Projekt 21529/01

Ökologische Sanierung Haus Lange Gasse 7, Quedlinburg

Projektträger

Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg e. V.
Blasiistr. 11
06484 Quedlinburg
Telefon: 03946 810 520

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Pilotprojektes ist es, Alternativen zu bisher gebräuchlichen Methoden der Fachwerksanierung anzubieten, aber auch solche Bausysteme auszuführen, zu denen bereits gute praktische Erfahrungen vorliegen, deren breite Anwendung in der Baupraxis jedoch noch bevorsteht und diese unter messtechnischer Begleitung zu optimieren. Den Abschluss der Untersuchung bildet eine differenzierte Darstellung der Messergebnisse, der Baukosten und der Verbrauchsdaten mit einer zusammenführenden Bewertung unter Hinzunahme subjektiver Kriterien der Bewohner. Damit sollen künftige Bauherren, Baufachleute sowie Planer in die Lage versetzt werden, entsprechend des jeweiligen Kostenrahmens oder der spezifischen Nutzerwünsche, wie etwa nach alternativen Baumaterialien oder nach innovativen Heizkonzepten, eine angemessene Systemlösung für ihre Bedürfnisse zu wählen. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Planung, Umsetzung und weiterführenden messtechnischen Begleitung des Projektes sollen bei zu-künftigen Sanierungsmaßnahmen zur Anwendung gelangen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Sanierung der Langen Gasse 7 erfolgte in Zusammenarbeit verschiedener Partner (siehe oben). Des Weiteren waren Spezialisten für die schalltechnische, bauphysikalische und bauklimatische Beratung in das Projekt eingebunden. Im Gebäude können 5 Mietwohnungen angeboten werden, die in Ihren Nutzungsanforderungen geschossweise vergleichbar sein sollten. Aufgrund der großen Raumhöhe im Erd-geschoss wurde hier eine Singlewohnung mit Schlafgalerie und ein Gewerberaum geplant. In den beiden Obergeschossen wurden jeweils eine Zwei- und eine Drei-Raumwohnung angeordnet. Jede Wohnung orientiert sich nach Norden und Süden und ermöglicht somit vergleichbare Messergebnisse. Die Sanierung des Tragwerkes erfolgte im Bestand, mit dem Ziel des Erhaltes der Denkmaleigenschaften des Gebäudes. Parallel zur Entwurfsplanung erfolgte seitens des DFWZ QLB die Erarbeitung eines Konzeptes der einzusetzenden ökologischen Innendämmsysteme (Holzleichtlehmsteinen, Haacke-Cellco-Wärmedämmlehm K1, Kalziumsilikatplatten, Unger-Diffutherm-Holzweichfaserplatten) in Verbindung mit den unterschiedlichen Heizsystemen (Fußbodenheizung, raumhohe Wandheizung, Plattenheizkörper) sowie die Auswahl der Messbereiche und -methoden im Rahmen der Erarbeitung des bauphysikalischen Konzeptes. Nach einer Gesamtlaufzeit der Baumaßnahme von ca. 20 Monaten konnte das Objekt im Dezember 2004 an den Bauherren übergeben werden. Der Einzug der Mieter erfolgte bis März 2005. Ab dem zweiten Jahr der Bewilligung erfolgte vorrangig die wissenschaftliche Begleitung und Bearbeitung des Projektes, die Auswertung der Ergebnisse sowie die Dokumentation und Veröffentlichung des Pilotprojektes. Zur Darstellung des Projektverlaufes und der wissenschaftlicher Ergebnisse wurden 12 Plakate und ein Anschauungsmodell mit den unterschiedlichen Wandaufbauten erarbeitet und zu Präsentati-ons- und Beratungszwecken im DFWZ QLB ausgestellt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

· Großes öffentliches Richtfest unter Beteiligung der Projektpartner, Förderer, etc.
· Präsentationstermine und Zwischenauswertungen zum Pilotvorhaben
· regelmäßige Führungen und Beratungen, z. B. der Expertengruppe beim Denkmalsschutzkongress, des Bauministers LSA, zu Denkmaltagen, fortlaufend von Bauherren, Studenten und Fachplanern
· Vorstellung des Projektes auf der Denkmalmesse in Leipzig und beim Kolloquium Zukunftsmarkt energiesparender Denkmalschutz? an der TU Dresden
· vier Fachseminare mit Präsentation des Gesamtprojektes und Auswertung der Ergebnisse
· Bewerbung um den Deutschen Bauherrenpreis 2005/06
Veröffentlichungen:
· Projektberichte in den Jahresabschlussberichten 2004 bis 2006 des DFWZ QLB e.V.
· Projektvorstellung/Zwischenbericht im Geschäftsbericht 2004 der BauBeCon Sanierungsträger GmbH
· Textbeitrag in der Begleitbroschüre zum Kolloquium Zukunftsmarkt energiesparender Denkmalschutz? der TU Dresden/DBU/DSD
· Erarbeitung und Verteilung von Informationsflyern, Pressemitteilungen


Fazit

Die Untersuchungen zeigen teils erwartete, teils überraschende Ergebnisse. Erwartungsgemäß unterscheiden sich die eingesetzten Systeme zur Innendämmung und Heizung in ihren bauphysikalischen und heizenergetischen Auswirkungen. Deutliche Unterschiede zeigen sich im Trocknungsverhalten. Der hohe Stellenwert einer angepassten Baufolge mit ausreichender Lüftung der Räume und Trocknungszeiten vor Aufbringen des Wandputzes wird hier deutlich. Überraschend ist dagegen die messtechnisch begründete Erfahrung, dass die eingesetzten Dämmschalen aus den mineralischen Baustoffen Holzleichtlehm, Haacke-Cellco-Wärmedämmlehm gegenüber den in der Sanierung üblicherweise eingesetzten Dämmplatten durchaus Vorteile in der praktischen Bewährung besitzen. Die in der Heizperiode zu beobachtenden lokalen Auffeuchtungen im Bereich der Schwellen bei leichten Deckenaufbauten und Wandaufbauten mit Innen-Dämmplatten erfordern weitere Beobachtung zur Verbesserung der Detailplanung. Eine Sonderstellung unter den Heizsystemen nimmt die vollflächige Wandheizung auf Holzweichfaserplatten ein. Das Trocknungsverhalten wird durch die Temperaturerhöhung an der Wandoberfläche mit gleichzeitiger Erhöhung des Feuchtegradienten zwischen Wandoberfläche und Wandkern verbessert. Die Befürchtungen hinsichtlich eines zu hohen Heizenergieverbrauches haben sich nicht bestätigt, er ist eher als unterdurchschnittlich anzusehen. Zwischen der Fußbodenheizung und der Heizkörperheizung in den anderen Wohnungen sind keine signifikanten Unterschiede zu erkennen. Die für den Planungszustand (Innendämmung und ISO- bzw. Kastenfenster) errechnete spezifische Norm-Gebäudeheizlast von jährlich etwa 21709 W erreicht fast den Standard eines Niedrigenergiehauses und liegt gegenüber dem Ausgangszustand um mehr als die Hälfte niedriger. Umgerechnet auf den Heizenergieverbrauch bedeutet das, dass mit den eingesetzten Dämm-Maßnahmen und Verbesserungen an der Fenstersituation ca. 61% an Energiekosten eingespart werden können. Tendenziell ist von 2004/05 zu 2005/06 eine Verringerung des Heizwärmeverbrauchs in allen Wohnungen feststellbar. Dazu wird auch die Abtrocknung der Baufeuchte einen Beitrag leisten.
Bei den mit dem Blower Door Verfahren durchgeführten Prüfungen der Luftdichtheit der einzelnen Woh-nungen und des Gesamtgebäudes wurde für das Gesamtgebäude wurde ein Luftwechsel unter Prüfbedingungen von 3,8 je Stunde erreicht. Damit wird der für das sanierte Fachwerkhaus benannte Zielwert von maximal n50= 4 h-1 erreicht. Die geringeren Luftwechselraten in den Wohnungen 2 und 3 könnten auf die dort verwendeten massiven Vorsatzschalen zurückzuführen sein.
Im Ergebnis der Schalltechnischen Beratung zeigen Deckenfüllungen, Fußbodenaufbauten und Unterdeckenausbildung differenzierter Bauart, welche Lösungen schalltechnischen und brandschutztechnischen Forderungen gerecht werden und dennoch vertretbare Kosten und Aufwendungen erzielen. Die Abnahmemessungen für den Schallschutz ergaben, dass die Anforderungen an den erhöhten Schallschutz so-wohl beim Luftschall und als auch beim Trittschall erreicht wurden.
Ökologisches und energiesparendes Sanieren ist unter üblichen Baubedingungen sowie in der geforderten Flexibilität und Gebrauchssicherheit für Mietwohnungen möglich. Für die Mieter der Wohnungen geben die eingesetzten Dämm- und Heizsysteme keinen Anlass für Beanstandungen oder funktionale Einschränkungen. Der Stand des Vorhabens zum Ende der Projektlaufzeit lässt bereits wichtige fachliche Aussagen zu, die erhebliches Interesse bei Bauherren und Fachplanern finden. Die Qualität der Aussagen und die Feinheit der Differenzierung wachsen mit der Zeitdauer der Begleitung. Entscheidend ist das Langzeitverhalten! Eine Beobachtung und Bewertung des Bauvorhabens über mindestens 2 weitere Heizperioden wäre sinnvoll. Eine derart komplette Analyse wäre ein Novum in der Sanierung von Fachwerkgebäuden und hätte einen erheblichen wissenschaftlich-baupraktischen und didaktischen Effekt.

Übersicht

Fördersumme

105.992,00 €

Förderzeitraum

12.12.2003 - 31.10.2006

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik