Projekt 18595/01

Entwicklung ökologischer Regulierungsverfahren für den Erbsenwickler (Cydia nigricana) in Saat- und Gemüseerbsen

Projektträger

Universität Kassel Fachbereich 11 Ökologischer Pflanzenschutz, Entomologie
Nordbahnhofstr. 1a
37213 Witzenhausen
Telefon: 05542/981559

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Erbsenwickler, Cydia nigricana (Lepidoptera, Tortricidae), hat sich in den letzten Jahren zum Problemschädling in Körnererbsen entwickelt. Aufgrund stetig gestiegener Leguminosenanteile in landwirtschaftlichen Fruchtfolgen ist der Befallsdruck in den letzten Jahren drastisch angestiegen. Für die kommenden Jahre ist zu erwarten, dass das C. nigricana- Schadgebiet insgesamt eine weitere deutliche Ausweitung erfahren wird. Aufgrund des hohen Erbsenwicklerbefalls ist in vielen Regionen der ökologische Saat- und Gemüseerbsenanbau nicht mehr möglich. Die Vermehrer ökologisch erzeugter Saaterbsen sind vom Erbsenwickler besonders betroffen. Einmal stehen dem ökologischen Anbau derzeit keinerlei wirksame Regulierungsverfahren (-Präparate) zur Verfügung, zugleich sind aber im Saatgutbereich die Qualitätsanforderungen ebenso hoch wie für konventionelle Ware Durch erhöhten Wicklerbefall beeinträchtigte Keimfähigkeit, Triebkraft und Saatgutreinheit (sich festsetzenden Unkrautsamen in angefressenen Erbsen) bedeuten ein deutlich erhöhtes Produktionsrisiko. Der geringe Selbstversorgungsgrad mit systemkonformem Saatgut nach EU-VO 092/91 ab 2004, unterstreicht den bestehenden Handlungsbedarf, die vorhandene Produktionshemmnisse in diesem Sektor zu reduzieren.
Das Projekt hat zum Ziel, wirksame Regulierungsverfahren für diesen Kardinalschädling zu entwickeln.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Wesentlichen sollen drei für die Praxiseinführung aussichtsreiche Ansatzpunkte aufgegriffen werden.
1. Analog der etablierten Vorgehensweise im Obst- und Weinbau soll das C. nigricana- Sexualpheromon zur Paarungsstörung eingesetzt werden (sog. Verwirrungs-Technik). Die Synthese und Formulierung des Pheromons erfolgt durch den Kooperationspartner Trifolio. Die Feldversuche unter Praxisbedingungen finden hierbei in Zusammenarbeit mit der Brede GbR und Versuchsflächen der Universität Kasselstatt.
2. Ein gegen den Apfelwickler wirksames Granulosevirus- Präparat mit gültiger Zulassung im Obstbau zeigt auch gegenüber dem naheverwandten Erbsenwickler hohe Wirkungsgrade und soll nun auf Saat- und Gemüseerbsenflächen zur Anwendung kommen.
3. Flankierend sollen befallsmindernde Effekte kulturtechnischer Maßnahmen, insbesondere Erbsengemen-ge mit Gerste als Stützfrucht, untersucht werden.


Ergebnisse und Diskussion

1. Paarungsstörung mit Pheromon: Im Durchschnitt der Flächenpaare ließ sich ein um 31% reduzierter Befall in den Pheromonbehandlungen feststellen. Innerhalb der Käfige in pheromonbehandelten Flächen 2005, 2006 war jedoch ein deutlich höherer Wirkungsgrad von durchschnittlich 78% Befallsmindeung festzustellen. D-vac- und Käscherfänge adulter Wickler in Transekten von den Vorjahreserbsen zu der Erbsenfläche wiesen einen hohen Anteil begatteter Weibchen auf. Die geringeren Wirkungsgrade im Feld im Vergleich zu den Käfigen, zusammen mit dem Nachweis von Anteilen bereits begatteter Weibchen auch außerhalb von Erbsenflächen, insbes. Feldrandvegetation, deuteten darauf hin, dass offenbar ein Zuflug begatteter Weibchen von außen in die Flächen vorlag und so zu der vorliegenden Wirkungsminderung geführt hat. Insbesondere die Wegrainvegetation wies hohe relative Wicklerdichten auf, was auch als ein Pendeln von Wicklern zwischen Feldrand und Erbsenfläche interpretiert werden kann, womit sich ein Teil der Wicklerpopulation, offenbar je nach Windrichtung, dem kontinuierlichen Pheromoneinfluss entziehen konnte.
2. Granulosevirus: In den zwei Feldversuchsjahren konnten weder für die getesteten verschiedenen Formulierungen, noch die verschiedenen Dosierungen signifikante Befallsunterschiede in Pflückproben zur Grünreife, bzw. Erntedruschproben nachgewiesen werden. Auch weitergehende Analysen der Altersstruktur der jew. Larvenstadien ließen in den Behandlungen keine signifikante Unterrepräsentation eines Larvenstadiums oder Wachstumsverzögerungen als Indikator für CpGV-wirkung erkennen.
3. Gemengeanbau: Die im ersten Versuchsjahr zunächst festgestellte befallssenkende Gemengewirkung war auf einen Blockeffekt zurückzuführen. Eine Befallsminderung ließ sich in beiden Folgejahren nach der geänderten, von der Befallsrichtung unabhängig auswertbaren, Versuchsanodnung (Gemengekreuz) nicht mehr reproduzieren. Somit weist der Gemengeanbau von Körnererbsen hinsichtlich Erbsenwickler kein nutzbares, befallssenkendes Potential auf.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Abschlussworkshop bei der Frosta-AG (Elbtalgemüse) in Lommatzsch am 11.01.2007: Praktiker- und Beraterveranstaltung Pflanzenschutzprobleme beim ökologischen Anbau von Industriegemüseerbsen mit Vortrag A. Balasus: Aktuelle Ergebnisse zur Bekämpfung des Erbsenwicklers im Öko-Anbau durch Einsatz von Granuloseviren und Verwirrungstechnik und anschliessender Diskussion mit den der Projektbeteiligten des DBU-Projektes, Vertretern der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, des Ökoring Niedersachsen e.V. und Betriebsleitern im Gemüseerbsen-Vertragsanbau in der Region Lommatzscher Pflege.

Tagungsbeiträge/Präsentation
- Saucke, H.; Balasus, A.; Kratt, A. (2007): Untersuchungen zur Paarungsstörung des Erbsenwick-lers (Cydia nigricana) mit Sexualpheromon. 9. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau 20.03.07-23.03.07 Stuttgart Hohenheim
- Balasus, A.; Kleespies, R. G., Kingsbury, A.; Saucke, H. (2007): Prüfung des Apfelwicklergranulo-sevirus CpGV zur Regulierung des Erbsenwicklers Cydia nigricana F. in Körnererbsen. 9. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau 20.03.07-23.03.07 Stuttgart Hohenheim
- Balasus, A.; Saucke, H. (2007): Einsatz des Apfelwicklergranulosevirus (CpGV) zur Reduzierung des Erbsenwicklers (Cydia nigricana F.), DGaaE Tagung Innsbruck 26.02.07-01.03.07
- Balasus, A.; Kratt, A.; Saucke, H. (2007): Untersuchungen zur Paarungsstörung des Erbsenwicklers Cydia nigricana F. mit Sexualpheromon im Feldversuch. DGaaE Tagung Innsbruck 26.02.07-01.03.07
- Balasus, A.; Kratt, A.; Saucke, H. (2006): Untersuchungen zur Paarungsstörung des Erbsenwicklers (Cydia nigricana F.) 55. Deutsche Pflanzenschutztagung 25.09.-28.09.06 Göttingen
- Saucke, H., Balasus, A.; Schultz, B.; Brede, U.; Stange, K. (2004): Der Erbsenwickler (Cydia nigri-cana, Lep.: Tortricidae) als Qualitätsrisiko in Gemüseerbsen, aktuelle Probleme und Lösungsstra-tegien. 54. Deutschen Pflanzenschutztagung 20.-23.09.2004 Hamburg


Fazit

Im Rahmen des DBU-Projektes wurden erstmals mehrjährige on-farm Versuche zur Verwirrungstechnik in verschiedenen Anbaukonstellationen durchgeführt. Trotz einer reproduzierbaren Reduktion des Wicklerbefalls war der Effekt im Sinne einer angestrebten Markeinführung des sonst praxistauglichen Dispensertyps nicht wirksam genug. Dass von einer Weiterentwicklung der Methode derzeit abstand genommen wird, liegt an den Besonderheiten der Wicklerbiologie. Bedingt durch die Fruchtfolge, kommt es bei Erbsenwicklern bei Migrati-onsbewegungen auch außerhalb von Erbsenflächen bereits zu Paarungen, so dass ein Anteil begatteter Weibchen in die Fläche einfliegt, was den Wirkungsgrad der Methode entsprechend schmälert. Dieser Umstand war in der Fachliteratur nicht publiziert und wurde erst durch das Projekt im Zusammenhang mit Paarungsstörung aufgegriffen und nun öffentlich diskutiert. Auch bei der Granulosevirus-Option zeigte die sys-tematische Testung in 2 Versuchsjahren, flankiert von Halbfreiland und Gewächshausversuchen, dass die z. T. in hohen Dosierungen eingesetzten Präparate keine nachweisbare Infektiösität gegenüber dem Erbsenwickler haben. Dass sich ein Nischenmarkt für anwendungsfertige CpGV-Produkte im Anwendungsfeld Erbsen eröffnet, ist auch hier nicht zu erwarten. Die Gemenge-Option erwies sich als weder befallssenkend, noch fördernd. Mit dem Projekt wurden alle derzeit aussichtsreichsten Regulierungsoptionen abgeprüft, mit dem Er-gebnis nicht hinreichender Wirksamkeit in der Praxis. Da das wirtschaftliche Risiko der Wicklerproblematik gerade in Gemüseerbsen unverändert hoch ist, werden die auf dem Abschlussworkshop diskutierten rein präventiven Maßnahmen, Schlagseparierung & Frühsaat, bei der Anbauplanung weiterhin höchste Priorität haben.

Übersicht

Fördersumme

279.722,00 €

Förderzeitraum

01.03.2004 - 28.02.2007

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz