Projekt 33566/02

Analyse der Effekte von Mikroschadstoffeinleitungen auf Makrozoobenthosorganismen in Gewässern: biochemische Marker, in situ Untersuchungen und LimCo Biosensor-System (LBS) für eine integrierte ökologisch relevante Bewertung

Projektträger

Universität Duisburg Essen Institut für Biologie Angewandte Zoologie / Hydrobiologie
Universitätsstr. 5
45141 Essen
Telefon: 0201 1832617

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Fokus dieses Projektes standen die Auswirkungen von in gereinigtem Abwasser enthaltenen Mikroschadstoffen auf aquatische Wirbellose. Untersucht werden sollte die Frage, ob die Elimination von Mikroschadstoffen, beispielsweise durch Einsatz von Ozonierung, zum Erreichen des Qualitätsziels „guter ökologischer Zustand“ bzw. „gutes ökologisches Potenzial“ der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie führt. Um den Erfolg einer zusätzlichen, auf Mikroschadstoffe abzielenden Abwasserreinigung auf bewertungsrelevanten Arten des Makrozoobenthos zu untersuchen, wurden die Auswirkungen einer vierten Reinigungsstufe in Form einer Ozonierung im Re-zirkulationsbetrieb analysiert, um so abzuschätzen, inwieweit damit der Gewässerzustand nach Wasserrahmenrichtlinie im abwasseraufnehmenden Gewässerverbessert werden kann.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn Fließrinnenversuchen wurden konventionell behandeltes Abwasser, zusätzlich ozoniertes Ab-wasser und Ruhrwasser (als Umweltreferenz) hinsichtlich ihrer Wirkung auf physiologische und ethologische Parameter bei ausgewählten Wirbellosenarten untersucht. Im Jahr 2018 erfolgten zunächst die Erstellung und anschließend die Etablierung einer Versuchsanlage mit unverdünntem Abwasser auf der Kläranlage Schwerte. In den Jahren 2019 und 2020 fanden Versuche mit verdünntem Abwasser statt, um die Versuchsbedingungen den tatsächlich im Fließgewässer vorzufindenden Bedingungen anzugleichen.
Nachfolgend wurden ausschließlich die Ergebnisse auf Basis der Versuche mit verdünntem Abwasser (2019 und 2020) ausgewertet und diskutiert. Um die Reaktionen der Versuchsorganismen auf konventionell gereinigtes und zusätzlich ozoniertes Abwasser zu untersuchen, wurden drei biologische Antwortvariablen erhoben und ausgewertet: Mortalität (bzw. Überleben), Bewe-gungsverhalten und physiologische Reaktionen (Biomarker).



Ergebnisse und Diskussion

Weder zusätzlich ozoniertes, noch rein konventionell behandeltes Abwasser zeigte über den gesamten Versuchszeitraum akut toxische Effekte auf das Überleben der drei untersuchten Wirbellosenarten. Im Gegensatz dazu legen sowohl die physiologischen Antworten als auch die Verhaltensreaktionen der Organismen chronische Effekte nahe. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die biologischen Endpunkte „Verhalten“ und „Biomarker“ von einzelnen Schadstoffklassen besonders deutlich beeinflusst wurden und beide biologischen Antworten zudem miteinander in Beziehung stehen. Unter vergleichbaren Sauerstoffbedingungen in den Versuchswässern waren keine signifikanten Unterschiede zwischen der Verhaltensreaktion im zusätzlich ozonierten Abwasser und im Ruhrwasser feststellbar, während die Reaktion der Tiere im konventionell behan-delten Abwasser signifikante Unterschiede zeigte. Die physiologische Reaktion zeigte nur bei einem Biomarker und auch nur für eine Wirbellosenart einen signifikanten Unterschied zwischen zusätzlich ozoniertem und konventionell behandeltem Abwasser.

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts legen nahe, dass die Verhaltensreaktionen der Organismen in vielen Fällen deutlicher ausgeprägt waren als ihre Biomarkerreaktionen. Hinsichtlich der Versuchswässer zeigten nur die Tiere im konventionellen Abwasser signifikant unterschiedliche Reaktionen von denen im zusätzlich ozonierten Abwasser und im Ruhrwasser. Jedoch zeigte sich, dass auch das als Umweltreferenz verwendete Ruhrwasser nennenswert mit Mikroschadstoffen belastet war, deren Ursprung sowohl auf im Einzugsgebiet oberhalb gelegene Punktquellen (z. B weitere Kläranlagen) als auch diffuse Quellen (z. B. Landwirtschaft) zurückzuführen ist.

Im Hinblick auf die Abwasserbehandlung legen die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts nahe, dass die Sauerstoffkonzentration in den Abwässern zum Teil sehr stark reduziert war, was mutmaßlich auf einen hohen biologischen Sauerstoffbedarf im behandelten Abwasser zurückzuführen ist. Insbesondere im zusätzlich ozonbehandelten Abwasser waren die Sauerstoffbedingungen für die wirbellosen Organismen pessimal und lagen zum Teil deutlich unter der Umweltqualitätsnorm. Gleichzeitig zeigten die Organismen unter diesen Bedingungen eine signifikant erhöhte Gesamtaktivität und signifikante Veränderungen bei zwei Biomarkern. Somit sollte im Hinblick auf eine Abwasserozonierung auch der potenziell negative Effekt auf die Sauerstoffbedingungen im Gewässer ausdrücklich mitberücksichtigt werden.
Bei der von den Versuchswässern losgelösten Betrachtung der biologischen Endpunkte zeigte sich, dass viele der für die Reaktionen der Organismen verantwortlichen Mikroschadstoffe den Schadstoffklassen Pflanzenschutzmittel und Industriechemikalien zuzuordnen sind. Gerade bei den Pflanzenschutzmitteln kommen diffuse (flächenhafte) Einträge über landwirtschaftliche Flächen im gesamten Einzugsgebiet eines Fließgewässers als Eintragspfade in Betracht. Mit einer zusätzlichen Abwasserbehandlung über Kläranlagen sind diese Einträge nicht zu fassen und insbesondere nicht zu reduzieren.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zu Beginn des Projekts wurde eine Pressemitteilung auf der Seite der Universität Duisburg-Essen herausgegeben (https://www.uni-due.de/2017-12-11-kleinlebewesen-im-fluss). Eine weite-re Information der Medien erfolgte im Frühjahr 2018 mit dem Beginn der Versuche auf der Klär-anlage Schwerte
(https://www.ruhrverband.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/news///ruhrverbandund-uni-duisburg-essen-starten-versuchsbetrieb-zu-forschungsprojekt/).

2019 erfolgten mehrere Beiträge zum Projekt auf der Seite vom Forschungskolleg Future Water, in dem Louisa Rothe assoziierte Kollegiatin ist (http://www.nrwfuturewater.de/index.php/universitaet-duisburg-essen.html). Das Projekt wurde in Publikationen und Vorträgen auf verschiedenen Veranstaltungen vorgestellt.
Publikationen:

1. Rothe, L. E., Feld, C. K., Sures, B., Weyand, M., Gerhardt, A. (2020): Einfluss von Mik-roschadstoffen auf Makrozoobenthosorganismen (MZB). Gewässerschutz-WasserAbwasser. In: Gewässerschutz – Wasser – Abwasser, Schriftenreihe des Instituts für Siedlungswasserwirt-schaft der RWTH Aachen, 2020, 252, S. 9/1 - 9/832.

2. Weyand, M., Rothe, L. E. (2020): Einfluss von Mikroschadstoffen auf das Makrozoobenthos. Ruhrgütebericht 2019.
3. Rothe, L. E., Botha, T. L., Feld, C. K., Weyand, M., Zimmermann, S., Smit, N., Wepener, V., Sures, B. (2021): Ecotoxicological effects of conventionally treated and ozonated wastewater containing micropollutants on survival, physiology, morphology, and behavior of larval zebrafish (Danio rerio). Environmental Pollution, 286, 117241, https://doi.org/10.1016/j.envpol.2021.117241

4. Baetz, N., Rothe, L.E., Wirzberger, V., Sures, B., Schmidt, T., Tuerk, J. (2021): High perfor-mance thin-layer chromatography in combination with a Yeast-based multi-effect bioassay to de-termine endocrine effects in environmental samples. Analytical and Bioanalytical Chemistry, 413, 1321–1335, https://doi.org/10.1007/s00216-020-03095-5

5. Rothe, L. E., Löffler, F., Gerhardt, A., Feld, C. F., Stift, R., Weyand, M., Grabner, D., Sures, B. (2022): Parasite infection influences the biomarker response and locomotor activity of Gammarus fossarum exposed to conventionally-treated wastewater. Ecotoxicology and Environmental Safe-ty (in press)

Vorträge:

1. Ökosystemrelevante Bewertung von Schadstoffen, Sures, B., Rothe, L. E., Feld, C. K., DBU-Tagung Pestizide in der Umwelt – Defizite erkennen, Handlungsoptionen entwickeln 2019, Osn-abrück.

2. Effekte von Mikroschadstoffen aus konventionellem und ozoniertem Abwasser auf Makro-zoobenthos-Organismen: Ein Projektüberblick, Rothe, L. E., Feld, C. K., Weyand, M., Gerhardt, A., Sures, B., Tagung SETAC GLB 2019, Landau.

3. Effects of conventional and ozonated wastewater on macroinvertebrates: A Project-Overview. Rothe, L. E., Feld, C. K., Weyand, M., Gerhardt, A., Sures, B., Tagung GfÖ 2019, Münster Effek-te von Mikroschadstoffen auf aquatische Ökosysteme, Sures, B., 2020,Abschlusskonferenz Mik-romodell, Dresden.

4. Einfluss von konventionell gereinigtem und ozoniertem Abwasser auf Mortalität, Verhalten und Biomarker ausgewählter Makrozoobenthos-Organismen, Rothe, L.E., Feld, C. K., Weyand, M., Gerhardt, A., Sures, B., Future Water Kolloquium, 2021, Essen, online.

5. Da ist der (Kratz-)wurm drin: Parasiteninfektion verändert die Reaktionen von Gammarus fossarum auf konventionell gereinigtes Abwasser. Rothe, L. E., Löffler, F., Gerhardt, A., Feld, C. F., Stift, R., Weyand, M., Grabner, D., Sures, B., Tagung SETAC GLB 2021, online.

6. Butter bei die Fische: Auswirkungen von konventionellem und ozonbehandeltem Abwasser auf Embryonen des Zebrabärblings Danio rerio. Rothe, L. E., Botha, T. L., Feld, C. K., Weyand, M., Zimmermann, S., Smit, N. J., Wepener, V., Sures, B., Tagung SETAC GLB 2021, (Kurzvortrag) online.





Fazit

Im Hinblick auf die Zielerreichung eines guten ökologischen Gewässerzustands bedeuten die vorliegenden Ergebnisse für das zukünftige Management von Maßnahmen: Die Etablierung von vierten Reinigungsstufen auf Kläranlagen wird zu einer Verringerung der detektierbaren Mik-roschadstoffbelastung in den Gewässern beitragen. Ebenfalls wird dies grundsätzlich mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Gewässerorganismen verbunden sein. Diese kann aber in vielen Fällen (in Abhängigkeit von der Gewässergröße bzw. vom Klarwasseranteil) nicht ausreichend sein, um einen substanziellen Beitrag für die Erreichung eines guten ökologischen Zustands zu leisten, da die Stoffe, die nach den Ergebnissen dieses Forschungsprojekts maß-geblich von negativem Einfluss auf das Wohlbefinden der Gewässerorganismen sind, oft nicht durch die vierten Reinigungsstufen auf Kläranlagen erfasst werden. Erst mit zusätzlichen Maßnahmen auch in diesem außerhalb der Siedlungsentwässerung liegenden Aktionsfeld (z.B. Etablierung von Gewässerrandstreifen mit standorttypischer Vegetation, Verringerung des Einsatzes von Industriechemikalien und Pflanzenschutzmitteln) dürfte es daher gelingen, aus stofflicher Sicht die notwendigen Voraussetzungen zur Erfüllung der Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu schaffen.

Übersicht

Fördersumme

20.000,00 €

Förderzeitraum

17.09.2020 - 31.01.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik