Projekt 25079/01

Beispielhafte Revitalisierung landschaftsprägender Kleinarchitekturen unter den Aspekten ihrer typologischen Vielfalt und charakteristischer Umweltschäden (Ermland/Polen)

Projektträger

Gesellschaft zur Erhaltung des kulturellen Erbes e. V.
Propstei Johannesberg
36041 Fulda
Telefon: 0661/38043-88

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die historische Kulturlandschaft des Ermlands ist von polnischen und deutschen Einflüssen geprägt. Ein charakteristisches Element dieser Landschaft sind die zahlreichen Wegkapellen, deren Entstehung in der konfessionellen Sonderstellung der Region begründet liegt - das Ermland wurde nie reformiert.
Ziel des Vorhabens war die Entwicklung und Umsetzung von vielschichtigen Musterlösungen zur Bewahrung dieser landschaftsprägenden Kapellen. Im Mittelpunkt sollten Kapellen stehen, die sowohl die typologische Formen- und Konstruktionsvielfalt widerspiegeln als auch charakteristische Umweltschäden aufweisen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNach der Schaffung der administrativen Voraussetzungen nahmen Experten die von den einzelnen Gemeinden des Landkreises Allenstein vorgeschlagenen Kapellen in Augenschein und trafen unter Berücksichtigung der Projektziele eine Auswahl. In einem weiteren Schritt untersuchten Historiker der Universität Ermland-Masuren Bau-, Architektur- und Funktionsgeschichte der Kapellen sowie Restauratoren der Universität Thorn Ausführungstechnik, Erhaltungszustand und Schadensursachen. Eine weitere Analyse einer Landschaftsplanerin war der Pflanzenwelt im direkten Kapellenumfeld gewidmet. Anschließend wurden in Abstimmung mit der regionalen Bau- und Denkmalbehörde und unter Beachtung der Projektziele und der Untersuchungsergebnisse Programme zur Revitalisierung der Kapellen und des sie umgebenden Umfeldes entwickelt. Die Umsetzung erfolgte nach einer öffentlichen Ausschreibung durch eine kleine Restaurierungswerkstatt exemplarisch an einigen Kapellen, die sich durch ihre Standorte, architektonischen Formen und Schadensbilder voneinander unterschieden.


Ergebnisse und Diskussion

Die sich aufgrund der globalen Wirtschaftskrise während der Projektrealisierung verschlechternde finanzielle Situation sowohl der einzelnen Gemeinden des Landkreises als auch der Kreisverwaltung Allenstein führte dazu, das der Projektumfang eingeschränkt werden musste. Trotz dieser Eingrenzung brachte das Projekt eine Reihe interessanter Ergebnisse zu tage.
Die Untersuchungen der Historiker zeigten, dass die Kapellen in einem Gebiet liegen, dass sowohl von polnischen als auch von deutschen Einflüssen geprägt ist. Sie waren in der Regel Eigentum aller Dorfbewohner und dienten während des gesamten Kirchenjahres dem religiösen Kultus. Die Kapellen sind somit Ausdruck der traditionellen Frömmigkeit und des Volksglaubens. Teilweise im Barock, vor allem aber im 19. Jahrhundert errichtet, weisen sie eine ausgesprochen große architektonische Formenvielfalt auf. Zur Ausstattung gehören Skulpturen, Flachreliefs und Bilder von Heiligen, Kruzifixe sowie Inschriften mit Angaben zu Stiftern oder religiösen Appellen.

Aus den restauratorischen Untersuchungen resultiert, dass die Kapellen meist auf einem Fundament aus Granit stehen. Sie wurden mit maschinell hergestellten Ziegeln unter Verwendung von Kalkmörtel aufgemauert und teilweise oder vollflächig verputzt (Kalkputz). Die Ursache für die Schäden an den Kapellen liegen vor allem in einem gegenüber dem Umfeld zu tief liegenden Terrain (Feuchteschäden von unten), einem Standort zu nahe an Verkehrswegen (Rissbildung infolge Erschütterungen), fehlender bzw. schadhafter Abdeckung (Feuchteschäden von oben) sowie falschen Instandhaltungsmaßnahmen (Zementmörtel, dichte Anstrichsysteme).

Die Umfeldanalyse ergab unter anderem, dass die Kapellen am Stadtrand, in der Nähe ländlicher Kirchen (ohne Glocke), nahe privater Häuser (mit Glocke) oder in der freien Landschaft errichtet wurden. Im direkten Umfeld stehen meist zwei oder vier symmetrisch angeordnete Bäume, überwiegend Linden, seltener Ahorn oder Buchen, teilweise auch Sträucher. Die Aufgabe der Pflanzen besteht darin, den sakralen Raum um die Kapellen herum vom profanen Raum zu trennten.

Die Revitalsierung erfolgte aufgrund detaillierter Restaurierungsprogramme musterhaft an drei Kapellen, die sich durch unterschiedliche Standorte (in der freien Landschaft, an einer abfallenden Straßenkreuzung am Ortsrand, inmitten eines Ortes), architektonische Formen (Spätbarock, Neogotik; ziegelsichtig, verputzt; ein und zweigeschossig; mit und ohne Glocke) und Schadenbilder (Feuchte von unten, Risse infolge Erschütterungen, Fehlstellen im Ziegelmauerwerk bzw. in den aus Kalk-Zementputz hergestellten Gesimsen) auszeichneten. Entsprechend den Gestaltungsplanungen zur Umfeldgestaltung wurden sekundäre Elemente (u. a. Betonsockel, Metall- und Holzzäune) beseitigt, jüngere Sträucher umgepflanzt und die ursprüngliche Profilierung der Terrains wiederhergestellt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Projektes werden auf den Internetseiten des Landkreises Allenstein und der Gesellschaft zur Erhaltung des kulturellen Erbes e.V. dargestellt. Darüber hinaus wird der Landkreis in mehreren Artikeln in der lokalen und regionalen Presse über das Projekt berichten.


Fazit

Die methodische Vorgehensweise über die Erfassung, detaillierte Untersuchung unter vielschichtigen Aspekten und Entwicklung von Programmen zur Restaurierung der Kapellen und Gestaltung ihrer Umfeldes hat sich als richtig erwiesen. Die Eingrenzung auf drei Kapellen für die beispielhafte Umsetzung der Revitalisierungsprogramme aus finanziellen Gründen ist zu bedauern. Durch das Vorhaben wurde jedoch ein wichtiger Schritt zur Erhaltung dieser die ermländische Kulturlandschaft prägenden Kleinarchitekturen gemacht.

Übersicht

Fördersumme

100.000,00 €

Förderzeitraum

07.07.2008 - 07.01.2012

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Klimaschutz
Kulturgüter
Landnutzung
Umweltforschung
Umwelttechnik