Projekt 19311/01

Besucherkonzept Königsbrücker Heide

Projektträger

Universität Gesamthochschule PaderbornFB 1 - GeographieFremdenverkehrsgeographie
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Telefon: 0251/60-2364

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für den unter Naturschutz gestellten ehemaligen Truppenübungsplatz Königsbrücker Heide wurde ein zwischen den Konfliktparteien abgestimmtes Tourismuskonzept entwickelt. Mit Hilfe eines Moderationsprozesses wurden die vorhandenen Konflikte transparent dargestellt und alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Informationsstand gebracht. Dabei wurden die Ideen der Beteiligten miteingebracht und im Einvernehmen mit den Interessengruppen weiterentwickelt.
Mit der Durchführung des Projektes Königsbrücker Heide wurden zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollte gemeinsam mit den verschiedenen Anspruchsgruppen ein Besucherlenkungskonzept erarbeitet werden und zum anderen wurde der gesamte Prozess mit Methoden des Konfliktmanagements begleitet, um daraus allgemeingültige Erkenntnisse für ähnlich gelagerte Konversionsflächen abzuleiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer erste Arbeitsschwerpunkt beinhaltet die gemeinsame Erarbeitung des Besucherlenkungskonzepts unter Einbeziehung bereits vorhandener Planungen und Konzepte. Im zweiten Arbeitsschwerpunkt wurden die Konfliktsituationen und Konfliktfelder, die individuellen Ziele und Wünsche der Anspruchsgruppen während des Moderationsprozesses für das Besucherlenkungskonzept protokolliert und dokumentiert.
Im Einzelnen waren dies: Analyse und Beschreibung der Konfliktsituation und Konfliktfelder; Identifizierung der verschiedenen Konfliktparteien (Naturschutzvereine, touristische Leistungsträger u. a.); Entwicklungen von Konfliktlösungswegen (Ziele, Strategien, Maßnahmen); Bildung von speziellen Projekt- und Lenkungsgruppen; Moderation von Workshops; Wissenschaftliche Begleitung des Moderationsprozesses (durch die Universität Paderborn).
Konkret kamen dabei folgende Methoden zum Einsatz: Desk Research; Experteninterviews bzw. Einzelgespräche mit den Interessengruppen; moderierte Workshops; Gruppengespräche, persönliche Gespräche mit Leistungsträgern; Vor-Ort-Begehung sowie eine Exkursion in dem Nationalpark Hainich mit den beteiligten Akteuren.
Entsprechend der Zielsetzung des Projektes liegen zwei Abschlussberichte vor:
1. Das Besucherlenkungskonzept für die Königsbrücker Heide
2. Die Dokumentation der Konfliktsituation und Prozessabläufe.


Ergebnisse und Diskussion

Folgende vier Grundpositionen der Akteure zeichneten sich zu Beginn des Konfliktes ab: Durchquerung des Gebietes - auch der Entwicklungs- und Pflegezone - für sanfte Nutzungsformen wie Rad fahren und Wandern; Wunsch nach Öffnung der alten Verbindungsstrassen; individuelle Nutzung des NSG nur in Randzone möglich, generelles Betretungsverbot der Kernzonen für Individualbesucher; Teilöffnung imagestarker Bereiche wie die Königshöhe, ansonsten Randnutzung. Als Ursachen für die Konflikte sind zu nennen: Unzureichender Informationsaustausch und fehlende Abstimmung zwischen den Hauptakteuren durch Kompetenzzersplitterung; Differenzen bei der Einschätzung der naturschutzfachlichen Wertigkeit des NSG; Uneinigkeit beim Pflege- und Entwicklungskonzept für das NSG; Unklarheiten über die Dimensionen und Möglichkeiten der touristischen Entwicklung; Gewohnheitsrechte; Organisationsstruktur und Ziele für die weitere Entwicklung des NSG sind nicht eindeutig definiert;
Kernergebnis des im Rahmen von Workshops erarbeiteten Besucherlenkungskonzepts ist eine konsequente Ausrichtung der Tourismusentwicklung der Königsbrücker Heide und der umliegenden Gemeinden auf naturnahen Aktivtourismus (z. B. Rad fahren und Wandern), Umweltbildung und Pädagogik sowie Landurlaub. Über die grundsätzliche Ausrichtung konnte Konsens bei den Beteiligten erzielt werden. Wichtige Erkenntnisse wurden aus der Bereisung des Nationalparks Hainich gewonnen. Die Beteiligten haben erfahren, welches die wichtigsten Erfolgsfaktoren des Nationalparks sind und zwar: ein einheitliches Management, aktive Gemeinden, ein Informationszentrum (als Leuchtturm), eine qualitativ hochwertige Gastronomie sowie eine intelligente Wegeführung und Besucherlenkung. Die Begleitung des Moderationsprozesses, der sich im Kern mit der potentiellen touristischen Erschließung einer unter Naturschutz stehenden Konversionsfläche befasste, brachte im Einzelnen folgende Diskussionspunkte zutage, die sich auf ähnlich gelagerte Fälle übertragen lassen: Natürliche Sukzession auf Truppenübungsplätzen und ihre dauerhafte touristische Attraktivität. Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich Ziel und Aufgabe der Sukzession ist notwendig, um damit Verständnis für das Vorgehen hervorzurufen. Die Gefährdung durch Munition als Instrument zur Durchsetzung des Naturschutzes. Wichtig hierbei ist, dass der Naturschutz und die für die Sicherheit zuständige Fachbehörden zusammenarbeiten, um nach außen ein glaubwürdiges und nachvollziehbares Bild abzugeben. Aufgabe von Gewohnheitsrechten. Nicht verstanden wird die Tatsache, dass nach Stilllegung des Truppenübungsplatzes über Jahrzehnte beibehaltene Gewohnheiten für die Öffentlichkeit bzw. für Anwohner verboten sind. Hier gilt es Ausgleichsflächen zu schaffen bzw. auf ähnliche Angebote hinzuweisen und Überzeugungsarbeit mit echten Argumenten zu leisten. Privilegien für ausgewählte Gruppen. Hier ist unbedingt mehr Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, z. B. durch wiederholte Öffnung bzw. kostenlose Führungen für die interessierte Bevölkerung durch das Gebiet. Strenge Auslegung der Naturschutzverordnung. Ausgangspunkt für die kontroversen Diskussionen ist offensichtlich die recht strenge Auslegung der Naturschutzverordnung und der Polizeiverordnung, die zwar grundsätzlich Gestaltungsspielräume für eine Nutzung zulassen; diese jedoch für die Königsbrücker Heide nur in sehr begrenztem Umfang genutzt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Von Seiten der Moderatoren hat während der Bearbeitung keine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit stattgefunden, da der Prozess dadurch nicht beeinflusst und der Eindruck einer Parteiergreifung für eine spezielle Interessensgruppe ausgeschlossen werden sollte. Dessen ungeachtet sind während der Projektlaufzeit verschiedene Artikel über einzelne Ergebnisse in der örtlichen Presse veröffentlicht worden. Das Besucherlenkungskonzept ist den Beteiligten in gedruckter Form übergeben worden, so dass es den relevanten Personen und Institutionen als Grundlage für die konkrete Umsetzung der Maßnahmen zur Verfügung steht. Es ist vorgesehen, die Ergebnisse auf Fachkongressen einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen.


Fazit

Die eingangs formulierten Ziele sind im Wesentlichen erreicht worden, da ein im Moderationsprozess und zwischen allen Beteiligten abgestimmtes Besucherlenkungskonzept für die Königsbrücker Heide erarbeitet wurde und nun als Handlungsrahmen allen Beteiligten vorliegt. Die verhärteten Fronten konnten aufgeweicht werden, indem ein Kompromiss erzielt wurde - nämlich die symbolträchtige Königshöhe für den Individualbesucher zu öffnen (unter Beibehaltung verschiedener Einschränkungen). Angesichts einer hohen Frustration der Akteure vor Ort, die u. a. auf die Situation in der Region zurückzuführen ist (hohe Arbeitslosigkeit, keine oder wenig Zukunftsperspektiven, Krise der örtlichen Wirtschaft, Stagnation und Rückgang der Einwohner), entsteht hier ein mentales Problem hinsichtlich der Art und Weise, wie mit dem vorhandenen Potential umgegangen werden könnte. Es fehlt das Gespür, Profit aus einzelnen Projekten zu ziehen. Die Bearbeiter kommen zu dem Schluss, dass eine externe Begleitung bei der Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge in Form eines sog. Coachings unbedingt notwendig ist, da ansonsten die Gefahr besteht, dass der begonnene und sehr mühsame Prozess abbricht. Wichtig wäre in der nächsten Phase auch die Information und Einbindung der Bevölkerung in bestimmte Projekte durch eine systematische und professionelle Öffentlichkeitsarbeit, um so die Maßnahmen auf eine noch breitete Basis zu stellen.

Übersicht

Fördersumme

57.264,69 €

Förderzeitraum

28.09.2001 - 31.05.2003

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Naturschutz
Umweltkommunikation