Projekt 23365/01

Integration des Anschmelzverfahrens zur Herstellung flächiger, stab- oder rohrförmiger dickwandiger Kunststoffteile im kontinuierlich arbeitenden Fertigungsprozess

Projektträger

Dr. Ing. Werner Neu Verfahrenstechnik GmbH
Eichenwinkel 1
89281 Altenstadt
Telefon: 08337/75304

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Herstellung von Fertigteilen aus Thermoplasten erfolgt durch das Aufschmelzen der Granülen, der anschließenden Formgebung in einem Formwerkzeug sowie der zeitaufwendigen Abkühlung des Formteiles infolge der geringen Wärmeleitfähigkeit im Polymeren. Das Ziel des neuen Verfahrens ist eine erhebliche Verringerung des Energiebedarfes, in dem die Granülen nicht mehr aufgeschmolzen, sondern unter Ausnutzung der geringen Wärmeleitfähigkeit nur noch angeschmolzen werden. Nach sofortiger Formgebung unter Druck ist eine Wärmeabfuhr nicht mehr erforderlich und die Ausformzeit reduziert sich auf die geringe Zeitspanne zur Erreichung eines inneren Temperaturausgleiches in der Anschmelzmasse.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Vorteil des Verfahrens besteht in der kurzzeitigen oberflächlichen Erwärmung des Granulates im Sekundenbereich. Danach soll die Anschmelzmasse sofort unter Druck ausgeformt werden. Es konnte für die Anwendung des Verfahrens ein Kooperationspartner gefunden werden, der in eigens entwickel-ten Bandpressen, nach dem herkömmlichen Durchschmelzprinzip Kunststoffplatten produziert. Für die Herstellung von Plattendicken zwischen 10 und 12 mm benötigt der Kooperationspartner zur Zeit für seine Bandpresse eine Auf- bzw. Durchheizzone von ca. 10-15 m bei geringer Abzugsgeschwindigkeit auf-grund der schlechten Wärmeleitung im Polymeren. Die wichtigen Arbeitsschritte für einen Fertigungsprozeß nach dem Anschmelzverfahren unter Verwendung des vorhandenen Anschmelzreaktors sind:
1. Umbau des Anschmelzreaktors zur Einführung einer einstellbaren Anströmgeschwindigkeit und Schütthöhenregulierung (Dr. Neu).
2. Einbau einer Siebbandbenetzungsvorrichtung zur Vermeidung von Granulatanhaftungen bei Einsatz diverser Polymeren (Dr. Neu).
3. Entwicklung, Konstruktion und Bau einer Materialübergabestation zwischen Reaktor und Bandpresse mit einstellbarer Schichthöhe für die Anschmelzmasse (Dr. Neu und TPS).
4. Anpassung der vorhandenen Bandpressentechnik an die neue Anschmelztechnik (TPS und Dr. Neu).
5. Entwicklungs- und Versuchsarbeiten zur Optimierung der Bandpresse einschließlich integrierter Steuerungstechnik (TPS und Dr. Neu).
6. Entwicklung und Konstruktion eines Anschmelzreaktors für Bandpressennutzbreiten bis 2500 mm (jetzige Reaktornutzbreite 150 mm) (Dr. Neu und TPS).


Ergebnisse und Diskussion

Das Konzept der Materialförderung für den Anschmelzreaktor entspricht dem einer Doppelbandpresse. Beide Verfahrenstechniken arbeiten optimal im kontinuierlich ablaufenden Fertigungsprozeß, sodaß sich die Integration des Anschmelzverfahrens in die Bandpressentechnik schon daher anbietet.
Die Arbeitsergebnisse zeigen, daß sowohl in ökologischer wie auch in ökonomischer und verfahrenstechnischer Sichtweise die Einführung der partiellen Anschmelzung des Granulathaufwerkes durch kon-vektive Wärmezufuhr erhebliche Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Durchschmelzverfahren durch Wärmeleitung ermöglicht.
Das Anschmelzverfahren nutzt dabei vorteilhaft die geringe Wärmeleitfähigkeit der Polymere aus, indem die Oberfläche der Granülen kurzzeitig bis auf Schmelztemperatur erhitzt werden kann, ohne daß sich das Granulatinnere im Zeitraum der Wärmebehandlung zwischen 10 s und 20 s wesentlich erwärmt.
Nach dem Anschmelzen wird das Granulathaufwerk unter Druck ausgeformt wobei ein innerer Temperaturaustausch in jeder Granüle einsetzt, sodaß kurzfristig das Fertigprodukt entformt werden kann. Der Vergleich des Energiebedarfs zwischen Anschmelz- bzw. Durchschmelzprozeß zeigt, daß ein Energieeinsparfaktor von 3,35 beim Anschmelzverfahren zu erwarten ist.
Die ökonomische Bewertung des neuen Verfahrens zeigt für den Anwender, daß die bisherige Abhängigkeit zwischen Plattendicke des Fertigproduktes und Bandgeschwindigkeit, also Ausstoßmenge pro Zeiteinheit für den Fertigungsprozeß aufgehoben ist, siehe Bild 3 in Abb. 1 und Abb. 2. Die neue Technik reduziert die erforderliche Heizzonenlänge für eine 10 mm starke Kunststoffplatte von z. B. 15 m beim herkömmlichen Aufschmelzverfahren bei gleicher Bandgeschwindigkeit auf ca. 1,5 m beim Anschmelz-verfahren bei gleichzeitiger Reduzierung der Investitionskosten für die Anlage.
Dieses ist zurückzuführen auf den vergleichsweise zügigen konvektiven Wärmetransport durch ein strömendes Medium im Haufwerk. Nachteilig ist, daß die Granulatgröße einschließlich der Korngrößenverteilung die Sieblochgröße der Transportbänder bestimmt. Staubanteile im Granulat erfordern sehr gerin-ge Sieblochgrößen, dadurch wird das strömende Heizmedium stark behindert. Es ist daher eine Absiebung von Feinstteilen zu empfehlen.
Die Auswertung der umfangreichen Versuchsergebnisse und Verfahrensschritte des Entwicklungsvorhabens haben die Kooperationspartner veranlaßt, eine erste Demonstrationsanlage im Produktionsmaß-stab zur Herstellung plattenförmiger dickwandiger Kunststoffteile zu berechnen, zu konstruieren und zu bauen. Die Nutzbreite der Anlage beträgt 1200 mm. Sie besteht aus dem Anschmelzreaktor, aus einer angeschlossenen Druckwalzenanordnung als Ausformstation und einer Plattenkühlstrecke.
In der Ausformstation erzeugt ein Preßwalzenpaar eine lineare Preßkraft auf die Anschmelzmasse, ein nachgeschaltetes 3-Walzenpaar kann je nach Walzenstellung einen gleichmäßigen Flächendruck auf das Produkt übertragen. Der start up ist für spätestens März 2009 vorgesehen. Ab diesem Zeitpunkt steht den interessierten Anwendern für diese neuentwickelte Verfahrenstechnik die Anlage auch für Produkt-Versuche zur Verfügung.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Jahre 1998 wurde das Anschmelzverfahren patentiert [DP 98], während im Jahr 2007 [EP 07] für den heutigen Reaktoraufbau ein Europa-Patent erteilt wurde. Für interessierte Anwender sind nach Termin-absprache jederzeit Materialversuche möglich, erste Kontakte ergaben sich auf der DOMOTEX 2009.


Fazit

Die in diesem Abschlußbericht dokumentierten Entwicklungsergebnisse belegen, daß die beschriebene Verfahrenstechnik zur partiellen Aufschmelzung von Kunststoffgranülen und anschließender Formgebung unter Krafteinwirkung insbesondere für dickwandige Fertigteile im industriellen Maßstab möglich ist. Es ergeben sich gegenüber herkömmlichen Herstellverfahren erhebliche Vorteile in ökologischer, technologischer und ökonomischer Bewertung. Hersteller aus unterschiedlichen Bereichen der Kunststoffteile-Fertigung sind daher eingeladen, die Verfahrensvorteile in einer Anlage im Produktionsmaßstab zu überprüfen.

Übersicht

Fördersumme

275.000,00 €

Förderzeitraum

29.06.2006 - 29.12.2008

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik