Projekt 32059/01

Entwicklung und modellhafte Anwendung von Konservierungsstrategien zum Erhalt von anthropogen geschädigten Schieferwandbehängen am Beispiel der Fassade des Mönchehaus in Goslar

Projektträger

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Scharnhorststr. 1
30175 Hannover
Telefon: 0511/925-5237

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Mönchehaus ist ein bedeutendes Fachwerkgebäude aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Kernbereich der Goslarer Altstadt. Das Mönchehaus und sein für Goslar typischer Wandbehang in Tonschiefer sind prägende Bestandteile des Welterbes. Das Umwelt geschädigte Schiefermaterial, das im Jahr 2013 im Rahmen der Bauwerkserhaltung abgenommen werden musste, stand für modellhafte Untersuchungen zur Substanzerhaltung und Denkmalpflege zur Verfügung. Zielesetzung:
- Anwendung und Praxistest zerstörungsfreier Prüfmethoden,
- Ressourcenschonung: Erarbeitung von Kriterien zur Wiederverwendung von Goslarer Schiefer,
- Konservierung: Methodenvergleich und Untersuchung der Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit,
- Wiederanbringung des Wandbehangs am Mönchehaus und Entwicklung eines Monitoringkonzeptes,
- Verbreitung der Ergebnisse in Forschung und Praxis.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt verlief in fünf Phasen:
- Recherchen und Untersuchungen; Erfassung von Bestand und Zustand des Mönchehaus-Schiefers;
- Untersuchung der Konservierbarkeit von Goslarer Schiefer am Beispiel des Mönchehaus-Materials;
- Strategieentwicklung zur Ressourcenschonung und Wiederverwendung;
- Konservierung des Mönchehaus-Schiefers und Wiederanbringung/Rekonstruktion des Wandbehangs;
- Dokumentation und Verbreitung der Ergebnisse.
Die angewendeten Methoden reichten von der im Handwerk bewährten optisch-haptischen Materialcha-rakterisierung mit Klangprobe, über messtechnische Verfahren wie akkustische Resonanzanalyse, IR-Thermografie und Ultraschallmessung bis zur Röntgenbeugung, Licht- und Rasterelektronenmikrosko-pie.
Die Konservierungstests erfolgten mit unterschiedlichen Mitteln im Badtränkverfahren mit/ohne Vakuum.
Die Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit wurde mittels Verwitterungssimulation im Labor und Freiland geprüft.



Ergebnisse und Diskussion

Zusammensetzung und Zustand des Goslarer Schiefers: Materialtypisch ist die Schiefertextur mit guter Spaltbarkeit entlang paralleler Trennflächen. Das Gestein besteht hauptsächlich aus den Mineralen Quarz, Muskovit-Illit, Chlorit und Plagioklas sowie Ton- (Montmorillonit) und/oder Karbonatmineralen (Calcit, Ankerit) und Akzessorien (Pyrit, Kohlenstoff, Titanit und Apatit). Goslarer und Fredeburger Schiefer weisen im Materialvergleich die größte Übereinstimmung auf. In Deutschland wird Schiefer für Bauzwecke heute nur noch in Altlay/Hunsrück und in Fredeburg/Sauerland gewonnen.
Umwelteinflüsse („saurer Regen“) sowie natürliche Abbauprozesse sind die Ursachen für Gefügelockerung, sekundäre Porosität und Neubildung von Gips. Je nach Exposition entwickeln sich Schadensformen wie Abschalen, Aufblättern der Ränder und Abrundung der Kanten. Die Standzeiten des Goslarer Dachschiefers sind meist weniger als 100 Jahre, bei guter Qualität und als Wandbehang auch weit mehr, wie das Beispiel Mönchehaus beweist. Bestand als Ressource und Ressourcenschonung: Goslarer Schiefer entwickelt in Freibewitterung eine das Stadtbild prägende charakteristische „Farbigkeit“, mit unterschiedlich grauen, roten und z. T. auch grünen Tönen. Das Bestandsmaterial bildet die Ressource, die es zu bewahren gilt, da bruchfrisches Material nicht mehr zur Verfügung steht. Beispielhaft wurde an einem Vergleichsobjekt im LK Hildesheim im Rahmen einer Dachinstandsetzung wiederverwendbares Schiefermaterial durch erfahrene Schieferdecker gesichert und in das Depot des GGM überführt. Konservierungswissenschaftliche Untersuchungen: Die in der HAWK erprobten Konservierungsmittel reichen von Kieselsäurestern und Lithium-Wasserglas, über Acrylate bis zu Epoxidharzen und Epoxidharzmischungen. Die Applikation wurde mit verschiedenen Badtränkungsarten getestet (ein- und zweimalig drucklos, mit Evakuuierung und mit kombiniertem Unter- und Überdruck). Außerdem wurden zwei Verfahren kommerzieller Anbieter in die Tests einbezogen (Acrylharztränkung AVT 50/IBACH GmbH und Vakuum-Kreislaufverfahren VKV/Pummer GmbH). Die mit Abstand besten Ergebnisse wurden mit den Epoxidharzmischungen erzielt (EP 6, 9 und 11). Vor der Massenbehandlung von rund 900 Schieferplatten wurden die Abläufe in der Werkstatt Skasa-Lindermeir getestet und optimiert. Auf dieser Grundlage wurde entschieden, die Mengenbehandlung mit der Epoxidharzmischung EP 6 durchzuführen, bei einstündiger Badtränkung mit Vakuumunterstützung nach dem Untertauchen.

Rekonstruktion des Wandbehangs am Mönchehaus: In Vorversuchen wurden Optik, Haptik und Klang des konservierten Schiefermaterials von erfahrenen Goslarer Schieferdeckern geprüft. Der Wandbehang wurde2019 rekonstruiert und 2020 fotografisch dokumentiert. Die Materialverwendung wurde kartiert und quantifiziert: Der Wandbehang besteht aktuell aus 958 Schieferplatten gegenüber 939 Platten im Jahr 2013; ca. 55 % der Platten sind konserviertes Originalmaterial; ca. 45 % der Platten stammen aus dem Sammlungsbestand des GGM.

Modellhaftigkeit: Der Schieferbehang des Mönchehauses weist einen hohen Identifikations- und Denkmalwert in der Altstadt von Goslar auf. Die Rekonstruktion des Wandbehangs mit Bestandsmaterial ist deshalb von besonderer Bedeutung. Durch die abwechselnde Verwendung von konserviertem und unbehandeltem Material konnte das charakteristische „Farbspiel“ des Goslarer Schiefers weitgehend erhalten werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektziele und -ergebnisse wurden öffentlich, denkmalfachlich und konservierungswissenschaftlich präsentiert und diskutiert, insbesondere in Goslar (Pressetermine), in der Universität Göttingen (Arbeitskreis Archäometrie und Denkmalpflege der DMG 2016), in der HAWK Hildesheim (Intern. Fachtagung „Konsolidieren und Kommunizieren“ 2018) und im NLD-Hannover (mit MWK- und ICOMOS 2018).

Medienecho: Goslarsche Zeitung am 14.04.2016; General Anzeiger am 17.04.2016; Harzer Panorama am 17.04.2016; Goslarsche Zeitung am 07.05.2019 „Schiefer kommt zurück an die Fassade“.

Publikationen: Beiträge in den „Berichten zur Denkmalpflege in Niedersachsen“ (Heft 2-2015/Stadlbauer et al.; Heft 2-2016/Stadlbauer; Heft 3-2017/Niemeyer et al.; Heft 3-2019/Stadlbauer et al.).
Wiss. Veröffentlichungen: Schlütter et al. 2016: „Ist Schiefer konservierbar?“; D’ham 2018: „Konservie-rungsversuche an Tonschiefer …“; Stadlbauer et al. 2020: “Preservation and conservation of Goslar slate -…“. In Vorbereitung für 2022: Fachtagung in Goslar sowie ein Arbeitsheft zur Denkmalpflege in Niedersachsen.



Fazit

Im Modellprojekt wurde die Konservierbarkeit von Schiefer erstmals erforscht. Die Konservierung von umweltgeschädigtem Goslarer Schiefer mit Epoxidharzmischungen hat sich als gut wirksam und relativ dauerhaft erwiesen sowie auch als handwerklich brauchbar und ästhetisch akzeptabel. Auf Grund der Prüfergebnisse im Rahmen der Verwitterungssimulation ist zu erwarten, dass das konservierte und das unbehandelte wiederverwendete Schiefermaterial sich als mindestens ähnlich beständig erweisen wird. Die Konservierung erweitert die Möglichkeiten zur Erhaltung historischer Schieferwandbehänge. Sie kann in Betracht gezogen werden, wenn es (wie im Modellprojekt) um die Bewahrung des Originalmaterials von bedeutenden und gefährdeten Beständen geht, die ansonsten ersetzt werden müssten. Die Sicherung und Aufbewahrung von wiederverwendbarem Goslarer Schiefer sollte finanziell gefördert werden und im Rahmen von Instandsetzungsmaßnahmen häufiger als bisher zur Anwendung kommen.

Übersicht

Fördersumme

119.616,00 €

Förderzeitraum

06.11.2014 - 30.04.2020

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik