Projekt 17213/01

Passivhaus vs. Niedrigenergiehaus am Beispiel von Studierendenwohnhäusern auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld – Wärmerückgewinnung bei der mechanischen Wohnungslüftung, Auswirkungen auf Wohnverhalten, Raumluftqualität und Energieeffizienz

Projektträger

Umwelt-Campus Birkenfeld Entwicklungs- und Management GmbH
Hasselt, Gebäude 9935
55768 Hoppstädten-Weiersbach
Telefon: 06782/171000

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Umwelt-Campus Birkenfeld Entwicklungs- und Management GmbH hat auf dem Umwelt- Campus Birkenfeld zwei Studierendenwohnheime mit jeweils 36 Plätzen errichtet, die Ende 2000 fertig gestellt wurden. Es handelt sich um baugleiche Objekte, wobei ein Wohnheim als Passivhaus und das andere als Niedrigenergiehaus realisiert wurde. Durch diese Vorleistung ergab sich die Möglichkeit des Vergleichs der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen der Wärmerückgewinnung bei der mechanischen Wohnungslüftung sowie der Nutzerzufriedenheit an baugleichen Objekten unter identischen, praxisrelevanten Randbedingungen.
Der Untersuchung lag die Fragestellung zu Grunde, ob der Passivhausstandard in der an diesem Standort umgesetzten technologischen Variante in Energieverbrauch, Wohnkomfort und Nutzerzufriedenheit dem Niedrigenergiehausstandard vorzuziehen ist. Dabei ging es weniger um die Überprüfung der technischen Komponenten als vielmehr um Praktikabilität bei der Nutzung als Studierendenwohnheim und die Zufriedenheit der Bewohner, ihr Nutzerverhalten sowie den Einfluss des Nutzerverhaltens auf den Energieverbrauch der Gebäude.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEine Besonderheit des Projekts war, dass vergleichende Langzeitmessungen an baugleichen Häusern unterschiedlicher Baustandards vorgenommen wurden. Als Untersuchungsdesign wurde eine Kombination aus (messtechnischem) Vergleich von Energieverbrauch, Raumlufthygiene und Nutzerverhalten sowie darauf abgestimmter sozialwissenschaftlicher Untersuchung in Form von mündlichen standardisierten Befragungen gewählt.
Arbeitspakete:
1. Messtechnischer Vergleich
2. Untersuchung der Raumlufthygiene
3. Sozialwissenschaftliche Begleitstudie
4. Ökobilanzierung der Referenzobjekte/ Vergleich von Soll- und Ist-Daten des Passivhauses
5. Verbreitung der Ergebnisse


Ergebnisse und Diskussion

Das Passivhaus auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld hat im Rahmen dieser Untersuchung im Hinblick auf Energieverbrauch und auch teilweise im Hinblick auf die Nutzerzufriedenheit schlechter als das Nied-rigenergiehaus abgeschnitten. Die Überprüfung der planerischen und technischen Daten hat ergeben, dass unser Gebäude 9902 rein rechnerisch eigentlich gar kein Passivhaus ist. Wir kommen bei der Nut-zung des Passivhaus-Projektierungs-Paketes unter der Voraussetzung einer Wohnungsnutzung (die ja gegeben ist) nämlich auf einen zu erwartenden Energieverbrauch von 16,6 kWh/(m2a) und erreichen somit nicht den Passivhaus-Standard. Darüber hinausgehend verbraucht jedoch unser Gebäude 9902 im-mer noch deutlich mehr Energie als projektiert, sogar mehr Energie als das Niedrigenergiehaus.
Als wesentliche Ursachen für den überhöhten Energieverbrauch des Passivhauses haben sich im Rahmen dieser Untersuchung folgende Punkte heraus kristallisiert:
· Lange Abwesenheitszeiten der Bewohner an Wochenenden und in Ferienzeiten (® fehlende interne Wärmegewinne)
· Trotz Aufklärung nicht angepasstes Lüftungsverhalten (® überproportionale Lüftungswärmeverluste in der kalten Jahreszeit)
Eine zusätzliche Umweltentlastung konnte mit unserem Passivhaus auf dem Umwelt-Campus im Vergleich zum Niedrigenergiehaus nicht erreicht werden. Für uns als Gebäudebesitzer und Vermieter bedeutet das Passivhaus bei höheren Baukosten einen Mehraufwand an Wartung und entgegen den ursprünglichen Erwartungen erhöhte Energiekosten und vergleichsweise unzufriedenere Bewohner als im baugleichen Niedrigenergiehaus (Zuglufterscheinungen, schlechter Luftabzug, Hellhörigkeit, Gerüche ziehen durch die Wohnung). Auch die Installation eines Nachheizregisters kann in diesem Fall die Problematik der fehlenden internen Wärmegewinne ebenso wie des nicht angepassten Lüftungsverhaltens der Bewohner nicht ausgleichen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Forschungsprojekt mit seiner Methodik und den bisher vorliegenden Ergebnissen wurde in mehrere thematisch geeignete Weiterbildungsangebote der Akademie der UCB GmbH integriert, wird auf der In-ternetseite der UCB GmbH bekannt gemacht und Besuchern bei Führungen über den Campus erläutert. Eine Veröffentlichung im Magazin gemeinderat in der Themenausgabe Facility Management ist vorgesehen.


Fazit

Die Gegenüberstellung der beiden Häuser auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld hat gezeigt, dass die technischen Parameter eines Passivhauses ganz eng auf die Struktur der Nutzer, ihre Bedürfnisse und Anwesenheitszeiten abgestimmt werden müssen, damit die erforderlichen und projektierten Energieverbrauchswerte erreicht werden können. Lange Abwesenheitszeiten, trotz Aufklärung nicht angepasstes Lüftungsverhalten sowie fehlende technische Regelungsmöglichkeiten in den einzelnen Appartements (Verbesserung des Luftabzugs) lassen die Energieverbrauchswerte des Passivhauses in die Höhe schnellen und bewirken sogar eine Schlechterstellung des Passivhauses gegenüber dem Niedrigenergiehaus. Zu geringe interne Wärmegewinne bringen insbesondere in den Ferienzeiten für die Bewohner Zuglufterscheinungen, eine ungenügende Erwärmung der Appartements und damit insgesamt eine geringere Wohnzufriedenheit mit sich.
Eine zusätzliche Umweltentlastung konnte mit unserem Passivhaus auf dem Umwelt-Campus, dem ersten Studierendenwohnhaus in Deutschland, welches als Passivhaus zertifiziert wurde, im Vergleich zum Niedrigenergiehaus nicht erreicht werden. Für uns als Gebäudebesitzer und Vermieter bedeutet das Passivhaus bei ca. 25% höheren Baukosten einen Mehraufwand an Wartung und entgegen den ursprünglichen Erwartungen erhöhte Energiekosten und vergleichsweise unzufriedenere Bewohner als im baugleichen Niedrigenergiehaus.
In zukünftigen Bauprojekten für Studierende, die im Passivhausstandard realisiert werden, sollten die langen Abwesenheitszeiten der Bewohner ebenso wie die Wohnform der Wohngemeinschaft (im Gegensatz zu Familie) berücksichtigt werden und in entsprechende technische Konzepte münden, beispielsweise in die Ermöglichung von Einzelraumregelungen.

Übersicht

Fördersumme

80.000,00 €

Förderzeitraum

25.01.2002 - 25.01.2005

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik