Projekt 26478/01

Photovoltaikvergleich im norddeutschen Strahlungsklima

Projektträger

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Fakultät V - Institut für Physik
.
26111 Oldenburg
Telefon: 0441 / 798 3546

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel dieses Projektes ist ein wissenschaftlich-technischer Vergleich verschiedener Fotovoltaik-Technologien im norddeutschen Strahlungsklima. Dazu werden 6 verschiedene Modultechnologien aufgestellt und über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren messtechnisch erfasst. Die Fachwelt und die Öffentlichkeit sollen über die Ergebnisse der Untersuchungen informiert werden.
In jüngerer Zeit wurden verschiedene Fotovoltaik-Technologien auf ihren Jahresenergieertrag unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen untersucht, u. a. vom Institut für Physikalische Elektronik der Universität Stuttgart. Allen Messkampagnen ist gemeinsam, dass sie unter süddeutschem Strahlungsklima durchgeführt wurden. Um die Unterschiede zum norddeutschen Strahlungsklima zu erfassen werden in Osnabrück diejenigen Techniken untersucht, die auch am IPE in Stuttgart analysiert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Aufgaben des wissenschaftlich-technischen Vergleichs umfassen neben aufwendigen Messungen der Modulerträge über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren auch die Simulation der Erträge aus Kenndaten der Hersteller und eine Modellierung der Modulerträge unter den für Norddeutschland typischen Einstrahlungsverhältnissen. Damit werden die teilweise sehr hohen Ertragsprognosen der Hersteller überprüft.
Die Messungen umfassen:
Strahlung auf die geneigte Fläche (Pyranometer)
Strahlung mit Si-Zelle
Strahlung horizontal, global und diffus
Modultemperaturen
Leistung DC: Spannung und Strom
Leistung AC: Spannung und Strom
Windgeschwindigkeit
Webcams
Bei der Modellierung der Modulerträge wird untersucht, inwieweit es notwendig ist, auf die unterschiedliche spektrale Empfindlichkeit der Module bei der Simulation des Anlagenertrags Rücksicht zu nehmen. Da in Norddeutschland der Anteil der Teillaststunden gegenüber süddeutschen Standorten hoch ist, erwarten wir, dass diese Stunden hier auch nennenswert zum Jahresenergieertrag beitragen. Daher erfordern sie - trotz ihrer geringen Energiebeiträge - besondere Aufmerksamkeit in der Simulation. Niedrige Bestrahlungsstärken können zum einen durch tiefe Sonnenstände zum anderen durch vorhandene Bewölkung verursacht werden. Erstere bewirken eine Rotverschiebung, letztere eine Blauverschiebung des Spektrums. Dünnschicht-Solarzellen können meist nur einen kleinen spektralen Bereich zur Energieerzeugung nutzen. Daher führen Veränderungen der spektralen Zusammensetzung der Einstrahlung zu einer Veränderung des Kurzschlussstroms und hiermit auch zu einer Veränderung des Betriebswirkungsgrads. Die Änderungen im Spektrum werden bei der Modellierung indirekt über zwei Parameter erfasst: die Bewölkung, ausgedrückt durch den Clearsky-Index bzw. Clearness-Index, und die Sonnenhöhe. Diese Parameter sind auch in der marktüblichen Software unmittelbar verfügbar.
Darüber hinaus bildet die Information der Öffentlichkeit einen Schwerpunkt dieses Projekts. Dies geschieht mit Hilfe eines Visualisierungskonzeptes, das die Unterschiede verschiedener Solarzellenkonzepte und deren Einsatzmöglichkeiten leicht verständlich zeigt. Die vollständigen Vergleichsdaten mit Einzelerträgen werden visualisiert. Es wird eine Internetpräsentation mit computergestützter Online-Datenabfrage erstellt. Diese ermöglicht den Zugriff durch Stadt Osnabrück, Fachhochschule, Schulen, Gemeinden etc.


Ergebnisse und Diskussion

Auf dem Flachdach des Stadthauses Osnabrück wurden sechs netzgekoppelte 1,8 kW Fotovoltaikanlagen mit unterschiedlichen Modultypen installiert. Dazu wurde eine innovative Aufständerung gewählt. Alle Anlagen speisen ihren Strom über den Wechselrichter SMA Sunny Boy 1700 ins Netz ein. Um Aussagen über mögliche Unterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland treffen zu können wurden überwiegend Modultechniken eingesetzt, die auch am Institut für Physikalische Elektronik in Stuttgart vermessen werden. Zur Erfassung der Ertrags-, Wetter- und anderer Daten wurde eine umfangreiche Messtechnik installiert. Ab Ende April 2010 stand der überwiegende Teil der Messtechnik kontinuierlich zur Verfügung. Die sechste der Fotovoltaikanlagen wurde erst am 10.8.2010 in Betrieb genommen (Aleo).
In zwei Bachelorarbeiten wurden die Messungen aller sechs Anlagen ausgewertet und miteinander verglichen. Ein Vergleich der Ertragsdaten hat nur Sinn, wenn die Erträge aller sechs Anlagen auf 1 kWp Nennleistung reduziert werden. Dazu mussten alle Ertragsdaten durch die Nennleistung der jeweiligen Anlage dividiert werden. Das erste Jahr vergleichender Messungen hat ergeben: Die Behauptung, dass Dünnschicht-Module gerade bei schrägem Einfall bzw. großen Einfallswinkeln des Sonnenlichts (morgens und nachmittags) relativ mehr Leistung bringen als kristalline, kann nicht bestätigt werden.
Im Gegenteil: Die CIS-Module von Würth sind morgens, mittags und abends gleich gut, die a-Si-Module von Schott sind oft sogar mittags besser als morgens und abends, immer im Vergleich zur Konkurrenz der kristallinen Module. Von daher kann durch diese Untersuchung auch nicht die Behauptung bestätigt werden, dass Dünnschicht-Module bei Abweichung von der Südrichtung (E, W, SE, SW, größere Ein-fallswinkel) bessere Erträge erreichen sollten als kristalline.
Die Schott-Anlage aus amorphem Silizium zeigte sich - wie auch die Werbung sagt - in allen drei Jahreszeiten bei schwächerer Einstrahlung ihren Konkurrenten signifikant überlegen. Im ganzen Messzeitraum erbrachte sie - im Vergleich zu den kristallinen Konkurrenten und zu CIS - im Sommer und Herbst gute bis sehr gute, im strahlungsreichen Frühling 2011 dagegen auch nur durchschnittliche bis gute Erträge. Die CIS-Anlage von Würth dagegen zeigte sich entgegen der herkömmlichen Annahme in allen drei Jahreszeiten bei stärkerer Strahlung der kristallinen Konkurrenz überlegen und bei schwächerer unterlegen.
Ein Vergleich der hier erhaltenen Ergebnisse mit denen des Instituts für Physikalische Elektronik (IPE) der Universität Stuttgart [5] zeigt, dass auch dort das amorphe Silizium von Schott am besten abge-schnitten hat. Die Erträge der Sunpower-Anlage (in dieser Untersuchung mit den schwächsten Erträgen) liegen in Stuttgart im mittleren Bereich, ebenso die HIT-Technologie von Sanyo und das pc-Si von Solon, die hier im FLINS-Projekt ebenfalls im Mittelfeld liegen. Alle diese Aussagen beziehen sich auf den zurückliegenden Jahreszeitraum mit besonders strahlungsstarkem Frühjahr und strahlungsarmem Sommer; sie sind daher in ihrer Bedeutung zu relativieren. Die Messungen werden fortgeführt.
Zur Beantwortung der Frage, ob Dünnschichtsolarzellen mit einer schmalen spektralen Empfindlichkeit (aSi bzw. CdTe) durch Nutzung des blauen Anteils des Spektrums einen anderen Ertrag liefern als kristalline Module, wurde ein neues Modell zur Berechnung der spektralen Einstrahlung auf eine geneigte Fläche erarbeitet. Mit diesem Modell ist es möglich den Einfluss des Spektrums auf die Moduleffizienz zu ermitteln. Die Einbindung des Modells in Simulationssoftware ist erprobt, aber noch nicht abschließend behandelt worden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Untersuchungen umfassend zu informieren, um schnell Entscheidungshilfen zu geben, welche Technologie sich für das norddeutsche Strahlungsklima am besten bewährt. Dazu wurden die folgenden Maßnahmen durchgeführt:

1. Der Online-Ertragsvergleich geschah zunächst über das AS-Portal unter (www.flins-projekt.de) und war ab 19.1.2010 in Betrieb. Diese Onlinedarstellung für Laien und Experten wird seit 9.4.2010 als Datenbankabruf der Daten-Bank der HS-Osnabrück grafisch dargestellt. Die Messwerte der 6 Anla-gen sind verfügbar unter http://flins-projekt.ecs.fh-osnabrueck.de.
2. Im Foyer des Stadthauses wurde ein moderner LED-Bildschirm mit LED Backlight installiert, auf dem Informationen zum Projekt und die Erträge der Anlagen grafisch dargestellt sind. Diese Präsentation stößt bei vielen Besuchern des Stadthauses auf Interesse und soll durch erklärende Poster ergänzt werden.
3. Film: Fotovoltaik-Leistungsvergleich im Norddeutschen Strahlungsklima, Beracon in Zusammenarbeit mit SkyMineMedia Werbeagentur und Medienproduktion GmbH, September 2011. Dieser Film soll im Stadthaus, auf den Homepages von www.flins-projekt.de und www.solarenergieverein.de und auf der OTTI-Fachtagung (als 60sec-Version) gezeigt werden. Zudem werden die Sender OS1.TV und OSF1.DE angesprochen den Kurzfilm auszustrahlen. Weiterhin kann er 2012 auch auf den Osnabrücker Messen Bauen und Wohnen der Sparkasse und der Energiemesse im Zentrum für Umweltkommunikation der DBU gezeigt werden.
4. Die Information der Fachwelt geschah über die Teilnahme an Fachtagungen und Symposien. Diese sind hier aufgelistet:
21.4.2009 Pressemitteilungen und Pressekonferenz in Osnabrück
19.6.2009 Posterpräsentation beim Niedersächsischen Photovoltaik Symposium ISFH, Hameln, Annette Hammer
Juli 2009 Gestaltung einer Internetseite: http://www.flins-projekt.de
Dez. 2009 Interviews/Inhalte zum Artikel Eine Frage des Standorts Sonne Wind & Wärme 2/2010
19.01.2010 Online-Ertragsvergleich über das AS-Portal auf http://www.flins-projekt.de
März 2010 Posterbeitrag und Artikel für den Tagungsband zur OTTI Photovoltaik-Tagung, Mike Voss
09.04.2010 Die Onlinedarstellung für Laien und Experten steht. Sie wird als Datenbankabruf der FH-D Daten-Bank grafisch dargestellt. Die Messwerte der ersten 5 Anlagen sind verfügbar unter
http://flins-projekt.ecs.fh-osnabrueck.de.
Sept. 2010 Posterbeitrag und Artikel für den Tagungsband zur Tagung EUMETSAT 2010, Jethro Betcke
17.11.2010 Innovationsrunde der Handwerkskammer Oldenburg und Jade-Hochschule in Oldenburg zu Planung von Photovoltaikanlagen - Entwicklungen und Trends: Teilnehmer: Mike Voss, Matthias Franke und Jethro Betcke. Präsentation des Projekts im Rahmen eines Vortrags.
März 2011 Posterbeitrag und Artikel für den Tagungsband zur OTTI Photovoltaik-Tagung, Jan Harling
März 2012 Posterbeitrag und Artikel für den Tagungsband zur OTTI Photovoltaik-Tagung, Klaus Kuhnke


Fazit

Der Ertragsvergleich ist für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die in diesem Projekt erarbeitete Datenbasis wird durch die Fortführung der Messungen erweitert. Dadurch werden Anschlussarbeiten ermöglicht.

Übersicht

Fördersumme

98.360,00 €

Förderzeitraum

21.04.2009 - 15.10.2011

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung