Projekt 23113/01

Demonstration eines Verfahrens zur Nachbehandlung von unzureichend aufbereitetem Leitungswasser oder Grundwasser am Beispiel der autarken Versorgung eines Kinderheims in Bagratijonowsk/Oblast Kaliningrad

Projektträger

Malteser Hilfsdienst Alfhausen
Gartenstr. 14
49594 Alfhausen
Telefon: 05464-1538

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In einigen Regionen Osteuropas (Polen, Russland) werden stark reduzierte Grundwässer (der Sauerstoff ist dort aufgezehrt) mit nur unzulänglichen Methoden aufbereitet, so dass Probleme, wie starke Ver-schmutzung des Wassers mit Trübstoffen und Partikeln oder mikrobiellen Krankheitserregern, auftreten. Die in reduziertem Grundwasser vorkommenden Inhaltsstoffe Schwefelwasserstoff, Eisen, Mangan und Ammonium lassen sich mit konventionellen erprobten Verfahren in der Regel jedoch gut entfernen. Wird ein solches Wasser ohne oder mit ungenügender Aufbereitung in ein Trinkwasserverteilungssystem ein-gespeist, bilden sich dort massive Ablagerungen aus Eisen- und Manganoxiden, die bis in die Haushalte gelangen. Dann wird mikrobiologisch nicht einwandfreies Trinkwasser verteilt, das ohne eine weiterge-hende Aufbereitung nicht desinfizierbar ist. Im Rahmen des Projektes sollte erstmals in der russischen Oblast Kaliningrad am Beispiel des Kinderheims in Bagratijonowsk eine technisch einfache, robuste de-zentrale Trinkwasseraufbereitungsanlage zur mehrfachen Filterung und Desinfektion demonstriert werden, mit der die Versorgung der Menschen mit einwandfreiem Leitungswasser (nach deutscher TrinkwV 2001) erreicht werden kann. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der effektiven Nachbehandlung ungenügend aufbereiteten Grundwassers und dem Verzicht auf die Desinfektion mit Chlor. Im Projekt sollte die Anlage im Kinderheim von den Projektpartnern installiert und gemeinsam mit den örtlichen Gesundheits-stellen, dem örtlichen Wasserversorger und der TU Kaliningrad betrieben und beprobt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDurch das IWW wurde eine Ausarbeitung über Wasserbedarf und gewünschte Trinkwasserbeschaffenheit erarbeitet. Es wurden Ausschreibungs-Unterlagen für Fachfirmen vorbereitet, Details diskutiert und die Vergabe vorgeschlagen. Malteser Mitarbeiter wurden für die Entnahme von Wasserproben geschult (Zertifikat). Durch Malteser-Mitarbeiter wurde der Aufstellungsraum für die Aufbereitungsanlage vorberei-tet. Die Anlage wurde vom MHD nach Kaliningrad transportiert und zusammen mit dem Monteur der Lie-ferfirma aufgebaut und in Betrieb genommen. Die Beprobung der verschiedenen Probenahmestellen der Anlage erfolgte durch den MHD und/oder IWW (Analytik im IWW) und durch das zuständige Gesund-heitsamt (GA) nach Absprache. Die Auswertung und Darstellung der Daten erfolgt durch IWW.
Der Betrieb der Anlage wurde dem zuständigen Gesundheitsamt (GA) im persönlichen Gespräch erläutert und die Inbetriebnahme dort angezeigt. Die Anlage wurde zweimal vor Ort inspiziert und der Hausmeister intensiv nach seinen Eindrücken befragt. Alle Informationen wurden in einem ausführlichen Endbericht zusammengefasst und kritisch bewertet.


Ergebnisse und Diskussion

Aufgrund der vorgenommenen Wasseranalysen und der Situationsbeschreibung wurde folgende Verfah-rensführung ausgewählt: Verdüsung-Sandfiltration (offen) - Nachbelüftung-Sandfiltration (geschlossen) -Vorratstanks (offen) - Druckerhöhung - UV-Desinfektion - Druckspeicher Einspeisung Hausnetz.

Die mehrstufige Verfahrensführung war erforderlich, da durch das extrem ungepflegte städtische Vertei-lungsnetz jederzeit mit größeren Trübungsstößen und damit auch mit mikrobiologischer Belastung aus dem Rohrnetz zu rechnen war. Die Anlage führte schon Stunden nach der Inbetriebsetzung zu einer sig-nifikanten Verbesserung der organoleptisch vom Küchenpersonal wahrnehmbaren Parameter (Geruch, Geschmack, Trübung, Färbung). Die Beschaffenheit (Mikrobiologie und Anorganik) des produzierten Trinkwassers war nach den Unterlagen des zuständigen Gesundheitsamtes bei mehreren Probenahmen im Verlauf von einigen Monaten stets einwandfrei. Hierbei kann bezüglich Mikrobiologie nur auf Analysen der russischen Gesundheitsbehörde vertraut werden, da die Proben nicht nach Deutschland transportiert werden können. Die Desinfektionsfunktion der Anlage konnte nicht bewertet werden, da die Beschaffen-heit des Stadtwassers mikrobiologisch sehr viel besser war als erwartet.

Insgesamt sechs Beprobungen durch IWW/MHD mit IWW-Analytik (Anorganik, vor allem Eisen, Mangan und Ammonium) zeigten die durchgehend einwandfreie Beschaffenheit des Trinkwassers. Diese Ergeb-nisse der umfangreichsten Beprobung wurden 2007 in offizieller Form inklusive Akkreditierungsurkunde des IWW über das Kinderheim an das Gesundheitsamt weitergeleitet, da einige relevante Parameter von dem dort zuständige Labor nicht gemessen werden konnten (z. B. Fluorid ). So konnten der Gesund-heitsbehörde der einwandfreie Betrieb und die sehr guten Ergebnisse nochmals demonstriert werden.

Die Anlage wurde in einem offiziellen Festakt dem Kinderheim übergeben.

Die automatische Spülung der Filteranlage wurde 1- 2 Mal pro Woche vom Hausmeister ausgelöst und die Anlage lief insgesamt über rund vier Jahre mit einwandfreier Trinkwasserbeschaffenheit.
Die Projektdauer wurde kostenneutral überschritten, um bei verringerter Untersuchungsintensität Lang-zeiterfahrungen zu sammeln. Folgende wichtige Erkenntnisse wurden dabei gesammelt:
- Aufbereitungsanlagen dieser Art müssen entweder gegen Luftkontakt isoliert oder in einem Raum mit wenig Außenlufteinfluss oder einer Entfeuchtungsanlage aufgestellt werden. Ansonsten wird die Anlage in den Sommermonaten mit Sicherheit feucht (Kondenswasser) und es kann ein unhygienisches Pilz- und Bakterienwachstum auf den Anlagenoberflächen auftreten.
- Die Wasserspülung alleine reichte über die Betriebsdauer hinweg nicht aus, das Filtermaterial sauber zu spülen. Mit der Zeit sammelte sich Eisenschlamm im Filterbett an, der nur mit Sonderarbeiten ent-fernt werden kann. Hier wurden Abhilfemaßnahmen für den Betrieb und auch für die Konstruktion vorgeschlagen.
- In der Summe sind die Aufbereitungskosten vergleichsweise hoch, da für die sichere Trinkwasser-versorgung ohne mehrere Barrieren (Filter) vor der der Desinfektion vorgesehen werden mussten


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Konzept wurde einem breiten interessierten Publikum auf den deutsch-russischen Umwelttagen in Kaliningrad am 02. und 03.6.2006 in seiner Konzeptphase vorgestellt. Die Veröffentlichung in einer ent-sprechenden deutschen Fachzeitschrift (SHT) ist vorgesehen.


Fazit

Mit dem eingesetzten Aufbereitungsverfahren konnte eine einwandfreie Trinkwasserbeschaffenheit für die Einspeisung in das Hausnetz bereitgestellt werden. Über einen Zeitraum von vier Jahren wurde die Anlage ausschließlich vom Hausmeister gewartet und es traten keine Störungen auf. Da die Stadtwasserbeschaf-fenheit insbesondere bzgl. Hygiene und Ammoniumkonzentration besser war als erwartet, war die Anlage für diese Beschaffenheit dann um eine bis zwei Aufbereitungsstufen überdimensioniert. Dies führte zu Aufbereitungskosten, die in der Region sehr wahrscheinlich nicht realisierbar sind. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und der daraus abgeleiteten Empfehlungen (genauere Prüfung der örtlichen Situation und möglichst Bau einer einfacheren Anlage, einfache aber wirkungsvolle Veränderung der De-tailkonstruktion zur Spülbarkeit der Filter, Vermeidung von Schwitzwasserbildung, ggf. Nutzung russischer Installationskomponenten) kann eine vereinfachte Anlage dieses Typs jedoch die erforderliche Aufberei-tung an vielen Stellen zu sehr wahrscheinlich auch tragbaren Kosten leisten. Letztendlich bleibt jedoch anzumerken, dass eine zentrale Aufbereitung und Verteilung eines einwandfreien Trinkwassers die bei weitem wünschenswertere Variante wäre

Übersicht

Fördersumme

98.763,00 €

Förderzeitraum

21.02.2006 - 21.02.2008

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Ressourcenschonung
Umwelttechnik