Projekt 20767/01

Chemiepolitische Workshopreihe

Projektträger

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Postfach 25 03
26111 Oldenburg
Telefon: 0441/798-4181

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Eingebettet in Diskussionen über den grundsätzlichen Umgang mit Risiken und Gefahrenmanagement in modernen Industriegesellschaften sowie über den grundlegenden ökologischen Strukturwandel in wichti-gen Konsumfeldern, wie Textil, Bauen/Wohnen, Elektronik, Automobil, standen in der Legislaturperiode 2002 bis 2006 wichtige Weichenstellungen im Bereich der Chemiepolitik an. Hieraus erwuchsen Herausforderungen an die kritische öffentliche Begleitung des parlamentarischen Prozesses, nicht allein durch die einschlägig profilierten Umweltverbände; zugleich öffneten sich zum Beispiel auch ganz neue Ge-schäftschancen für innovative Unternehmen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit vier Workshops, je einem in den Jahren 2003 bis 2006 haben wir den Diskussionen über neue chemiepolitische Konzepte ein Forum geboten. Anhand theoretischer Studien und praktischer Umsetzungsbeispiele aus unterschiedlichen Unternehmen und Bedürfnisfeldern wurden Perspektiven für einen innovativen Umgang mit den Roh- und Abfallstoffen sowie den Erzeugnissen der chemischen Industrie aufgezeigt (Stichwort sanfte oder grüne Chemie).
Insgesamt vier Workshops konnten wir durchführen:
1) Vorsorgende Chemiepolitik
von Freitag, den 24. bis Sonntag den 26. Januar 2003
2) Vorsorgende Strategien in der chemischen Industrie:
Wie lassen sich die Innovationsanreize der EU-Richtlinie aufgreifen?
von Freitag, den 16. bis Sonntag den 18. Januar 2004
3) Vorsorgende Chemikalienpolitik in der erweiterten EU:
Wieviel Fortschritt bringt die REACh-Verordnung?
von Freitag, den 21. bis Sonntag den 23. Januar 2005
4) REACh - outreach? Herausforderungen für die
Chemikalienpolitik nach dem EU-Kompromiss
von Sonntag, den 12. bis Dienstag den 14. November 2006


Ergebnisse und Diskussion

Aufgrund starker Resonanz gerieten die Tagungen streckenweise eher zu Vortrags- und Dialog-Veranstaltungen als zu intensiven Workshops, mit überwiegend kurzen Impulsreferaten und viel Zeit für die Arbeit in kleineren Gruppen. Allerdings korrespondierte diese Aufwertung im Anspruchsniveau mit der fachlichen, der industriellorganisatorischen und der politischen Komplexität der Materie und wurde in Anbetracht des von der EU-Kommission aufgebauten akuten Handlungsdrucks für die politischen Akteure wurde jedoch von den Beteiligten ausdrücklich begrüßt. Enttäuschend war allerdings immer wieder die relativ geringe Präsenz von Vertretern der mittelständischen Unternehmen, deren besondere Nöte, Möglichkeiten und Interessen dessen ungeachtet in den Diskussionen immer wieder breiten Raum einnahmen.
Das erklärte Ziel der Auftaktveranstaltung hatten wir noch sehr im Allgemeinen gelassen: die Diskussion über neue chemiepolitische Konzepte stimulieren und ihr zugleich eine Plattform bieten, die allen involvierten Interessengruppen offen steht. Da wollten vor allem erkunden, welche Einzelthemen für den REACh Prozess als besonders konfliktträchtig anzusehen waren und auf welchen Feldern sich Lager übergreifende Interessen an der Formulierung von so etwas wie einer gemeinsamen nationalen Strategie im Rahmen der Europäischen Chemiepolitik abzeichneten.
Ein Schwerpunkt der nachfolgenden Workshops wurde auf die Möglichkeiten und wo möglich zu überwindenden Hemmnisse für eine offensive unternehmerische Umsetzung der politischen Zielvorgaben für die Chemieindustrie der Zukunft gelegt


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Insgesamt vier Workshops konnten wir dank der finanziellen Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) sowie die Bundeszentrale für Politische Bildung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Umweltchemikalien/Toxikologie im BUND e. V. durchführen.


Fazit

Als wohl größtes ungelöstes Problem, vor dem die Europäische Union als Gesetzgeberin unter dem Eindruck vieler dieser Stellungnahmen stand, galt die wirtschaftspolitische Absicherung ihres in der Anwendung des Vorsorgeprinzips sehr anspruchsvollen Konzeptes. Zwar standen in offizieller Schätzung den insgesamt zu erwartenden direkten und indirekten Kosten von ca. 15 bis 33 Mrd. Euro während der kommenden 30 Jahre vermiedene Krankheitskosten von ca. 18 bis 54 Mrd. Euro gegenüber. In aus der Sicht der Branche defensiver Perspektive lautete aber dennoch die dringlichste Frage: Wie lassen sich die durch aufwändige Prüfungen der neu zu registrierenden Altstoffe verursachten Kosten so minimieren, verteilen und/oder kompensieren, dass nicht im großen Stil Produktionsverlagerungen ins nicht europäische Ausland bzw. Verdrängung durch entsprechende Billigimporte resultieren. (Insbesondere China, In-dien, Russland und auch die USA wurden in diesem Zusammenhang erwähnt; und eine vom BDI beauf-tragte Studie sprach von insgesamt über 2 Millionen Arbeitsplätzen, die durch den Ansatz des EU-Weißbuchs gefährdet seien. Eine Zahl allerdings, die der Präsident des Umweltbundesamtes umgehend als weit übertrieben brandmarkte).
Ebenso weit gehen aber auch in der aus der Branchensicht offensiven Perspektive die Einschätzungen darüber auseinander, in welchem Maße sich mittel- und längerfristig neue Geschäftschancen für innovative Unternehmen eröffnen. Um diese Frage zu beantworten, bedurfte es - und bedarf es auch in Zukunft noch - konkreter, detaillierter Betrachtungen des Stoffstrom-Managements in zahlreichen Prozess- und Produktketten.
Im Großen und Ganzen bestand durchaus Einigkeit darüber, dass das REACh-Verfahren auch große Chancen für die Wirtschaft mit sich bringen kann, und dass dem entsprechend die Unternehmen und ihre Verbände gut beraten waren, im Hinblick auf dessen konkrete Ausgestaltung die konstruktive Zusammenarbeit mit der EU-Kommission zu suchen.
Eine Unzahl von Teufeln steckt in den Details der Implementierung des REACh-Verfahrens. Und dennoch liegt eine erfolgreiche Durchführung der EU Initiative offenkundig im Interesse des Gemeinwohls. Allerdings muss mit der Gefahr gravierender ungewollter industriepolitischer bzw. ökonomischer Nebenwirkungen so lange gerechnet werden, wie nicht ein eleganter Einstieg (A. Ahrens) in das System gefunden und dessen permanente Lernfähigkeit durch geeignete Kontrollschritte gewährleistet ist.
Aussichtsreiche Innovationsstrategien auf deren Beförderung REACh abzielt, bauen eher auf Qualitätsdifferenzierung als auf reine betriebswirtschaftliche Kostenminimierung. Hierbei werden die Gesundheits- und umweltbezogenen Eigenschaften von Chemikalien als besonders relevante Qualitätsmerkmale betrachtet und daran die Hoffnung geknüpft, vermittels der zukunftweisenden europäischen Standards in der Chemiebranche weltweit Marktführerschaft zu erlangen.

Übersicht

Fördersumme

20.820,00 €

Förderzeitraum

16.10.2002 - 30.11.2007

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik