Erfassung und Klassifizierung der durch anthropogene Eingriffe entstandenen Holzkorrosion an wertvollen Denkmalen in Sachsen-Anhalt als Grundlage einer modellhaften Behandlung (inklusive Entwicklung eines Schnelltests)
ProjekttrÀger
Föderation Evangelischer Kirchen in MitteldeutschlandDas KirchenamtReferat Bau
Am Dom 2
39104 Magdeburg
Telefon: 0391/5346-0
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Viele hölzerne Dachkonstruktionen wurden im 20. Jh. intensiven Flammschutz- und Holzschutzmittelbehandlungen unterzogen. In Folge dieser hĂ€ufig ĂŒberdosierten und kombinierten chemischen Applikationen treten sog. Mazerationserscheinungen auf, die in schweren FĂ€llen in der wollartigen Auflösung der HolzoberflĂ€chen sichtbar werden, hĂ€ufig aber mit dem bloĂen Auge kaum erkennbar sind. Die betroffenen Konstruktionen sind z.T. gĂ€nzlich im Bestand gefĂ€hrdet. Insbesondere im Falle sehr groĂer DĂ€cher (Kirchen) fĂŒhrt dies zu erheblichen Sanierungskosten oder/und zum Verlust wertvoller Baudenkmale.
Andererseits können die oft hoch- oder auch ĂŒberdosierten Chemikalien Gefahren fĂŒr Handwerker und Nutzer derartiger Bauten darstellen.
Im Forschungsprojekt MATE sollten reprĂ€sentativ fĂŒr die neuen BundeslĂ€nder die in Sachsen-Anhalt ermittelten VerdachtsfĂ€lle einer ErsteinschĂ€tzung der SchĂ€digung durch Mazeration unterzogen werden, wobei der Grad der SchĂ€digung grob kategorisiert werden sollte. Der optische Eindruck des Holzes war zu beschreiben, Holzproben fĂŒr chemische Analysen zu entnehmen und auszuwerten, Klima- und Holzfeuchtewerte zu ermitteln. Ein einfach zu handhabendes Schnelltestverfahren sollte entwickelt und an den Objekten erprobt werden.
FĂŒr ausgewĂ€hlte Beispiele sollte anhand der Objektakten untersucht werden, wann und weshalb nach 1945 weitere chemische Applikationen vorgenommen wurden. Möglicherweise bestehende statische GefĂ€hrdungen waren zu beschreiben. Die Schadensbilder sollten den unterschiedlichen Wirkstoffkombinationen zugeordnet werden.
Die Ergebnisse wurden in einer Datenbank erfasst und nach Abschluss des Projektes den betroffenen Verwaltungen und EigentĂŒmern prĂ€sentiert.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBegehung von 43 Objekten - Holzfeuchte- und Klimamessungen - Entnahme von Holzproben - chemische Analysen - EinschĂ€tzung der GefĂ€hrdung - AnsĂ€tze fĂŒr Schnelltest - vertiefende Archivrecherchen zu Behandlungen nach 1945 - Abschlusskolloquium und Publikation einer InformationsbroschĂŒre.
Ergebnisse und Diskussion
Im Rahmen des Projekts MATE wurden 43 VerdachtsfĂ€lle in Sachsen-Anhalt auf SchĂ€den durch Mazeration, Bestandteile von Flammschutz- und Holzschutzmitteln und hinsichtlich des Klimas im Dachraum untersucht. AuĂerdem wurden Holzfeuchtemessungen und Archivrecherchen vorgenommen. Fast alle FĂ€lle waren mit Flammschutz- und/oder Holzschutzmitteln behandelt worden, gut ein Drittel der untersuchten Objekte weist starke oder deutliche SchĂ€den durch Mazeration auf, ein weiteres Drittel ist wegen hoher Salzgehalte im Holz latent gefĂ€hrdet. Nur ein Drittel zeigt keine SchĂ€den und kann als nicht gefĂ€hrdet angesehen werden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Klimabedingungen im Dachraum und dem SchĂ€digungsgrad. Die Laboranalysen und die Ergebnisse der Archivforschung belegen, dass Mehrfachbehandlungen in z.T. sehr hohen Dosierungen stattfanden.
Zur Bewertung der nachgewiesenen DDT-, Lindan und PCP-Konzentrationen im Holz und in der Raumluft wurde ein toxikologisches Gutachten eingeholt. AuĂerdem wurden Hinweise zum Arbeits- und Gesundheitsschutz erarbeitet.
Die Forschungsgruppe empfiehlt anstelle eines klassischen Schnelltestverfahrens die Entnahme einer Holzmischprobe, evtl. auch einer Staubprobe, und deren Laboruntersuchung auf Phosphat, Sulfat, Fluorid, PCP, DDT, ?-HCH, deren Isomere und relevante Verunreinigungen gemÀà einer im Projekt erarbeiteten Standardarbeitsanleitung.
Da bislang keine Langzeiterfahrungen bzgl. chemischer Nachbehandlungen von durch die Mazeration geschĂ€digten Konstruktionen vorliegen - hier besteht weiterhin Forschungsbedarf -, wird fĂŒr akut betroffene Konstruktionen zunĂ€chst nur deren mechanische Reinigung von Staub und losen Holzfasern und die langfristige Klimabeobachtung empfohlen. Auch latent gefĂ€hrdete Konstruktionen sollten hinsichtlich des Klimas im Dachraum beobachtet werden, bevor weitere Schritte unternommen werden.
Ăffentlichkeitsarbeit und PrĂ€sentation
Im Rahmen des Projekts MATE wurde neben den Handlungsanweisungen zur Entnahme von Holz- und Staubproben eine Handlungsempfehlung fĂŒr betroffene EigentĂŒmer und Verwaltungen erarbeitet. Die Projektergebnisse wurden im Rahmen des Abschlusskolloquiums in Wittenberg am 8.6.2010 Fachleuten aus Berlin, ThĂŒringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vorgestellt. AuĂerdem wird im Februar 2010 eine Weiterbildungsveranstaltung fĂŒr Kirchenpfleger und Denkmalpfleger aus Sachsen-Anhalt und ThĂŒringen stattfinden (Ausrichtung: EKM). Der Abschlussbericht wird durch das Fraunhofer IRB publiziert.
Fazit
Die Mazeration in Folge von Flammschutz- und Holzschutzmittelanwendungen ist in Deutschland und den bis 1945 zum Deutschen Reich gehörenden Gebieten ein flĂ€chendeckendes Problem. Ăber 60 % der untersuchten Dachkonstruktionen weisen SchĂ€den auf oder sind als latent bedroht anzusehen. Auch im Blick auf den Gesundheits- und Arbeitsschutz wird generell die Entnahme einer Holzprobe und deren Analyse auf Phosphat, Sulfat, Fluorid, PCP, DDT, ?-HCH, deren Isomere und relevante Verunreinigungen gemÀà einer im Projekt erarbeiteten Standardarbeitsanleitung empfohlen.
Der teilweise hohen Gehalte an DDT und Lindan wurden durch einen Toxikologen bewertet, der auch wegen der im VerhĂ€ltnis zu Wohnnutzungen geringen Expositionszeiten keine akuten GesundheitsgefĂ€hrdungen fĂŒr Nutzer betroffener Kirchen usw. sieht. Die gesetzlich festgelegten Regelungen fĂŒr den Arbeitsschutz sind selbstverstĂ€ndlich einzuhalten. Individuell zu erstellende Arbeits- und SicherheitsplĂ€ne sollten die örtlichen Gegebenheiten und die im Einzelfall vorgesehenen Arbeiten berĂŒcksichtigen und die SpielrĂ€ume der Vorschriften im Sinne eines vernĂŒnftigen Umgangs mit der Problematik ausschöpfen.
Bevor MaĂnahmen gegen den weiteren Holzzerfall durch Mazeration ergriffen werden, mĂŒssen die klimatischen Bedingungen im betroffenen Dachraum nĂ€her untersucht werden, da eine AbhĂ€ngigkeit zwischen den Feuchtewerten in der Umgebung von mit Flammschutzmitteln behandelten Hölzern und deren SchĂ€digung durch Mazeration besteht. Langzeiterfahrungen mit chemischen Sanierungsmethoden fehlen. Hier besteht weiterhin Forschungsbedarf.
Fördersumme
100.000,00 âŹ
Förderzeitraum
24.09.2008 - 30.06.2010
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter