Projekt 21331/01

Verfahren zur Herstellung von Kunststoff-Formteilen aus oberflächlich angeschmolzenem Kunststoffgranulat – Bau einer mobilen Versuchs- und Demonstrationsanlage

Projektträger

Dr. Ing. Werner NeuVerfahrenstechnik GmbH
Eichenwinkel 1
89281 Altenstadt
Telefon: 08337/75304

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Herstellung von Gegenständen aus thermoplastischen Kunststoffen erfolgt heute durch vollständiges Aufschmelzen des eingesetzten Kunststoffgranulates. Die erforderliche Energiemenge und die Abkühlzeit steigen mit zunehmender Wandstärke eines Werkstückes exponentiell an. Das Ziel des neuen Verfahrens ist es, den Energiebedarf und die Ausformzeit erheblich zu verringern, indem nur noch die Oberflächen der Granülen im Haufwerk angeschmolzen werden. Auf diese Weise ist eine Wärmeabfuhr aus der Schmelzmasse nach außen nicht mehr notwendig und die Prozesszeit reduziert sich auf eine kurze Zeitspanne zur Erzielung eines inneren Temperaturausgleichs in der Formmasse.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEin grundlegender Arbeitsschritt zur Erreichung des Projektzieles ist die mathematische und thermodynamische Berechnung der instationären Wärmeleitung in einem kugelförmigen Granulatkorn bzw. in einem Granulathaufwerk. Danach ist es möglich, unter kurzfristiger Einwirkung eines Heizmediums die Granulatoberflächen anzuschmelzen, ohne dass der Granulatkern wesentlich aufgeheizt wird. Die Umsetzung dieses Anschmelzverfahrens soll in einem kontinuierlich arbeitenden Reaktor erfolgen, in dem das Granulat in einer definierten Schichthöhe zwischen zwei Siebbändern geführt und vom Heizmedium durchspült wird. Die Entwicklung des Reaktors setzt Projektierungs-, Berechnungs- und Konstruktionsarbeiten voraus. Nach Fertigstellung des Reaktors einschließlich der notwendigen Peripherie sowie der erforderlichen Rohrleitungen für die Heizmediumführung erfolgt die Versuchsarbeit. Als wichtigste Parameter für die Auslegung der Anschmelzvorrichtung werden die Heizmediumtemperatur, die Verweilzeit des Haufwerkes im Reaktor und die Schichthöhe des Granulates angesehen. Das Versuchsprogramm soll den gegenseitigen Einfluss der Parameter offen legen und Grundlagen für die industrielle Anwendung des Verfahrens erarbeiten. Gleichzeitig sind die erzeugten Plastikteile in ihrem physikalisch/mechanischen Verhalten (Zug-Dehnung, Kerbschlag etc.) zu untersuchen. Es wurde erwartet, dass der Energiebedarf gegenüber dem bisherigen Stand der Fertigungstechnik zur Herstellung dickwandiger Kunststoffteile (Wanddicke größer als 30 mm) um den Faktor 10 - 14 reduziert werden kann. Die Fertigungszeit vermindert sich nach vorsichtiger Abschätzung um den Faktor 3 - 6 je nach Materialdicke. Die Versuchsarbeiten werden in einem kooperierenden Fertigungsbetrieb durchgeführt, in dem alle technischen Voraussetzungen für den Versuchsbetrieb vorhanden sind.


Ergebnisse und Diskussion

Die vorliegenden Versuchsergebnisse und Materialuntersuchungen an den Probekörpern aus Polypropylen, die nach dem Anschmelzverfahren hergestellt worden sind, zeigen, dass die Methode der partiellen Anschmelzung des Granulathaufwerkes beherrschbar ist und dass die mechanischen, optischen und physikalischen Stoffeigenschaften den in den Prüfnormen festgelegten Anforderungen und vom Hersteller angegebenen Richtlinien entsprechen, größtenteils aber diese übertreffen.
Dieses ist darauf zurückzuführen, dass die thermische Belastung auf das Polymer bei dem neuen Verfahren zwar vergleichsweise hoch ist, jedoch nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch nimmt, die z. B. beim Extrusionsverfahren erforderlich ist. Bekanntlich resultiert eine thermische Schädigung eines Kunststoffes aus dem Produkt Heizmediumtemperatur und Einwirkungszeit. Die praxisnahen Anschmelzversuche ergaben, dass bei der Zuführung der Wärmeenergie ein vorgegebenes Temperatur-Zeit-Fenster einzuhalten ist. Eine weitergehende Untersuchung zeigt, dass bei einem zu hohen Temperaturgradienten in der Polymerkugel während der instationären Aufheizphase in der Grenzfläche zwischen aufgeschmolzener Kugelschale und kaltem Kern eine starke Kristallitbildung zu beobachten ist, die zu einer Materialversprödung führen kann.
Es sind im Laufe der Versuchsarbeiten insgesamt vier gängige Polypropylentypen verschiedener Hersteller untersucht worden. Die zugehörigen Temperatur-Zeit-Fenster differieren nur in engen Grenzen voneinander. Der potentielle Anwender kann daher nach Vorlage der Versuchsergebnisse ohne größeren Versuchsaufwand das Verfahren im Produktionsbetrieb zum Einsatz bringen.
Die positiven Auswirkungen des Anschmelzverfahrens in den wirtschaftlichen, technischen und umweltentlastenden Aspekten lassen sich konkret an einem Beispiel im Produktionsprozess des Kooperationspartners nachweisen: Demnach wird für die Herstellung einer Kammerfilterplatte (60 kg Eigengewicht) aus Polypropylen eine Aufschmelzzeit im Extruder von 1080 Sekunden benötigt, das Anschmelzverfahren verarbeitet diese Polymermasse in nur 40 Sekunden. Der Energiebedarf für die Formtemperierung nach dem alten Verfahren berechnet sich zu 165.960 kJ, das neue Verfahren benötigt 24.890 kJ. In beiden Verfahren wird dasselbe Formwerkzeug mit einer Eigenmasse von 1.800 kg eingesetzt. Beim Aufschmelzverfahren muss aber bei jedem Presszyklus das Werkzeug von 20°C auf 220°C erhitzt werden, hingegen ist heute beim Anschmelzverfahren nur eine Temperaturspanne von 100°C bei der Entformung und 130°C bei der Befüllung erforderlich, also = 30 Grad. Berücksichtigt man das Energiebedarfsverhältnis für das Auf- bzw. Anschmelzen der Polymermasse mit 43.200 kJ zu 15.840 kJ, so ergibt sich ein Gesamtenergieeinsparfaktor von fünf und ein Zeiteinsparfaktor von sechs.
Die Reduzierung des Energiebedarfs um den Faktor 5 entspricht allerdings nicht dem erwarteten Faktor von 10 bis 14. Die Ursache hierfür ist allein der gegenüber der berechneten Wärmemenge um 15 % erhöhte Wärmebedarf im Anlagensystem. Eine Temperierung der Metallform, wie oben erwähnt, zwischen 100°C und 130°C verbessert zudem die optimale Formfüllung und die Oberflächenstruktur des Werkstückes. Weitere Versuche sollen zeigen, ob die Temperaturdifferenz weiter gesenkt werden kann und da-mit der Wärmebedarf beim neuen Verfahren nochmals zu reduzieren ist.
Unter der Annahme, dass ein Fertigungsbetrieb eine Jahresmenge von 5000 t Polymer verarbeitet, ergibt sich aus den Versuchsergebnissen für das neue Verfahren eine Energieeinsparung, die dem Jahresbedarf von 1000 Haushalten entspricht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Eine erste Vorstellung des Verfahrens erfolgte auf dem 19.Stuttgarter Kunststoff-Kolloquium 2005. Zur Absicherung der schutzfähigen Vorhabensergebnisse sind eine deutsche und eine europäische Patentanmeldung eingereicht worden.


Fazit

Die Versuchsergebnisse zeigen, dass die Materialeigenschaften von nach dem neuen Verfahren hergestellten Probekörpern mindestens den Prüfwerten entsprechen, die vom Hersteller vorgegeben werden. Der Einsatz von elektrischer Energie für den Lufterhitzer ist zu überprüfen. Betriebe mit Dampferzeugern werden einen Teil des erforderlichen Energiebedarfs für das Heizmedium durch Luft-Dampf-Wärmetauscher beistellen. Der in die Versuche eingebundene Fertigungsbetrieb hat zwischenzeitlich beschlossen, eine erste Produktionsanlage von ca. 5000 kg/h einzuführen. Damit ist ein erster Schritt in die praktische Anwendung dieser neuen Technik vollzogen.

Übersicht

Fördersumme

93.000,00 €

Förderzeitraum

26.02.2003 - 26.02.2005

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik