Projekt 23063/01

Wiederherstellung artenreichen Hochmoorgrünlandes durch eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung unter besonderer Berücksichtigung der Flatterbinsen-Problematik

Projektträger

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Institut für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) Arbeitsgruppe Vegetationskunde u. Naturschutz
Ammerländer Heerstr. 114 - 118
26129 Oldenburg
Telefon: 0441/798-4717

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Projekt Wiederherstellung artenreichen Hochmoorgrünlandes durch eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung unter besonderer Berücksichtigung der Flatterbinsen-Problematik hat sich folgende Ziele gesetzt:
- Erarbeitung von nachhaltigen Methoden der Bewirtschaftung und Pflege von Hochmoorgrünland, die gleichermaßen landwirtschaftlichen, ökologischen und naturschutzfachlichen Ansprüchen genügen;
- Initiierung einer breit gestreuten öffentlichen Diskussion über die naturschutzfachlichen, landwirtschaftlichen und energetischen Perspektiven des Hochmoorgrünlandes.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurden folgende Arbeitsschritte/Methoden im Verlauf der 5 Projektjahre gewählt:
- Auswahl der Probeflächen im Frühjahr 2006 (Varianten 1 bis 7) und Frühjahr 2008 (neue Varianten 3 und 4);
- Untersuchung der bodenchemischen Parameter pH, C/N-Verhältnis, Phosphor- und Kalium-Gehalte (2006 und 2009);
- Untersuchung der Regenwurm-Fauna (2006);
- Jährliches Monitoring der Dauerflächen durch zwei vegetationskundliche Methoden (Braun-Blanquet-Aufnahmen, Frequenzmethode);
- Durchführung begleitender Abschlussarbeiten zur energetischen Nutzung des Grünlandaufwuchses (RÖHRDANZ, FASTENAU, REBLING, GREVE, 2008-2010);
- Ökonomische Berechnungen zur Bewirtschaftung von Moorgrünland (Abschlussarbeit HARMS, Universität Rostock);
- Untersuchungen zum Fraßverhalten von Schafen und Eseln auf Hochmoorgrünland (Abschlussarbeit MAIWALD 2009, Universität Oldenburg).


Ergebnisse und Diskussion

Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen.
- Die 5-jährigen Untersuchungen zeigen deutlich, dass sich eine nachhaltige, gleichermaßen aus naturschutzfachlicher wie landwirtschaftlicher Sicht befriedigende Bewirtschaftung nur unter folgenden Bedingungen realisieren lässt: regelmäßige (schwache) PK-Düngung, (ggf.) seltene Kalkung, mindestens zwei Bewirtschaftungsgänge (dabei grundsätzlich notwendig: ein Schnitt im Mai/Juni), Bewirtschaftung/Pflege als Wiese oder Mähweide (nicht als Weide!).

- Zu niedrige pH-Werte und Nährstoffgehalte verhindern eine arten- und individuenreiche Bodenfauna, stabile Wiesenbrüter-Bestände, eine (verhältnismäßig) hohe Phytodiversität sowie das Vorkommen kennzeichnender Pflanzenarten der Feuchtwiesen; stattdessen werden artenarme Dominanzbestände gefördert v. a. von Arten mit geringem Futterwert (z. B. Flatterbinse).

- Für eine Beweidung sind in erster Linie Schafe geeignet, Rinder oder Pferde dagegen weniger. Für die Schafbeweidung lässt sich folgende Rangfolge der Bewirtschaftungsqualität ableiten: Sommerschnitt mit folgender Stoßbeweidung > Dauerbeweidung mit Sommerschnitt > Dauerbeweidung mit Herbst- oder Wintermulchung > Dauerbeweidung ohne Schnitt/Mulchung.

- Für eine reine Schnittnutzung würden sich (nach bisherigen Erfahrungen) die verschiedenen Bewirtschaftungsvarianten in folgender Weise einordnen (bei ausreichender Kompensationsdüngung): zwei Sommerschnitte mit Wintermulchung > zwei Sommerschnitte ohne Wintermulchung > ein Sommerschnitt und eine Wintermulchung > ein Sommerschnitt ohne Wintermulchung. Dabei ist nicht nur die Anzahl der Schnitte, sondern auch deren Zeitpunkt sowie deren Art und Weise (Schnitt mit Entfernung des Mähgutes oder Mulchung) von großer Bedeutung.

- Flächen mit hoher Dichte der Flatterbinse können am besten mit zweimaliger Sommermahd (Juni und August/September) oder mit einmaliger Sommermahd und anschließender Stoßbeweidung bewirtschaftet werden. Zusätzlich kann die gezielte Unterscheidung eine wichtige Maßnahme sein, wirkt i.d.R. aber nur wenige Jahre.

- Eigene Versuche zeigen, dass verschiedene Zusammensetzungen von Landschaftspflegematerial (Mix aus Binsen und Gras; junge Binsen) gute Ergebnisse bei der Feststoff-Vergärung erzielen; darüber hinaus ist es auch als Beimengung in konventionellen Flüssigstoff-Biogasanlagen denkbar. Möglicherweise wird auch der hydrothermalen Carbonisierung (HTC) in wenigen Jahren eine große Bedeutung für die energetische Verwertung von Aufwüchsen aus Feuchtgrünland zukommen.

- Bei Betrachtung aller möglichen Optionen sind aus naturschutzfachlicher und/oder landwirtschaftlicher Sicht nur folgende Alternativen sinnvoll:
Intensive Grünlandnutzung (nur eingeschränkt, wegen starker Torfzehrung!)
Extensive Grünlandnutzung
Pflegenutzung
Sukzession (mit/ohne Vernässung)
Paludikultur (falls hinreichend erprobt!)
Bei der Diskussion über die möglichen Optionen für eine konkrete Fläche werden in Zukunft Nachhaltigkeitsaspekte eine größere Rolle als bisher spielen müssen, unter Berücksichtigung v. a. der energetischen Verwertung des Mähgutes, der Emission klimarelevanter Gase und der landwirtschaftlichen Rentabilität.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Projektverlauf wurden folgende Aktivitäten zur wissenschaftlichen Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt (vgl. Abschlussbericht, S. 120-122):
- Vier Zwischenberichte zum Projektverlauf (2006-2009);
- Ein Abschlussbericht (2010);
- Fünf nationale/internationale Publikationen (2007-2010);
- Eine Abschlussarbeit an der Hochschule Vechta (2006), sieben Abschlussarbeiten/Leistungsnachweise an der Universität Oldenburg (2007-2010) und zwei Abschlussarbeiten an der Universität Rostock;
- Vier öffentliche Tagungen (Vrees 2007, Oldenburg 2008, Papenburg 2009, Oldenburg 2010)


Fazit

Aufgrund der Vielschichtigkeit der Problematik um Hochmoorgrünland können in einem 5-Jahresprojekt mit fest definierter Fragestellung keine abschließenden definitiven und für alle konkreten Flächen zutreffenden Lösungen der zukünftigen Nutzung oder Sukzession gefunden werden. Das angeschlossene Projekt hat jedoch sicherlich seine beiden Ziele (Erarbeitung einer Vorgabe für die nachhaltige Bewirtschaftung; Initiierung einer breit gestreuten Diskussion um die Zukunft dieses Lebensraumes) erreicht und ein gewisses Stück zur Integration verschiedenster Aspekte beigetragen, die in der synoptischen Betrachtung zukünftiger Nutzung von Hochmoorgrünland notwendig sind. Die Arbeitsgruppe Vegetationskunde und Naturschutz an der Universität Oldenburg wird sich am laufenden Diskussionsprozess weiter beteiligen und versuchen, durch gezielte Untersuchungen zur energetischen Verwertung verschiedener Aufwüchse in verschiedenen Verfahren zur fundierten Bewertung zukünftiger Nutzungsoptionen beizutragen.

Übersicht

Fördersumme

123.455,00 €

Förderzeitraum

01.10.2005 - 30.09.2010

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz