Projekt 26438/01

Biologisch abbaubare Schutzfolien zum Schutz von unlackierten und lackierten Oberflächen

Projektträger

Hochschule Mannheim Institut für Biologische Verfahrenstechnik
Paul-Wittsack-Str. 10
68163 Mannheim
Telefon: +49 621 292 6304

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Rahmen des Endkonservierung von Fahrzeugen (aber auch Weißer Ware, oder Werkzeugen u.v.a.m.) werden vom Hersteller unterschiedliche Maßnahmen getroffen, um Oberflächen (vorwiegend lackierte) vor Beschädigungen (Transportschäden, z.B. schleißende Metallpartikel von Oberleitungen), umherspritzende Steinchen, Vogelkot, saurer Regen, salzhaltige Brisen aus dem Meer, usw.) auf dem Weg zum Kunden zu schützen.
Ziel des Projektes war es, bis zum 31.12.2010 Schutzfilme - Schutzfolien und Schutzhäute - als Alternative zu konventionellen Folien auf Mineralölbasis bzw. temporären Korrosionsschutzmaßnahmen auf Basis Öl/Fett zu entwickeln, die die Anforderungen der Automobilindustrie erfüllen. Minimalziel war es, temporäre Korrosionsschutzmaßnahmen bzw. Folien für andere Bereiche (wie Sägeblätter) mit minderer Anforderung als Automobile zu entwickeln. Es sollten ein oder mehrere Produktformulierungen entwickelt werden, deren Kernbestandteil aus nachwachsenden Rohstoffen stammen oder fermentativ hergestellt werden, die biologisch abbaubar und ggf. recyclingfähig sind und bis auf Konservierungsstoffe keine oder nur geringe Toxizität aufweisen (flüssige Produkte dieser Art müssen vor biologischem Abbau durch Konservierungsmittel geschützt werden).


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Erstellen eines Pflichtenheftes anhand der Anforderungsprofile der Industrie
2. Evaluierung der Eigenschaften kommerziell erhältlicher Kollagenfolien
3. Generierung einer Grundrezeptur
4. Evaluierung geeigneter Vernetzer
5. Evaluierung notwendiger Additive zum Einstellen der geforderten Eigenschaften
6. Herstellung einer mind. 25-50 µm starken Folie auf senkrechten Flächen
7. Evaluierung geeigneter Applikationstechniken für hochviskose, faserhaltige Massen
8. Vergleich der Eigenschaften von Folien aus der Endrezeptur mit einer konventionellen Plastikfolie
9. Testen der Lagerstabilität


Ergebnisse und Diskussion

Das maximale Projektziel, die Entwicklung einer Transportschutzfolie für den Automobilbereich auf Basis nachwachsender, biologisch abbaubarer Rohstoffe, konnte nicht erreicht werden, weil die extremen Anforderungen hinsichtlich der Witterungsbeständigkeit (Salzsprühtest nach DIN EN ISO 9227) nicht zu erfüllen waren. Es wurden jedoch umfangreiche Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit Kollagenmassen, bezüglich der Kollagenfolienherstellung und auch hinsichtlich der Optimierung der Wasserbeständigkeit und anderer Eigenschaften gewonnen, wie im Folgenden dargestellt werden soll.
Zu Beginn des Projektes waren die chemischen Eigenschaften wie Permeabilität und Beständigkeit gegenüber Prüfsubstanzen aus der Automobilindustrie von kommerziellen Kollagenfolien geprüft worden. Hier zeigten sich eine ausgezeichnete Beständigkeit der Folien gegenüber unpolaren Substanzen und nur eine bedingte Beständigkeit gegen polare Substanzen wie Wasser. Anhand der Ergebnisse wurde deutlich, dass Optimierungen zur Verbesserung der Wasserbeständigkeit nötig sein würden.
Zunächst wurde zur Festlegung der Kollagengrundmasse das Korrosionsverhalten von einer mit Salzsäure angesäuerten Masse (Kollagenmasse A) mit der einer mit Milchsäure angesäuerten Masse (Kollagenmasse B) verglichen. Die mit Salzsäure angesäuerten Massen zeigten erwartungsgemäß ein deutlich größeres Korrosionspotential als die mit Milchsäure angesäuerten Massen, weswegen für alle weiteren Untersuchungen auf die "Milchsäuremasse" zurück gegriffen wurde.
In den sich anschließenden Untersuchungen wurde zunächst ein geeignetes Verfahren für die Herstellung von Folien erarbeitet. Es zeigte sich, dass aus den Kollagenmassen mit einem Trockenkollagenanteil von 2-2,5% sowohl durch eine Spritzapplikation mittels einer Becherpistole als auch durch Gießen stabile Folie erzeugt werden können. Für letzteres Verfahren erwies sich eine vorangegangene Evakuierung der Massen in einem Vakuumtrockenschrank als unabdingbar, um die beim Homogenisieren mit einem Homogenisator eingebrachten Luftblasen wieder zu entfernen.
Die Optimierung der Rezeptur erfolgte im Anschluss schrittweise. Nach und nach wurden verschiedene Additive wie Vernetzer, Weichmacher, Haftmittel und Biozide zugesetzt und deren Einfluss auf die Eigenschaften der Folien beurteilt. Hierbei stand vor allem der Erhalt bzw. die Verbesserung der Wasserbeständigkeit der Folien im Vordergrund.
Zunächst wurde der geeignetste Vernetzer ermittelt. Hierzu wurden die Aldehyde Formaldehyd, Glutaraldehyd und Glyoxal bzw. Kombinationen dieser Vernetzer eingesetzt. Bei einer Vernetzerkonzentration von 10 % w/w bezogen auf den Trockenkollagenanteil zeigte sich jedoch kein Unterschied zwischen den einzelnen Vernetzern hinsichtlich der erreichten Wasserbeständigkeit, so dass für die nachfolgenden Untersuchungen G2 (Glyoxal) ausgewählt wurde, da dieses die geringste Toxizität besitzt.
Im Anschluss daran wurde der Einfluss der Vernetzerkonzentration auf die Wasserbeständigkeit der Folien geprüft. Es zeigte sich, dass Vernetzerkonzentrationen unter 10 % w/w zu einer deutlichen Verringerung der Wasserbeständigkeit führten, weswegen die Vernetzerkonzentration für alle nachfolgenden Untersuchungen auf 10 % w/w bezogen auf den Trockenkollagenanteil festgelegt wurde.
Durch Verwendung eines Weichmachers sollten die von sich aus sehr spröden (wenig verformbaren) Folien flexibler gemacht werden. Untersuchungen hatten überdies zuvor gezeigt, dass das oftmals in Kollagenfolien verwendete Glycerin aufgrund seiner guten Wasserlöslichkeit bei den Beständigkeitsuntersuchungen zu Problemen führte. Es sollte daher ein Weichmacher gefunden werden, der sich weniger leicht aus den Folien heraus lösen lässt. Hierzu wurden die Substanzen: Glycerin, Lecithin, Sorbit, Alginat, PEG 1, PEG 2 und Jojobaöl getestet. Lediglich Lecithin und Sorbit führten zu verbesserten Ergebnissen. Alle weiteren Folien wurden daher mit dem Weichmacher Lecithin (40% w/w bezogen auf Trockenkollagen-Gehalt) hergestellt. Die Verminderung der Wasserbeständigkeit der Folien aufgrund der Zugabe des Lecithins machen weitere Recherchen und Untersuchungen notwendig.
Die Untersuchung der Haftfestigkeit der Kollagenmassen auf unterschiedlichen Materialien zeigte, dass Kollagenüberzüge auf Untergründen aus Stahl und Kunststoffen (PE, PP, PTFE und PET) ohne Zusatz von Haftmitteln nicht hafteten, während eine Haftung auf lackierten Oberflächen gegeben war, allerdings auch nicht sehr stark. Auf Glas hafteten die Überzüge jedoch sehr gut. Beiläufig wurde bei den Untersuchungen eine Rezepetur entdeckt, die hervorragend auf Teflon haftete. Diese enthielt Sorbit als Additiv. Diese Erkenntnis könnte dazu ausgebaut werden, weitere hydrophobe Materialien auf ihre Beschichtbarkeit zu prüfen und so weitere Anwendungsfelder zu generieren.
Für die Optimierung der Haftfestigkeit auf lackierten Blechen wurden folgende Substanzen getestet: Gelatine, Methyl-PHB, Phthaldialdehyd und Caprolactam. Lediglich Gelatine konnte eine Verbeserung der Haftung rein visuell bewirken, die Schichten hielten jedoch der Gitterschnittprüfung zur Beurteilung der Haftfestigkeit nicht ausreichend stand. Die zusätzliche Verwendung von Glycerin brachte eine deutliche Verbesserung.
Um die Haltbarkeit der Kollagenmasse bei der Verabeitung zu erhöhen, wurden verschiedene für Lebensmittel zugelassene Konservierungsmittel getestet. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass dadurch der mikrobielle Befall verlangsamt werden konnte. Während Massen ohne Konservierungsstoff unabhängig von einer Venetzung innerhalb von einer Woche bei einer Lagerung bei 25°C verschimmelt waren, konnte die Haltbarkeit durch Zugabe von K-Sorbat fast vervierfacht werden und Massen mit Methyl- bzw. Ethyl-PHB waren sogar mehr als 85 Tage frei von Schimmelbefall. Die Verwendbarkeit von abgelagerten Massen zur Folienherstellung muss noch geprüft werden.
Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse wurde eine sogenannte Endrezeptur festgelegt, mit der Folien "in Serie" produziert wurden, um ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften mit denen einer mineralölbasierten Polyolefinfolie aus dem Transportschutzbereich der Automobilindustrie zu vergleichen.
Zunächste wurde die Foliendicke der Prüfkörper bestimmt, die aufgrund der Verwendung ungesiebter Massen und dem Trocknungsverfahren per Luft allerdings relativ große Schwankungen zeigten.
Diese Folien wurden dann Bewitterungstests in einer Salzsprühkammer und Wechselklimakammer unterworfen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Kollagenfolien ohne eine weitere Optimierung nicht für einen Außeneinsatz mit Salzwasserkontakt geeignet sind. Bezüglich des Wechselklimas hielten die Folien zumindest kurzzeitig (7 Tage) der Bewitterung stand, die mechanischen Eigenschaften der bewitterten Folien sind jedoch je nach Anwendungsfall in weiteren Testreihen zu prüfen. Die Polyolefinfolie erfüllte die Anforderungen komplett.
Die Permeabilitäts- und Beständigkeitsuntersuchungen mit Prüflösungen aus der Automobilindustrie zeigten, dass sowohl die Kollagenfolien als auch die Vergleichsfolie nicht vollständig impermeabel bzw. beständig für die Prüfsubstanzen waren. Inwieweit dies problematisch ist, müsste in weiteren Versuchen evaluiert werden. Hinsichtlich der Kollagenfolien sind vor allem polare Substanzen bei höheren Temperaturen problematisch, aber auch die Polyolefinfolie zeigte für den Ölmix, Kraftstoffmix, das Scheibenklar und die Schwefelsäure einen Gewichtsverlust von bis zu 10%, was vermutlich dadurch zustande kam, dass sich die Klebstoffschicht der Folie löste, da an der Folie selbst keine Veränderungen beobachtet werden konnten. Die Lackoberfläche von beschichteten Blechen war nach den Prüfungen jedoch unverändert.
Die Ergebnisse der Weiterreißprüfung machten deutlich, dass zum Zerreißen einer Folie aus Kollagen eine wesentlich geringere Kraft erforderlich ist als für Polyethylen- bzw. Polyolefinfolien. Die Kollagenfolien waren insgesamt deutlich spröder, d.h. geringer verformbar. Bezüglich der Reißkraft und der Zugfestigkeit der Kollagenfolien konnten ähnliche Größenordnungen wie für die Polyolefinfolie erreicht werden, die lag jedoch mit 19 % nur bei 4 % der Bruchdehnungswerte der Polyolefinfolie. Doch nicht für alle Anwendungen sind hohe Dehnbarkeitswerte erforderlich.
Weder die Kollagenfolien noch die Polyethylenfolien zeigten eine ausreichende Haftfestigkeit bei den Gitterschnittprüfungen. Die Kollagenfolien lösten sich bereits beim Einbringen der Schnitte vom Untergrund ab, die Polyolefinfolie erst nach dem Abziehen des Prüf-Klebebandes, allerdings wurde hier auch der Lack in großem Maße mit abgerissen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass hinsichtlich der Optimierung der Haftfestigkeit weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Bei einer Temperaturbehandlung mit Extremtempereaturen zeigten beide Folien keine Dimensionsänderungen.
Abschließend wurde die enzymatische Abbaubarkeit und Kompostierbarkeit der Folien getestet, da dies ein entscheidendes Argument gegen die Verwendung von Polylefinfolien ist. Die Abbaubarkeit konnte durch die Verwendung von Vernetzern in einem gewissen Rahmen variabel eingestellt werden. Für stark vernetzte Folien muss das Verfahren jedoch noch weiter optimiert werden. Die Kollagenfolien waren jedoch unabhängig vom Vernetzungsgrad und etwaigen Konservierungsstoffen äußerst schnell (innerhalb von 2 Tagen!) kompostierbar. Die Untersuchungen haben somit bestätigt, dass es zulässig ist, bei den im Projekt generierten Kollagenfolien von biologisch abbaubaren Folien zu sprechen.
Ausblick

Auch wenn das Maximalziel, die Konservierung von Automobilen für den Transport, nicht vollständig erreicht werden konnte, so wurden doch viele grundlegende Erfahrungen mit dem Werkstoff Kollagen bei der Folienherstellung gemacht, auf deren Basis sich weitere Untersuchungen anschließen könnten. So gibt es z.B. Überlegungen, in Analogie zur Gelatine Vernetzungsreagenzien aus der Fototechnik zur Erzeugung hoch wasserfester Schichten zu erzeugen. Auch könnte z.B. die Haftfestigkeit der Schichten z.B. durch die Verwendung von Muschelklebern eventuell verbessert werden. Auch bezüglich derzeit noch sehr hohen Trocknungszeiten für die Kollagenmassen mit dem nur sehr geringen Trockenkollagenanteil gibt es bereits Überlegungen. Diese beinhalten, dass mit abnehmendem Feuchtegehalt der Kollagenschichten die Trocknungstemperatur erhöht werden könnte, da die Denaturierungstemperatur ebenfalls mit dem Trockenstoffgehalt ansteigt.
Außerdem wird die Möglichkeit gesehen, die Kollagenfolien, da eine Anwendung für den Außenbereich derzeit noch fraglich ist, für Innenanwendungen beim Korrosionsschutz zu verwenden. Verschiedene Unternehmen haben Interesse an einer biologischen Schutzfolie bekundet. So werden bei der Firma Witzenmann LKW-Komponenten aus handelsüblichem grauen Kugelgraphit für den Transport mit Ölen korrosionsgeschützt. Aufgrund der offenporigen Struktur der Gußteile ist es schwierig, die Bauteile vollständig zu entfetten, was bei dem anschließenden Schweißvorgang zu Fehlstellen führen kann. Hier könnte ein Kollagenüberzug aus einer mit Phosphorsäure angesäurten Masse, die zusätzlich eine Phosphatschicht auf der Metalloberfläche erzeugt, Abhilfe schaffen.
Auch Rolls Royce sucht nach einer Möglichkeit, Ersatzteile im Rahmen der 50 Jahre umfassenden Ersatzteilgarantie vor Korrosion zu schützen. Trotz Lagerung im klimatisierten Innenraumbereich verrosten hier immer wieder Teile, was beim Entrosten. aufgrund enger einzuhaltender Tolleranzen ein Problem darstellt.
Neben diesen Anwendungsfeldern in der Automobilindustrie ist es auch denkbar, die natürlichen Eigenschaften des Kollagens, wie seine Unbeständigkeit gegenüber Wasser bzw. seine sehr gute Kompostierbarkeit, zu nutzen. Denkbare Einsatzfelder sind hier die Etikettierung von Mehrwegflaschen bzw. die Herstellung von Saatbändern mit diversen Zusatznutzen gegenüber den herkömmlichen Lösungen. Bei der erstgenannten Anwendung würde sich der Ablöseprozess der Etiketten erheblich vereinfachen und umweltfreundlicher gestalten lassen. Saatbänder aus Kollagen hätten den Vorteil, dass sie im nassen Zustand deutlich reißfester wären als die herkömmlichen Papierbänder und überdies wäre es möglich, Dünger und andere Zusätze wie Keimhilfsstoffe einzuarbeiten.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Projektes sind zahlreiche Publikationen entstanden.

Übersicht

Fördersumme

88.800,00 €

Förderzeitraum

01.01.2009 - 31.12.2010

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik