Projekt 27052/01

Berufliche Qualifizierung und Netzwerkbildung Graue Energie zur Ressourcenschonung in der Baubranche

Projektträger

SUSTAINUMInstitut für zukunftsfähiges Wirtschaften Berlin
Marienstr. 19/20
10117 Berlin
Telefon: 030 - 2345 7498

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Energieeffizientes Bauen ist eine dringende Notwendigkeit in Zeiten schwindender Energie-Ressourcen und steigender Preise für Energierohstoffe. Dabei ist es wichtig, Bauvorhaben ganzheitlich zu betrachten. Der Fokus der Aufmerksamkeit liegt derzeit bei dem Energiebedarf für den Betrieb eines Gebäudes. Ein nicht unerheblicher Anteil am Gesamtenergieverbrauch eines Gebäudes während seiner Lebens-spanne ist aber auch die Energie, die zu seiner Errichtung und zur Herstellung der Baumaterialen benötigt wurde - die sogenannte graue Energie. Die graue Energie (der kumulierte Aufwand an Primärenergie, der erforderlich ist, um ein Produkt oder eine Leistung an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt bereitzustellen) ist ein wenig bis gar nicht beachteter Bestandteil des Energiebedarfs im Baubereich in Deutschland. Die graue Energie eines Gebäudes kann dem Betriebsenergieverbrauch von 20 Jahren und mehr entsprechen. Erfolgt nur eine 10-prozentige Reduzierung des Bedarfs an grauer Energie bei Neubau und Sanierung würde dies die Abschaltung eines Kraftwerkblocks mit einer Leistung von 2.000 MW ermöglichen, was einer jährlichen CO2-Einsparung von bis zu 7 Mio. Tonnen entspricht. Dieses Projekt soll relevante Akteure für die ganzheitliche Betrachtung von Bauvorhaben sensibilisieren und die Einsparpotenziale bei der grauen Energie im Bau aktivieren. Die Schwerpunkte liegen dabei in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Marktsensibilisierung, Verbreitung von guter Praxis und Vernetzung der Akteure. Um das genannte Einsparpotential nutzen zu können, besteht Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen: a) dem Einsatz von Baustoffen mit vergleichsweise geringer grauer Energie, b) der Wiederverwendung von Baustoffen, c) der Optimierung (Reduzierung) des Aufwandes an grauer Energie für Baustoffe bereits während der Herstellung.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenSynthese und Aufbereitung des vorhandenen Datenmaterials
Aufzeigen von Modellbauwerken
Bündelung und übersichtliche Bereitstellung vom Informationsmaterial
Start einer Ausbildungsinitiative
Sensibilisierung der Baufachkräfte (Handwerk, Baustoffproduzenten, Handel, Architekten und Bauingenieure) durch eine bundesweite Fachtagung
Aufbau eines Innovations-Netzwerks und Transfer der Projektergebnisse
Detaillierte Darstellung der Handlungsfelder
Für die Ausbildung im Baubereich wurden ein Lernmodul und ein Konzept für eine Praktikumswoche entwickelt, das zunächst in zwei Ausbildungseinrichtungen (Berliner Berufsschulen) erprobt wurde. Kern dieses Lernmoduls ist, dass die Auszubildenden in kleinen gewerkeübergreifenden Gruppen im Rahmen einer Projektarbeit für Fassaden von realen Gebäuden Sanierungskonzepte entwickeln und modellhaft umsetzen. Ziel ist es dabei, ein Fassadenmodell zu gestalten, das einerseits den Anforderungen der EnEV entspricht und andererseits den Aufwand an grauer Energie minimiert unter gleichzeitiger Berücksichtigung der übrigen ökologischen Baustoffindikatoren. Die Referenten der Fachtagung haben diese 12 Projektarbeiten schlussendlich begutachtet und prämiert. Auf diese Weise fand zugleich eine innovative Vernetzung von Ausbildung und beruflicher Weiterbildung statt.
Im Rahmen einer Modellbauwerke-Kampagne wurde dem Thema graue Energie im Baubereich ein weiterer Praxisbezug gegeben. Es wurden Gebäude (z. B. das Verwaltungszentrum in Barnim) identifiziert und vorgestellt, bei denen in vorbildlicher Art und Weise auf die Reduzierung von grauer Energie geachtet wurde. Parallel dazu wurde mit Ausbildungseinrichtungen eine Top Runner - Kampagne aufgebaut. Azubis ermittelten diejenigen Baustoffe, die hinsichtlich definierter Indikatoren (Graue Energie, Lebensdauer, Schadstoffgehalt, Wärmedämmeigenschaften) die besten sind. Diese Ergebnisse dienen der Vorbereitung einer Top Runner - Kampagne, die ihre Fortführung in der Internet-Messe für gute Baustoffe findet. Hierbei können Internetbesucher für den ihrer Meinung nach (ökologisch gesehen) besten Baustoff votieren.
Basis des Innovationsnetzwerkes bildet die Website www.gutebaustoffe.de. Auf der Website werden die ökologisch relevanten Kennzahlen erläutert und eine Vielzahl von Daten über Baustoffe und Baumaterialien zusammengefasst (Wiki-Charakter). Dadurch wurde eine sich selbst erweiternde Informations-quelle für Baustoffdaten geschaffen, die jederzeit von den Nutzern aktualisiert werden kann. Ziel des Netzwerks sollte es sein, bis zum Jahr 2015 allein im Baustoffsektor 3,5 Mio. Tonnen CO2 jährlich einzusparen. Dies ist durch eine Reduzierung der grauen Energie allein im Wohnungsbau um ca. 8-10 %, möglich. Dieses Einsparziel kann auch erreicht werden, wenn graue Energie bei Neubau bzw. Sanierung sowohl bei Wohngebäuden wie auch bei Nicht-Wohngebäuden insgesamt um 5 % reduziert wird.
Im Rahmen des Transfers wurde eine Fachtagung entwickelt. Die Tagung fand in einem Ausbildungs-zentrum für Baufachberufe in Berlin statt und bildete dort den Abschluss der beschriebenen Projektarbeiten. Auf der Tagung wurden darüber hinaus der aktuelle Stand der Forschung und Weiter- bzw. Neuent-wicklungen vorgestellt und über die steigende wirtschaftliche und energiepolitische Relevanz der grauen Energie im Baubereich informiert. Als weitere Transfermaßnahme wurde ein Fachbuch erstellt, das die Tagungsbeiträge dokumentiert, Modellbauwerke aufzeigt, aktuelle Studien abbildet und interessantes und wissenswertes zum Thema graue Energie und Gesamtenergiebilanz von Bauwerken zusammenfasst.


Ergebnisse und Diskussion

Zunächst wurde eine Datenbank zu den ökologisch relevanten Kennzahlen von Baustoffen aufgebaut und auf der Projektwebsite online gestellt. Darüber hinaus werden auf der Website die ökologischen Kennzahlen beschrieben, das Ausbildungsprojekt, eine Top-Runner-Kampagne im Rahmen einer Online-Messe und Modellbauwerke dargestellt.
Parallel dazu wurde ein zweisprachiges Lernmodul für Ausbildungseinrichtungen entwickelt und in Form von Projekttagen an zwei Ausbildungseinrichtungen für Bauberufe umgesetzt. Zusätzlich wurde das Konzept in einen Teil des EU-Projektes Being Active Buidling Passive Houses for Future Europe integriert, in dem je drei Auszubildende verschiedener Gewerke aus Frankreich, Irland, Schweden und Deutschland einzelne Projekteinheiten zum Thema Passivhausbau und graue Energie bearbeiteten. Im Nachgang wurde das Ausbildungskonzept evaluiert und gemäß den Evaluierungsergebnissen überarbeitet.
Im April 2011 wurde eine Fachtagung zum Thema Tagung Baustoffe und die Energiebilanz von Bauwerken durchgeführt. 55 Teilnehmer diskutierten mit sieben Referenten über gute Baustoffe und die Gesamtenergiebilanz von Bauwerken.
Zum Projektabschluss wurde ein Fachbuch zu den Themen graue Energie, Energieeffizienz und ?-effektivität sowie Umweltbilanzierung von Bauwerken und Baustoffen erarbeitet. Die Beiträge basieren dabei zum einen auf den Vorträgen der Tagung, zum anderen gibt es Fachbeiträge zum Thema graue Energie von Baustoffen, aktuelle Studien und eine Darstellung von Modellbauwerken.
Im Fachbuch und auf der Projektwebsite werden eine Reihe von Modellbauwerken dargestellt, die bei-spielhaft zeigen, wie ökonomisch und ökologisch effizient Bauwerke mit geringer Umweltwirkung erstellt werden können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt verfügt über eine Website (www.gutebaustoffe.de), auf der alle Projektinhalte dargestellt werden. Das Projekt und seine Inhalte wurden auf verschiedenen Veranstaltungen vorgestellt (z. B. Architektenkammer, Energieberaternetzwerk) und auf der Projekttagung 2011 präsentiert. Das Oberstufen-zentrum Kommunikations-, Informations- und Medientechnik (OSZ KIM) hat die Projekttage an den Bau-Ausbildungseinrichtungen begleitet und einen Kurzfilm zum Ausbildungsprojekt und zum Thema graue Energie angefertigt. Für verschiedene Projektphasen wurde Flyer erstellt, um die jeweiligen Zielgruppen anzusprechen. Das Fachbuch Klimafreundlich Bauen mit guten Baustoffen. Arbeitsbericht 2012 fasst eine Vielzahl der Projektergebnisse zusammen und wird vom Fraunhofer IRB Verlag angeboten. Unter dem Projekttitel gutebaustoffe wurde dieses Projekt als eines von 100 Werkstatt-N-Projekten 2012 ausgezeichnet.


Fazit

Im Rahmen des Projekts wurden die Grundlagen geschaffen, um das Thema der grauen Energie in der Baubranche zu verbreiten und ihm zu der ihm gebührenden Bedeutung zu verhelfen. Die Teilnehmer und Referenten der Fachtagung waren sich darüber einig, dass das Thema graue Energie und Gesamtenergiebilanz von Baustoffen und Bauwerken zukunftsträchtig aber bislang noch viel zu wenig beachtet wird. So wurde der Ruf nach mehr Forschungsinitiativen, mehr Aufklärungs- und Informationsarbeit und nach einer Fortführung der Veranstaltung laut.
Der Verlauf hat die zu Beginn des Projekts aufgestellten Arbeitsthesen bestätigt:
Das Thema der grauen Energie birgt große Entlastungspotenziale hinsichtlich des Energieaufwandes bei der Herstellung von Baustoffen und damit auch in Bezug auf CO2-Emissionen.
Das Thema und die Relevanz der grauen Energie sind in der Baubranche kaum bekannt.
Um dies zu verändern, sind alltagstaugliche Daten zur grauen Energie von Baustoffen notwendig aber nicht hinreichend. Architektonische Trends nehmen auf ökologische Eigenschaften von Bau-stoffen kaum Rücksicht.
Eine wirkungsvolle Einführung des Themas in die Baubranche erfordert bundesweite Kampagnen.
Modellbauwerke machen deutlich, dass die Gestaltungseinschränkungen, die sich aus der Berücksichtigung der grauen Energie von Baustoffen ergeben, sich in vertretbaren Grenzen halten.

Übersicht

Fördersumme

123.500,00 €

Förderzeitraum

15.03.2009 - 31.03.2012

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik