Projekt 18062/01

Optimierte Windberuhigung über stoffemittierenden Industrieflächen

Projektträger

Universität Fridericiana Karlsruhe (TH)Institut für HydromechanikLaboratorium für Gebäude- und Umweltaerodynamikund Forschungsgruppe Strömungsmeßtechnik
Kaiserstr. 12
76128 Karlsruhe
Telefon: 0721/608-3897

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die gezielte Herabsetzung der Windaktivität über Industriebetätigungsflächen (z. B. Deponien oder Umschlagplätze von Schüttgütern, wie Erze, Kohle, Salze, Filterstäube, Fasermaterialien, Baustoffe) soll die atmosphärische Mitnahme von Stoffen durch den Wind verhindern bzw. minimieren und so angrenzende Siedlungsgebiete vor zu großen Immissionen schützen. Als Windschutzanlagen werden häufig wallose oder wallbehaftete Gehölzschutzstreifen vorgesehen, die eine Industriefläche teilweise oder ringsum umgeben. Während man über den einzelnen Windschutzstreifen und seine Wirksamkeit im Gebiet stromab mittlerweile recht gut Bescheid weiß, besteht eine Wissenslücke über die aerodynamische Wechselwirkung von Windschutzstreifen, die eine Industriefläche entweder von zwei Seiten oder ringsum umgeben. Es ist z. B. nicht klar, ob durch einen ungeeigneten Abstand der Streifen zueinander oder Fehlproportionen nicht eine Wirbelwalze zwischen den Streifen, und damit über der Industriefläche, entstehen kann, die Schwebstoffe geradezu kontraproduktiv für die Umwelt in höhere Luftschichten verfrachtet. Das vorliegende Projekt soll dies durch experimentelle und numerische Untersuchungen klären und dringend benötigte Bemessungsgrundlagen für die Windberuhigung solcher von Windschutzanlagen eingegrenzter Industrieflächen liefern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen von experimentellen Modelluntersuchungen in einem atmosphärischen Grenzschichtwindkanal sollen systematische Versuchsreihen gefahren werden, bei denen die relevanten strömungsphysikalischen Einflussparameter der umgebenden Windschutzstreifen variiert werden. In Abhängigkeit von Geometrieparametern der Sockelwälle sowie von Höhe und Porosität der Schutzstreifen werden hochpräzise Strömungsgeschwindigkeitsmessungen im Schutzgebiet durchgeführt. Zum Einsatz kommt ein laseroptisches Strömungsgeschwindigkeitsmeßsystem (2-d-Laser-Doppler-Anemometer), das nicht nur Strömungsgeschwindigkeiten, sondern auch turbulente Schubspannungen und damit Austauschgrößen zu messen erlaubt. Die experimentellen Untersuchungen sollen durch numerische Strömungsberech-nungen unterstützt werden. Die detaillierte Analyse des Windfeldes und seiner Aktivität im Bereich der zu schützenden Industriefläche wird optimale Konfigurationen von Schutzanordnungen erkennen lassen. Hieraus sollen sich Empfehlungen über optimale Auslegungen solcher gegenüber liegenden oder um-gebenden Windschutzanordnungen ableiten, die für den in der Praxis tätigen und mit Umweltschutzauf-gaben betrauten Ingenieur wichtige Entscheidungshilfen liefern.


Ergebnisse und Diskussion

Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Beschreibung des Windschutzes durch die Reduktion der aerodynamischen Kraftwirkung auf im Zwischenfeld zweier Windschutzstreifen befindliche Körper im Vergleich zur Kraftwirkung in der ungestörten Strömung. Die experimentellen Windkanaluntersuchungen zeigen, dass bei einer Doppelwindschutzstreifen-Anordnung (luv- und leeseitig) der Streifenabstand und die Porosität der Bewuchsstreifen die wichtigsten Einflussfaktoren in Hinblick auf eine optimierte Wind-beruhigung im Zwischengebiet darstellen. Die Größe der geschützten Bereiche nimmt erwartungsgemäß mit steigendem Abstand zu. Dies gilt solange bis ein bestimmter Abstand, der von den strukturellen Eigenschaften der Windschutzstreifen und dem Grad der Schutzwirkung abhängt, erreicht wird. Bei Über-schreiten dieses Abstandes wirken die beiden Windschutzstreifen nur noch als Einzelstreifen und der stromab angeordnete Streifen beeinflusst nicht mehr das Schutzgebiet des vorangegangenen, luvseiti-gen Streifens. Werden die Randbedingungen und der Abstand jedoch richtig gewählt, so kann das Windschutzgebiet zwischen zwei aerodynamisch kommunizierenden Streifen im Vergleich zum Schutzgebiet des Einzelstreifens merklich vergrößert werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, bei denen sich die aerodynamische Kraftwirkung auf Körper im Vergleich zur Kraftwirkung in der ungeschützten Strömung schwach bis mittelmäßig stark reduziert. Demgegenüber lassen sich Gebiete höchsten Windschutzes, die sich meist direkt hinter einem Streifen befinden, kaum durch die Anordnung eines zweiten Streifens stromab beeinflussen. Der optimale Abstand zwischen zwei Windschutzstreifen nimmt mit abnehmender, geforderter Schutzwirkung und kleiner werdender Porosität zu. Windschutzstreifen geringer Porosität verursachen wesentlich größere Schutzvolumen als Anordnungen mit hoher Porosität. Der Einfluss des Böschungswinkels auf die Größe der geschützten Fläche ist gering. Undurchlässige sockelwallbehaftete Windschutzstreifen und gleich hohe Windschutzstreifen ohne Wall besitzen eine ähnliche Schutzwirkung, während ein Wall ohne Bewuchsstreifen lediglich ein wesentlich kleineres Gebiet wind-beruhigt. Der Einfluss vom Verhältnis der Bewuchshöhe zur Sockelwallhöhe bei mitteldichten Wind-schutzstreifen ist größer als bei dichten Windschutzstreifen. Im Lee aller untersuchten sockelwallbehafteten Windschutzstreifen bilden sich Rezirkulationsvolumen aus. Deren Größe wird wesentlich beeinflusst durch die Porosität und bei mitteldichten Windschutzstreifen auch durch das Verhältnis der Bewuchs- zur Sockelwallhöhe. Im Lee undurchlässiger Windschutzstreifen ist eine stark ausgeprägte Rückströmung in Bodennähe zu erkennen, die sich mit zunehmender Porosität abschwächt. Bei mitteldichten sockelwallbehafteten Windschutzstreifen gleicher Gesamthöhe nimmt die Größe der Rezirkulationsvolumen und die Wiederanlegelänge mit der Höhe des Sockelwalls stark, bei undurchlässigen Windschutzstreifen nur leicht ab. Die numerischen Berechnungen weisen die gleichen Tendenzen auf. Der Vergleich mit Untersuchungen sockelwallbehafteter Einzelstreifen zeigt, bis auf den Einfluss des Verhältnisses von Bewuchs- zur Sockelwallhöhe bei niedrig geforderter Schutzwirkung, eine sehr gute Übereinstimmung.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ergebnisse der Untersuchungen wurden auf der 10. Fachtagung Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik in Rostock vom 10. bis 12. September 2002, auf dem International Workshop on Physical Modelling of Flow and Dispersion Phenomena in Prato, Italien, vom 03. bis 05. September 2003 und auf der International Conference Wind Effects on Trees in Karlsruhe vom 16. bis 18. September 2003 durch Vorträge vorgestellt und in den jeweiligen Proceedings veröffentlicht. Die Konferenz Wind Effects on Trees wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt DBU organisiert. Eine Publikation im Journal Environmental Fluid Mechanics ist in Vorbereitung. Aufbauend auf dem Projekt wird zudem im kommenden Jahr eine Dissertationsarbeit angefertigt werden.


Fazit

Mittels 2D-LDA-Messungen wurde das Strömungsfeld zwischen zwei sockelwallbehafteten Windschutz-streifen in Abhängigkeit von deren Geometrie und Anordnung erfasst. Es wurde gezeigt, dass der Ab-stand der beiden Windschutzstreifen und deren Porosität einen großen Einfluss auf die Windschutzwirkung der Anlage ausübt, während der Einfluss der Sockelwallgeometrie gering ist. Das Verhältnis von Bewuchs- zu Sockelwallhöhe hat für undurchlässige Windschutzstreifen mit Wall und gleicher Gesamthöhe ebenfalls eine geringe Auswirkung auf den Windschutz. Die Schutzwirkung eines Walls ohne Bewuchs ist jedoch deutlich schlechter. Numerische Berechnungen bestätigen diese Ergebnisse. Mit den abgeleiteten Schutzvolumen, welche die Größe von geschützten Bereichen abhängig von der Art und vom Grad der Schutzwirkung beschreiben, wird dem planenden Ingenieur eine Bemessungsgrundlage und Entscheidungshilfe für die Auslegung solch doppeltangeordneter Windschutzanlagen geliefert.

Übersicht

Fördersumme

187.950,90 €

Förderzeitraum

01.10.2001 - 01.10.2003

Internet

www.ihf.uni-karlsruhe.de/ihf/science/aerodyn/pub2.

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik