Projekt 24921/01

Einsatz der Mikrosatelliten- und Sequenzanalysen zur genetischen Auswahl von genetisch reinen Zuchttieren für Wiedereinbürgerungsmaßnahmen mit Gänsen

Projektträger

Deutscher Aero Club (DAeC) e. V. Aktion Zwerggans e. V. Referat Umwelt & Natur
Hermann-Blenk-Str. 28
38108 Braunschweig
Telefon: 0531/23540-29

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für die geplante Wiedereinbürgerung bzw. damit verbundene, den Bestand stärkende Maßnahmen (Re-stocking) für die vom Aussterben bedrohte Zwerggans (Anser erythropus) muss gemäß IUCN-Kriterien für die Wiedereinbürgerung von Arten sichergestellt werden, dass die verwendeten Individuen der Originalpopulation so nahe wie möglich stehen. Zudem muss die genetische Reinheit der zu verwendenden Zuchttiere gesichert und die Hybridisierung mit verwandten Gänsearten ausgeschlossen werden. Dazu sind umfangreiche genetische Tests der Proben von Zuchttieren aus Deutschland, Schweden und Finnland nötig.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie genetischen Untersuchungen wurden am Institut für Pharmazie und molekulare Biotechnologie (IPMB) der Universität Heidelberg, Fakultät für Biowissenschaften, unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Wink durchgeführt. Für die Analysen kamen drei Methoden zur Anwendung: 1) Sequenzierung der Mitochondrien-DNS; Ziel: Reinheit der mütterlichen Linie, Erkennung von Hybriden auf mütterlicher Seite. 2) Mikrosatelliten-Analyse, auch STR (Short Tandem Repeat)-Analyse genannt; Ziel: Detektion fremder Al-lele, umfassende Populationsgenetik und Bestimmung der Verwandtschaftsstrukturen innerhalb der Zuchttiere. 3) Genetischer Fingerabdruck durch ISSR-PCR; Ziel: Ausschluss von Hybriden zwischen den Arten, auch väterliche Seite.
Insgesamt wurden 290 Proben von Zwerggänsen aus deutschen, schwedischen und finnischen Zuchtgruppen sowie von 28 wilden Zwerggänsen aus Russland (westliche Population) analysiert. Zu Vergleichszwecken wurden Proben von weiteren 100 wilden Blässgänsen (Anser albifrons), 10 wilden Saatgänsen (Anser fabalis), 10 wilden Ringelgänsen (Branta bernicla) und 15 Graugänsen (Anser anser) untersucht. Bereits vorliegende Analyse-Ergebnisse von Streifengans (Anser indicus), Weißwangengans (Branta leucopsis), und Kanadagans (Branta canadensis) wurden ebenfalls in den Vergleich einbezogen.


Ergebnisse und Diskussion

1) Ergebnisse der Sequenzierung der mitochondrialen DNS: Es konnten keine Hybride zwischen Zwerggänsen und Saat-, Streifen-, Weißwangen-, Kanada- und Ringelgänsen festgestellt werden. Insgesamt 24 Zwerggänse aus der finnischen (19) und den schwedischen (5) Zuchten zeigen Haplotypen der Graugans. Zwei Hauptgruppen von Zwerggans-DNA-Typen konnten unterschieden werden, die den bereits aus früheren Studien bekannten östlichen und westlichen Entwicklungslinien der Art entsprechen. Auch die wilden Zwerggänse aus Russland zeigen dieses Muster. Innerhalb der beiden Hauptlinien konnten 9 Haplotypen definiert werden. Mehrere Haplotypen sind mit Blässgans-Haplotypen identisch oder diesen sehr ähnlich.
2) Ergebnisse der Mikrosatelliten-Analysen: Die meisten der untersuchten Zwerggänse, Graugänse und Blässgänse zeigen im Ergebnis der mit den Allel-Daten durchgeführten Cluster-Analysen deutlich voneinander getrennte Gruppen. 38 Zwerggans-Individuen wurden der Graugans-Gruppe und 6 der Blässgansgruppe zugeordnet. Die Blässgänse zeigen jedoch ein deutlich unterschiedliches Muster, so dass ausgeschlossen werden kann, dass generell alle Zwerggänse mit mitochondrialen Bläss-gans-Haplotypen (siehe 1) Hybride sind.
3) Ergebnisse der ISSR-PCR-Analysen: Es wurden mehrere unterscheidbare Allele ermittelt, die die Ergebnisse der Mikrosatelliten-Analysen bestätigen.
Die angewandten genetischen Methoden haben sich als geeignet erwiesen, um die genetische Struktur der Zwerggänse in den Zuchten aufzuklären und ihre Entwicklungsgeschichte nachverfolgen zu können. Die Zuchtvögel sind in ihrer genetischen Struktur den wilden Zwerggänsen der westlichen Population sehr ähnlich, ihre genetische Diversität ist entgegen den Erwartungen hoch. Die meisten Hybridisationsereignisse sind eindeutig identifizierbar.
Die zudem durchgeführte molekularbiologische Geschlechtsbestimmung der getesteten Individuen ergab ein weitgehend mit den Angaben der Züchter übereinstimmendes Ergebnis.
Alle Analyse-Ergebnisse wurden tabellarisch zusammengefasst. Dabei wurde für jedes untersuchte Individuum bewertet, ob seine Nachkommen aufgrund seiner Genetik für die geplanten Wiedereinbürgerungsmaßnahmen geeignet sind. Die Tabellen wurden allen Zuchtstationen zur Verfügung gestellt mit Empfehlungen, welche Individuen weiterhin für die Zucht verwendet werden sollen und welche aufgrund ihrer fraglichen oder ungeeigneten genetischen Merkmale nicht. Darauf basierend soll jetzt erstmalig ein Zuchtbuch erstellt und geführt werden. Alle Zuchten, die an dem Untersuchungsprogramm teilgenommen haben, weisen einen hohen Anteil an geeigneten Zwerggänsen auf, darunter bereits viele Brutpaare. Besonders erfreulich ist das Ergebnis für die deutschen Züchter: Während in den finnischen und schwedischen Zuchten bis zu etwa 20 % der Zwerggänse Hybridmerkmale vor allem von Grau- aber auch Blässgans aufweisen, besitzt nur eines von insgesamt 84 untersuchten Individuen ein fragliches genetisches Merkmal, das auf eine Hybridisierung mit der Graugans hinweist.
Die in den beteiligten Zuchten vorhandenen Zwerggänse sind damit nach Ausschluss der fraglichen Individuen für die geplanten Wiedereinbürgerungsmaßnahmen geeignet. Durch gezieltes Zusammenführen von Individuen und Gruppen kann ihre genetische Güte weiter verbessert werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen wurden durch Prof. Dr. Michael Wink erstmals am 16. Januar 2007 auf der Pressekonferenz zum Start des Zwerggans-Wiedereinbürgerungsprojektes Operation Lesser Whitefront / Operation Fjällgas / Aktion Zwerggans im Bundesamt für Naturschutz, Bonn, und danach auf der internationalen Gänsefachtagung GOOSE 2007 (26. - 31. Januar 2007) vorgestellt. Die Mitglieder der internationalen Zwerggans-Arbeitsgruppe haben die Ergebnisse per Verteiler erhalten. Derzeit wird die Publikation in den Proceedings zur GOOSE 2007 vorbereitet.


Fazit

Mit modernen genetischen Methoden wurden alle in Deutschland, Schweden und Finnland verfügbaren Zucht-Zwerggänse identifiziert, die aufgrund ihrer Genetik für Wiedereinbürgerungs- und bestandsstützende Maßnahmen verwendet werden können. Die Ergebnisse sind auch Grundlage für ein zu erstellendes Zuchtbuch, mit dessen Hilfe die vorhandenen Zuchtbestände weiter verbessert werden können.

Übersicht

Fördersumme

24.950,00 €

Förderzeitraum

01.07.2006 - 31.10.2006

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz