Projekt 29049/01

Umsetzung der sonischen Wirkung bei Gewinnungssprengungen in die Praxis zwecks Reduzierung von Umwelteinwirkungen

Projektträger

Geotechnisches Sachverständigenbüro Dr.-Ing. habil. Bernd Müller - Movement and Blasting Consulting -
Wiesenring 2
04159 Leipzig
Telefon: 0341/3587030

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Beim Abbau von Festgestein in Tagebauen und dem sprengtechnischen Lösen im Festgebirge treten zwangsläufig deutliche Umwelteinwirkungen wie Lärm-, Staub-, Erschütterungsimmissionen sowie selten Steinflug auf. Es ist daher gegenüber der bisher empirischen Vorgehensweise erforderlich, eine gezielte Beeinflussung der Umwelteinwirkungen auf der Grundlage der Kenntnis nachgewiesener physikalischer Zusammenhänge der Zerkleinerungs- und Erschütterungsauswirkungen von Sprengungen vorzunehmen. Es ist das Ziel der Forschungsarbeiten, die sonischen Wirkungen bei der detonativen Umsetzung von Sprengstoffen und ein physikalisch gestütztes Sprengmodell hinsichtlich seiner entscheidenden Auswirkungen einer energiesparenden, optimalen Zertrümmerung und erschütterungsmindernder Umsetzung statistisch gesichert in unterschiedlichen Festgebirgen über und unter Tage durch Sprengungen in situ nachzuweisen. Die zu erarbeitenden Erkenntnisse stellen die Grundlage für eine praxisbezogene, realistische und verständliche Vorgehensweise zur Bemessung von Sprenganlagen mit unterschiedlichen Zielen dar. Die physikalisch begründete Dimensionierung von Sprengungen im Festgebirge soll die Rahmenbedingungen für eine gesteuerte Umweltentlastung enthalten, die insbesondere die Erschütterungsminimierung und bessere energetische Ausnutzung des Zertrümmerungsprozesses betreffen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNachdem die sonische Wirkung der detonativen Umsetzung des Sprengstoffes auf die Stückigkeit und Erschütte-rungsimmissionen prinzipiell bekannt ist, sollen in den Versuchsbetrieben und auf den Baustellen über und unter Tage bei der Bemessung sowie Auslegung der Sprenganlagen diese physikalischen Zusammenhänge bewusst angewendet werden. Auf der Grundlage einer umfassenden Nachauswertung bisheriger Sprengungen sowie der Kennzeichnung der Sprengbarkeit in den Versuchsbetrieben, werden mindestens 340 Sprengungen in 10 Natur-steintagebauen, auf 2 Fels- und 2 Tunnelbaustellen mit unterschiedlichem Festgebirge vorbereitet, durchgeführt und umfassend messtechnisch begleitet. Es werden vor, während und nach der Sprengung folgende Messverfahren eingesetzt:
- Vermessung der Sprenganlagen mit einem 3-D-Laserscanner und einem 3-D-Laserentfernungsmess-
gerät
- Messung des Ausbruches der Sprengungen mit einem Radarsensor METEK
- Erfassung der Detonationsgeschwindigkeit mit dem Micro TrapTM
- Messung der Erschütterungsimmissionen mit FBG-Dehnungssensoren und 3-Komponenten-
Geophonen
- digitale Erfassung der Auflockerung und Stückigkeit des Haufwerkes mit einem 3-D-Laserscanner
- fotogestützte Korngrößenanalyse der Stückigkeit gesprengter Haufwerke
Die erfassten Messwerte und Eingangsgrößen werden statistisch ausgewertet, interpretiert und physikalisch analysiert, um die sonischen Effekte tatsächlich nachzuweisen



Ergebnisse und Diskussion

Die sonische Wirkung einer detonativen Sprengstoffumsetzung mit dem wichtigen Grundprinzip des Zusammen-hanges von Zertrümmerung und Erschütterung wurde auf verschiedene Art und Weise nachgewiesen. Die Zer-trümmerungseffekte können über und unter Tage vom Füllungsgrad, der Sprengstoffdichte, der Detonationsge-schwindigkeit, des Sprengstoffvolumens im Bohrloch, der gezündeten Vorgabe, des Winkels an der Machfronten, der P- und S-Wellengeschwindigkeit sowie durch die Zündfolge bewusst beeinflusst werden, um nahezu jedes Sprengziel zu erreichen. Die supersonische Auslegung erzielt nachweisbar eine gute Zerkleinerung und geringe Erschütterung. Eine subsonische Sprengung bewirkt bei gleichem Detonationsdruck eine geringe Zertrümmerung und sehr hohe Erschütterungen. Je häufiger die Trennflächen im zu sprengenden Festgebirge auftreten, umso stärker wird die sonische Wirkung geschwächt. Die unterschiedlichen Sprengziele werden als Quasi-1-D-Spaltsprengung und 2-D-Zertrümmerungssprengung über Tage sowie als 3-D-Tunnel- oder Streckensprengung unter Tage definiert. Für jede dieser Sprengungen wurden allgemeingültige Grundsätze aufgeführt. Für das Umfeld aller 1-D- bis 3-D-Sprenganlagen können nach einer einheitlichen Vorgehensweise auf der Grundlage entsprechender Erschütterungsmessungen statistisch gesicherte fiktive Energie-Abstandsbeziehungen erarbeitet werden. Es werden neue zulässige Anhaltswerte für die DIN 4150, Teil 1 und 3 sowie sechs definierte Erschütterungszonen abgeleitet. Die Einführung der empfohlenen zulässigen Anhaltswerte werden für die Tagebaubetriebe, Felsbaustellen und unter Tage Vorhaben eine wesentliche Erleichterung zur Behandlung von Erschütterungsproblemen sein. Mit den erzielten Ergebnissen können umweltfreundliche Sprengerschütterungen beeinflusst sowie verringert werden, die Häufigkeit der Sprengungen gesenkt und die Zertrümmerung des Festgesteines mit Einsparung von Sprengstoff deutlich erhöht werden. Auf diese Weise kann wegen der guten Stückigkeit im nachfolgenden Förder- und Aufbereitungsprozess eine erhebliche Größenordnung an Energie eingespart werden. Die Umsetzung der neuen Grundsätze der Bohr- und Sprengtechnik verspricht eine Reduzierung von Beschwerden durch Verringerung der Erschütterungsimmissionen und weniger Sprengungen pro Zeiteinheit.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die erwarteten Ergebnisse sind für die gesamte Natursteinindustrie Deutschlands und Europas von großer Bedeutung. Nach erfolgreichem Abschluss wurden und werden folgende Veröffentlichungen und Präsentationen
vorgenommen:
Workshop 10. FRAGBLAST 2012 in New Delhi
Vortrag zur EFEE-Weltkonferenz 2011 in Lissabon
Veröffentlichung im Felsbaumagazin 2011
4 Veröffentlichungen in der Spreng-Info 2011, 2012 und 2 x 2013
Veröffentlichung 18. Kolloquium Bohr- und Sprengtechnik 2013 in Clausthal-Zellerfeld
Vorschlag an den NA 005-51-05 AA „Schwingungsfragen im Bauwesen; Einwirkungen auf Bauwerke und Bauteile“
zur Änderung der DIN 4150, Teil 3
2 Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Blasting and Fragmentation“ 2013



Fazit

Das Forschungsziel wurde durch die Erweiterung auf die 1-D- bis 3-D-Sprengungen im Festgebirge weit übertrof-fen. Auf der Grundlage von mehr als 340 messtechnisch begleiteten Sprengungen in situ unter besonderer Beachtung der sonischen Wirkung werden verallgemeinerte, physikalisch belegbare Bemessungsgrundsätze von Sprengungen und statistisch gesicherte Erschütterungsprognosen erarbeitet. Die gesicherte Dimensionierung der Sprengungen verbessert die Sicherheit in den Tagebaubetrieben, wird die Stückigkeit verarbeitungsgerecht gestalten und gestattet eine ausgewogene Prognose sowie Beeinflussung der Sprengerschütterungsimmissionen. Mit der Umsetzung der Ergebnisse wird die Wirtschaftlichkeit der Bohr-, Spreng- und Zündtechnik sowie der nachgeschalteten Prozesse erhöht und die Umweltbeeinflussung deutlich verringert. Die Umweltakzeptanz der Betriebe wird verbessert. Die umfassende Wirksamkeit des sonischen Effektes wird die Sprengtechnik nachhaltig beeinflussen. Die Auswirkungen der Verzögerungszeit auf die Stückigkeit und den Abwurf sind statistisch noch nicht geklärt.

Übersicht

Fördersumme

123.500,00 €

Förderzeitraum

02.05.2011 - 02.11.2012

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik