Projekt 24730/02

Entwicklung einer lösemittelfreien PU-Mehrkomponenten Sprühtechnologie zur styrolfreien Fertigung von großflächigen Faserverbundstrukturen

Projektträger

Lätzsch GmbH Kunststoffverarbeitung IGZ Goldener Born
Rathenaustr. 1
04567 Kitzscher
Telefon: 03433/2454-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zur Reduzierung von Materialkosten werden bei der Herstellung großflächiger Faserverbundstrukturen im Faserspritz- und Handlaminierverfahren vorrangig ungesättigte Polyesterharze verwendet. Ihr Einsatz stellt bei der Verarbeitung eine starke physiologische Belastung des Arbeitsumfeldes, hervorgerufen durch die Emission von giftigen Styroldämpfen und -aerosolen, dar. GFK-verarbeitende Unternehmen sind an das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) gebunden. Der Grenzwert für die zulässige Belastung von Styrol am Arbeitsplatz liegt nach dem BImSchG bei 20 ppm und kann bei offener handwerklicher UP-Verarbeitung, wie z. B. beim Handlaminieren und Faserspritzen, selten eingehalten werden.

Eine echte Alternative zum Handlaminieren und Faserspritzen stellt das Polyurethan-Composite Spray Moulding-Verfahren (CSM-Verfahren) dar, da es ohne den Einsatz toxischer Lösungsmittel, wie Styrol, auskommt. Somit kann bei Substitution des Handlaminier- und Faserspritzverfahrens durch das CSM-Verfahren die physiologische Belastung am Arbeitsplatz stark reduziert und die Produktivität der Arbeitskraft gesteigert werden.
Darüber hinaus stellt das automatisierte CSM-Verfahren eine Fertigungsstrategie zur Herstellung hochwertiger und vor allem reproduzierbarer Strukturbauteile dar, die beim Handlaminier- und Faserspritzverfahren nicht gegeben sind.

Abgesehen von ersten Pilotversuchen durch Bayer Material Science hat sich das Verfahren noch nicht industriell etabliert. Grundlagenuntersuchungen zur technischen Umsetzbarkeit sowie zu den erreichbaren Materialkennwerten wurden in Phase I, im Rahmen des von der DBU geförderten Projektes Lösungsmittelfreie PU-Mehrkomponenten Sprühtechnologie, AZ 24730 durchgeführt. Die Versuche erfolgten an einem realen Versuchswerkzeug mit geometrischen Schwierigkeitsgraden und zeigen das hohe Potential des Verfahrens hinsichtlich der generellen Abbildegenauigkeit, aber auch Grenzen, wie die Abbildung von scharfen Ecken und Kanten und schmalen Stegen auf


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf Basis des vorliegenden Kenntnisstandes werden sowohl die Potentiale wie auch Defizite der CSM-Technologie aufgezeigt.
Für eine Weiterführung und wirtschaftlichen Nutzung dieser innovativen Technologie ist es jedoch erforderlich, den Versuchsstatus zu verlassen und unter realen Verarbeitungsbedingungen die Prozess- und Verfahrensentwicklung weiter voranzutreiben. Hierzu zählen vor allem in Phase II die wesentliche Erhöhung des Faseranteils im Bauteil sowie die Verbesserung und Optimierung der Faser-Matrix-Haftung zur Erhöhung der mechanischen Bauteileigenschaften. Es müssen geforderte mechanische, optische und akustische Eigenschaften eingestellt, optimiert und überprüft werden. Hierfür muss der gegebene Einfluss von Anlagenkomponenten wie dem Mischkopf und des Schneidwerks genauer analysiert, spezifiziert und optimiert werden. Aussagen zur Wahl einer PUR-kompatiblen Verstärkungsfaser mit der auf ihr enthaltenen Schlichte müssen getroffen werden. Als Partner fungiert das Institut für Allgemeinen Maschinenbau und Kunststofftechnik der TU Chemnitz, wobei von der Forschungsseite die entsprechende Kapazität und prüftechnische Laborausrüstung zur effektiven Ermittlung und Evaluierung werkstofftechnischer Kennwerte eingebracht wird. Außerdem sind umfangreiche Sprühversuche mit einer im Technikum der KraussMaffei Technologies GmbH installierten Laboranlage geplant.


Ergebnisse und Diskussion

Mit dem Polyurethan- Composite Spray Moulding-Verfahren (CSM-Verfahren) wurde eine echte Alternative zum GfK -Handlaminierverfahren und - Faserspritzen untersucht. Es wurden Grundlagenuntersuchungen zur technischen Umsetzung, zu möglichen erreichbaren Materialkennwerten, Werkstoffeigenschaften (Faservolumengehalt, Faserverteilung, Glasanbindung, Festigkeiten, Steifigkeiten) durchgeführt. Desweiteren wurden erste Sprühversuche mit einer Nieder- und Hochdrucktechnologie mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen, Rovings, Trennmitteln, Formwerkzeugen durchgeführt.

Als kritisch zu betrachten sind die bislang nur mäßig erzielbaren Festigkeiten und Steifigkeiten. Sie sind um ein Vielfaches geringer als die Kennwerte der ebenfalls geprüften handlaminierten und als Referenz dienenden UP-Wirrfaserproben. Grund hierfür sind die geringeren Faservolumengehalte. Hierzu besteht noch Entwicklungsbedarf.

Die bei der Erprobung der CSM-Technologie durchgeführten Sprühversuche fanden an einem realen Versuchswerkzeug mit entsprechenden geometrischen Schwierigkeitsgraden statt. Sie zeigen das hohe Potential des Verfahrens hinsichtlich der generellen Abbildegenauigkeit.

Aus den Sprühversuchen konnten erste Grundlagen für die Gestaltung von CSM- Bauteilen, wie die Integration von Krafteinleitungen mit metallischen Inserts in die Bauteilstruktur während und nach dem Fertigungsprozess, die fertigungsgerechte Bauteilrandausführung zur optimalen mechanischen Nacharbeitung sowie Aussagen zur fertigungskonformen Bauteilgestaltung im Hinblick auf Entformungs- und Bauteilschrägen getätigt werden. Für das Projekt ergeben sich aus den Erkenntnissen der Vorversuche vielfältige neue Arbeitsschwerpunkte bezüglich weiterer Optimierungen der Anlagentechnik, im Bereich des Formenbaus, der Oberflächenqualität der Bauteile und deren Funktionalisierung.

Das vorliegende Forschungsvorhaben soll die praktische Umsetzung einer neuen vollautomatisierten Fertigungstechnologie für großflächige verstärkte Strukturbauteile auf PUR-Basis ermöglichen. Hierzu zählen die Optimierung und Anpassung des Werkstoffsystems und der Anlagentechnik an geforderte Bauteileigenschaften, die Analyse des erzielbaren Kennwertprofils, die Konzipierung einer serientauglichen Fertigungsstrategie über das Composite Spray Moulding-Verfahren einschließlich konkreter Verfahrens- und Steuerungsparameter sowie die applikationsgerechte Spritzkopfmodifikation.

Zusammengefasst ergeben sich folgende ökologische, wirtschaftliche sowie produkt- und verfahrens-spezifischen Ziele:

Umwelt
Umweltentlastung durch Styrol- und lösungsmittelfreie Verarbeitung,
kein Einsatz von Aceton
Verbesserung des Arbeitsumfelds (Eliminierung toxischer Dämpfe, Einschränkung gesundheitsschädigender Faktoren)
Senkung des Energiebedarfs und Verkürzung des gesamten Fertigungszyklus. (Reduzierung langer Reaktions- und Ablüftzeiten, vereinfachte Entformung)
Substitution von Trennmitteln durch den Einsatz lösemittelfreier Beschichtungssysteme (IMC)
Innovative Anlagentechnik mit optimierten Eigenschaften bezüglich Overspray
kein Einsatz von Aceton als Spülmittel bei einer Hochdruckanlage notwendig (automatische Reinigung durch Reinigungskolben)

Wirtschaftlichkeit
Substitution des Handlaminier-Verfahrens, Reduzierung manueller Arbeitsanteile, Erhöhung des Automatisierungsgrades für einen höheren Teiledurchsatz, Bindung von Fertigungskapazität im Inland
Sicherung einer besseren Bauteilqualität bei hoher Reproduzierbarkeit im automatisierten Prozess (enge Toleranzen)
Schnelle, flexible und kostengünstige Bauteilherstellung durch Verwendung offener Formwerkzeuge (Senkung der Betriebs- und Investitionskosten Kostenvorteil für das Unternehmen Preisvorteil für den Kunden resultierender Marktvorteil)

Produkt und Verfahren
variabler, applikationsgerechter Sandwichaufbau über Variation der Verstärkungsfasern (Menge/ Länge/ Feinheit, perspektivisch auch Art), geschäumte Schicht, Oberflächenfinish/ In-mould-Coating
Zuordnung von Kennwertprofilen (z:B. Festigkeitswerte, Wärme- u. Schalldämmung), Ableitung von optimierten Verfahrensparametern
Analyse von Einsatzmöglichkeiten und -grenzen für höher belastete Bauteilstrukturen (Applikation Wohnmobil Dachspoiler)
anforderungsgerechte, flexible Bauteilauslegung
Umsetzung von Referenzbauteilen mit Belastungsprofil, Zuordnung von Steuerungsparametern
Werkzeugentwicklung (z.B. Spritzkopfmodifikation) und Formenbau
Multifunktionale Bauteile mit Inline-Fertigungskonzept (Oberfläche, Struktur, Schall- und Brandschutz etc.)

Die gesetzten Ziele des Vorhabens wurden erfüllt und der Arbeits- und Zeitplan bzw. die Kostenkalkulation wurde eingehalten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Nemo Netzwerk (Nertzwerkmanagement Ost)- Zellulare Metallische Werkstoffe (ZMW) 18.12.2009; Vorstellung Projekt und Präsentation Technologie - 11. Netzwerkberatung 7 Firmen anwesend

Fraunhofer Institut (IWU) Chemnitz 04.02.2010; Vorstellung Projekt und Präsentation Technologie

EuroLite Nürnberg 08.-10.06.2010; Stand- Vorstellung Projekt + Fa. und Präsentation Technologie

17. Innovationstag Mittelstand des BMWi 17.06.2010; Stand- Vorstellung Projekt, Fa. und Präsentation Technologie- Begrüßung Herrn Thierse am Stand- Foto


Fazit

Im angestrebten Forschungsprojekt sollten die gewonnenen Parameter und Einstellungen in einer praktischen Umsetzung münden. Ausgehend von der Anpassung und Erweiterung vorhandener Anlagenkomponenten, soll der finale Aufbau sowie die Inbetriebnahme der kompletten CSM-Fertigungszelle erfolgen.
Begleitend erfolgten Sprühversuche an einer realen Bauteilstruktur, an der Aspekte wie Krafteinleitungskonzepte, Oberflächengestaltung und akustische Funktionalisierung abgebildet werden, um anschließend vergleichende Untersuchungen am laminierten Referenzbauteil im Strukturprüfstand durchzuführen.
Umfangreicher Forschungsbedarf ergibt sich hinsichtlich erzielbarer Bauteileigenschaften für konkrete Applikationen, wie der anforderungsgerechten Bauteilauslegung bezogen auf die Art und Qualität von Krafteinleitungskonzepten in die Bauteilstruktur. Ebenfalls existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch keine Aussagen zu integrierbaren Funktionen wie der Dämmung von Körperschall, zum Oberflächenverhalten, Auftrag von Brandschutzschichten oder der Diffusionsdichtheit von CSM-Bauteilen.

Erste Ansätze für eine analytische anforderungsgerechte Bauteilauslegung und -gestaltung müssen weiter untersucht und verifiziert werden.

Mit dem Projekt werden sowohl generelle Grundlagen für die industrielle Einführung des Verfahrens und definierte hinterlegte Aussagen für funktionsintegrierende Applikationen geschaffen, jedoch werden sich umfangreiche Investitionen sowie weitere Forschungsarbeiten auch im Anschluss an das Projekt mit Sicherheit ergeben. Dies betrifft z.B.:
konkrete Verfahrensparameter für weitere Erzeugnisse,
Ausbau des Erzeugnisspektrums, welches über CSM abgedeckt werden kann
Einbindung von Inserts und Verarbeitung weiterer Verstärkungsfasertypen
Versuche zu Langfaserapplikationen u.v.m.

Neben den bisher dargestellten Sprühversuchen wurden weiterführende erste Voruntersuchungen zur Bauteilbeschichtung durchgeführt. Hierzu wurden unterschiedliche Verfahren wie Gelcoats und IMC-Systeme (sowohl Lösemittelfrei als auch auf Lösemittelbasis) getestet.

Ein IMC der auf Lösungsmittelbasis hat zu guten Ergebnissen geführt. Es konnten damit hochglänzende Teile realisiert werden. Teilweise konnten auch Trennmittel substituiert werden, da dieses IMC-System selbstrennende Eigenschaften aufweist. Es ist aber nicht Ziel mit lösungsmittelhaltigen Farben zu arbeiten.
Versuche mit IMC-Systemen auf Wasserbasis (des derzeitigen Lieferanten) zeigten keine den Bauteilanforderungen gerecht werdende Ergebnisse. Es wurden keine deckenden Beschichtungen erzielt und der Glanzgrad war unzureichend. Ein weiteres lösemittelfreies IMC Produkt einer anderen Firma (eine Neuentwicklung direkt für die PUR-Verarbeitung) befindet sich derzeit in der Entwicklung und wird für weiterführende intensive Untersuchungen zur Verfügung stehen. Dabei soll auch die gleichzeitige Trennwirkung (Einsparung des Trennmittels) im Vordergrund stehen.

Temperierte Werkzeuge sind erforderlich um eine gute Oberflächenqualität und kurze Zykluszeiten zu erreichen. Die Abluftzeit würde sich durch temperierte Werkzeuge verkürzen. Für eine Serienproduktion sind Werkzeuge aus Aluminium/Stahl günstig, um ein reibungsfreies Funktionieren des IMCs zu gewährleisten.

Durch die Verdunstungswärme und die dabei entstehende Hygroskopie kommt es in Bereichen von Radien und Kanten zum Aufschäumen des PUR-Werkstoffes. Hier ist es erforderlich durch Trocknungsanlagen sowohl in der Sprühkammer als auch in den Leitungen die Luftfeuchte möglichst gering zu halten.

Die Versuche haben gezeigt, dass für ein diskontinuierliches Verfahren im Bereich Multitec/FCS Niederdruckanlagen aus technischer sowie aus ökonomischer Sicht nicht erfolgversprechend sind. Sowohl dynamische als auch statische Mischköpfe sind störanfällig insbesondere im Bezug auf Verstopfungen. Auch der Wechsel von Aceton zu Ethanol brachte keine Besserung der Reinigungsergebnisse im Bereich Mischkopfdüsen und Rührwerk. Ökologisch, aber auch ökonomisch gesehen ist das Spülen nicht praktikabel denn sie bringen hohen Zeit- und Materialeinsatz mit sich. Zudem kommt es trotz Spülen zu Verschmutzungen diese haben wiederum Einfluss auf das Sprühbild in Form von Reflexionen des Sprühnebels auf dem Bauteil. Durch ständiges Reinigen des Mischkopfes bei einer ND Anlage entstehen hohe Abfallkosten für schätzungsweise 25 bis zu 40t Material pro Jahr. Damit leidet die Umweltbilanz des Verfahrens unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls.
Der Vorteil bei Hochdruckanlagen liegt in ihrem einfacheren Aufbau und ihrer besseren Funktionalität im
Bereich des kontinuierlichen Arbeitens.
Eine gute Homogenität des PUR-Materials ist für die mechanischen Eigenschaften des Polyurethans entscheidend und konnte bei Niederdruckanlagen nur bedingt umgesetzt werden. Der Einsatz von statischen Mischern beeinflusste die Homogenität nicht zufriedenstellend. Es traten durch nicht vermischte Komponenten vereinzelt Temperaturspitzen auf die sowohl die mechanischen Eigenschaften als auch den Verzug des Endproduktes im negativen Bereich beeinflussen. Die Ergebnisse der Hochdruckanlage waren auch in diesem Punkt deutlich besser.
Die Vorteile der Hochdruckanlage überwiegen denen der Niederdruckanlage deutlich. Es sind keine extra Reinigungsgänge notwendig und hohe geometrische Schwierigkeitsgrade wie schmale Stege herstellbar. Auf Grund von im Vergleich zur Niederdruckanlage höheren Austragsleistung ist eine Zykluszeitverkürzung zu erreichen. Nachteilig im Vergleich zur Niederdrucktechnik ist der relativ hohe Anschaffungspreis.
Im Ergebnis der vorangegangenen umfangreichen Versuchen und Auswertungen wird durch die Fa. Lätzsch eine Prototypanlage angeschafft und steht ab Ende 2010 für weitere Untersuchungen in Kitzscher zur Verfügung. Die Fa. Lätzsch investiert in die Anlagentechnik ca. 1 Mio. €.

Übersicht

Fördersumme

207.250,00 €

Förderzeitraum

20.03.2009 - 20.06.2010

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik