Projekt 21193/01

Verringerung des Fungizidaufwandes durch Pflanzgutbeizung gegen Phytophthora infestans im Kartoffelanbau

Projektträger

Technische Universität MünchenLehrstuhl für Phytopathologie
Am Hochanger 2
85354 Freising
Telefon: 08161/71-3681

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Besonders in Jahren mit nasser Frühjahrswitterung wird früher auftretender und stärkerer Stängelbefall (Primärbefall) durch Phytophthora infestans, dem Erreger der Kraut- und Knollenfäule, in den Kartoffel-feldern beobachtet. An der TU München konnte im Rahmen einer Dissertation durch eine Beizung von künstlich inokuliertem Pflanzgut mit verschiedenen Oomycetenfungiziden eine Absicherung des Spritzstartzeitraumes, die Reduktion des Primärbefalls sowie eine Verringerung der Epidemiegeschwindigkeit nachgewiesen werden.
Die Einführung der Pflanzgutbeizung gegen diesen Schaderreger in die landwirtschaftliche Praxis ist Hauptziel dieses Projektes. Die Landwirte wären nach einer Beizung der Pflanzknollen in der Lage, ihre prophylaktischen Spritzungen gegen die Krautfäule zu verringern (Reduktion der Gesamtmenge an ausgebrachten Fungiziden). Infolge des Versicherungseffektes könnten Sie Ihre Bekämpfungsstrategie näher an den Prognosemodellen ausrichten. Zudem ist durch die punktgenaue Applikation der Fungizide die Gefahr eines Eintrages von Pflanzenschutzmitteln durch Abdrift oder Verdunstung in terrestrische Nichtzielflächen und Oberflächengewässer deutlich reduziert.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenPrüfung der großtechnischen Applikationsgeräte ULV-Sprühgerät und Legemaschine mit Beizzubehör in Freilandversuchen mit künstlich infizierten Pflanzknollen. Einzelpflanzenbonituren für Auflauf und Epidemie (Stängel- und Blattbefall) sowie Bestimmung der Erntemengen.
Blattprobentest im Zeitfenster 10 bis 20 Tage nach Auflauf zur Überprüfung der Nachlieferung von Wirkstoff aus dem Knollenbereich in den Blattapparat: Dabei werden nach einer künstlichen Infektion mit Sporangiensuspension die entnommenen Blattproben auf Befallstärke hin geprüft. Der Versuch wird im Phytotron unter kontrollierten Licht- und Temperaturbedingungen durchgeführt.
Gewächshausversuch zur Überprüfung der maximalen Aufwandmenge: In einem Dosissteigerungs-Versuch mit dem ULV-Sprühgerät wird getestet, ob Obergrenzen für die applizierbaren Fungizidmengen pro Knolle existieren. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Feststellung von Auflaufverringerungen ab einer gewissen Konzentration Wirkstoff pro Knolle.


Ergebnisse und Diskussion

In zweijährigen Freilandversuchen konnte durch eine künstliche Infektion der Pflanzknollen die Anzahl primärbefallener Pflanzen erhöht werden. Die Knollenbehandlung führte bei keiner der beiden Applikationstechniken zu einer Verzögerung des Auflaufes. Des weiteren war durch die Pflanzgutbeizung eine Erhöhung der Anzahl aufgelaufener Kartoffelstauden möglich, welche zuvor mit dem Erreger Phytophthora infestans künstlich infiziert worden waren. Durch die Beizung des Pflanzgutes konnte neben der Ver-zögerung des Ausbruches der Krautfäule zwischen 18 und 21 Tagen auch die Epidemiegeschwindigkeit vermindert werden. Die technisch bedingte höhere Wirkstoffkonzentration beim ULV-Verfahren konnte sich vor allem im zweiten Versuchsjahr durch einen niedrigeren Stängel- und Blattbefall sowie einem höheren Ertragsniveau mitteilen. Im Rahmen der Detached-leaf-Tests konnten eine Nachlieferung von Wirkstoffen aus dem Beizhof der Pflanzknolle in den Blattapparat nachgewiesen werden. Bis zu 46 Tage nach dem Legetermin waren noch statistisch absicherbare Unterschiede zwischen Varianten mit systemischen Wirkstoffen und der unbehandelten Kontrolle zu ermitteln. Im Vergleich zur unbehandelten Kon-trolle war eine Steigerung des Ertrages bei den behandelten Varianten möglich. Im Rahmen eines Gewächshausversuches ergaben sich klare Obergrenzen für die Konzentration der geprüften Wirkstoffe hinsichtlich der Parameter Triebanzahl und Triebhöhe. Die Nachstellung einer Slow-release-Formulierung durch die Beimischung eines Emulsionspolymers brachte eine Erhöhung der Triebanzahl je Topf bei allen Konzentrationen der Wirkstoffkombination Fluazinam und Metalaxyl-M mit sich.
Die Bewertung der Fungizide hinsichtlich ihrer Wirkung beim Einsatz als Knollenbeize lässt sich einteilen in ein schwächer wirkendes Kontaktfungizid und besser arbeitende systemische Präparate. Die Zugabe des Emulsionspolymers zur Streckung des Zeitraumes der Wirkstoffabgabe zeigte, dass bei der Formulierung der Beize durch die chemische Pflanzenschutzmittelindustrie noch Potential zur Optimierung vor-handen ist.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Während der Projektlaufzeit bestand die Gelegenheit, Auszüge der Arbeiten während der Deutschen Pflanzenschutztagung in Hamburg und den Kartoffelbautagungen der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft bei der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig vorzustellen. Des weiteren konnte in der Fachzeitschrift Kartoffelbau ein Artikel zu diesem Themenkomplex platziert werden.


Fazit

Eine Verringerung des Fungizidaufwandes durch eine Pflanzgutbeizung gegen Phytophthora infestans ist infolge der Absicherung des entscheidenden Spritzstartes im Rahmen von Prognosemodellen und der damit verbundenen Einsparung prophylaktischer Spritzungen durchaus möglich. Bei einem Vergleich der geprüften Applikationstechniken ermöglichte die ULV-Technik (AT I) eine insgesamt geringere Intensität der Primärbefallsentwicklung. Zudem war durch diese Technik eine punktgenaue Applikation der Fungi-zide möglich. Stark verbesserungsbedürftig ist jedoch die Verringerung der Kontamination von Gerätschaften und Personal durch die Wirkstoffe. Hier ist eine Absauganlage mit Luftfilter denkbar. Die Beiz-behandlung während des Legevorgangs konnte zwar hinsichtlich der Verzögerung des Erstbefalles an AT I nicht heranreichen, jedoch war ihr Einsatz anwenderfreundlicher. Verbleibende Restmengen an Fungizid konnten problemlos aufgefangen werden. Ein großer Vorteil dieser Applikationstechnik ist zudem die mögliche Kombination der Bekämpfung des Krautfäuleerregers mit der schon praxisgängigen Rhizoctonia-Behandlung. Hierbei müsste lediglich noch die Verträglichkeit von Wirkstoffkombinationen gegen beide Schaderreger geprüft werden.
Schlussendlich liegt es derzeit bei den Inhabern der Wirkstoffe, eine Zulassung zur Beizanwendung gegen Phytophthora infestans im Kartoffelbau zu betreiben, da die Indikationsvorschriften eine Anwendung von Spritzmitteln zur Blattapplikation für eine Beizbehandlung derzeit nicht zulassen.

Übersicht

Fördersumme

99.500,00 €

Förderzeitraum

30.05.2003 - 30.05.2005

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz