Projekt 22566/01

Ökologisch / ökonomische Bewertung zweier Fassadenkonzepte – Glasfassade versus Kunststofffassade – zur Sanierung eines Verwaltungsgebäudes der 1960er Jahre

Projektträger

Remscheider Entsorgungsbetriebe
Nordstr. 48
42853 Remscheid
Telefon: 02191/162350

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Studie unterstützt exemplarisch die Planung und Realisation eines innovativen Sanierungskonzepts für den 4-geschossigen Altbau der Entsorgungsbetriebe der Stadt Remscheid.
Das Gebäude ist zu Beginn der 60-er Jahre als Stahlbeton-Skelett-Bau mit elementierter Betonfassade erstellt worden. Es weist hinsichtlich seiner Struktur und Ausstattung 2004 erhebliche Defizite auf, die zu einem unwirtschaftlichen Betrieb, Fehlbelegungen und im Jahr 2005 möglicherweise zu Leerständen geführt hätten.
Die Gegenüberstellung von Fassadenvarianten mit Kunststoff und Glas und die Dokumentation des Entscheidungsprozesses soll in der, die Sanierung begleitenden Studie erfolgen. Es sollen die Dämm- und Belichtungsfunktion, die passive und aktive Solarenergienutzung, gestalterische und ökonomische Konsequenzen und die ökologischen Rucksäcke bei der Gewinnung der Rohstoffe und bei der Verarbeitung zu den Bauteilen untersucht werden.
Mit dem so gewählten Verfahren sollen verallgemeinerbare Bewertungskriterien an einer zu realisierenden Baumaßnahe unter praxisgerechten Bedingungen ermittelt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNeben den bautechnischen und bauphysikalischen Untersuchungen und Ableitungen zur Fassadenentwicklung werden darüber hinaus sowohl die gestalterischen Anforderungen aus dem Bereich Imagebildung, als auch die inhaltlichen Forderungen aus dem Bereich technischer Innovation gemeinsam mit dem Bauherrn erarbeitet. Auf dieser Grundlage werden die Bereiche Raumklima, passive Lüftung, Tageslichtoptimierung, Heizwärmebedarf, sowie Solarsysteme untersucht.
Für die ökologische Bewertung werden ausgewählte Leitindikatoren herangezogen, der Ressourcenverbrauch als TMR (Total Material Requirement), der kumulierte Energieverbrauch (KEA, VDI Richtlinie 4600) sowie das GWP 100 (Global Warming Potential).
Auf der Basis der o. a. Untersuchungen werden die Fassadensysteme alternativ als Kunststoff- und Glasfassade ausgeschrieben, um so ebenfalls eine aktuelle ökonomische Bewertung vornehmen zu können.


Ergebnisse und Diskussion

Energieeffizienz
Zur Erstellung eines möglichst energieeffizienten Gebäudes wurde eine Vielzahl von kleinen Maßnahmen getroffen, die in der Summe zur Optimierung der Energieeinsparung geführt haben. Der im Vorfeld der Sanierung ermittelte Primärenergiebezug für das Bestandsgebäude lag bei 440 kWh/m²a. Nach der Realisierung des Bauvorhabens wurde ein zukünftiger Primärenergiebedarf von 96,8 kWh/m²a und damit in Bezug auf den Ausgangswert als Einsparung ein Faktor 4 ausgewiesen. Der Bedarf des sanierten Bestandsgebäudes liegt damit bei ungefähr der Hälfte des Anforderungswertes der EnEV 2007 im Nicht-wohnungsbau für Neubau nach DIN V 18599.

Ressourceneffizienz
Die Fassade wurde aufgrund des notwendigen vollständigen Austausches der Gebäudehülle und den damit einhergehenden energetischen Abhängigkeiten zum maßgebenden Bauteil der Umbaumaßnahme, somit wurde ein besonderer Fokus auf dieses Bauteil gelegt. Gemäß der Berechungen nach dem mips-Ansatz konnte nachgewiesen werden, dass die ausgewählte Leichtbauweise mit vorgehängten Polycarbonat-Mehrstegplatten im Vergleich zu einer Bauweise mit vorgehängten U- Profilbaugläsern zu Ressourceneinsparungen mit dem Faktor 2 führen. Abhängig vom Hinterbau können im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung mit WDVS Ressourceneinsparungen mit dem Faktor 5, bzgl. einer vorgehäng-ten Naturstein- bzw. Metallfassade mit dem Faktor 25 erreicht werden.

Baukosten
Die Fassade wurde alternativ in zwei Ausführungsvarianten geplant und ausgeschrieben. Vor einem identischen Hinterbau als vorelementierte Holztafelkonstruktion wurden jeweils gebäudehoch U- Profilbaugläser, bzw. Polycarbonat-Mehrstegplatten geplant. Die Ausschreibung wurde gemäß VOB / A durchgeführt. Von allen Bietern, die sich am Ausschreibungsverfahren beteiligt haben, wurde die Ausführungsvariante mit Polycarbonat- Mehrstegplatten preisgünstiger angeboten. Der in der Submission ausgewiesene Kostenvorteil der PC- Mehrstegplatten gegenüber den Gussglasprofilen lag zwischen 14,1 und 37,5 %. Es ergibt sich eine mittlere Einsparung in Höhe von 23%. Die Bauwerkskosten für die gesamte Sanierungsmaßnahme des Verwaltungs- und Betriebsgebäudes der Nordstr. 48 betragen EUR 3,78 Mio.. Hieraus resultieren Indexkosten von EUR 717,- pro m²Brutto Geschossfläche (BGF) (Kostengruppen 300, 400, Bruttobeträge). Die Durchschnittswerte nach BKI für den Neubau von Bürogebäuden mit mittlerem Standard liegen bei EUR 1.310,- pro m²BGF.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Der Schlussbericht wird jeweils über die Datenbank der DBU, der Stadt Remscheid und der Kooperationspartner einer breiten Öffentlichkeit zugängig gemacht. Darüber hinaus werden diese in die Lehr- und Weiterbildungsmaßnahmen der Bergischen Universität Wuppertal und des mipsHAUS- Institutes sowie aktuelle bundesweiten Forschungsmaßnahmen integriert. In aktuellen Bauvorhaben der Stadt Remscheid werden die Erfahrungen aus dem Bauvorhaben Nordstr. 48 bereits weiterführend umgesetzt.


Fazit

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Verwaltungs- und Betriebsgebäude Nordstr. 48 in Remscheid durch integrale Planungsprozesse mit umfassenden Sanierungsansätzen hinsichtlich Nutzungsqualität, Gestaltung und Energiebilanz kostengünstig auf Neubaustandard gebracht werden konnte. Durch die Nutzung des vorhandenen Rohbaus und den Einsatz neuer Baumaterialien, wie hier Kunst-stoffmehrstegplatten, wird eine hohe Ressourceneffizienz bzgl. der Erstellung, Nutzung und Entsorgung eines Gebäudes erreicht.
Die in diesem Bericht aufgezeigten Planungsgrundsätze können, unter Berücksichtigung der jeweiligen projektspezifischen Parameter, auf den zahlreich in Deutschland verfügbaren Gebäudebestand aus den 60er-Jahren übertragen werden. Die aufgezeigten Planungsergebnisse stellen in diesem Sinn einen Beitrag zur dringend benötigten Erstellung eines Maßnahmenkatalogs für energie- und ressourcensparendes Bauen im Bestand dar.

Übersicht

Fördersumme

46.457,00 €

Förderzeitraum

18.08.2004 - 31.03.2007

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik