Projekt 18531/01

Entwicklung und großtechnische Realisierung eines innovativen einstufigen Verfahrens zur N-Elimination aus hoch N-belasteten Abwasserströmen mit niedrigem C/N-Verhältnis

Projektträger

Universität Hannover Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik
Welfengarten 1
30167 Hannover
Telefon: 0511/7622387

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Elimination von Stickstoffverbindungen aus Abwässern über Nitrifikation und Denitrifikation erfordert nach den derzeit üblichen Verfahren einen hohen Energieaufwand. Der Wirkungsgrad ist durch das C/N-Verhältnis des Abwassers begrenzt. Hoch mit reduzierten N-Verbindungen belastete Abwässer (Prozesswässer, Deponiesickerwässer) stellen einen limitierenden Faktor für die aktuelle Technologie dar. Autotrophe Mikroorganismen mit der Fähigkeit zur anaeroben Ammoniumoxidation (NH4+ + NO2- ® N2) können die N-Elimination vom C/N-Verhältnis entkoppeln. Aerobe und anaerobe Ammoniumoxidation können in einem geschichteten aerob-anoxischen Biofilm auf geeigneten Trägermaterialien zu einem einstufigen Verfahrensschritt, der Deammonifikation, kombiniert werden. Gegenüber Nitrifikation und Denitrifikation sind 60% weniger Sauerstoff und 100% weniger Kohlenstoff erforderlich. Am Beispiel des hoch N-belasteten Prozesswassers aus der anaeroben Schlammstabilisierung sollte das Verfahren auf der Kläranlage Osnabrück-Eversburg bis zur großtechnischen Anwendungsreife weiterentwickelt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn kontinuierlich betriebenen Versuchsanlagen im Labormaßstab wurden zunächst geeignete Anfahrstrategien ermittelt und verschiedene Trägermaterialien auf ihre Eignung für den Prozess vergleichend untersucht. In einer halbtechnischen Pilotphase auf der Kläranlage Osnabrück-Eversburg sollte das Verfahren auf die dortige Abwasserqualität hin optimiert (Regelungstechnik, Abbauleistung) und in seinen Randbedingungen beschrieben werden (Prozesskinetik, Störeinflüsse, Emissionen). Bei Erfolg der halb-technischen Versuche war eine großtechnische Realisierung vorgesehen. Abschließend sollten die Umweltentlastung (N-Emission ins Gewässer, Energieverbrauch) und die ökonomischen Vorteile (Investitions- und Betriebskosten) ermittelt und vergleichend dargestellt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Vorhabens wurden im labor- und halbtechnischen Maßstab folgende Themenkomplexe untersucht:
- Einflussparameter auf die Nitrifikation,
- Anreicherung von Anammox-Organismen,
- technische Voraussetzungen zur Inbetriebnahme von moving-bad-Biofilmreaktoren und
- Steuerung der Nitritbildung in Biofilmreaktoren.
Dabei konnte erstmals unter praxisorientierten Bedingungen nachgewiesen werden, dass sich Anam-mox-Reaktoren ohne vorherige Animpfung mit Anammox-Biomasse innerhalb weniger Monate in Betrieb nehmen lassen. Die daraus abzuleitenden Empfehlungen ermöglichen eine technische Umsetzung dieser Reaktion in zweistufigen Verfahren. Die dafür notwendige Teilnitritation in einer vorgeschalteten Stufe konnte ebenfalls in verschiedenen Varianten demonstriert werden.
Für einstufige movin-bed-Verfahren, die Nitritation und Anammox in einem Schritt kombinieren, konnten die maßgeblichen Betriebsbedingungen definiert werden, die die Erzeugung eines sehr aktiven, Nitrit bildenden Biofilms erlauben, der eine O2-Limitierung aufweist und damit Habitate für Anammox-Organismen bereitstellt. Im Ergebnis konnte schließlich eine zielgerichtete Anreicherung deammonifizierender Biofilme unter Beschreibung der relevanten Mechanismen erreicht werden.
Entgegen früheren Annahmen ist für das Funktionieren der Deammonifikation weder eine niedrige O2-Konzentration noch eine Hemmung der Nitratbildung über freies NH3 erforderlich. Entscheidend ist vielmehr das Verhältnis des Massenfluxes von limitierendem Substrat für die aerobe Ammoniumoxidation zu O2. Limitierendes und prozessentscheidenes Substrat ist dabei stets die Säurekapazität. Sofern ein niedriges C/N-Verhältnis vorliegt, das eine konventionelle Behandlung über Nitrifikation und Denitrifikation nicht mehr zulässt, ist Deammonifikation möglich. Es konnte gezeigt werden, dass der Prozess nicht auf hoch konzentrierte Abwässer beschränkt ist, sondern auch bei niedrigen NH4-N-Konzentrationen im Bereich von 50 mg/l funktioniert, was der Größenordnung kommunalen Abwassers entspricht.
Die halbtechnischen Versuche auf der KA Osnabrück zeigten allerdings, dass die dort vorliegende Abwasserqualität auf Grund des angewendeten Entwässerungsverfahrens für Deammonifikation im moving-bed-Verfahren nicht geeignet ist: Die Faulschlammkonditionierung vor der Entwässerung erfolgt noch mit Kalkhydrat, was im langfristigen Betrieb zu nicht behebbaren Problemen mit Ausfällungen von CaCO3 auf den suspendierten Aufwuchsträgern führte. Die damit verbundene Fällung von HCO3- und PO4-P aus dem Abwasser macht jedoch auch eine Teilstrombehandlung mit konventionellen Verfahren schwierig. Langfristig ist zwar eine Umstellung auf modernere Verfahren sinnvoll; derzeit ist die Kalkkon-ditionierung auf Grund der geringen Schlammentsorgungskosten für die KA Osnabrück aber noch wirtschaftlich. Sehr gute Erfolge konnten hingegen mit Abwasser einer anderen Kläranlage erzielt werden, auf der der Faulschlamm bereits mit Hilfe polymerer Flockungsmittel entwässert wird: Nach einer Inbetriebnahmephase von wenigen Monaten wurden Flächeneliminationsleistungen von > 5 g N/m2 d erreicht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Gaul, T. (2004): Dissertation am FB Bioingenieur- und Vermessungswesen der Universität Hannover.
Gaul, T., Märker, S., Kunst, S.: Start-up of moving bed biofilm reactors for deammonification - the role of hydraulic retention time, alkalinity and oxygen supply. Accepted for oral presentation at IWA International Conference Biofilms 2004: Structure and Activity of Biofilms, 24.-26.10.2004.


Fazit

Die an Laboranlagen erzielten Ergebnisse sind weiterführend und haben zu einem deutlich verbesserten Verständnis der notwendigen Randbedingungen des Verfahrens geführt. Die erforderlichen Bedingungen für eine schnelle technische Inbetriebnahme des Prozesses wurden ermittelt. Gegenüber bisherigen Messungen konnte die erreichte Flächeneliminationsleistung mehr als verdoppelt werden. Die Abwasserqualität am vorgesehenen Standort Osnabrück erwies sich auf Grund der dort praktizierten Schlammentwässerung mit Kalkhydrat im dauerhaften Versuchsbetrieb allerdings als problematisch, sodass eine großtechnische Umsetzung nicht sinnvoll war. Wird die Schlammentwässerung jedoch mit moderneren Verfahren durchgeführt, ist Deammonifikation ein sehr geeignetes Verfahren zur N-Elimination aus diesen Teilströmen.

Übersicht

Fördersumme

555.355,53 €

Förderzeitraum

28.09.2001 - 31.05.2004

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik