Projekt 18686/01

Analyse der Marmorverwitterung und Entwicklung eines modellhaften Konservierungskonzeptes für das umweltgeschädigte Markttor von Milet im Pergamon-Museum (Berlin) mittels innovativer Verfahren

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für Geologie und Dynamik der Lithosphäre
Goldschmidtstr. 3
37077 Göttingen
Telefon: 0551/39-7929

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Markttor ist (ein einzigartiges archäologisches Baudenkmal nördlich der Alpen) in seiner Dimension und Bedeutung als Objekt im inneren eines Museums in Deutschland einzigartig. Um so besorgniserregender ist der aktuelle, bauliche Zustand. Der Erhalt dieses bedeutenden Bauwerks erfordert mindestens kurz- bis mittelfristig restauratorische Maßnahmen, um einen fortschreitenden Verlust von Original-substanz aufhalten zu können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenVorrangiges Projektziel ist die modellhafte Schadensanalyse des umweltgeschädigten Markttores von Milet. Dieses einzigartige Objekt verlangt nicht zuletzt auch durch die einzigartige Konzeption beim Aufbau um 1929 und die kriegsbedingten Wirren nach sehr spezifischen Untersuchungsstrategien.
Grundlage ist zunächst die 3D-Vermessung des Objektes mit dem Ziel alle Schadensphänomene selektiv auch in Abhängigkeit von Objektbereichen, z.B. Originalteilen, die Expositionen, Bauphysik und lithologisch-strukturellen Vorzeichnungen aufzunehmen. Unbedingte Voraussetzung hierfür ist eine detaillierte Materialcharakterisierung von langzeitexponierten Orgienalteilen, die aufgrund der o.g. eigenwilligen Strategie beim Aufbau des Tores in ungewöhnlich großer Quantität existieren. Darüber hinaus sollen Modellversuche zur Materialverträglichkeit unter Laborbedingungen wie Marmor / Stahlarmierungen / Beton / Altergänzungen für ein optimales Sanierungskonzept sorgen. Die entsprechenden Umweltbedin-gungen sollen im Vorfeld durch Langzeitmonitoring erfasst werden. Alle dazu erforderlichen Untersuchungen werden interdisziplinär von Geowissenschaftlern, Vermessungsingenieuren, Archäologen, Restauratoren und Kunsthistorikern realisiert.
Das Projekt ist der Zielsetzung entsprechend in zwei Phasen gegliedert: einem Vorprojekt (vorliegender Antrag), in dem die u. g. Messungen und Konservierungsversuche im Labor und vor Ort durchgeführt werden, und einem Hauptprojekt, in dem die Erkenntnisumsetzung und Konservierung von Säulen in die Architekturteile erfolgt.
Ziel ist es am Ende der Untersuchungen der Museumsleitung Empfehlungen für ein möglichst optimales Raumklima z. B. über Luftschleusen geben zu können, um die zukünftige Degradation des Tores auf diesem Belastungspfad minimieren zu können.Folgende Projektschritte sollen im Vorprojekt durchgeführt werden:
1. Schaffung einer Kartengrundlage und Vermessung des Objektes
2. Literaturrecherche und Sichtung von Archivmaterial
3. Klimamessungen und Umweltbelastung
4. Probenkataster
5. Schadenskartierung
6. Zerstörungsfreie bis zerstörungsarme Schadensanalyse
7. Modellstudien
8. Schadensbewertung und Sanierungskonzept


Ergebnisse und Diskussion

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass das Markttor von Milet bei einer detaillierten Betrachtung sehr komplexe Schadensbilder aufweist. Neben der sehr eigenwilligen Aufbaustrategie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, die durch die statischen Bedenken zu massiven Eingriffen in alle Architekturteile geführt hatten, scheint der Luftminentreffer und die damit verbundene freie Bewitterung zu wesentlichen Schadensquantitäten geführt zu haben. Die Restaurierungsmaßnahmen nach dem 2. Weltkrieg haben zwar zu einer Sicherung des Bauwerkes geführt aber durch schlechtes Material und Restaurierungsfehler wesentlich zum schleichenden Verfall beigetragen. Die z. T. sehr auffälligen strukturellen Schäden gehen vermutlich auf Materialinkompatibilitäten und statischen Zwängungen zurück. Es ist auch anzunehmen, dass die innenliegende, nach erstem Anschein biegeweiche Stahlkonstruktion, durch Kriechen des Stahls sich verkürzt und verdreht hat. Dadurch werden die vertikalen Eigenlasten nicht mehr über das Skelett sondern u. U. außermittig von den dünneren Marmorschalen abgetragen was die beobachteten schalenartigen Abplatzungen erklären könnte. Dies belegen die allgegenwärtigen Risse und Abplatzungen. Sinterbildungen, Rostläufer und Salzausblühungen häufig mit makroskopischen Rissen assoziiert, unterstützen diese Befunde. Der mikrobiologische Befall scheint nicht kritisch. Der Marmor zeigt ebenfalls komplexe Schadensbilder, wobei hier kein deutlicher Unterschied zwischen den auskartierten Varietäten deutlich wird. Indirekte, zerstörungsfreie Untersuchungsverfahren, wie die Ultraschalltomographie, Georadar und die Widerstandsmessungen konnten zur Charakterisierung der entkernten Marmorsäulen erfolgreich eingesetzt werden. Das Raumklima scheint bei den bis momentan nachgewiesenen Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen nicht indikativ für die nachgewiesenen Schadenstypen.
Weiterführende mineralogische und baustoffkundliche Arbeiten wurden zur Analyse aller verwendeten Baustoffe eingesetzt und auf der Basis der gewonnenen Daten erfolgte die Entwicklung eines Mörtels der den Stoffeigenschaften eines Marmors weitestgehend entspricht. Die entwickelten Mörtel aus der Kombination von Puzzolanen, Weißzement, definiert zusammengesetzten Zuschlägen (Quarzsand, Kalksteinmehl) und chemischen Additiven sind kompatibel mit den Marmoren des Markttores von Milet. Ferner sind die Mörtel ausreichend alkalisch, um den Stahl vor Korrosion schützen zu können. Die Verfärbung des Dolomitmarmors ist durch Trocknung reversibel. Weder der Calciumhydroxidgehalt noch die verwendeten Zusatzmittel beschleunigen nach bisherigen Erkenntnissen den Zerfall des Marmors und sind auch in Verbindung mit Stahl einsetzbar. Die Verträglichkeit der entwickelten Mörtel mit den im Be-stand vorhanden Steinergänzungsstoffen gilt auf der Basis der durchgeführten Untersuchungen als gesichert. Die entwickelten Favoritenmörtel (Tabelle 2) optimal den geforderten physikalisch-mechanischen und den chemisch-mineralogischen Anforderungen angepasst worden und können am Markttor unbedenklich eingesetzt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse aus dem Projekt wurden in Folgenden Publikationen der Öffentlichkeit vorgestellt:
· Siegesmund, S. & Speiser, S., 2004: Hilfe für das Markttor von Milet. Magazin Naturstein, 3/2004.
· Siegesmund, S., Rüdrich, J. & Speiser, S, 2004. Das Markttor von Milet. Magazin Restauro, 2/2004.
· Middendorf, B., Maack, V. & Siegesmund S., 2004: Development of compatible mortars for the restoration of the Market Gate of Milet, Pergamon Museum Berlin, Germany. Proceedings 6th International Symposium on the Conservation of Monuments in the Mediterranean Basin· Middendorf, B., Siegesmund, S., Maack, V., Müller, K. & Ruedrich, J., 2004: The Market Gate of Milet of the Pergamon Museum Berlin - Deterioration Characteristics and Mortar Development for Restoration purposes. Proceedings 10th International congress on deterioration and conservation of stone, Stockholm.
· Siegesmund, S., Middendorf, B., Maack, V. & Rüdrich, J. (Vorabdruck): Das Markttor von Milet: Schadensbilder, Materialcharakteristika und Entwicklung von Restauriermörtel.
· Ruedrich, J., Hertrich, M., Just, A., Siegesmund, S., Yaramanci U. & Jacobs, F., 2004: Construction physics of the Market Gate of Miletus discoverd by non-destructive tools. Proceedings 10th International congress on deterioration and conservation of stone, Stockholm.


Fazit

Das Markttor von Milet zeigt sehr multiple Schadensszenarien, die neben umweltbedingten Schadensquantitäten wesentlich auf Materialunverträglichkeiten zurückzuführen sind und ihre Ursache in dem eigenwilligen Rekonstruktionsprinzip der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts haben. Mineralogische und gesteinstechnische Materialuntersuchungen, zerstörungsfreie und zerstörungsarme Materialdiagnose, Raumklimamessungen, Schadenskartierungen als auch Mörtelneuentwicklungen (mit Marmoreigenschaften) belegen einen dringenden Handlungsbedarf für restauratorische Maßnahmen.

Übersicht

Fördersumme

99.973,00 €

Förderzeitraum

23.01.2002 - 31.05.2004

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Kulturgüter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik