Projekt 22437/01

Forstliche Maßnahmen zur Verbesserung von Jagdlebensräumen von Fledermäusen

Projektträger

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Professur für Waldwachstum
Tennenbacher Str. 4
79106 Freiburg
Telefon: 0761 / 203-3736

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projektes ist es, mit Hilfe von dreidimensionalen Daten zur Waldstruktur und zum Jagdverhalten von Fledermäusen Maßnahmen zum Erhalt und zur Schaffung von Fledermaushabitaten in Wäldern abzuleiten und beispielhaft umzusetzen. Der Wald als Lebensraum von Fledermäusen bedarf neben einem ausreichenden Angebot an Quartieren auch eines geeigneten Jagdlebensraums. Da die Waldstrukturen als Jagdlebensraum von Fledermäusen bisher nicht umfassend untersucht sind, ist es notwendig, diese Strukturen festzustellen, um sie dauerhaft vorzuhalten oder auch erst zu schaffen.
Um die Fragestellung der räumlichen Verteilung der Waldstrukturen in Zusammenhang mit dem Flugverhalten von Fledermäusen zu untersuchen, ist eine räumliche Erfassung der Fledermausaktivität und der Strukturverteilung des Waldes notwendig. Der Lehrstuhl für Zoologie II der Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigt sich mit der Untersuchung der Lebensweise von Fledermäusen und verfügt über Apparaturen zur Einschätzung der Aktivität sowie zur Rekonstruktion der Flugbahnen. Das Institut für Waldwachstum der Universität Freiburg führt Untersuchungen zur Steuerung des Waldwachstums durch und hat Erfahrungen in der Anwendung von terrestrisch erfassten Laserdaten zur Beschreibung des Standraumes von Bäumen. Durch die Kombination der Daten des Laserscanning mit den Ableitungen aus dem akustischen Monitoring eröffnen sich neue Möglichkeiten zur quantitativen Untersuchung des Fluglebensraumes. Es wird möglich, objektive Kriterien für die Beurteilung von Waldstrukturen abzuleiten und diese in einfach umzusetzende, konkrete Handlungsanweisungen zu überführen sowie dies überprüfbar zu machen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie räumlichen Aufenthaltsorte der Fledermäuse werden mit akustischen Aufnahmesystemen bestimmt. Für die Ableitung der vorkommenden Arten und der Aktivität der Fledermäuse kommen spezielle Aufnahmegeräte - im Folgenden batcorder genannt - zum Einsatz. Die Anwendung dieser Systeme lässt eine teilautomatische Diskrimination Ableitung der Arten zu, womit eine Bewertung der ökologischen Relevanz der vorherrschenden Waldstruktur mit einem relativ geringen Aufwand möglich ist. Auf Basis der mit den batcordern ermittelten Waldbereiche mit erhöhter Fledermausaktivität und einer differenzierten Auswahl von Waldstrukturen sind Beobachtungsflächen im Untersuchungsgebiet Steigerwald festgelegt worden. Hierzu stehen schon im Vorfeld dieses Projektes Daten aus laufenden Doktorarbeiten des Lehrstuhls für Zoologie II der Universität Erlangen-Nürnberg zur Verfügung.
Für eine Beobachtung der Fledermausaktivität in verschiedenen Höhenschichten wird auf ausgewählten Beobachtungsflächen eine Mikrofonkette verwendet. An einem in der Baumkrone aufgehängten Tragseil sind dafür im Abstand von 5 m Mikrofone befestigt. Durch Laufzeitunterschiede der Fledermausrufe zu den Mikrofonen ist eine nach Höhen differenzierte Erfassung der Fledermausaktivität möglich. In 15 Nächten des Sommers 2005 und 2006 wurde auf diese Weise die Aktivität der Fledermäuse für vier Be-obachtungsflächen bestimmt.
Die Beschreibung der dreidimensionalen Waldstruktur der Beobachtungsflächen erfolgt aus Daten die mittels terrestrischer Laserscandaten erhoben sind. Der Vorteil der Analyse von Laserscandaten liegt darin, dass nicht einige wenige Parameter in die Darstellung der Realität eingehen, sondern dass ausgehend von den Laserscandaten Modelle abgeleitet werden, die die Realität injektiv abbilden. Damit steht nicht ein abstrahiertes Bild der Realität zur Verfügung sondern ein konkretes Szenario. Aufgenommen wurden Laserscans in 2 Messkampagnen. Bei der ersten Messkampagne wurden im belaubten Zustand auf 8 Beobachtungsflächen insgesamt 48 Laserscans erhoben. Bei der zweiten Messkampagne wurden im unbelaubten Zustand wiederholt auf 5 der 8 Beobachtungsflächen 32 Laserscans aufgenommen.
Die Strukturbeschreibung der Beobachtungsfläche auf denen mit der Mikrofonkette die höhenabhängige Fledermausaktivität untersucht wird, erfolgt mit Voxel-Raum-Modellen, die aus den gescannten Laserdaten abgeleitet sind. Die Voxel-Raum-Modelle beschreiben den untersuchten Raum durch klassifizierte diskrete Elemente. Für das Modell sind aneinander liegende, rasterförmig angeordnete Würfel mit 20 cm Kantenlänge ausgewählt.
In den Distanzwerten der als Leer klassifizierten Würfel zu den nächsten Würfeln, die als Gefüllt klassifiziert sind, wird die Struktur des offenen zur Verfügung stehenden Flugraums quantitativ erfassbar. Durch die räumliche Zuordnung dieses potentiellen Flugraumes zu der höhenabhängigen Fledermausaktivität ist eine direkte Ableitung der Nutzung der verschiedenen Strukturen durch die Fledermäuse möglich. Räumlich exakte Aufenthaltsorte der Fledermäuse werden mit einer Apparatur zur akustischen Flugbahnverfolgung bestimmt. Ergebnis der Datenauswertung dieser Aufnahmen sind Flugbahnen einzelner Fledermausindividuen. Die Aufnahmen erfolgen auf ausgewählten Beobachtungsflächen im Sommer 2005 und 2006. Bei einer Beobachtungsfläche an einer linearen Struktur entlang einer Forststraße wurde im Sommer 2006 ein Experiment durchgeführt, bei dem die Flugschneise der Fledermäuse schrittweise durch ein aufgestelltes Tarnnetz verkleinert wird. Das Distanzverhalten der Fledermäuse zum Bewuchs für einzelne Flugbahnen wird durch den räumlichen Verschnitt der Flugbahnen mit den Laserdaten möglich. In Schnitten durch die gescannten Punktwolken wird das Abstandsverhalten ersichtlich. Für weitergehende Betrachtungen über die selektive Auswahl einzelner Schritte werden die oben bereits beschriebenen Voxel-Raum-Modelle mit den daraus abgeleiteten Distanz-Werten verwendet.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ableitungen der allgemeinen Fledermausaktivität aus den Detektorbegehungen und der automatischen Erfassung mittels batcorder zeigte einen hohen Artenreichtum und eine hohe Aktivität im Buchen-Hallenwald, an den Randstrukturen (Waldrand, Waldweg) und auf Lichtungen. Im Gegensatz dazu war die Diversität in jüngeren bzw. dichteren Waldbereichen sehr gering und beschränkt auf einzelne Arten der Gattung Myotis. Schirmschlagflächen und plenterartige Bereiche wurden mit Ausnahme der Mopsfle-dermaus dennoch von allen Arten genutzt.
Wird die Aktivität in Abhängigkeit der Flughöhe der Fledermäuse und der Struktur des Waldes untersucht, lässt sich für alle Taxa feststellen, dass die Aktivität in und über der Kronenschicht (ab 20 m) im Mittel aller Standorte geringer war als unter den Kronen. Je lückiger das Kronendach war, desto stärker wurden auch höhere Schichten genutzt. Sehr deutlich wird dies, wenn man den Hallenwald (Kronendach geschlossen, Unterschicht sehr licht) mit dem plenterartigen Wald (durch gestuftes Kronendach Ober-schicht sehr licht) vergleicht. Aus den Untersuchungen der einzelnen Fledermausflugbahnen zeigte sich, dass auf einer zugewachsenen Rückegasse mit einer Verengung von weniger als 1m, die Engstelle von fast allen Fledermäusen auf einer offenen Ausweichroute umflogen wurde. Lediglich besonders manövrierfähige Fledermausarten folgten ihrem gradlinigen Weg. Nach Entfernen der Engstelle nutzte ein Großteil der Fledermäuse wieder gradlinig die freie Schneise.
Im Experiment der Saison 2006 zeigte sich eine eindeutige Abnahme der Nutzung durch die Fledermäuse bei einer Verkleinerung der Schneisenbreite. Es wurde beobachtet, dass die verschiedenen Fledermausarten bei verschiedenen Schneisenbreiten den Flugkorridor verließen und Ausweichrouten benutz-ten. Für die besonders bedrohte Mopsfeldermaus ergab sich, dass im Wald lineare Schneisen mit einer Breite von minimal 2,5 m bereitgestellt werden müssen, um die Habitatzugänglichkeit zu ermöglichen. Insgesamt zeigt sich, dass die Dimensionierung des Flugraumes linearer Strukturen die Zugänglichkeit des Waldes für verschiedene Arten unterschiedlich stark beeinflusst.
Aus der Zusammenfassung der Ergebnisse zeigt sich, dass die für Mitteleuropa typischen Buchenurwälder, die ein Mosaik aus Optimalstadien (Buchenhallenwald), Zerfallstadien (Lückiger Kronenschicht) und Heranwachsstadien (mehrschichtiger Aufbau), den optimalen Fledermauswald darstellen.
Für Wirtschaftswälder leitet sich ab, dass relevante Fledermauslebensräume auch ökonomisch sinnvoll am ehesten mit einem Z-Baum Nutzungskonzept nachhaltig vorgehalten werden können, worin einige Anforderungen der Fledermäuse zu berücksichtigen sind. Die besonderen Anforderungen sind eine ge-ringe Anzahl Z-Bäume, von den Z-Bäumen sollten bei der Zielstärkennutzung 10 Ewigkeitsbäume je ha ausgeschrieben und aus der Nutzung genommen werden, Zwischenfelder als dynamische Inseln sich selbst überlassen und möglichst nicht genutzt werden, zu regelmäßige Verteilung der Z-Bäume vermieden werden, die Endnutzung der Z-Bäume gruppenweise und zeitlich gestaffelt erfolgen und Niederdurchforstungen unter Gruppen von älteren Z-Bäumen durchgeführt werden.
Abgeleitete, allgemein förderliche Maßnahmen für einen effektiven Fledermausschutz in Wäldern sind wertvolle Altholzbestände zu erhalten, geeignete Biotopbäume auszuzeichnen und deren dauerhafte Vorhaltung sicherzustellen, Biotopbaum-Inseln (Gammelecken) zu schaffen, keinen großflächigen, einschichtigen, jungen Wald zu schaffen und Sonderstrukturen, wie Waldwege geeigneter Breite offen zu halten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Unter der Webadresse http://www.fledermaeuse.uni-freiburg.de/ ist eine Projekt-Homepage eingerichtet.
Bei den 5. Oldenburger 3D-Tagen (01.02. - 02.02.2006) wurde vom IWW der Universität Freiburg ein Vortrag mit dem Titel Terrestrische Laserscanner zur Untersuchung von Jagdlebensräumen von Fledermäusen gehalten. Die Schriftliche Fassung des Vortrages ist im Tagungsband veröffentlicht.
Bei der Allgemeinen Forst Zeitschrift (AFZ) ist ein Artikel mit dem Titel Untersuchung der Jagdlebens-räume von Fledermäusen in Wäldern mit Hilfe von Laserscannern und Akustischen Ortungssystemen zur Flugbahnverfolgung vom IWW und vom Lehrstuhl für Zoologie II eingereicht.
Im Rahmen eines Kurzbeitrages im Fernsehmagazin La Vita des Bayerischen Rundfunks konnte das Projekt vorgestellt werden. Dies war eingebettet in einen Beitrag über den Betriebsleiter Ulrich Mergner - Der Mann, der den Steigerwald retten will. Außerdem fanden bereits Dreharbeiten für einen weiteren Beitrag im Rahmen einer Tier- und Natursendung statt, die 2007 im Bayerischen Fernsehen gezeigt werden soll.


Fazit

Die für das Projekt geplanten Ziele wurden erreicht. Auf Anfrage zeigte sich der Forstbetrieb, insbesondere dessen Leiter Ulrich Mergner, bereit, die Ergebnisse in die aktuelle Bewirtschaftung mit einfließen zu lassen. Zurzeit wird in einer engeren Kooperation eine Einarbeitung unserer Maßnahmen in das Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb Ebrach (der den Großteil des Steigerwaldes umfasst) durchgeführt, welches ab 2007 Einzug in die forstliche Praxis haben wird. Ebenso soll dieses intern im Betrieb Bayeri-sche Staatsforste und auch extern Verbreitung finden und Modellcharakter haben. Das Modell sieht ein Z-Baum-Konzept vor, das auch der Bereitstellung des Rohstoffes Holz Rechnung trägt. Im Dialog wurden und werden weitere wichtige Aspekte erarbeitet. Des Weiteren wird in Zukunft auch eine enge Zusammenarbeit des Forstbetriebs mit Naturschützern der Region durchgeführt. Als Auftaktveranstaltung findet am 19.10.2006 ein erstes Treffen mit dem Thema Natur- und Artenschutz im Forstbetrieb Ebrach statt, bei dem auch wir teilnehmen werden

Übersicht

Fördersumme

104.685,00 €

Förderzeitraum

01.07.2005 - 30.06.2006

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik