Projekt 23399/01

Gezielte Artenschutzmaßnahmen für Wiesenvögel in der Agrarlandschaft (Neuenkirchen, Niedersachsen)

Projektträger

Hegering Neuenkirchen
Schulstr. 1
49586 Neuenkirchen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Brutbestände der Wiesenvogelarten (u. a. Kiebitz, Uferschnepfe, Gr. Brachvogel) sind seit Jahrzehnten stark rückläufig. Trotz Durchführung von Schutzprogrammen und Ausweisung von Schutzgebieten ist dieser landesweite Trend noch nicht gestoppt. Viele Arten, wie insbesondere der Kiebitz, brüten aber nach wie vor außerhalb von Schutzgebieten in konventionell genutzten Agrarräumen. Für den landesweiten Erhalt der charakteristischen Arten sind diese Vorkommen von hoher Wichtigkeit. Das Vorhaben sollte in erster Linie Möglichkeiten entwickeln und erproben, die gefährdeten Wiesenvogelarten auf landwirtschaftlich genutzten Acker- und Grünlandflächen einen ausreichenden Reproduktionserfolg sichern können. Eine wesentliche Komponente war die Erfolgsorientierung und -honorierung für Landwirte bei einer freiwilligen Teilnahme.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurden Maßnahmen zum Gelegeschutz und zum Schutz der Familienverbände (v. a. der geschlüpften, nicht flüggen Jungvögel) entwickelt und angewandt.
Gelegeschutz
a) Umsetzung des Nestes während der Flächenbearbeitung
b) Umfahren des engeren Nestbereiches
Für jedes erfolgreiche Gelege wurde den Landwirten eine Prämie von € 30,00 ausgezahlt.
c) Verzicht auf eine Flächenpflege (Walzen, Schleppen etc.) nach dem1. März
Diese Maßnahme wurde mit € 50,00/ha honoriert.
Schutz der Jungvögel
a) Reduzierung der Mähgeschwindigkeit auf maximal 8 km/h.
b) Die Mähwerksbreite ist auf maximal 3,00 m Breite begrenzt.
c) Die Mahd erfolgt von innen nach außen.
Dieses Maßnahmenbündel wurde mit € 50,00/ ha ausgeglichen.
Die Arbeiten werden vom Antragsteller koordiniert und in enger Zusammenarbeit mit den wirtschaftenden Landwirten durchgeführt; der Erfolg der Maßnahmen wurde von Gebietsbetreuern (versierten Ornithologen) erfasst und bewertet. Die Naturschutzstiftung des Landkreises Osnabrück wird das Projekt gleichfalls fördern und wurde als Kooperationspartner einbezogen. Das Projekt wurde in den Brutzeiten 2006 - 2008 durchgeführt und im Februar 2009 abgeschlossen. Ab der Brutsaison 2008 wurde vom Land Niedersachsen ein ähnlich ausgerichtetes Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Landschaft sowie zur Qualifizierung für Naturschutzmaßnahmen angeboten, das auch von der Europäischen Union gefördert wird. Die Träger dieses Projektes in Neuenkirchen entschieden sich, beim Land Niedersachsen eine Aufnahme in das neue Landesprogramm ab dem ersten Projektjahr 2008 zu beantragen; damit die Maßnahmen landesweit einheitlich abgewickelt werden konnten. Dieser Antrag wurde im Frühjahr 2008 bewilligt, so dass das Projekt mit diesem Jahr von der DBU-Förderung in das Landesprojekt übergehen konnte. Damit konnten erhebliche Fördermittel aus dem DBU-Projekt eingespart werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Beteiligung der Landwirtschaft an dem Projekt war sehr gut. In 2006 konnten Verträge für 87 ha Grünland, in 2007 für 77 ha und 2008 für 88 ha abgeschlossen werden. Damit war in allen Jahren ein großer Teil der Grünlandflächen unter Vertrag. Die Brutbestände der drei Zielarten waren in den Projektjahren relativ stabil und lagen beim Kiebitz zwischen 181 und 200 Brutpaaren (BP), beim Großen Brachvogel zwischen 6 und 8 BP und betrugen bei der Uferschnepfe 23-24 BP. Im (über)regionalen Vergleich sind die hohen Siedlungsdichten (Abundanzen) im Projektgebiet herauszustellen:
Kiebitz: mit 200 Brutpaaren (BP) beträgt die Abundanz für das Gesamtgebiet über 15 BP/km2; im zentralen Bereich werden sogar Dichten von über 40 BP/km2 erreicht. Diese Dichten sind in der Region bzw. für ganz Niedersachsen herausragend.
Großer Brachvogel: das Gebiet gehört zu den wichtigsten Bruträumen im Landkreis Osnabrück.
Uferschnepfe: das Gebiet ist das bedeutendste Vorkommen im Landkreis Osnabrück.
Im Projektgebiet wurden zudem weitere gefährdete Arten der Roten Liste in nennenswerten Beständen festgestellt, u. a. Rebhuhn (max. 21 BP), Wachtel (13 BP), Bekassine (3 BP) und Steinkauz (11 Reviere). Die Anzahl der markierten und geschützten Gelege hat sich im Laufe der drei Projektjahre kontinuierlich erhöht, von 132 (2006) auf 168 (2008). In den drei Jahren wurden insgesamt folgende Nester markiert. Austernfischer (2), Kiebitz (419), Gr. Brachvogel (11), Uferschnepfe (25) und Feldlerche (1). Der Anteil der von Landwirten selbst markierten Gelegen hat über die Jahre zugenommen; er lag in den Jahren 2007 und 2008 jeweils bei ca. 30 %. Die Schlupferfolge der Kiebitze lagen in den drei Jahren zwischen gut 80 % und knapp 70 %. Diese Werte sind im Vergleich mit den Ergebnissen aus vielen anderen Gebieten und Regionen relativ hoch. Beim Großen Brachvogel wurden Schlupferfolge von 50 bis 100 % ermittelt, bei der Uferschnepfe lagen die Schlupferfolge zwischen 50 und 60 %.
Es ist für alle Zielarten festzuhalten, dass durch die Gelegeschutzmaßnahmen deutlich höhere Schlupfraten erzielt werden konnten, als in vielen anderen norddeutschen Wiesenvogelgebieten (incl. von Schutzgebieten) in den letzten Jahren üblich waren. Die Methode ist somit als sehr erfolgreich zu bewerten. Prädation stellte die wichtigste Verlustursache der Gelege dar, wobei sich der Anteil in den drei Jahren deutlich unterschied und beim Kiebitz zwischen 13 und 38 % variierte. Andere Verlustursachen (Nestaufgabe und Landwirtschaft) spielten nur eine geringe Rolle. Ohne den Gelegeschutz wäre das Gros der Gelege in der konventionell genutzten Agrarlandschaft - zumindest auf den Ackerflächen - verloren gegangen. Der Bruterfolg der Kiebitze schwankte in den drei Jahren zwischen 0,18 und 0,96 flüggen Jungvögel/BP, beim Großen Brachvogel lag er zwischen 0,25 und 1,25 Juv./BP und bei der Uferschnepfe zwischen 0,41 und 0,63 Juv./BP. Die Bruterfolgswerte lagen damit in Bereichen, die zum Bestandserhalt ausreichen könnten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In jedem Projektjahr fand vor der Brutsaison eine Zusammenkunft mit interessierten Landwirten statt, in dem über die Ziele und Zwischenergebnisse informiert wurde. Darüber hinaus wurde das Projekt sowohl mehrere Naturschutzfachleuten bei Exkursionen, verschiedenen Gremien als auch der breiten Öffentlichkeit in insgesamt fünf Vorträgen vorgestellt. Im Rahmen einer Tagung der internationalen Wader Study Group in Lund (Schweden) wurde das Projekt in einem Poster präsentiert. Über das Projekt wurde zudem in diversen Zeitungsartikeln und in Beiträgen für zwei Fachzeitschriften (Falke, Feuchtwiesen-Info) sowie einmal im NDR-Fernsehen berichtet.

Publikationen:
Hönisch, B. & J. Melter (2006): Gelegeschutzprojekt in Neuenkirchen (Landkreis Osnabrück). Feuchtwiesen-Info 7. 13-14.
Melter, J., B. Abing & B. Hönisch (2009): Eiersuchen für den Vogelschutz. Gelegeschutzprojekt in Niedersachsen. Falke 56: 144-148.
Darüber hinaus wurde im Rahmen des Projektes eine Diplomarbeit an der Fachhochschule Osnabrück erarbeitet.


Fazit

Das auf freiwilliger Teilnahme basierende Projekt Gezielte Artenschutzmaßnahmen für Wiesenvögel in der Agrarlandschaft wurde von den Landwirten in Neuenkirchen äußerst positiv angenommen. Über die Projektlaufzeit hat sich eine intensive und vertrauensvolle Kooperation zwischen Landwirten, Jägern, Ornithologen und Naturschützern gefestigt, die maßgeblich zum Erfolg des Projektes beigetragen hat. Die Ergebnisse zeigen, dass die durchgeführten Maßnahmen einen alternativen Ansatz auch in konventionell genutzten Agrarlandschaften zum Schutz der Wiesenvögel darstellen können. Die Schlupferfolge der Wiesenlimikolen können durch den Gelegeschutz erheblich gesteigert und damit verbesserte Reproduktionswerte erreicht werden. Das Projekt hat darüber hinaus einen Beitrag zur Entwicklung und Etablierung eines landesweiten Gelegeschutzprogrammes in Niedersachsen und Bremen (unter Förderung der EU) geleistet und wirkt auch auf diesem Weg nachhaltig für den Wiesenvogelschutz.

Übersicht

Fördersumme

38.200,00 €

Förderzeitraum

01.03.2006 - 15.11.2011

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz