Projekt 24897/01

Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Prototyps für eine ganzheitliche nachhaltige Nachverdichtung im Innenstadtbereich

Projektträger

DGJ Architektur GmbH Dipl. Arch. ETH Hans Drexler M. Arch.
Walter-Kolb-Str. 22
60594 Frankfurt
Telefon: 069 96206234

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Forschungsvorhaben hat die Entwicklung neuer, kleinmaßstäblicher Bauformen für den innerstädtischen Wohnungsbau mit dem Schwerpunkt einer ganzheitlichen Betrachtung und Optimierung der Maßnahmen zum Ziel. Zum einen soll ein Prototyp entwickelt und gebaut werden, der durch einen umfassenden nachhaltigen Anspruch neue Lösungswege des innerstädtischen Wohnbaus aufzeigt. Zum anderen soll eine Planungsmethodik erarbeitet werden, die am Beispiel des Prototyps die Abhängigkeiten und Verknüpfungen aufzeigt, die Konsequenzen dieser Verknüpfungen für die Planung herausarbeitet und so dem Praktikern Orientierungshilfen im Planungsprozess gibt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einer integrativen Anwendungsforschung werden Erkenntnisse der Ingenieurwissenschaften mit der Entwicklung neue städtebauliche und architektonische Gebäudetypen verbunden. Es werden Konstruktionsweisen und Umsetzungsstrategien für die umweltfreundlichen Bauformen entwickelt und in einem Leitfaden für Praktiker zusammengefasst. Dabei werden insbesondere Umsetzungsstrategien für den Einsatz von Holz im mehrgeschossigen Wohnbau und den Einsatz nachwachsender Rohstoffen erarbeitet. Dadurch werden neue Märkte für diese Planungsmethoden und Bauweisen erschlossen.
Vergleichende Untersuchungen und Ökobilanzierungsverfahren werden eingesetzt, um den Prototyp zu optimieren und die Vorteile gegenüber konventionellen Bauweisen erfassen und darstellen zu können. Diese Untersuchungen erlauben die Vorteile der nachhaltigen Lösungen, quantitativ zu erfassen und sind wichtiges Instrument der Kommunikation.

Die Forschungsergebnisse sollen zügig in die Praxis und Öffentlichkeit übertragen werden. Dabei werden drei Zielgruppen adressiert: Fachpublikum, die breite Öffentlichkeit und Studierende im Fach Archi-tektur und Bauingenieurwesen.

Die Forschungsergebnisse sollen zügig in die Praxis übertragen werden. Die methodischen Ergebnisse werden im Leitfaden des nachhaltigen Bauens in der Stadt dem Fachpublikum zugänglich gemacht. Die Publikation erfolgt über eine eigene Homepage des Projekts. Hier kann auf die umfassende Projektdokumentation, Konstruktionsdetails, Bauablauf und Informationen zur Planungsmethodik zugegriffen werden (http://www.minihouse.info). Weiter sind Publikationen in Fachzeitschriften ein wichtiges Medium zur Kommunikation der Inhalte und Methoden.

Für Architekten, Ingenieure, Fachplaner und Handwerker wird neben der Projektdokumentation ein Leitfaden zum nachhaltigen Bauen durch Nachverdichtung entstehen. Auch breite Öffentlichkeit und Entscheidungsträgern in Planungsprozessen werden die Vorteile des nachhaltigen Bauens in der Stadt verständlich vermittelt. Er soll nach Möglichkeit auch als Broschüre oder Buch verlegt werden. Er fasst die Ergebnisse der Prototypenentwicklung zusammen und erklärt, wie Umsetzungsschwierigkeiten ausgeräumt werden können. Für den Städtebau und die Wohnungstypologien werden Strategien, Beispiele und Argumente angeboten, die im Umgang mit Auftraggebern und Behörden eingesetzt werden können. Da Behörden insbesondere im Hinblick auf Brandschutz und nachwachsende Rohstoffe in der Geneh-migungspraxis eher zurückhaltend sind, werden auch in diesem Bereich praktische Strategien vorgeschlagen. Die ökonomischen Vorteile des nachhaltigen Bauens werden durch praxistaugliche Berechnungsmodelle erfassbar und darstellbar.

Der gebaute Prototyp ist auch ein wichtiges Mittel zur Kommunikation der Forschungsergebnisse in die Praxis der Bauplanung. Architekten, aber auch Bauherren und Tragwerksplaner orientieren sich fast ausschließlich an gebauten Beispielen. Der Prototyp hat eine Leuchtturmfunktion: Er gibt eine Richtung und Orientierung, wie ein vergleichbares Projekt entwickelt werden muss, um nachhaltig zu sein. Dies ist auch der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Das Gebäude ist von drei Seiten weithin sichtbar. Er beherbergt im Erdgeschoß einen Ausstellungsraum oder Schaufenster, die über das nachhaltige Bauen in der Stadt informieren. An prominenter Stelle in der Frankfurter Innenstadt gelegen, wird er einen positiven, visuellen Eindruck hinterlassen. Die dadurch erregte Aufmerksamkeit, wird dem nachhaltigen Bauen auch überregional merklich Vorschub leisten. Schaufenster und Vitrinen, die über die Vorteile des ökologischen und Energie sparenden Bauens in Holzbauweise informieren, werden zur viel befahrenen Hauptstrasse hin angeordnet. Das Grundstück wird täglich von ca. 5000 Fahrzeugen und 200 Fußgängern passiert. Auch durch die Gestaltung soll auf den ersten Blick deutlich werden, dass der Prototyp in vielerlei Hinsicht innovative Konzepte vertritt. So wird er zu einem positiven Imageträger und Zeichen für die Attraktivität.

Wenn die Parameter eines nachhaltigen Wohnbaus schnellstmöglich in die Praxis kommuniziert werden sollen, so kann dies am anschaulichsten geschehen, indem vorbildliche Gebäude errichtet werden. Auch in Hinblick auf die Akzeptanz der innovativen Wohnformen ist das 1:1-Modell von großer Bedeutung. Die Wohneinheiten sind in ihrer Benutzbarkeit und dem Wohnkomfort nicht mit statistischen Mittelwerten zu vergleichen. Ihre Benutzbarkeit und ihr Komfort lassen sich in einem realen Gebäude leichter und eingängiger überprüfen, weil hier ein Vergleich zum Maßstab des menschlichen Körpers und seiner Bewegung im Raum möglich wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es ist davon auszugehen, dass das Projekt in zahlreichen Fachzeitschriften, aber auch in Tageszeitungen und Magazinen publiziert wird. Diese Publikationen bieten Gelegenheit, die übergreifenden Ziele und Werte, die das Projekt tragen, zu vermitteln.

Die breite Öffentlichkeit und die Träger von Bauentscheidungen, private und institutionelle Bauherren, aber auch Städte und Gemeinden, müssen mit gebauten Tatsachen, die praxiserprobt sind und mit harten Zahlen argumentieren, überzeugt werden. Der Prototyp beweist die Funktionalität dieser neuen, ökologischen Bauform in der Praxis und überzeugt damit von den Vorteilen der langfristigen Kostenerspar-nis und Umweltfreundlichkeit. Die positiven Auswirkungen auf Wohn- und Lebensqualität werden in einem Gebäude und seinem städtischen Umfeld erlebbar und nachvollziehbar.

Die Ergebnisse des Vorhabens werden darüber hinaus in der Lehre und weiterführenden Forschungsprojekten eingesetzt. Das Fachgebiet‚ Entwerfen und Energieeffizientes Bauen veranstaltet die Vorlesungsreihe im Fach ‚Baustoffkunde am Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt. In den Vorlesungen, Seminaren und im Entwurfsunterricht können die in der Prototypenforschung entwickelten Erkenntnisse und Methoden wichtige Grundlage sein.

Im kommenden Jahr plant das Fachgebiet zwei große Forschungsprojekte, bei denen eine systematische Entwurfsmethodik zum nachhaltigen Bauen entwickelt werden soll. Dieses Vorhaben wird durch die hier beschriebene Prototypenforschung ergänzt. Zusammenhänge und methodische Ansätze können innerhalb des überschaubaren Rahmens des Minimum-Impact-Hauses getestet und optimiert werden. Andererseits kann die Entwicklung einer allgemeinen Entwurfsmethode im Rahmen dieser speziellen Untersuchung angegangen werden, um im nächsten Schritt auf allgemeinere Sachverhalte ausgeweitet zu werden.


Fazit

Das Forschungsprojekt sucht nach nachhaltigen Lösungen für den Wohnraum in Innenstadtlagen. Hierzu wurde eine neue Bautypologie innerstädtischer Nachverdichtungen entwickelt. Die These des Forschungsvorhabens ist, dass innerstädtische Nachverdichtungen viele Vorteile bieten: Der Verbrauch von Naturräumen und die Zersiedlung der Landschaft wird reduziert, die vorhandene Infrastruktur wird besser ausgelastet und im Gegenzug der Bau von neuer Infrastruktur, wie Strassen, öffentliche Gebäude und Leistungsnetze vermieden; durch kompaktere Siedlungsräume wird der Pendelverkehr reduziert, das soziale und kulturelle Gefüge der Städte gestärkt.
Diese Standortvorteile werden in dem Vorhaben mit neuen Gebäudetypologien und Bautechniken verbunden, um gleichzeitig die umweltschädlichen Einwirkungen durch den Bau und den Betrieb der Gebäude zu optimieren. Durch eine Minimierung der Betriebsenergie und der Primärenergieinhalte der Baukonstruktion wird das Klima und Ressourcen geschont, sowie die Betriebskosten dauerhaft gesenkt. Es wurde ein Prototyp entwickelt und gebaut, der durch einen ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz neue Lösungswege des innerstädtischen Wohnungsbaus aufzeigt. Davon ausgehend wird eine Planungsmethodik beschrieben, die am Beispiel des Prototypen die Abhängigkeiten und Verknüpfungen aufzeigt und so dem Praktiker Orientierungshilfen im Planungsprozess gibt, um neuen Bauformen und Konstruktionen im Planungsprozess zu berücksichtigen. Im Umgang mit Behörden, Baubeteiligten und Nutzern sind Umsetzungsstrategien notwendig, die zum einen die technischen, rechtlichen und finanziellen Probleme adressieren, zum anderen einen Bewusstseinswandel bei den Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und der Privatwirtschaft bewirken, deren Zusammenarbeit oder Zustimmung für die Bauvorhaben erforderlich ist.

In einer vergleichenden Untersuchung wurden die Vor- und Nachteile der Nachverdichtung gegenüber konventionellen Bauformen in neu ausgewiesenen Baufeldern qualifiziert und quantifiziert.
Dabei wurden über einen Lebenszyklus von 50 Jahren folgende Bereiche oder Module untersucht und bewertet:
Herstellung des Gebäudes
Betrieb des Gebäudes (Heizung, Lüftung, Warmwasserbedarf, Beleuchtung, elektrischer Verbrauch)
Instandhaltung des Gebäudes
Rückbau des Gebäudes
Standortbezogene Mobilität

Festgestellt wurde, dass bei der konventionellen Bauweise der Betrieb ca. 50 % des Primärenergieverbrauchs ausmacht. Der Rest der Emissionen teilt sich auf die Module Herstellung und Mobilität auf.
Bei der prototypischen Bauweise teilt sich der Primärenergieverbrauch fast gleichwertig auf die Module Herstellung, Betrieb und Mobilität auf.
Der gesamte Energieverbrauch, nicht erneuerbar des Prototypen liegt um 63 % unter dem der konventionellen Bauweise. Das Treibhauspotential konnte um 68 % reduziert werden.

In einer Nachhaltigkeitsbewertung werden die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Modelle bewertet und verglichen. Die verschiedenen ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Faktoren der Nachhaltigkeit lassen sich nicht genau quantifizieren und ihre Gewichtung hängt stark von den Nutzern und deren Anforderungsprofilen ab. Diese Abhängigkeit wird durch die Nachhaltigkeitsbewertung herausgearbeitet. Es wurden drei verschiedene Nachhaltigkeitsbewertungssysteme verglichen, die ergaben, dass der Prototyp in Summe deutlich besser abschneidet.

Übersicht

Fördersumme

43.295,00 €

Förderzeitraum

14.07.2006 - 14.07.2009

Internet

www.dgj.eu

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik