Projekt 22961/01

Renaturierung degradierter Uferabschnitte an Seen der Holsteinischen Schweiz

Projektträger

Universität Hamburg Biozentrum Klein Flottbek
Ohnhorststr. 18
22609 Hamburg
Telefon: 040/4281-6577

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Anlass des Vorhabens ist der z. T. seit Ende der 1950er Jahre zu beobachtende Rückgang des Schilfes an Seen der Holsteinischen Schweiz. Im Rahmen des Projektes sollen die Ursachen dieses Rückganges unter besonderer Berücksichtigung der Beweidung des Schilfes durch Graugänse analysiert werden. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen Renaturierungsmaßnahmen (Anpflanzung, ingenieurbiologische Bauwerke) durchgeführt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Verlauf des Projektes wurden Untersuchungen zu den Effekten verschiedener Renaturierungsmaßnahmen auf die Vitalität der Schilfröhrichte sowie zu den Effekten der Beweidung derselben durch Graugänse an verschiedenen Gewässern der Holsteinischen Schweiz durchgeführt (zweifaktorielle Experimente). Zusätzlich wurden ergänzend die Auswirkungen einer stabilen Wasserstandsführung und die Effekte der winterlichen Reetmahd auf die Vitalität der Schilfröhrichte untersucht. Hieran waren sowohl das Biozentrum der Universität Hamburg als auch das Ökologie-Zentrum der Universität Kiel beteiligt. In einer ersten Projektphase wurden somit durch die Erhebung eigener Daten im Gelände sowie durch die Auswertung von Luftbildern aus den vergangenen Jahrzehnten umfangreiche Erkenntnisse gewonnen, die im Jahr 2007 eine mit externen Experten abgestimmte Auswahl von Flächen für eine erfolgreiche Renaturierung ermöglichten. Die Auswertung der Luftbilder und auch die Renaturierungsplanung erfolgte in Kooperation mit der Limnologischen Station der TU München. In einer zweiten Projektphase stand die Renaturierung der ausgewählten Uferabschnitte am aktuell nahezu schilffreien Großer Plöner See im Vordergrund. Zu den Renaturierungsmaßnahmen zählten die großflächige Anpflanzung aus authochtonem Saatgut gewonnener Pflanzen wie auch die Errichtung ingenieurbiologischer Bauwerke an mehreren Standorten.
Die Entwicklung der Anpflanzungen wird seit 2008 durch ein Monitoring dokumentiert. Auch die weitere Entwicklung der zu Untersuchungszwecken genutzten vorhandenen Schilfbestände wird durch ein Monitoring erfasst. Des Weiteren konnten auf Grundlage der Ergebnisse aus den Untersuchungen zu Effekten Fraßes durch Graugänse erste Maßnahmen des Gänsemanagements umgesetzt bzw. vorbereitet werden.
Die Ergebnisse der Luftbildauswertung sowie eigener Analysen flossen in eine GIS-basierte Analyse der Ursachen des Röhrichtrückgangs ein.


Ergebnisse und Diskussion

Wie die Auswertung von Luftbildern verschiedener Jahrgänge zeigt, sind die aquatischen Schilfröhrichte an den Untersuchungsgewässern seit 1953 durchschnittlich um 78% zurückgegangen. Faktoren wie die zunehmende Beschattung im Uferbereich, die Belastung durch Wellen und auch der Fraß durch Graugänse konnten im Zusammenwirken mit weiteren Faktoren als ursächlich für diesen starken Rückgang identifiziert werden. Alle betrachteten Faktoren kommen an jedem Gewässer in unterschiedlicher Intensität zur Wirkung, so dass für jeden See individuelle Analysen notwendig sind. Dies bestätigt die Ergebnisse anderer Untersuchungen. Darüber hinaus konnte in einer vergleichenden Studie gezeigt werden, dass die Vitalität der aquatischen Schilfröhrichte maßgeblich von der Wasserstandsführung eines Gewässers beeinflusst wird, wobei sich ein naturnahes hydrologisches Regime positiv auf die Vitalität der Schilfbestände auswirkte.
Vorhandene aquatische Schilfröhrichte können durch temporäre und permanente Zäunungen wirkungsvoll gegen Fraß durch Graugänse geschützt werden. Auch die Auflichtung von Ufergehölzen sowie der Schutz vor mechanischer Belastung durch den Bau von Wellenbrechern in Form von Palisaden erwiesen sich als geeignete Maßnahmen zum Schutz bestehender aquatischer Schilfröhrichte. Zudem sind sowohl Palisaden als auch Zäunungen ein besonders effektiver Schutz für neu angepflanzte Schilfbestän-de.
Die GIS-basierte Ursachenanalyse wurde genutzt, um eine flächenscharfe Maßnahmenplanung für Röhrichtschutz und -entwicklung für alle sechs Untersuchungsgewässer abzuleiten, die den beteiligten Behörden ausgehändigt wurde. Abschließend wurde auf Grundlage der eigenen Arbeiten sowie der Erkenntnisse aus anderen Projekten zum Schutz der Schilfröhrichte ein (auf andere Gewässer der norddeutschen Tiefebene) übertragbarer Handlungsleitfaden zum Schutz und zur Entwicklung aquatischer Schilfröhrichte erstellt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Projektbegleitend wurde eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Zahlreiche Veröffentlichungen in der regionalen und überregionalen Tagespresse informierten über den Verlauf der Projektarbeit. Zudem wurden regelmäßige Projekttreffen mit einem Kreis von ca. 30 ständigen Kooperationspartnern sowie Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit durchgeführt. Die Veröffentlichung des Hand-lungsleitfadens als gedruckte Broschüre ist in Vorbereitung.


Fazit

Die Ergebnisse der Projektarbeit weisen daraufhin, dass eine naturnahe Wasserstandsführung in den Gewässern der norddeutschen Tiefebene von wesentlicher Bedeutung für eine hohe Vitalität der aquatischen Schilfröhrichte ist. Weitere Faktoren wie die Beschattung durch Ufergehölze, mechanische Belastung durch Wellen oder Fraß durch Graugänse u. a. müssen für jedes Gewässer als individuell wirksamer Faktorenkomplex betrachtet werden.
Durch die im Rahmen des Projektes durchgeführten Untersuchungen konnten die Effekte verschiedener Renaturierungsmaßnahmen quantifiziert werden. Zudem konnten erstmals quantitativ untermauerte Aussagen zu den Effekten des Fraßes durch Graugänse und andere Wasservögel auf die aquatischen Röhrichte getroffen werden. Auch wenn letztlich insbesondere die historischen Ursachen des Rückgangs der aquatischen Schilfröhrichte nicht vollständig geklärt werden konnten, haben die Ergebnisse der Untersuchungen und auch der GIS-basierten Ursachenanalyse maßgeblich dazu beigetragen, die in der Region geführte Diskussion zu den Ursachen des Röhrichtrückgangs zu strukturieren und zu versachlichen.
Die Zusammenarbeit mit Landesbehörden sowie regionalen Behörden und anderen Kooperationspartner verlief äußerst konstruktiv. Der intensive Austausch mit allen Kooperationspartnern und auch Bürgern der Region hat entscheidend dazu beigetragen, die Problemstellung in der gegebenen Zeit umfassend bearbeiten zu können.

Übersicht

Fördersumme

531.800,00 €

Förderzeitraum

01.09.2005 - 31.05.2010

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik