlich gestaltete raue Sohle, der Leitrechen, der Verschieberechen oder der Hebetrog für sich die
beabsichtigte Wirkung entfalten und somit in Kombination mit anderen Fischaufstiegslösungen sinnvoll
einsetzbar sein können. Somit ist eine Anwendung der Erkenntnisse bei unterschiedlichen Konzepten zur
Verbesserung von Fischaufstiegen möglich.
Weiterhin wurden die positiven Erkenntnisse bereits zum Anlass genommen, im Rahmen der Innovationsförderung
Hessen aus Mitteln der LOEWE-Landesoffensive zur Entwicklung Wissenschaftlichökonomischer
Exzellenz (Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben) ein Folgeprojekt zu beantragen, das bewilligt
ist. Dieses wird helfen, einerseits noch offene Fragen in weiteren Laboruntersuchungen zu klären
und andererseits die Fangkammer an einem realen Kraftwerksstandort auf Einsetzbarkeit, Wirksamkeit
und Effizienz zu prüfen.

Übersicht

Fördersumme

123.274,00 €

Förderzeitraum

01.04.2018 - 30.09.2019

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik