Projekt 17802/01

Neubau einer Schule in Passivhaus-Bauweise

Projektträger

Landratsamt Waldshut
Kaiserstr. 110
79761 Waldshut-Tiengen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Justus-von-Liebig-Schule wird als erste Schule in Deutschland in Passivhaus-Bauweise erstellt. Durch die hohe Belegungsdichte der Räume während der Schulzeit und die relativ geringen Nutzungszeiten kommt der Synergieeffekt der Luftverbesserung und Beheizung durch die passivhaustypische Lüftungsanlage hier besonders zum tragen. Das Vorhaben wird die Funktion und Regelung der Lüftung, Beheizung, Verschattung und Kühlung der Schule, sowie den maximalen Nutzungskomfort bei minimalem Energieaufwand demonstrieren und den Planungsprozess und die Erfahrungen zur Übertragung auf andere Projekte dokumentieren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit den Mitteln der dynamischen Gebäudesimulation werden die Anforderungen an die Gebäudehülle, die technischen Anlagen und die Regelung entworfen, überprüft, optimiert und festgelegt. Damit ist es möglich, die Auswirkung von unterschiedlichen Lösungen bei unterschiedlichen Nutzerszenarien zu quantifizieren, um im Ergebnis ein Maßnahmenpaket zu finden, das der Nutzung als Schule optimal gerecht wird.
Die so ermittelten Randbedingungen sind Grundlage für die Planung und Ausführung des Gebäudes und der technischen Gebäudeausrüstung.
Eine Messphase nach Inbetriebnahme des Gebäudes dient der Verifikation der Annahmen und theoretischen Berechnungen. In der Messphase wird die Funktion des Systems und die Nutzerakzeptanz untersucht.
Der integrale Planungsprozess im Team von Architekten , Ingenieuren und Bauherr wird zusammen mit den Messergebnissen und Nutzererfahrungen in einem Bericht zusammengefasst.
Ein umfassendes Energie-Informationssystem zeigt die Funktion des Gebäudes. Die Messungen und Funktionsabläufe können für die Nutzer und Besucher visualisiert und in den Unterricht eingebunden werden.


Ergebnisse und Diskussion

Erst zu Beginn der Ausführungsplanung fiel die Entscheidung zur Passivhausbauweise. Eine Optimierung des Oberflächen/-Volumen-Verhältnisses musste entfallen. Mit einem hygienisch erforderlichen Luftwechsel von 3/h stellt die Bereitstellung der Heizleistung in den Klassenzimmern kein Problem dar. Der mit TRNSYS simulierte Heizwärmebedarf beträgt 15 kWh/(m² a). Der in der ersten Heizperiode gemessen Heizwärmeverbrauch beträgt 25 kWh/(m²a).
Das Lüftungssystem wurde mit dem architektonischen Wunsch nach einem Haustechnik freien Gebäude und einem angestrebt hohen Lüftungskomfort als Quellluftsystem entworfen. Die horizontale Zuluftver-teilung erfolgt durch einen Doppelboden. Ein Lüftungsgerät mit maximal 32.000 m³/h versorgt 6 Lüftungszonen mit eigener Temperaturregelung. Mit thermisch aktiven Betondecken und Trennwänden konnte mit dynamischen Gebäudesimulationen (TRNSYS) gezeigt werden, dass eine Einzelraumregelung der Klassenzimmer nicht erforderlich ist. Ein belegtes Klassenzimmer und ein unbelegtes Klassenzimmer unterscheiden sich in der Raumlufttemperatur um maximal 3 K bei gleicher Zulufttemperatur und gleicher Zuluftmenge. Die nicht erforderliche Einzelraumregelung spart Investitions- und Wartungskosten in signifikanter Höhe.
Zwei Photovoltaik-Anlagen, 4,5 kWp sichtbar als Überkopf-Verglasung im Foyer und 15 kWp aufgeständert auf dem Flachdach, Stromproduktion 17.500 kWh/a.
Die Schule wurde fristgerecht im Mai 2003 eingeweiht. Der thermische Komfort war im überdurchschnittlich heißen Sommer 2003 ausgezeichnet. Auch bei Außenlufttemperaturen von 38°C waren die Raumlufttemperaturen nicht höher als 26°C. Die Ursachen hierfür in der Reihenfolge ihres Einflusses: außenliegender Sonnenschutz, hohe thermisch aktive Gebäudemasse, Nachtluftkühlung und adiabate Zuluftkühlung.
Der heizungstechnisch interessante erste Winter brachte einen Wärmeverbrauch von 200 MWh/Heizperiode, prognostiziert waren 130 MWh/Heizperiode.
Die Luftqualität in den Klassenzimmern ist ausgezeichnet und entspricht den Voraussagen. Die Überströmung der Luft von den Klassenzimmern in die Flure /Flure als Abluftkanäle) funktioniert. Die Abschaltung nicht benutzter Klassenzimmer ist zu verbessern. Thermische Besonderheiten einzelner Räume haben eine große Bedeutung für die Einregulierung von Luftmenge und Lufttemperatur.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Broschüre zur Einweihung, Internet www.energiesparschule.de, Vorträge, Besichtigungen


Fazit

Erfolgreiche erste Umsetzung der Passivhaustechnologie bei einem Schulgebäude, hoher architektonischer Anspruch im Einklang mit der Passivhaustechnologie, Beispiel für gute Architektur wichtig für die Durchsetzung neuer Technologien im Hochbau, Integration von Gebäudetechnik in Architektur und In-nenarchitektur verursacht erhöhten Planungsaufwand, höherer Koordinierungsaufwand bei der Bauleitung besonders durch die Luftführung im Doppelboden, positives, zukunftsweisendes Image führt zur Identifikation aller Projektbeteiligten mit dem Projekt, erhöhtes handwerkliches Engagement führt zu hoher ästhetischer und funktioneller Qualität, Synergieeffekt zwischen Heizwärmeeinsparung und hoher Luftqualität durch kontrollierte mechanische Be- und Entlüftung nachgewiesen, genaue Abstimmung der Luftmenge und Lufttemperatur für die einzelnen Räume erforderlich, die Ausführung der Lüftungstechnik ohne Einzelraumregelung ist thermisch in Ordnung, die Abschaltung der Belüftung durch schließen der Lüftungsklappen in der Überströmung in den Flur ist wenig effizient, sommerlicher Komfort ausgezeichnet, Konstruktion der Klassenzimmerfenster mit Nachtlüftungsöffnungen ergibt die architektonisch gewollten bündigen Fassadenübergänge, weitere energetische und lüftungstechnische Untersuchungen zum ganzjährigen Gebäudeverhalten wünschenswert.

Übersicht

Fördersumme

354.325,27 €

Förderzeitraum

01.01.2001 - 30.03.2005

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik