Projekt 25274/01

Erprobung von Managementmaßnahmen in Bremen zum Erhalt der Krebsschere als Leitart für die ökologisch wertvollen Graben-Grünland-Gebiete der Kulturlandschaft Nordwestdeutschlands

Projektträger

haneg Hanseatische Naturentwicklung GmbH
Konsul-Smidt-Str. 8 p
28217 Bremen
Telefon: 0421/2770044

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zum Schutz der bundesweit gefährdeten Grabenpflanze Krebsschere (Stratiotes aloides) führt Bremen seit Ende der 1980er Jahre auf Teilflächen ein auf ihre spezifischen Lebensraumansprüche ausgerichtetes ökologisches Grabenräumprogramm durch. Trotz dieser Bemühungen haben die Bestände in Bremen und anderen Regionen in den letzten Jahren z. T. stark abgenommen. Die konkreten Ursachen für den überregionalen Rückgang sind bisher unklar. Ziel des Vorhabens ist es, die relevanten Faktoren für den Rückgang der Krebsscherenbestände in Bremen zu ermitteln und geeignete Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung zu erproben.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitsschritte: (1) Entwicklung von Maßnahmen und maßnahmenbegleitender Untersuchungen, (2) konkretisierende Erfassung der vorhandenen Krebsscherenbestände (Verbreitung, Vitalität, Geschlechterverteilung), (3) Kontrolle der Grabenwasserqualität (u. a. Nährstoffe, pH-Wert), (4) Analyse der Daten zur Be- und Entwässerung, (5) Recherche nach tierschonenden Grabenräumgeräten, (6) Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederbesiedelung geräumter Gräben, Bau von Grundwasserpumpen, Anlage von Filterstrecken, Abdämmung von Gräben, Änderungen der Grabenräumung (Räumzeitpunkt, Räumintensität etc.), (7) Durchführung genetischer Analysen, (8) Durchführung von Wirkungskontrollen (Verbreitung u. Vitalität der Krebsscherenpopulationen, Änderungen der chem.-physik. Parameter, Auswirkungen auf die Grabenfische etc.), (9) Ableitung relevanter Wirkfaktoren bei eintretenden Veränderungen, (10) Rückkopplung der Ergebnisse zur Optimierung der umgesetzten Maßnahmen, (11) Analyse der Gesamtergebnisse und Ableitung von Ursachen für den Rückgang der Krebsschere sowie von Empfehlungen, (12) Begleitende Öffentlichkeitsarbeit, Fachtagung und Erarbeitung eines Leitfadens zur Grabenräumung.


Ergebnisse und Diskussion

Das Vorhaben liefert wichtige Erkenntnisse über die relevanten Schlüsselfaktoren für den Erhalt der Krebsschere. Der praxisnahe Forschungsansatz gewährleistet die Integration der neuen Ergebnisse in die Praxis der Pflege und Unterhaltung der Grünlandgräben in Bremen. Es hat sich gezeigt, dass ein Mosaik verschiedener Grabentypen mit vielfältigen Standortbedingungen essenziell für den Schutz der Krebsschere und damit der gesamten Grabenbiozönose eines Gebietes ist.
Entwicklung der Krebsscheren: Die Entwicklung bei ökologischer Normalräumung unterscheidet sich nicht von der natürlicher Krebsscherenbestände. Sie gehen schnell in die Optimalphase über. Der Räumzyklus wird auf 3 bis 4 Jahre verkürzt. Durch die ökologischen Intensivräumungen im Herbst und Normalräumungen im Spätsommer wird eine mindestens einjährige Initialphase bewirkt und der Entwicklungs- zyklus auf 4 bis 6 Jahre verlängert. Hierdurch können sich auch die Pionierarten der Gräben entwickeln. Im Niedervieland bleiben die Bestände in einem Stadium zwischen Aufbau und Zusammenbruch. Dies weist dort auf ungünstige Standortbedingungen hin. Das Entwicklungsstadium des Grabens ist mit Ausnahme des Wasserlinsenstadiums nicht ausschlaggebend für den Erfolg der Beimpfungen mit Krebsschere. Die Intensivräumungen beschleunigen den Wiederaufbau der Population, wahrscheinlich auf Grund des vorhandenen Ausbreitungsraums. Die Einspeisung von Grundwasser mittels Pumpen wirkte sich günstig auf die Entwicklung der Krebsschere aus.
Wasserqualität: Die Gräben können als meso- bis eutroph eingestuft werden, mit einer überwiegend geringen bis mäßigen Nährstoffbelastung. Die Räummaßnahmen hatten keine nachhaltigen Veränderungen der Wasserqualitäten zur Folge. Die gemessenen Konzentrationen der Einzelparameter sind nicht limitierend für die Krebsschere. Allerdings zeigten die Untersuchungen des Schlammporenwassers, dass im Niedervieland signifikant höhere Konzentrationen von Hydrogencarbonat, Sulfid, Ammonium und Phosphat vorkommen. Die Sulfid- und Ammoniumkonzentrationen erreichen dabei Werte, die nach Angaben aus der Literatur schädigende Einflüsse auf die Krebsschere vermuten lassen. Darin wird die Ursache für den andauenden Rückgang der Krebsschere im Niedervieland gesehen.
Fischfauna: Von den durchgeführten Maßnahmen gehen keine längerfristigen negativen Auswirkungen auf die Fischfauna aus. Die Räumung ist zum Erhalt des Lebensraums essentiell erforderlich, auch wenn Fische aus dem Graben entnommen werden. Offenbar wirkt sich eine intensive Räumart stark verschlammter Gräben positiv auf die Arten- und Individuenzahlen aus. Hierdurch wird der für die Fische bedeutsame freie Wasserkörper am besten wiederhergestellt. Von großer Bedeutung ist ein vernetztes Mosaik aus Gräben und größeren Fleeten (Hauptvorfluter) verschiedener Sukzessionsstadien.
Grüne Mosaikjungfer: Bei der ökologischen Normalräumung verbleibt ein großer Anteil der in den Krebsscheren vorhandenen Eier und Larven im Gewässer. Die Räumung im Herbst ist ebenso wie die Räumung in der Optimalphase der Krebsscherentwicklung für die Libellenart günstig zu beurteilen. Beimpfungsbestände werden im ersten Jahr kaum als Eiablageplatz angenommen. Insgesamt ist eine gute Entwicklung der Krebsscherenbestände Voraussetzung für den Erhalt dieser Libellenart.
Empfehlungen für das Grabenmanagement: (a) Die Räumintensität sollte sich individuell nach dem Schlammaufkommen im Graben richten. (b) Jeder Graben sollte abschnittsweise etwa alle 5 Jahre geräumt werden, um in einem Gebiet ein Mosaik verschiedener Grabentypen zu schaffen, das vielfältige Habitatansprüche dauerhaft erfüllt. (c) Die Räumung im Spätsommer fördert die Entwicklung der Wasservegetation, eine Räumung im Herbst fördert die Fischfauna und die Grüne Mosaikjungfer. Für die Krebsschere sind beide Zeitpunkte geeignet. (d) Gräben sollten bevorzugt in der Optimalphase der Vegetationsentwicklung geräumt werden. (e) Beimpfungen mit Krebsscheren sind unmittelbar nach der Räumung sinnvoll. Beim Einsatz großer Bestände mit beiden Geschlechtern, kann die Entwicklung neuer Krebsscherengräben erfolgreich initiiert werden. (f) Zum Erhalt und zur Entwicklung der Krebsschere sind ganzjährig hohe Freiwasserstände durch Rückhaltung des gebietseigenen Wassers ohne großflächiges sommerliches Trockenfallen anzustreben. (g) Der Einfluss gebietseigenen Grundwassers ist wichtig und sollte ggf. durch Zufuhr gefördert werden. (h) Zuleitungswasser aus Flusssystemen, dessen Wasserqualität nicht bereits dem angestrebten Niveau entspricht, sollte nur durch ausreichend bemessene Pflanzenklärstrecken ins Gebiet geleitet werden. (i) Das Sediment im Graben kann ein limitierender Faktor für die Habitatqualität der Krebsschere sein. Hohe Belastungen, vor allem mit Ammonium, Sulfid und Phosphat sollten grundsätzlich vermieden werden.
Die Empfehlungen zum Grabenmanagement wurden in einem Leitfaden anschaulich aufbereitet. Er wendet sich an die Praktiker der Grabenräumung und verbindet die 20-jährigen Erfahrungen in Bremen mit den Erkenntnissen aus dem Krebsscherenvorhaben.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Vorhaben wurde durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Ein Pressetermin mit dem Bremer Umweltsenator Dr. Loske und dem Fachbetreuer Dr. Stock von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) im Jahr 2007 bildete den Auftakt. Es folgten u. a. Exkursionen, Zeitungsartikel, Fernsehbeiträge im Lokalfernsehen, Seminare mit der NNA, Standpräsentationen bei der SonderUMK in Mainz sowie der internationalen UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP 9) in Bonn. Ferner fand ein intensiver Austausch mit Kollegen aus den Niederlanden statt. Den Abschluss 2010 bildete die Fachtagung an der Hochschule Bremen. Bei Vorträgen und Exkursionen stellte das Projektteam die Ergebnisse vor und diskutierte sie mit den Teilnehmern aus Behörden, Verbänden, Büros und Hochschulen.


Fazit

Durch die gemeinsame, intensive Bearbeitung wurde das vorhandene Fachwissen im Projektteam stark vernetzt. Von den neuen Erkenntnissen und der erweiterten Datenlage über die Qualität und das Management der Gewässersysteme in den Erprobungsgebieten hat die Naturschutzpraxis in Bremen sehr profitiert. Insbesondere der entstandene Leitfaden trägt die Projektergebnisse über den Abschluss des Vorhabens weiter, zum Schutz der Krebsschere und der artenreichen Kulturlandschaft.

Übersicht

Fördersumme

262.219,00 €

Förderzeitraum

06.06.2007 - 21.06.2010

Internet

www.haneg.de

Bundesland

Bremen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz