Projekt 27119/01

Verfahrensentwicklung und Anlagenkonzeption für die extraktive Aquakultur von Muscheln und Makroalgen in der Ostsee

Projektträger

Coastal Research & Management (CRM) GbR
Tiessenkai 12
24159 Kiel

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Ostsee ist ein nahezu vollständig geschlossenes Randmeer, welches für Eutrophierung von Natur aus sehr anfällig ist. Überdies gehören ihre Küsten zu den am dichtesten besiedelten der Erde.
Anthropogene Nährstoffeinträge tragen in der Ostsee zu erhöhten Nährstoffkonzentrationen bei, welche in verstärkten Planktonblüten, verringerter Transparenz und Sauerstoffmangel resultieren. Um diese Nährstoffanreicherung zu mildern und somit die Wasserqualität zu verbessern, müssen (i) die Einträge verringert und (ii) die vorhandenen Nährstoffe reduziert werden. Eine Lösungsmöglichkeit bietet die ex-traktive Aquakultur, also die Kultur von Organismen, die Nährstoffe aus dem Wasser aufnehmen. Dieser Ansatz steht in Form einer kombinierten Kultur von Algen und Muscheln im Fokus von EBAMA.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas übergeordnete Projektziel, der Aufbau einer Pilotanlage zur integrierten Kultivierung von Mu-scheln und Algen in der Ostsee, bildet die Grundlage für drei synergistisch miteinander verbundene Forschungs- und Entwicklungsansätze, die ökologische und ökonomische Vorteile vereinen:
1. Ziel: Abreicherung des Ostseewasser an Nährstoffen, Verbesserung der Wasserqualität.
2. Ziel: Herstellung und Vermarktung nachhaltig erzeugter Meeresprodukte. Dies sind zunächst die kulti-vierten Organismen Zuckertang und Miesmuscheln selbst. Für Miesmuscheln besteht derzeit eine starke Nachfrage bei relativ geringem Angebot, was günstige Vermarktungsmöglichkeiten erwarten lässt. Für Zuckertang in unaufgearbeiteter Form gibt es in unserem Raum kaum Abnehmer (von einigen Restau-rants abgesehen, die Algenblätter als Beilage oder Dekoration servieren), daher spielen Extraktion und Weiterverarbeitung eine größere Rolle (Techniken und Vermarktungswege wurden durch CRM schon in der Vergangenheit entwickelt). Für die Algen und ihre Extrakte existiert ein Markt im Bereich der Kosme-tik und Kosmetikzulieferer, der von der Firma oceanBASIS erschlossen wurde.
3. Ziel: Verfahrensentwicklung / Produktvorentwicklung zur Gewinnung von langkettigen ungesättigten Fettsäuren („Fischöl“) aus Muscheln z. B. als Zusatzstoff für die Futtermittelindustrie (Fischzucht, Klein-/ Nutztierhaltung).



Ergebnisse und Diskussion

Im ersten Projektjahr von EBAMA stand vor allem der Aufbau und Betrieb der Aquakultur im Vordergrund und die ersten Langleinen wurden in der Kieler Förde verankert. Weiterhin war die Beobachtung verschie-dener Umweltparameter sowie die Bearbeitung der Kriterien der Site-Selection vorgesehen. Das Umwelt-Monitoring auf der Arbeitsfläche der Langleinenfarm musste aufgrund der geringen Größe der Farm teil-weise auf das zweite Projektjahr verschoben werden. Die Module zur Site Selection konnten an sechs Standorten erfolgreich in Betrieb genommen werden und die ersten Daten zeigen bereits spannende Er-gebnisse. Aufgrund der guten Zusammenarbeit der Projektpartner und der involvierten Institute konnten bereits im ersten Projektjahr die ersten Untersuchungsergebnisse der Muschelanalytik erzielt werden, die eigentlich später geplant waren. Im zweiten Projektjahr wurde der Aufbau Aquakulturanlage weitergeführt. Der Plan auf alte Bootskomponenten aufzubauen musste verworfen werden und ein Neubau war erforder-lich. Das neue Boot wurde feierlich im Oktober des zweiten Projektjahres zu Wasser gelassen. Unmittelbar nach der Inbetriebnahme des Bootes konnte die aktive Aquakulturarbeit am Farmstandort starten. So wurden mehrere Verankerungen gesetzt und die ersten Langleinen in Betrieb genommen. Das geplante Umwelt-Monitoring verlief reibungslos und die Untersuchungen hinsichtlich der Site Selection an den sechs verschiedenen Standorten wurden abgeschlossen. Die Produktqualität der Muscheln wurde in ver-schiedenen internen Verkostungen bestätigt und durch die labortechnischen Analysen (Schadstoffe, Mik-robiologie, Toxine) untermauert. Mittlerweile zeigte sich auch die Neugierde der Presse sowie der umlie-genden Restaurants und Hotels hinsichtlich der Muscheln. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit wurde das Bild der Ostsee-Miesmuschel aus nachhaltiger Aquakultur geformt und eine durchweg positive Resonanz war zu verspüren. Im letzten Projektjahr wurde der Aufbau der Aquakulturanlage abgeschlossen. Mit sie-ben Langleinen war die Farm komplett ausgebaut. Das zusätzliche Ausstatten der Langleinen mit großen Eckauftriebsbojen erhöhte nicht nur die Sichtbarkeit der Farm sondern verbesserte auch das Auftriebsver-halten der Langleinen im allgemeinen und erleichterte so die Arbeit auf der Farm. Das Socking der Jung-muscheln verlief problemlos. Das Umwelt-Monitoring wurde im dritten Projektjahr weitergeführt und zeigte wie in den Jahren zuvor ein durchweg positives Bild. Die Produktentwicklung wurde im letzten Projektjahr vorangetrieben, neben der Einsatzmöglichkeit als Fischfutter-Komponenten wurden auf die Analytik der Inhaltsstoffe Augenmerk gelegt. Weiterhin war das Upscaling ein weiterer Punkt, der äußerst gut gelang. Durch die gute Pressearbeit in den vergangenen Projektjahren entstanden gute Kontakte, die bei der Markteinführung sehr hilfreich waren und eine Nachfrage nach der Regional produzierten Kieler Fördemu-schel wurde geweckt


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Insgesamt wurden während der Projektlaufzeit fünf Bachelorarbeiten, eine Master- und eine Promotions-arbeit angefertigt. In 19 Vorträgen, Postern und Veröffentlichungen konnte das Projekt EBAMA themati-siert werden und es entstanden drei Fernseh- und zwei Hörfunk Beiträge


Fazit

Ein kritischer Blick zurück – und ein optimistischer Blick in die Zukunft
Nicht alles im Projekt verlief so, wie ursprünglich geplant. Der Bootsumbau dauerte länger als gedacht und die Futterkombinationsversuche mit Muscheln und Algen konnten aus Zeit und Kostengründen nicht durchgeführt werden. Außerdem hinken Produktionszahlen der Planung hinterher. Ein Projekt dieser Art wirft viele neue Probleme und Fragestellungen auf, und gerne hätten wir uns mit weiteren Detailuntersuchungen beschäftigt. Wir hoffen dass dies in Zukunft möglich sein wird, denn das Projekt wird von uns als ganz ausgesprochen erfolgreich angesehen. Dazu gehören die außerordentlich positive Resonanz der Öffentlichkeit: Nicht nur die Fischereibehörde, sondern auch der schleswig-holsteinische Umweltminister sind beeindruckt von der Muschelfarm. Die Medienresonanz war überwältigend und die Produkte finden reißenden Absatz. So wurden in der ersten Saison knapp 5 t frische Miesmuscheln verkauft. Die Schadstoff-Untersuchungen haben gezeigt, dass die Belastung der Muscheln in Hängekultur mit Umwelttoxinen unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte ist, ebenfalls konnte eine Bio-Zertifizierung nach EU-Ökoverordnung erreicht werden. Mit der Markteinführung erhielten die Kieler Fördemuscheln ihr eigenes Logo und eine Reihe von lokalen Restaurants haben de Muscheln auf ihre Speisekarte gesetzt und rühmen ihre Qualität. Die Muschelsocking und die Muschelernte hat sich als sehr arbeitsintensiv und körperlich anstrengend erwiesen. Derzeit bauen wir an einem Förderband und einer verbesserten Muschel-Sortiermaschine, um den körperlichen Einsatz zu reduzieren. Das Boot stößt bereits jetzt an Kapazitätsgrenzen. Spätestens in 2 Jahren ist ein größerer Ersatz erforderlich. Nachhaltige Wirtschaftsweisen generieren keine riesigen und schnellen Gewinne. Aber wir hoffen, mit der ersten Algen-/Muschelfarm in Deutschland einen Schritt in eine ökologisch und wirtschaftlich tragfähige Nutzung der Küstengebiete gemacht zu haben Um diese Informationen auch an den Endverbraucher weiter zu geben sind die Kieler Fördemuscheln ebenfalls im Internet vertreten (http://www.kieler-foerdemuschel.de, http://www.facebook.com/KielerFoerdemuschel ).

Übersicht

Fördersumme

319.341,00 €

Förderzeitraum

01.01.2010 - 31.12.2012

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik