Projekt 21666/01

Neue Verfahren für die Züchtung varroaresistenter Honigbienen

Projektträger

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Institut für Genetik Gebäude 26.02, Ebene 02
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf
Telefon: 0211/8112075

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Selektion auf natürlich vorkommende Resistenzen der Bienen gegenüber der Varroamilbe erscheint zur Zeit die einzige Alternative die Varroatose zu bekämpfen und eine Rückstandsbildung in Bienenprodukten zu vermeiden. Unser Projekt hat sich zum Ziel gesetzt die Resistenzzüchtung mit Hilfe von modernen molekularbiologischen Methoden zu verbessern. Dabei werden diagnostische Expressionsmuster für das Hygieneverhalten identifiziert, die ein direktes Merkmal für die Züchtung werden. Dieser Ansatz umgeht zum einen die limitierenden Zuchteigenschaften der Honigbiene und erleichtert zum anderen die Quantifizierung schwer messbarer Resistenzmerkmale.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBienenvölker wurden anhand quantifizierbarer hygienischer Merkmale (Ausräumverhalten beschädigter Brut, Anzahl beschädigter bzw. gefallener Milben und Zuchtdaten) aus dem ganzen Bundesgebiet für die Züchtung ausgewählt, um eine breite genetische Basis für die Experimente zu haben. Es wurden zunächst Kreuzungen etabliert, die Genotypen von Bienen mit hohem und niedrigem Resistenzpotential in einer Kolonie miteinander vereinen.
Das hygienische Verhalten der Arbeitsbienen von sechs verschiedenen genetischen Herkünften zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Bienenjahr wurde mit Hilfe einer Videokamera unter Infrarotlicht dokumentiert. Insgesamt wurde das hygienische Verhalten von über 10.000 altersstandardisierten Bienen individuell untersucht. Bienen mit hygienischen Verhaltensweisen wurden identifiziert und der molekularen Analyse zugeführt.
Um den Einfluss der genotypischen Zusammensetzung der sozialen Gruppe auf die Ausprägung des individuellen Verhaltens zu untersuchen, wurden Gruppen mit unterschiedlichen Anteilen von Bienen der Genotypen mit hohem Resistenzpotential (H) und niedrigem Resistenzpotnetial (N) zusammengesetzt und das individuelle Verhalten von über 7000 Bienen in verschiedenen unabhängigen Experimenten analysiert.
Die Genexpressionsmuster der hygienischen und nicht-hygienischen Bienen wurde mit Hilfe von zwei verschiedenen Typen von Microarray-Chips analysiert, die einerseits auf der Basis von EST-Sequenzen, andererseits auf der Basis der Honigbienen-Genomsequenz (ca. 13.000 Gene) entwickelt
wurden. Verglichen wurden 200 hygienische und 380 nicht-hygienische Bienen aus sechs Herkünften und vier Zeitpunkten im Bienenjahr. Variablen im experimentellen Design waren neben dem Verhaltensmuster die unterschiedlichen genetischen Herkünfte und der Zeitpunkt im Bienenjahr. Auf diese Weise entstanden insgesamt 58 Arrays. Anhand dieses Designs der Microarray-Studie konnten verhaltensabhängige Genexpressionen dargestellt werden, die unabhängig von Einflüssen des Bienenjahrs und den verschiedenen genetischen Herkünften sind. Bei einigen biologischen Replikaten wurde die cy3-/cy5-Markierung der Proben vertauscht, um Varianzen infolge unterschiedlicher Bindungsaffinität der Fluoreszenzmarker zu berücksichtigen. Die Intensitäten der Hybridisierungssignale wurden mit Hilfe eines Scanners bestimmt, validiert und normalisiert. Die Basis der Varianzanalyse war der Logarithmus der normalisierten Intensitätsratios (log ratio), wobei ein parametrischer Test unter Annahme ungleicher Varianzen durchgeführt wurde (1-Weg-Analyse, Welch ANOVA). In der hierarchischen Clusteranalyse wurde die Ähnlichkeit der Expressionsratios (Hygienisch/Nicht-hygienisch) mit der Ähnlichkeit der biologischen Proben kombiniert (2-Weg-Clusteranalyse). Analysen zur Vorhersage des Verhaltensmusters wurden auf Basis der Expressionsratios mit einer unterschiedlichen Anzahl an Vorhersagegenen und unterschiedlichen Subsets von Genen durchgeführt (K-Nearest Neighbors, Genauswahlmethode Fishers Exact Test).


Ergebnisse und Diskussion

Die Bienenkolonien, die Väter mit hohem Resistenzpotential haben brachten signifikant mehr hygienische Bienen hervor als Bienenkolonien, die Väter mit niedrigem Resistenzpotential haben. Der Phänotyp der Vaterherkunft hat einen direkten Einfluß auf die Nachkommenschaft und unterstreicht die direkte Vererbbarkeit des Hygieneverhaltens. Das Verhalten tritt jedoch nur in wenigen Individuen auf.
Die Zusammensetzung einer Bienenkolonie aus hygienischen und nicht-hygienischen Herkünften hat Einfluß auf die Ausprägung des individuellen Hygieneverhaltens. Die Zahl hygienischer Bienen aus nicht-hygienischen Herkünften erhöhte sich, wenn ein kleiner Anteil hygienischer Bienen vorhanden war. Umgekehrt erhöhte sich die Anzahl der hygienischen Bienen aus hygienischen Herkünften nicht, wenn ein Großteil der Bienen aus nicht-hygienischen Herkünften entstammt. Es ist also von Bedeutung, in welcher sozialen Umgebung das Zuchtmerkmal Hygienepotential bestimmt wird. Für den Einsatz von diagnostischen genetischen Markern bedeutet dies, dass nur Kolonien mit hohem Verwandtschaftsgrad verwendet werden können, da nur in diesen Kolonien der Genotyp-Beitrag des Individuums unabhängig von der Gruppe gemessen werden kann, da die Individuen der Gruppe genotypisch sehr ähnlich sind. Bei der natürlichen Paarung wird die Königin von ca. 20 unverwandten Drohnen begattet, was Kolonien entstehen lässt, die genotypisch sehr divers sind.
Wir konnten mit Hilfe von 58 Arrays 1777 Gene identifizieren die auf einem Signifikanzniveau von P < 0,05 unterschiedlich zwischen hygienischen und nicht-hygienischen Bienen exprimiert waren. Diese hygienespezifischen Expressionsmuster sind unabhängig von Herkunft und Zeitpunkt. Selbst auf einem Signifikanzniveau von P < 10-10 sind noch 42 Gene nachweisbar die besonders eindeutig mit dem Verhalten assoziiert sind. Unsere kreuzvalidierten Klassenvorhersagen zeigen, dass die Verhaltenskategorien bereits durch wenige Gene vorhergesagt werden können. Wir haben die Analyse mit 1777 Genen (P < 0,05) und mit 42 Genen (P < 10-10) durchgeführt und konnten zeigen, dass 5 bis 10 Gene ausreichend sind, um hygienisches und nicht-hygienisches Verhalten sicher vorherzusagen. Aus der hochsignifikanten Gruppe der 42 Gene sind 5 Gene ausreichend, um das Verhalten zu 100 Prozent richtig vorherzusagen. Diese Befunde zeigen, dass zur Diagnose des Hygieneverhaltens die Analyse weniger vorhersagekräftiger Gene ausreichend ist, was eine wichtige Grundlage für die Entwicklung eines diagnostischen Markersystems ist. Die Mehrzahl der verhaltenskorrelierten Gene sind in hygienischen Bienen tendenziell hochreguliert, während 40% der Gene im Vergleich zu nicht-hygienischen Bienen niedriger exprimiert sind. Die meisten Gene (16-20%) fallen in die Gruppe der Stoffwechsel-Gene. Die zweithäufigsten Kategorien bilden Gene des Transport- und Lokalisationsprozesses in der Zelle und Regulatorgene (Genexpression und Signaltransduktion). Dies zeigt, dass physiologsiche Prozesse eine unerwartet wichtige Rolle in der Ausprägung des Verhaltens spielen, wobei Signaltransduktionskaskaden eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Unterrepräsentiert sind Gene, die mit neuronaler bzw. sensorischer Regulation assoziiert sind (1-7%). Zwei Gene, GB18956 und GB19916, haben ein besonders gutes Vorhersagepotential, sind hochsignifikant (P < 10-10) verhaltenskorreliert und haben sehr vielfältige biologische Funktionen, worunter so erfolgversprechende Kategorien fallen wie sensorische Rezeption und Verhaltensinteraktion.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse und das Konzept wurden bei den Tagungen der Deutschen Bieneninstitute 2005, 2006 und 2007 präsentiert. Die nun vollständig analysierten Daten werden im nächsten Jahr auf der Tagung der Bieneninstitute und weiteren Fachkonferenzen vorgestellt. Die Ergebnisse sollen in peer reviewed Zeitschriften publiziert werden. Berichte in den Imkerzeitschriften sollen folgen. Bewährt sich unser Markersystem in der imkerlichen Praxis, so werden wir unser System in einer Pressekonferenz vorstellen.


Fazit

Aus den von uns erzielten Ergebnissen lassen sich einige wichtige Erkenntnisse für die Züchtung auf hygienische Bienen und damit auf eine varroatolerante Biene ableiten: (1) Eine geringe Anzahl von Genen (im Prinzip zehn bis fünf Gene) sind ausreichend um das Verhalten vorherzusagen; (2) hygienisches Verhalten hat möglicherweise eine generelle physiologische Ursache, wie aus dem großen Anteil identifizierter metabolischer Gene sichtbar wird; (3) die Zusammensetzung der Kolonie aus hygienischen und nicht-hygienischen Herkünften hat einen großen Einfluss auf die Ausprägung des individuellen hygienischen Verhaltens. Die Züchtung muss die diverse genotypische Zusammensetzung des Bienenvolkes bei einer Zuchtwertschätzung für Varroatoleranz mehr berücksichtigen. Die Anwendung eines Markersystems erscheint besonders dann lohnend, wenn der Verwandtschaftsgrad in der Kolonie groß ist. Dies würde die Genotypinteraktion Individuum/Gruppe minimieren und das Expressionsprofil einem bestimmten Genotyp zuweisen helfen. Wir sind davon überzeugt, dass mit einem solchen Ansatz die künftige Zuchtwertschätzung in der imkerlichen Praxis erheblich vereinfacht wird.

Übersicht

Fördersumme

438.820,00 €

Förderzeitraum

01.10.2004 - 31.03.2007

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz