Projekt 26503/01

Entwicklung wirtschaftlicher und substanzschonender Erhaltungstechnologien für umweltgeschädigte Edelputze und Steinputze am Beispiel des Hauses der Ida-Simon-Stiftung und des Pergamonmuseums (UNESCO-Welterbe)

Projektträger

Fachhochschule Potsdam Institut für Bauforschung und Bauerhaltung
Pappelallee 8 - 9
14469 Potsdam
Telefon: 0331/580-1219

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Denkmalbestand Berlins umfasst eine Vielzahl oft bedeutender Bauwerke, deren Architekturoberflä-chen durch die Verwendung von Stein- und Edelputzen gekennzeichnet sind. Das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel gehört dabei zu den prominentesten Beispielen. Diese Putz- und Dekor-materialien besitzen Eigenschaften, Verwitterungsbilder und mithin Restaurierungserfordernisse, die sie deutlich von konventionellen Putzen unterscheiden. Im Rahmen des Projektes wurden Untersuchungen durchgeführt, die die Möglichkeiten der substanzgerechten Erhaltung dieser wichtigen Materialgruppe des 19. und 20. Jahrhunderts aufzeigen. Neben der besonderen stofflichen Charakteristik dieser Putze, spielen auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit zu entwickelnder Erhaltungstechniken und -technologien eine Rolle. Dadurch sollen die Möglichkeiten und denkmalpflegerischen Chancen der Erhaltung dieser mitun-ter auch unscheinbaren Materialien verbessert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZiel des Projekts war die Entwicklung und Erprobung von Methoden und Verfahren zur Wiederherstellung und Erhaltung der kristallinen Oberflächen von Edel- und Steinputzen mit ihrer charakteristischen Eigenfarbigkeit und Oberflächenstruktur, die unter Zugrundelegung denkmalpflegerisch-konservatorischer und fachhandwerklicher Ansprüche auch wirtschaftlich vertretbare Lösungen mittels Reparatur des historischen Bestandes darstellen. Dabei wurden durch Objekt- und Laboruntersuchungen der chemisch-physikalischen Eigenschaften der historischen Putze sowie ihrer Schadbilder und Schadursachen die technologischen Anforderungen an Materialien und Technologien der Instandsetzung und Restaurierung herausgearbeitet. Folgende Maßnahmeschritte und Erhaltungstechnologien wurden dabei untersucht:
? Reinigung mittels verschiedener Partikelstrahlverfahren, wässriger und chemischer Methoden
? Anstrichentfernung
? Hinterfüllung von Putzschalen
? Nachstellung von Edel- und Steinputzen.



Ergebnisse und Diskussion

Bestandsaufnahme / Objektdatenbank / Objektatlas. An Hand historischer Firmenunterlagen und ei-gener Erhebungen wurden 311 historische Berliner Bauten mit Edelputzen in einer Objektdatenbank er-fasst. Kriterien wie u.a. Baujahr, Architekt, Fassadenzustand, technologische Merkmale der Putzoberflä-chen usw. wurden aufgenommen und damit ein repräsentativer Überblick zum Objektbestand vorgelegt, der gleichzeitig eine Eingrenzung relevanter Oberflächenphänomene bei der Instandhaltung erlaubte.
Feldversuche zur Putznachstellung mit industriellen Werktrockenmörteln. In einer ersten Pro-jektphase wurden eine Marktrecherche zu industriellen Werktrockenmörteln und ein Feldversuch zur Ap-plikation ausgewählter Produkte (Edel- und Steinputze bzw. zur Nachstellung der Vorbilder geeignete Fabrikate) vorgenommen. Ziel der Untersuchung waren Einsatzmöglichkeiten und Grenzen dieser Pro-dukte im Instandsetzungsbereich bzw. in der Konservierung / Restaurierung auszuloten. 120 Fabrikate wurden bei der Recherche betrachtet und ihre chemisch-physikalischen Eigenschaften an Hand der An-gaben der Produktdatenblätter erfasst. 11 Produkte wurden im Rahmen eines in-situ Feldversuches ge-testet. Die Applikationsversuche zeigten zwar, dass in Folge der Kunststoffvergütung aller Produkte gute bis ausreichende Verarbeitungsmöglichkeiten gegeben sind, dass aber andererseits durch die Kunststoffvergütung ein hoher Glanzgrad erreicht wird. Für eine Anwendung im Denkmalbereich sind sie daher aus ästhetischen und bestandsäquivalenten Gründen nur bedingt geeignet.
Labor- und Feldversuche zur Oberflächenreinigung und Anstrichentfernung. Die Versuchsreihen hatten zwei Hauptzielrichtungen: 1. Minimierung denkmalpflegerisch hinnehmbarer Substanzabträge sowie 2. Wirtschaftlichkeit in der Anwendung, mit dem Ziel auch Verfahren zu betrachten, die im konser-vatorisch-restauratorischen Bereich eher weniger verbreitet sind. Aus der Gruppe der Partikelstrahlver-fahren wurden folgende Technologien betrachtet bzw. getestet: Injektorstrahlverfahren, Druckstrahlver-fahren, Trockeneis- und Schneestrahlverfahren, Mikrofeinsandstrahlen, Turbo-Feuchtstrahlverfahren sowie das Vakuumstrahlverfahren. Aus der Gruppe der chemischen Verfahren wurden verschiedene Kompressen-, Pasten- und Gelrezepturen betrachtet bis hin zu alkalischen Abbeizmitteln und der Gruppe der Ammoniakverbindungen. Die Ergebnisse sind stark zu differenzieren, da abhängig von den me-chanischen Eigenschaften der historischen Putze, ihrer jeweiligen Oberflächenmorphologie sowie se-kundärer Oberflächenveränderungen und –beschichtungen eine Vielzahl von weiteren Einflussfaktoren das Maßnahmeergebnis bestimmen.
Recherche Hinterfüllmaterialien. Die Teilaufgabe wurde im Rahmen einer Literaturrecherche bearbeitet, in deren Ergebnis eine synoptische Übersicht der Eigenschaften und Einsatzgebiete konfektionierter als auch baustellen-gemischter Rezepturen vorgelegt wird. Dabei wurde die gesamte Bandbreite relevanter Bindemittel berücksichtigt: Kalk, dispergiertes Weißkalkhydrat, Spezialzemente, Kieselsäureester und Kunstharze.
Nachstellung von Edel- und Steinputzen (Baustellenmischungen). Ausgehend von nasschemischen und mikroskopischen Mörtelanalysen der Bestandsputze, deren Aussagefähigkeit auf Grund der stoffli-chen Spezifik der Untersuchungsmaterialien teils eingeschränkt ist, konnten im Labormaßstab sowohl Edel- als auch Steinputze erfolgreich nachgestellt werden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vor allem durch die breite Einbeziehung von KMU´s aus Bauhandwerk und Restaurierung konnte eine thematische Sensibilisierung und verstärkte Präsenz der Problematik erzeugt werden.


Fazit

Edelputze und Steinputze sind vergleichsweise seltene Putzmaterialien, die sich vor allem hinsichtlich ihres Bindemittels und der Oberflächenbearbeitung signifikant unterscheiden. Edelputze enthalten in der Regel als Hauptbindemittel hydraulische, trocken gelöschte Kalke. Die hochfesten Steinputze hingegen werden bindemittelseitig von Zementen dominiert und nach Aufbringung im Stadium der Frühfestigkeit oder im ausgehärteten Zustand steinmetzmäßig bearbeitet, was bei Edelputzen nicht erfolgt.
In Zusammenarbeit mit klein- und mittelständischen Unternehmen der Baustoffbranche und freiberufli-chen Restauratoren wurden die Möglichkeiten denkmalverträglicher und zugleich wirtschaftlicher In-standhaltungs- und Instandsetzungsstrategien untersucht. Die Vielzahl unterschiedlicher Putzbefunde sowohl bei Edel- als auch bei Steinputzen ist in ihrer oft aufwendigen, handwerklich-vielfältigen Gestal-tung begründet. Dementsprechend sind Maßnahmen an derartigen Architekturoberflächen noch weitaus anspruchsvoller als bei „normalen“ Fassadenputzen, da in der Regel individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Die grundsätzliche Eignung wirtschaftlicher, also nicht zwangsläufig restauratorischer Technologien und Verfahren konnte aufgezeigt werden.

Übersicht

Fördersumme

100.295,00 €

Förderzeitraum

14.12.2009 - 31.03.2013

Internet

www.fh-potsdam.de

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Umwelttechnik