Projekt 21020/01

Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung von Kunststofftuben mit reduziertem Materialeinsatz

Projektträger

Hans Kühn Kunststoffwerk Kunststoffbe- und Verarbeitung
Langgewann 4
76467 Bietigheim

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Tuben sind ein weltweit verbreitetes Verpackungsmittel für pastöse Verbrauchsstoffe. Ihr Verbrauch nimmt stetig zu. Er betrug in Europa im Jahr 2005 ~ 7 500 Mio. Stück/a. Als Werkstoffe werden neben Aluminium und Verbundwerkstoffen zunehmend Kunststoffe verwendet. Ihr Anteil liegt inzwischen bei 34%, Tendenz steigend, entsprechend einem jährlichen Materialverbrauch von mindestens 76 000 Tonnen in Europa bzw. >24 000 Tonnen in Deutschland. Die Tubenkörper bestehen aus Polyethylen (PE), der Verschluss überwiegend aus Polypropylen (PP). Die Wandstärken der Kunststofftuben betragen ~540 µm. Die Herstellung von Kunststofftuben soll verbessert werden, um folgende ökologischen Ziele zu erreichen:
Materialersparnis beim Tubenkörper ~50%, Energieersparnis bei der Herstellung ~ 80 %, Senkung des Transportvolumens leerer Tuben: > 75%, Sortenreinheit der verwendeten Werkstoffe, Vermeiden lackierter Tuben, gute Restentleerbarkeit.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm dieses Ziel zu erreichen, soll ein Fertigungsverfahren entwickelt werden, dessen grundlegende Idee durch das Europäische Patent Nr. EP 0 907 493, erteilt am 06.03.2002, geschützt werden konnte. Dazu sind folgende Innovationen erforderlich:
1. Es sind Werkzeuge für das Mehrfachspritzen von Preforms zu entwickeln und geeignete PP - Modifikationen zu erproben;
2. Tube und Verschluss werden einheitlich aus Polypropylen (PP) hergestellt. Dazu ist die Streck-Blastechnik für gespritzte Preforms aus PP zu entwickeln.
3. Die Materialstärke der Tuben wird von jetzt 540 µm auf maximal 240 µm reduziert. Die Tuben werden dadurch wesentlich weicher, können besser restentleert werden und sind sehr angenehm anzufassen (soft touch);
4. Die Tubenschulter für den Tubenverschluss (Gewinde oder Hinterschneidung zum Aufprellen) wird nicht mehr gesondert hergestellt und eingepresst, sondern in die Preform integriert;
5. Es wird eine weitgehend automatisch arbeitenden Fertigungslinie entwickelt,
6. Die Produktionskosten für die Tubenproduktion werden merklich gesenkt, bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung.


Ergebnisse und Diskussion

Als Ergebnis der Entwicklungsarbeiten steht jetzt das komplette Produktionsverfahren zur Fertigung der neuartigen Tuben zur Verfügung. Die Materialstärke konnte von bisher 540 µm auf 240 µm, also um 55% gesenkt werden. Es wurden Spritzwerkzeuge für Preformen aus PP erprobt und angepasst. Ferner wurde die Technik des Streckblasens erprobt, wobei vor allem die optimale Erwärmung durch spezielle Infrarotstrahler eingeführt (NIR®-Technik) wurde. Nach dem Streckblasen wird der Boden der Tube aufgeschnitten, wofür sich ein mechanisches Verfahren mit speziellen Messern als optimal erwies. In diesem Zustand werden die Tuben zu den Befüllbetrieben transportiert, wobei etwa 80% an Transportkapazität eingespart werden kann, da sie ineinander geschachtelt werden können. Nach der Füllung wird das Tubenende verschweißt. Auch für diesen Arbeitsgang wurden verschiedene Methoden, u. a. mittels Lasertechnik erprobt. Dabei erwies sich das Heißversiegeln als bestes Verfahren.

Es konnte der Nachweis geführt werden, dass mit dem Verfahren auch sogenannte Designer-Tuben hergestellt werden können. Man versteht darunter Tuben, die anstelle der üblichen kreisrunden Querschnitte auch elliptische und ähnliche Querschnitte und zusätzlich noch Einschürungen und ähnliche Zierformen aufweisen können. Des weiteren wurde festgestellt, dass streckgeblasene PP-Tuben gegenüber den bisherigen PE-Tuben wesentlich höhere Barriereeigenschaften aufweisen. Die Tuben können je nach Kundenanforderung transluzent oder eingefärbt hergestellt werden, wobei der durchsichtigen Ausführung ein zusätzlicher Werbeeffekt durch Blick auf den Inhalt nachgesagt wird. Als Beschriftungsverfahren kommen Klebeetiketten, Heißprägen oder Siebdruck in Frage.

Bei Betrachtung der Vorhabensergebnisse kann festgestellt werden, dass hier der seltene Fall auftritt, dass die Bewertung in jeder Beziehung positiv ausfällt. Aus technischer Sicht sind die höhere Qualität und die kurze Produktionszeit der neuen Tuben zu nennen. Ökologisch ergeben sich Vorteile durch den geringeren Materialverbrauch, dies ist aber zugleich angesichts der stark steigenden Kunststoffpreise ein gewichtiger ökonomischer Vorteil. Weitere ökologische Vorteile sind die Senkung des Transportvolumens im vorhergesagten Umfang und die besseren Möglichkeiten zum Recycling, da die Tuben besser entleert werden und Tube und Verschluss aus dem gleichen Material bestehen. Die Herstellkosten der neuen Tuben liegen - soweit vergleichbare Formen betrachtet werden - etwa 30 bis 50% unter den heute verwendeten Kunststofftuben.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zur Verbreitung der Vorhabensergebnisse hatte es wenig Sinn, sich der öffentlichen Medien zu bedienen, da der Anwenderkreis begrenzt und bekannt ist. Er umfasst in Deutschland etwa 14 Firmen wie z. B. die Beiersdorf AG oder Procter & Gamble. Diese Unternehmen wurden teilweise mehrfach besucht, um die neuen Tuben und deren Vorzüge vorzustellen. Der Projektleiter, Herr Hans Kühn, bemühte sich unter großem, persönlichem Einsatz um die Verbreitung der Entwicklungsergebnisse. Die Tubenanwender waren insgesamt am vorgestellten Produkt sehr interessiert. Es musste jedoch erkannt werden, dass die Größe der Firma Hans Kühn Kunststoffwerk den Tubenanwendern aus Gründen der Liefersicherheit nicht genügte, um einen größeren Auftrag zu vergeben. Die Erteilung größerer Aufträge wurde von einem wie auch immer gearteten Zusammenschluss mit einem größeren Unternehmen abhängig gemacht, um die Lieferfähigkeit großer Stückzahlen bei Umstellung auf das neue Verfahren zu sichern.
Wir befinden uns zurzeit in aussichtsreichen Verhandlungen mit einem großen Unternehmen und rechnen damit, im Verlauf des Jahres 2006 mit der Fertigung von Großserien mit Stückzahlen von 10 bis 20 Mio. Stück pro Jahr starten zu können.


Fazit

Ziel des Vorhabens war es, die konventionelle Herstellung von Kunststofftuben zu verbessern. Die Verbesserung sollte nicht nur den technischen Ablauf betreffen oder die Produktion rationalisieren, sondern gleichzeitig einen erheblichen Beitrag zum sparsamen Umgang mit fossilen Energieträgern und den daraus hergestellten Kunststoffen leisten. Diese Ziele konnten mit Abschluss des FuE-Vorhabens erreicht werden. Durch die neue Verfahrenstechnik ist es möglich, die bisher für Tuben verwendete Materialstärke von 540 µm, die vor allem zum Einschweißen der Tubenschulter erforderlich war, auf 240 µm zu reduzieren. Dadurch sinkt der Materialverbrauch um etwa 55%. Mit dieser dünnen Wandstärke verbunden ist ein sehr angenehmeres Handgefühl beim Kunden (soft touch), denn die Tuben fühlen sich wesentlich weicher und anschmiegsamer an. Sie können deshalb auch besser entleert werden. Dies ist nicht nur für den Kunden von Vorteil, sondern auch für das spätere Recycling der leeren Tuben, deren Material sich auch deshalb wieder sehr einfach aufbereiten lässt, weil Tuben und Verschlüsse aus identischem Kunststoff gefertigt werden.

Übersicht

Fördersumme

149.693,00 €

Förderzeitraum

22.09.2003 - 30.09.2005

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik