Projekt 18489/01

Offene Umfeldkommunikation für kleine und mittlere Unternehmen

Projektträger

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover
Freundallee 9 a
30173 Hannover
Telefon: 0511/9096-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Historisch bedingte Standorte von Unternehmen in direkter Nähe zu Wohngebieten und die damit verbundenen Umweltrisiken und Emissionen führen häufig zu Konflikten mit dem nachbarschaftlichen Umfeld. Für Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden ergeben sich schwierige Abwägungsprozesse zwischen Umweltschutz, Nachbarschaftsschutz und Arbeitsplatzsicherung. Auch die Dachorganisationen von Industrie, Handel, Gewerbe und Handwerk sind an der Auflösung dieser Problemlagen interessiert. Hierfür schaffen qualifizierte Strategien der offenen Umfeldkommunikation gute Voraussetzungen. Sie zielen auf eine methodische Kommunikation als Mittel zur einvernehmlichen Identifizierung von Problemen und Prioritäten und zur Entwicklung realistischer Lösungen. Mit offener Umfeldkommunikation liegen positive Erfahrungen für Großunternehmen vor. Das Projekt will diese Erfahrungen auswerten und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) befähigen, mit ihren eigenen Ressourcen ebenfalls geeignete Varianten der Umfeldkommunikation zu entwickeln und einzuführen. Die Träger des Projektes - IHK Hannover, HWK Hannover und die Gewerbeaufsichtsämter Hannover, Göttingen und Hildesheim - wollen mit dem Projekt ihre Beratungskompetenz für KMU in Standortsituationen mit Umweltkonflikten ergänzen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt beinhaltet drei Phasen über einen Zeitraum von 2 Jahren. In Phase 1 werden vorhandene Umfeldkommunikationsmodelle in Deutschland recherchiert und auf ihre Erfolgsfaktoren hin ausgewertet. Gleichzeitig findet eine Untersuchung der besonderen Umfeldsituation, Erwartungen und Kommunikationsressourcen der an dem Projekt teilnehmenden KMU statt. Kommunikationsexperten, Projektträger und KMU erarbeiten eine erste Fassung des Basiskonzept Umfeldkommunikation für KMU.
In der 2. Phase führen die beteiligten KMU ihre individuellen Varianten der Umfeldkommunikation ein. Sie werden für die damit verbundenen Kommunikationsaufgaben gezielt qualifiziert und bei den ersten Veranstaltungen und deren Auswertung fachlich unterstützt. Die 3. Phase führt zur Erstellung des endgültigen Basiskonzept Umfeldkommunikation für KMU, in das die Projekterfahrungen einfließen.
Auf Basis der Projekterfahrungen beabsichtigen die Projektträger, eigene Beratungsfunktionen und einen ehrenamtlichen neutralen Moderatorenpool aufzubauen.


Ergebnisse und Diskussion

Über die Vermittlung der Projektträger nahmen acht KMU an der Hauptphase des Projektes teil. Sie wurden an insgesamt drei Trainingstagen in den Bereichen Kommunikation, Dialogaufbau, Konfliktmanagement, Moderation und Umgang mit Medien qualifiziert. Die Berater nahmen nach einer Bestandsaufnahme mit den teilnehmenden KMU Kontakt mit Umfeldakteuren auf, um Interessen und Teilnahme-Bereitschaft gegenüber Angeboten der offenen Umfeldkommunikation zu erkunden. Auf dieser Basis wurden individuelle Konzepte für die KMU entwickelt und mit diesen abgestimmt. Die KMU setzten die Dialogangebote anschließend mit Unterstützung und Supervision der Berater eigenständig um.
Ergebnis des Projektes ist, dass auch KMU mit Bordmitteln Angebote der offenen Umfeldkommunikation erfolgreich einführen und umsetzen können. Die Maßnahmen reichen vom Aufbau informeller Kontakte über ein gutes Beschwerdemanagement, Betriebsbesichtigungen und Informationsveranstaltungen bis hin zur Einrichtung kontinuierlicher Nachbarschaftsdialoge. Dabei konnten Unternehmen und Nachbarn auch Konfliktlösungen aushandeln und vereinbaren.
Die Hemmschwellen gegenüber einer Kontaktaufnahme mit dem Umfeld und der damit verbundenen Zeit waren höher als erwartet - sie sind jedoch überwindbar. Für den Aufbau von Dialogangeboten wird daher in der Anfangsphase eine externe Beratung von KMU empfohlen. Unternehmen brauchen insbesondere in der Aufbauphase Unterstützung, um
- Risiken frühzeitig zu identifizieren und Dialogangebote präventiv aufzubauen zu können
- damit sie ihr Umfeld nicht erst in der Krise als wichtigen Akteur wahrnehmen und dann zunächst nur aus der Defensive agieren können,
- die langfristigen Chancen und Dynamiken von Dialogprozessen richtig einschätzen zu lernen und gegenüber anderen Strategien und Risiken der Konflikteskalation abwägen zu können,
- mit ihren Dialogpartnern kompetent, auf gleicher Augenhöhe und mit der Bereitschaft zum Perspektivenwechsel kommunizieren zu können,
- eine geeignete Auswahl von Dialogangeboten und Instrumenten der Nachbarschaftskommunikation treffen zu können und
- eine Begleitung und Supervision bei der Umsetzung eigener Maßnahmen zu erhalten.
Im Projekt zeigte sich, dass Veranstaltungen von Vertretern der Unternehmen selbst moderiert werden können, sofern keine eskalierten Konflikte vorliegen und die Moderatoren ihre Doppelrolle fair und gegenüber allen Beteiligten transparent wahrnehmen.
Die teilnehmenden KMU führen begonnene Dialogangebote fort und wollen weitere Maßnahmen umsetzen. Um zusätzliche Unternehmen beraten und auch die projektteilnehmenden KMU noch über die Projektlaufzeit hinaus begleiten zu können, richteten die Projektträger einen Beraterpool ein. Die Projektträger prüfen darüber hinaus welche Möglichkeiten bestehen, die Projektergebnisse in ihre Arbeit zu integrieren. U. a. soll eine Gruppe von Mitarbeitern der zehn niedersächsischen Gewerbeaufsichtsämter als Berater für Offene Umfeldkommunikation qualifiziert werden.
Eine Präsentation der Projektergebnisse auf europäischer Ebene im Rahmen des IMPEL(Implementation and Enforcement of Environmental Law)-Netzwerkes führt möglicherweise zu einem Projekt Umweltrisikodialog in den Jahren 2004 und 2005. Es soll die Vorgehensweisen der EU-Mitgliedsstaaten im Umgang mit Umwelt- und Nachbarschaftskonflikten vergleichen und Möglichkeiten zur Einführung von Strategien der offenen Umfeldkommunikation eruieren.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Um Unternehmen, Behördenvertreter und andere Personen bei der Initiierung von Nachbarschaftsdialogen zu unterstützen, wurden die Ergebnisse aufbereitet und u. a.
- spezifische Trainingsmodule und ein umfangreiches Skript entwickelt,
- 12 Schritte und 6 Erfolgsfaktoren für den Aufbau einer guten Nachbarschaft identifiziert und in einer 16seitigen Broschüre Betriebe und ihre Nachbarn: Vertrauen aufbauen - Konflikte lösen (deutsche und englische Fassungen) beschrieben,
- in einem Basiskonzept weitere Empfehlungen für den Aufbau zusammengefasst und
- eine Posterpräsentation Nachbarschaftsdialog (deutsche und englische Fassungen) erstellt.
Broschüre und Basiskonzept stehen als Download im Internet u. a. unter www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de zur Verfügung. Darüber hinaus werden Projektträger und Berater die Ergebnisse weiter persönlich und über Medien an interessierte Zielgruppen kommunizieren.


Fazit

KMU können Instrumente und Vorgehen der offenen Umfeldkommunikation erfolgreich nutzen, um im Dialog mit Anwohner(gruppe)n und Behörden Vertrauen aufzubauen. Auf dieser Basis lassen sich Konflikte konstruktiv lösen und Krisen und Eskalationen vermeiden. Materialien und Berater des neu gegründeten Beraterpools unterstützen Unternehmen praxisnah beim Aufbau eines Nachbarschaftsdialogs.

Übersicht

Fördersumme

174.943,63 €

Förderzeitraum

28.09.2001 - 28.12.2003

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter