Projekt 25420/01

Die Verminderung direkter und indirekter N2O- Emissionen und NO3-Verluste durch gezieltes Bewirtschaftungsmanagement im intensiven Feldgemüsebau

Projektträger

Universität Hohenheim
Schloss Hohenheim 1
70599 Stuttgart
Telefon: 0711/459-22000

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Eine hohe N-Effizienz der pflanzlichen Produktion in Agrarökosystemen bei gleichzeitig geringen N-Verlusten ist die zwingende Voraussetzung für eine umweltgerechte Landbewirtschaftung, was eine besondere Herausforderung für den Feldgemüsebau darstellt. Im Vergleich zu Getreide sind einige Gemüsekulturen (Kategorie III und teilweise Kategorie II, Anhang Novelle der Düngungsverordnung) mit teils sehr hohen N-Verlusten verbunden, da diese in einer Phase starken vegetativen Wachstums geerntet werden. Dies kann ein großes N-Verlustpotential durch den Transport in benachbarte Kompartimente wie das Grundwasser (Nitratverlagerung und gelöstes N2O - indirekte Emission) und/oder die Atmosphäre (wie z. B. das klimarelevante Spurengas N2O - direkte Emission) bedingen, was ein umweltrelevantes Problem darstellt.
Bei den hohen Gehalten an mineralischem N in gemüsebaulich genutzten Böden war davon auszugehen, dass die annuelle N2O-Emission im Vergleich zu Getreide oder Mais aufgrund des höheren N-Inputs und der ungünstigeren Synchronisation von Angebot und Bedarf, deutlich höher ist. Obwohl die N2O-Emission, welche zuverlässig nur mit Hilfe annueller Datensätze abgebildet werden kann, ein wichtiger Bestandteil der N-Bilanzen darstellt, wurde sie im Gemüsebau bislang nur abgeschätzt. Bis zum Projektbeginn lagen für unsere Breiten keine annuellen Daten zur N2O-Freisetzung aus Gemüsebauflächen vor. Weitere N-Überschüsse können zudem vor allem im Herbst zu einer Nitratbelastung des Grundwassers führen.
Ziele des Projekts waren es, die direkten und indirekten (gelöstes) N2O-Emissionen ganzjährig zu erfassen und geeignete, leicht in die Praxis umsetzbare Strategien zur Reduktion der N2O-Emissionen und zur Minderung der Nitratverlagerung in intensiv gemüsebaulich genutzten Böden zu erarbeiten. Der Fokus sollte hierbei auf praxisorientierten Strategien wie unterschiedlichen Düngungsmaßnahmen und optimiertem Management des Zwischenfruchtanbaus liegen, wobei die Ertragsstabilität und -sicherung als Erfolgskriterium zugrunde gelegt wurde.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Umsetzung erfolgte mit Hilfe einer vollständig randomisierten Blockanlage in 4facher Wiederholung auf einer Parabraunerde auf der Filderebene nahe Hohenheim. In den beiden ersten Versuchsjahren wurde jeweils ein Satz Kopfsalat gefolgt von einem Satz Blumenkohl angebaut, im dritten Versuchsjahr wurden weiterführende Untersuchungen in Mangold durchgeführt. Dabei wurden die N-Düngermenge (praxisüblich, Düngung nach Sollwert aus KNS-System und eine reduzierte N-Düngung jeweils in Form von ASS), die N-Applikation (breitflächig und Depotdüngung) sowie der Zusatz eines Nitrifikationshemmstoffes (DMPP) variiert. Da der Anbau von Zwischenfrüchten die N2O-Bildung in Böden sowohl steigern (erhöhtes Substratangebot für die Denitrifikation nach Abfrieren) als auch reduzieren könnte (Nitratkonservierung), wurde der Anbau einer winterharten und einer abfrierenden Zwischenfrucht (Grünroggen und Phacelia) hinsichtlich der N-Verluste getestet. Als Kontrollvariante hierzu dient eine Winterschwarzbrache.
Im Teilprojekt ‚direkte Emissionen wurden die Spurengasflüsse in mindestens wöchentlichem Rhythmus mit der ‚closed chamber Methode über zwei Jahre hinweg erfasst und durch weitere ereignisbezogene Zusatzmessungen (Frost/Tau, Trocknung/Wiederbefeuchtung, N-Düngung) ergänzt.
Im Teilprojekt ‚indirekte Emissionen wurden die Spurengaskonzentrationen der Bodenluft mit Hilfe von Mulitlevel-Sammlern und in frei dränendem Bodenwasser mittels modifizierten Saugkerzen in unterschiedlichen Tiefen in derselben zeitlichen Auflösung ermittelt. Hier wurde zudem die Nitratverlagerung durch monatliche Tiefenbeprobung quantifiziert.
Mittels zusätzlicher Entnahme von Bodenproben zur Bestimmung der wesentlichen Steuergrößen der Spurengasproduktion (Wasser-, Nmin- und DOC-Gehalte) sollten die Gasemissionen beider Teilprojekte parametrisiert werden.
Auf einigen Plots wurde 15N angereicherter N-Dünger ausgebracht. Durch die Bestimmung der 15N-Häufigkeit im N2O sollte der Beitrag verschiedener N-Quellen (Dünger, Boden, Erntereste) quantifiziert werden. Dazu wurden die Erntereste der mit 15N-angereichertem Dünger behandelten Parzellen gegen unmarkierte Erntereste ausgetauscht. Dies erfolgte separat für die Düngung des Kopfsalats und des Blumenkohls. Auf den Plots mit den 15N-angereicherten Erntereste konnte der Beitrag der Erntereste zur N2O-Freisetzung ermittelt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Jahresemission (direkte Emission) zeigte eine sehr hohe inter-annuelle Variabilität. Sie war im ersten Versuchsjahr etwa doppelt so hoch wie im zweiten Jahr. Die Emissionen schwankten zwischen 1,9 kg N2O-N ha-1 a-1 in der ungedüngten Kontrollvariante und 10, 6 kg N2O-N ha-1 a-1 in der Variante mit praxisüblicher N-Düngung. Neben der N-Verfügbarkeit zeigte sich, dass die N2O-Bildung zumindest zeitwei-se durch die C-Verfügbarkeit limitiert wurde. Aufgrund dieser Limitierung waren die Emissionen aus Mangold umso höher, je kürzer der Zeitraum zwischen der N-Düngung und dem Umbruch der Winterzwischenfrucht vor dem Mangoldanbau war.
Die Jahresemissionen stiegen in beiden Jahren mit der Höhe der N-Düngung an. Eine Reduktion der N-Düngung von praxisüblichen Aufwandmengen auf die N-Mengen nach dem kulturbegleitenden Nmin-Sollwertsystem (KNS) führte zu einer Emissionsminderung um 23% bzw. 11%, ohne dass der Ertrag einer der angebauten Gemüsekulturen beeinflusst wurde. Eine weitere Reduktion der N-Düngung führte dagegen zu geringeren Erträgen bei Kopfsalat. Somit kann diese Reduktion der N-Düngung zur Minderung der N2O-Emissionen auf vergleichbaren Standorten empfohlen werden.
Eine sehr effektive Maßnahme zur Minderung der N2O-Emission war die Anwendung des Nitrifikationshemmstoffs 3,4-Dimethylpyrazolphosphat (DMPP). In dem Projekt wurden erstmals N2O-Emissiondaten auf ganzjähriger Basis für diesen Hemmstoff erarbeitet. In beiden Versuchsjahren führte die DMPP-Anwendung zu einer Minderung der direkten N2O-Emission von mindestens 40%. Überraschenderweise waren die Emissionen bei DMPP-Anwendung auch im Winter geringer als bei einer Düngung ohne Hemmstoff. Möglicherweise hatte der Hemmstoff eine Wirkung auf funktionelle bzw. strukturelle Eigenschaften der (vermutlich denitrifizierenden) Mikroflora. Weitergehende Untersuchungen dazu scheinen sinnvoll.
Obwohl eine Hemmung der Nitrifikation über ein hohes Angebot an NH4+ (Depot- bzw. CULTAN-Düngung) wahrscheinlich war, führte dies nicht zu einer Minderung der N2O-Freisetzung. Punktuell hohe NO3- -Konzentrationen im mikrobiell intakten Boden in der direkten Umgebung des Düngerdepot dürften Grund für die Emissionen gewesen sein, die sich nicht von den Emissionen bei breitflächiger N-Düngung unterschieden.
Das synchrone Angebot von mineralischem N und leicht umsetzbarer organischer Substanz führte zu überproportional hohen N2O-Emissionen. Deshalb muss der Umbruchtermin der Winterzwischenfrucht von der N-Düngung entkoppelt werden. Anhand der Messungen in diesem Projekt wird eine Wartezeit von zwei Wochen zwischen dem Umbruch und der N-Düngung empfohlen.
Die N2O-Konzentrationen in der Bodenluft nahmen mit der Bodentiefe zu. Wie bei den direkten Emissionen waren auch die Bodenluftkonzentrationen im ersten Versuchsjahr höher als im zweiten Jahr. Sie stiegen in Abhängigkeit von der N-Düngermenge und waren bei Anwendung von DMPP geringer als bei der Vergleichsvariante ohne Hemmstoff. Die höchsten N2O-Konzentrationen traten bei der Depotdüngung auf.
Die aus den Untersuchungen abgeleiteten Emissionsfaktoren für die direkten Emissionen entsprachen den Vorgabewerten des IPCC (2006). Im Gegensatz dazu waren die nach IPCC-Ansatz berechneten Mengen an gelöstem N2O ca. 50-fach höher als im Projekt gemessen. Die Rolle der indirekten Emissionen über den Emissionspfad Verlagerung von gelöstem N2O mit dem Sickerwasser war somit im Vergleich zu den direkten N2O-Emissionen gering.
In allen untersuchten gedüngten Varianten waren die Nitratgehalte im Unterboden im Vergleich zur Kontrolle geringfügig höher. Die höchsten Nitratgehalte im Unterboden und damit auch die größte Nitratverlagerung fanden sich bei praxisüblicher N-Düngung sowie bei Depotdüngung.
Es hat sich gezeigt, dass alle Maßnahmen, die die N-Überschüsse im Gemüsebau reduzieren, als positiven Nebeneffekt auch eine Minderung der N2O-Freisetzung zur Folge haben.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zur Verbreitung der Projektergebnisse wurde eine Kommission aus Fachleuten gebildet, die sich wis-senschaftlich, beratend oder in ausbildenden Tätigkeiten mit dem Thema N-Düngung im Gemüsebau beschäftigt. Bei der Auswahl der Fachleute wurde zudem darauf geachtet, die großen Gemüse-Anbauregionen in Deutschland weitestgehend zu berücksichtigen. Insgesamt gehörten zehn Personen dieser Kompetenzgruppe an, die teils bereits in die Konzeption des Versuchsdesigns eingebunden wurden. Die Expertengruppe wurde in Form eines Newsletters jeweils zweimal im Jahr über die Projektergebnisse informiert. Zudem wurde am 27.01.2011 ein Workshop mit der Expertengruppe in Hohenheim veranstaltet, bei dem die beiden Teilprojekte ihre Ergebnisse nochmals detailliert und empfehlungsgerichtet darstellten. Zudem wurden beim Workshop aktuelle Teilaspekte zur N-Düngung im Gemüsebau und deren Umweltwirkung durch Vorträge der Expertengruppe ergänzt.

Die Ergebnisse der Messungen wurden in Form von Artikeln in fünf Fachartikeln in internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung eingereicht. Jeweils ein Artikel wurde außerdem in einer populärwissenschaftlichen und in einer Fachzeitschrift einem breiten Publikum nahegebracht. Zudem wurden Teilaspekte des Projekts im Rahmen von Fachvorträgen bei nationalen (Tagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft 2009 in Bonn, KTBL-Tagung Bad Staffelstein 2010, JKI-Tagung zur Injektionsdüngung in Braunschweig, 2010) und internationalen Tagungen (16. internationaler N-Workshop in Turin, 2009, Jahrestagung der European Geosciences Union in Wien) vorgestellt.


Fazit

In dem Projekt wurden Maßnahmen entwickelt, um die direkten N2O-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden zu vermindern. Dies waren die Reduktion der N-Düngung auf den Sollwert aus dem KNS-System, der Einsatz eines Nitrifikationshemmstoffes sowie die zeitliche Entkopplung des Angebots an leicht verfügbarer organsicher Substanz (Zwischenfrucht) und der Ausbringung mineralischen N-Düngers. Das Minderungspotential lag auf Jahresbasis zwischen 11 und 40%. Für die indirekten N2O-Emissionen konnte kein entsprechendes Minderungspotential nachgewiesen werden. Allerdings traten bei praxisüblicher N-Düngung sowie bei Depotdüngung die höchsten Nitratkonzentrationen im Unterboden auf, sodass eine Reduktion der N-Düngung auch den Nitrataustrag vermindert. Die Depotdüngung ist sowohl hinsichtlich des Nitrataustrags als auch hinsichtlich der N2O-Emissionen auf vergleichbaren Standorten (Lößböden) Süddeutschlands nicht zu empfehlen.

Übersicht

Fördersumme

318.194,00 €

Förderzeitraum

01.01.2008 - 31.01.2011

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung