Projekt 24095/01

Beispielhafte und übertragbare Ausgestaltung einer kleingewässerreichen Ackerbaulandschaft mit dem Ziel der Entwicklung und nachhaltigen Sicherung von Amphibienpopulationen

Projektträger

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung ZALF e. V. Programmbereich 2 Landnutzung und Governance
Eberswalder Str. 84
15374 Müncheberg
Telefon: 0170/2217716

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Kleingewässerreiche Ackerbaugebiete Nordostdeutschlands sind wichtige Lebensräume für eine Vielzahl, z. T. hochgradig gefährdeter Amphibienarten. Für solche, durch intensive Landnutzung gekennzeichneten Landschaften fehlen jedoch tragfähige, finanzierbare und nachhaltige Konzepte des Amphibienschutzes. Das Vorhaben hat daher das Ziel, für kleingewässerreiche Ackerbaulandschaften Nutzungs- und Gestaltungskonzepte zu entwickeln, die unter den Bedingungen einer leistungsfähigen Landwirtschaft einen wirksamen Schutz von Amphibien ermöglichen. Weiterhin sollen Entscheidungshilfen für Amphibienschutzmaßnahmen zur kurzfristig-operativen sowie zur langfristig-planerischen Ent-scheidungsfindung für Akteure aus Landwirtschaft, Naturschutz und Politik entwickelt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur ökologischen sowie betriebswirtschaftlich-ökonomischen Wirkungsanalyse von amphibienschutzrelevanten Nutzungs- und Gestaltungsmaßnahmen wird im Rahmen des Vorhabens ein für Amphibien be-deutsames, ca. 1.500 ha umfassendes Ackerbaugebiet in Ostbrandenburg für den Schutz dieser Tiergruppe beispielhaft umgestaltet und in Zusammenarbeit mit Landwirten als repräsentatives Beratungs- und Demonstrationsgebiet zum Thema Amphibienschutz in Ackerbaulandschaften entwickelt.
Die wissenschaftlichen Begleituntersuchungen (WB) zur Wirkung der Maßnahmen (Gewässersanierung durch Entschlammung und Gehölzentnahme; Anlage von strukturierenden Feldhecken auf Ackerflächen; Schaffung zusätzlicher störungsarmer Landlebensräume im Randbereich von Vermehrungsgewässern und Feldgehölzen; amphibienschutzangepasste Modifizierung pflanzenbaulicher Anbausysteme u. a.) erfolgt durch gewässerökologische Untersuchungen (Wasserführung u. -güte), durch Amphibienuntersuchungen (Raum-/Zeitverhalten, Wirkungsanalysen pflanzenbaulicher Maßnahmen - u. a. mittels Fang-/Wiederfang-, Enclosure- und Transektuntersuchungen sowie durch betriebswirtschaftlich-ökonomische Analysen. Diese gewonnenen Ergebnisse dienen unter Einbeziehung von Literatur- und Expertenwissen dazu, Regeln für die Entscheidungshilfe bei der Restaurierung, Gestaltung und ackerbaulichen bzw. agrarischen Nutzung dieser Gebiete abzuleiten. Abschließend soll ein Handbuch Grundlagen, Konflikte und Lösungen für den Amphibienschutz in kleingewässerreichen Ackerbaugebieten darlegen.


Ergebnisse und Diskussion

Das Untersuchungsgebiet Eggersdorf ist durch eine Reihe von Defiziten bezüglich der Existenzbedingungen von Amphibien gekennzeichnet. Mehr als 50 % aller Kleingewässer wiesen bezüglich Wasserführung und Strukturierung eine ungenügende Vermehrungseignung für Amphibien auf. Die durchgeführten Maßnahmen der Gewässerrestaurierung konnten die Wasserführung und -qualität zwar deutlich verbessern, führten aber oft nicht zu den angestrebten und für Amphibien wichtigen sonnenexponierten Flachwasserbereichen. Da aus Gründen der ackerbaulichen Flächennutzung eine Ausdehnung der Ge-wässer zulasten der umgebenden Nutzflächen nicht möglich war, führte die Vertiefung der Gewässer meist zu einer Versteilung der Ufer und somit zur Verringerung der Anteile flacherer Gewässerbereiche. Unter diesen Umständen wird die Anlage von Stufen innerhalb des Gewässers empfohlen.
Das Untersuchungsgebiet ist durch sehr geringe Anteile (ca. 5 %) von Strukturelementen gekennzeichnet, der Anteil an Ackerfläche beträgt etwa 95 %. Amphibien müssen im Mittel etwa 300 m Ackerfläche überwinden um zu den Vermehrungsgewässern zu gelangen. Während der Feldpassage treffen die einzelnen Arten und deren Altersstufen sehr unterschiedlich häufig mit Maßnahmen der Landbewirtschaftung zusammen. Die erwachsenen Individuen der zeitig im Frühjahr aktiven Amphibienarten, wie Moorfrosch und Kammmolch, sind mit bis zu 80 % Populationsanteil zeitlich koinzident mit der Mineraldüngung zu Wintergetreide und Raps. Besondere Relevanz (hohe koinzidente Populationsanteile) besitzt auch die Ausbringung von Bodenherbiziden in Sommerkulturen, z. B. Futtererbse, im Frühjahr. Im Spätsommer, wenn vor allem Jungtiere, aber auch erwachsene Individuen von Kammmolchen und Rotbauchunken die Vermehrungsgewässer verlassen, werden die mehr oder weniger dicht bewachsenen Stoppelflächen zu scheinbar attraktiven Landlebensräumen der Amphibien. Die Tiere finden dort vermutlich günstig Nahrung und Deckung. Die nachfolgende Bodenbearbeitung, oft mit dem Pflug, vernichtet die in den Stoppelflächen lebenden Tiere vollständig. Somit können Stoppelfelder erhebliche Fallen bzw. Senken für Amphibienpopulationen darstellen. Demgegenüber sind vegetationsarme Felder nicht für den Landaufenthalt geeignet und werden zügig durch Amphibien überwandert. Bevorzugte Aufenthaltsorte nach derartigen Passagen stellen Feldsäume, Hecken oder auch Stilllegungsflächen dar.
Das Risiko für populationsrelevante Tierschädigungen kann auf zwei Wegen verringert werden:
durch eine Erhöhung des Anteils von Strukturelementen und einer entsprechend engmaschigen Verteilung dieser Flächen im Agrargebiet und
durch Anpassungen im landwirtschaftlichen Produktionsgeschehen.
Vor allem durch die Anlage von linienförmigen Strukturelementen (Feldsäume und Hecken) sowie auch Gewässerränder kann die Notwendigkeit für lange Feldpassagen der Tiere deutlich verringert werden. Im Untersuchungsgebiet Eggersdorf ist es möglich, durch die Umnutzung von nur 5 % der Ackerfläche für die Anlage von Strukturelementen die mittleren Wanderdistanzen von Vermehrungsgewässern zu Landlebensräumen von ursprünglich 303 m auf unter 67 m zu verringern.
Anpassungen der Landbewirtschaftung betreffen vor allem die störungsarme Einbringung von Mineraldüngern in den Boden (Injektion), eine zeitliche Verlagerung der Düngetermine sowie den Verzicht auf Anwendung des Pfluges.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das wichtigste Ergebnis des Projektes ist die Erarbeitung eines Handbuchs zum Amphibienschutz in kleingewässerreichen Ackerbaugebieten. Es vermittelt möglichst praxisnah Grundlagen der Landwirtschaft sowie der ökologischen Ansprüche von Amphibien, zeigt detailliert Konflikte zwischen Ackernutzung und Amphibienschutz auf und stellt ein breites Spektrum an Schutzmaßnahmen dar. Es beschränkt sich nicht nur auf unmittelbar landwirtschaftliche Aspekte, sondern bezieht auch Fragen der Restaurierung der Vermehrungsgewässer sowie der Notwendigkeit zur Landschaftsstrukturierung ein.
In mehreren Vorträgen ist sehr häufig über die Inhalte dieses Projektes berichtet worden. Ab 2006 wurden etwa fünf internationale sowie 10 nationale wissenschaftliche Vorträge gehalten. Vor der landwirtschaftlichen und Naturschutz-Praxis wurden acht Vorträge gehalten. Vor Ministerien bzw. Ämtern wurde fünfmal über dieses Projekt berichtet.


Fazit

Amphibienschutz in kleingewässerreichen Ackerbaugebieten ist auch unter den Bedingungen intensiven Ackerbaus möglich. Beachtet werden muss dabei jedoch, dass es ein Mindestmaß an geeigneten und störungsarmen Landlebensräumen geben muss, die sich in möglichst geringer Entfernung zu den Vermehrungsgewässern befinden. Des Weiteren sind Anpassungen im landwirtschaftlichen Bewirtschaf-tungsgeschehen notwendig und möglich. Diese erfordern vereinzelt Ausgleichszahlungen, gehen jedoch nicht in jedem Fall mit erheblichen finanziellen Einbußen der Betriebe einher.

Übersicht

Fördersumme

576.340,00 €

Förderzeitraum

02.12.2005 - 02.12.2008

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation