Projekt 25231/01

Entwicklung des Naturparks Solling-Vogler zur Kompetenzregion Weidelandschaft

Projektträger

Zweckverband Naturpark Solling-Vogler
Lindenstr. 6
37603 Holzminden
Telefon: 05536/1313

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ausgangssituation
Der rund 52.000 ha große Naturpark Solling-Vogler liegt fast mittig im Weserbergland und besteht aus den zwei Sandsteingebirgen Solling und Vogler. Der Solling ist geprägt von Landschaften mit ausgedehnten Wäldern, Wiesentälern, klaren Bächen und weitgehend intakten Mooren. Im Norden des Naturparks liegt der Vogler - gezeichnet von schmalen Bergrücken und steilen Hängen - mit dem FFH-Gebiet Rühler Schweiz, einer vielfältigen Kulturlandschaft aus klein gegliederten Grünland- und Ackerflächen, Feldgehölzen und Streuobstwiesen. Mit der Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung geht diese halbof-fene Landschaft jedoch zurück, ehemaliges Weideland und Streuobstwiesen verbrachen und nach einigen Jahren meist brennnesseldominierter Übergangsstadien bildet sich letztlich sukzessiv Wald heraus. Die Flächen wurden aufgegeben oder in eine andere Nutzung (Wald) gebracht, weil sie nach herkömmlichen Vorgaben der konventionellen Landwirtschaft keine betriebswirtschaftlich rentable Nutzung zulas-sen.
Zielsetzung des Projekts
Ziel des Zweckverbands Naturpark Solling-Vogler ist der Erhalt der Grünlandflächen und deren Pflege in Form der extensiven Beweidung nach definierten Richtlinien und auf Grundlage von Zielsetzungen des Naturschutzes. Im Gegensatz zu erfolgreichen Beweidungsprojekten in anderen Regionen, die meist auf möglichst große, zusammenhängende Weidegebiete gerichtet sind, ist im Naturpark Solling-Vogler der Schwerpunkt auf kleinere, eher isoliert in der Landschaft liegende schutzwürdige Bereiche gerichtet. Mit diesen ungünstigen Rahmenbedingungen steht der Naturpark Solling-Vogler nicht alleine da. Viele Mit-telgebirgsregionen in Deutschland können die in Modellprojekten bzw. Leuchtturm-Projekten entwickelten und erprobten Konzepte nicht kopieren, weil die erforderlichen stimulierenden Rahmenbedingungen nicht gegeben sind. Für die Sicherung der extensiven Beweidung im Naturpark Solling-Vogler muss da-her ein Lösungsweg entwickelt werden, der die ungünstigen Bedingungen in der Region berücksichtigt. Für den Naturpark Solling-Vogler wurde die Gründung einer Weidegenossenschaft als prüfenswer-ter Weg zur Überwindung der nachteiligen Bedingungen und zur Sicherung einer tragfähigen Weidewirtschaft identifiziert. Von diesem Lösungsansatz wird insbesondere erwartet:
die Schaffung und Nutzung von Vorteilen bzw. Synergie-Effekten, die eine Senkung der Produkti-onskosten und eine Erhöhung der Erlöse bewirken;
eine hohe Akzeptanz bei den beteiligten Landwirten, da die Rechtsform Genossenschaft in der Landwirtschaft etabliert ist und ein positives Image aufweist;
eine hohe Flexibilität bei der Gestaltung der Kooperationsbeziehungen zwischen den Genossen und Geschäftspartnern;
die Möglichkeit der Beteiligung der öffentlichen Hand (Naturpark, Kommunen);
die Möglichkeit der Einbindung und Weiterentwicklung bestehender Netzwerke in der Region.
Mit der vorliegenden Vorstudie (erste Projektstufe) sollen die konzeptionellen Grundlagen erarbeitet und die Umsetzung (zweite Projektstufe) vorbereitet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie zentralen Arbeitsschritte zur Vorbereitung der Errichtung einer Weidegenossenschaft waren:
Einrichtung eines Projekt begleitenden Arbeitskreises zur Beteiligung der UNBs der beiden Landkreise und der Landesforsten, der Gemeinde Derental (Partner im Pilotprojekt), der Landwirtschafts-kammer und des Landvolks sowie Experten.
Ermittlung der Mitwirkungsbereitschaft von Landwirten und Gastronomen über Einzelgespräche mit rd. 50 interessierten Landwirten und 21 Gastronomen.
Identifikation und Abgrenzung von Schwerpunkträumen (nach naturschutzfachlichen Kriterien und entsprechend der Mitwirkungsbereitschaft der Besitzer) mit einer hohen Konzentration an Flächen, die in das Beweidungsprojekt des Naturparks aufgenommen werden sollen.
Erfassung von Erfahrungen aus Beweidungsprojekten in anderen Regionen; Ableitung des Hand-lungsbedarfs und der erforderlichen Maßnahmen der geplanten Weidegenossenschaft.
Abschließende Abwägung der Sinnhaftigkeit der Rechtsform Genossenschaft im Vergleich zu anderen Rechtsformen und Prüfung der Varianten zur Einbindung der Genossen bzw. zur Gestaltung der Inhalte und Aufgaben der Genossenschaft.
Gründung einer Weidegenossenschaft in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Derental als Pilotprojekt zur Erprobung der Vor- und Nachteile einer Weidegenossenschaft mit eigenen Rindern werden auf klei-ner Fläche; begleitet vom norddeutschen Genossenschaftsverband.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der Vorstudie für die Entwicklung des Naturparks Solling-Vogler zu einer Kompetenzregion Weidelandschaft gehen die Ergebnisse Dank der Unterstützung des Landes Niedersachsen weit über die Erarbeitung konzeptioneller Grundlagen hinaus. Zentrale Ergebnisse sind:
Vom Land Niedersachsen wurden die erforderlichen Mittel zur Durchführung eines Pilotprojekts bereitgestellt und die Weidegenossenschaft Weideland e. G. gegründet, an der neben dem Natur-park und der Gemeinde Derental zwei Landwirte beteiligt sind. Mit dem Pilotprojekt wird bereits eine extensive Beweidung mit rd. 35 Rindern auf rd. 50 ha an 4 Standorten erreicht; die Ausweitung des Flächen- und Tierbestands ist in Vorbereitung. Mit Unterstützung des norddeutschen Genossenschaftsverbands wurde die Satzung festgelegt, aktuell wird das vorläufige Betriebs- und Wirtschaft-lichkeitskonzept weiterentwickelt.
Mit mehreren Gastronomen aus der Region wurden Vereinbarungen zur Abnahme der Fleischerzeugnisse aus extensiver Beweidung getroffen, in Zusammenarbeit mit der Landschlachterei Schafft wurden spezielle regionale Wurstprodukte entwickelt (Pfefferbeißer mit Zitronenthymian, Corned Beef, Auerochsen-Salami, Bregenwurst mit Kümmel etc.).
Mit der Befragung von rd. 50 interessierten Rinder haltenden Landwirten in der Naturpark-Region wurde der Grundstock für die Beteiligung weiterer landwirtschaftlicher Betriebe gelegt, die Anforderungen der Landwirte und ihre Mitwirkungsbereitschaft analysiert und eine Übersicht über die ggf. bereitgestellten Flächen für die geplante erhebliche Ausweitung der genossenschaftlichen Beweidung geschaffen.
In Zusammenarbeit mit den UNBs der beiden beteiligten Landkreise wurden die naturschutzrelevanten Flächen ermittelt, deren Bewirtschaftung über die niedersächsischen Agrar-Umweltprogramme (NAU B1 und B2) oder das Kooperationsprogramm Naturschutz förderfähig ist. Die Bemühungen zur Entwicklung der geplanten Weidegenossenschaft werden sich auf fünf Modellräume für gemein-schaftliche Weidewirtschaft konzentrieren, in denen sich die von Landwirten ggf. bereitgestellten und gleichzeitig naturschutzfachlich relevanten Flächen häufen und überlagern.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Erarbeitung der Vorstudie und die Umsetzung des Pilotprojekts waren von kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit begleitet:
In dem Projekt begleitenden Arbeitskreis wurden die Arbeitsschritte und -ergebnisse kontinuierlich in sechs Arbeitskreissitzungen unter Beteiligung von Vertretern der Landwirtschaft abgestimmt und diskutiert; die Vorstudie und das Pilotprojekt wurden kontinuierlich (bei Projektstart und zu geeigneten Anlässen wie Festen und Aktivitäten des Naturparks, Ortsterminen mit dem niedersächsischen Umweltminister) in der regionalen Presse vorgestellt.
Mit der Vergabe des Grünlandpreises 2008 durch den Landkreis Holzminden (gefördert durch die neu gegründete Braunschweigische Landessparkasse) erfolgte eine öffentliche Honorierung enga-gierter Landwirte für ihre Bereitschaft einer extensiven Beweidung. Damit wird der Boden für die erfolgreiche Ansprache von Landwirten zur Unterstützung der Projektziele und der Mitwirkung in der Weidegenossenschaft bereitet.
Die Naturparkverwaltung plant für das Frühjahr 2009 die Durchführung eines Workshops mit Vertretern aus Regionen mit vergleichbaren Herausforderungen und Beweidungsprojekten. Ziel des Workshops soll die Vorstellung der Arbeitsergebnisse und die kritische Diskussion der Erfolge und der Übertragbarkeit des Lösungswegs sein.


Fazit

Die Gründung einer Weidegenossenschaft, die die Beweidung selbst (mit eigenen Rindern auf eigenen Flächen) durchführt, ist eine ungewöhnliche Lösung, aber plausibel:
Die Bemühungen, durch die Bewerbung der Erzeugnisse und durch die Organisation von Vertriebswegen einen mehrfach höheren Erlös zu erzielen, der die im Naturpark Solling-Vogler äußerst auf-wändige und uneffiziente Fleischproduktion kostendeckend und rentabel macht, führen alleine nicht zum Ziel. Die Konkurrenz mit deutlich geringeren Erzeugungskosten bei hoher Standardisierung der Fleischproduktion und die geringe Nachfrage der Abnehmer und Endkunden für hochpreisige Produkte aus Landschaftspflege stehen der Wirtschaftlichkeit entgegen. Die Kluft zwischen Erzeuger-kosten und Zahlungsbereitschaft kann nicht durch Bewerbung des Mehrwerts der Erzeugnisse aus extensiver Weidewirtschaft überwunden werden.
Angesichts der Ungunstfaktoren für die extensive Beweidung im Naturpark Solling-Vogler (kleine Flächen an Hängen und in sehr feuchten Auen, Einsatz von Robustrindern mit langsamem Fleisch-zuwachs Region mit geringem überregionalem Bekanntheitsgrad) würde mit einer Fördergenossen-schaft (nach Vorbild der herkömmlichen Weidegenossenschaften) der Sprung zur Wirtschaftlichkeit nicht erreicht, nur in Einzelfällen ergeben sich Anreize für die Landwirte zur Beteiligung an einer För-dergenossenschaft.
Die in Einrichtung befindliche (und durch Bereitstellung von Personal und Infrastrukturen geförderte) Produktionsgenossenschaft ist somit ein Ausweg bzw. neuer Weg zur Realisierung der Ziele. Mit dem Betrieb einer eigenen Genossenschaft werden erreicht:
- die Sicherung der extensiven Beweidung auf den naturschutzrelevanten Flächen im Naturpark Solling-Vogler,
- ein besserer Einfluss bzw. Zugriff auf die Durchführung der Beweidung
- überschaubare Kosten (pro ha) für das Land.

Übersicht

Fördersumme

64.500,00 €

Förderzeitraum

01.05.2007 - 28.02.2009

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation