Projekt 15877/01

Innovativer Ansatz eines grenzüberschreitenden vorbeugenden Hochwasserschutzes durch dezentrale Maßnahmen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft sowie der Landwirtschaft im Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße

Projektträger

Universität HannoverInstitut für Wasserwirtschaft, Hydrologie undlandwirtschaftlichen Wasserbau
Appelstr. 9 A
30167 Hannover
Telefon: 0511/762-2557

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Häufung extremer Hochwasserereignisse in den letzten Jahren gibt Anlass, über neue Wege zu ihrer Beherrschung oder Eingrenzung nachzudenken. Während sich die Maßnahmen bisher darauf konzentrierten, die von den ablaufenden Hochwasserwellen ausgehenden Gefahren abzuwehren bzw. Schäden in Grenzen zu halten, geht das vorliegende Projekt von dem Ansatz aus, dass ein bisher ungenutztes Potential besteht, die Abflüsse bereits am Ort ihrer Entstehung zu reduzieren. Ausgehend von den Erfahrungen mit dezentralen Bewirtschaftungsmaßnahmen in Siedlungsgebieten wurden im vorliegenden Projekt insbesondere Maßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen untersucht und hinsichtlich ihrer Gesamtwirkung im Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße simuliert.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Einzugsgebiet der Lausitzer Neiße wurde hinsichtlich der für die Abflussbildung relevanten Daten mit Geografischen Informationssystemen möglichst detailliert erfasst, so dass sich die für eine Änderung der Abflussbildung in Frage kommenden Siedlungs- und Ackerflächen herausheben. Hinsichtlich der Siedlungsflächen wurden auf der Grundlage der Erfahrungen in anderen Projekten die realisierbaren dezentralen Versickerungs- und Rückhaltemaßnahmen planerisch ermittelt und für die nachfolgenden Niederschlag-Abfluss-Simulationen aufbereitet. Hinsichtlich der Ackerflächen wurden grundlegende Untersuchungen zur Frage der Erhöhung der Versickerungs- und Rückhalteeigenschaften durchgeführt. Besonderes Gewicht lag dabei auf der Mulchsaat-Technik. Neben der Auswertung bereits durchgeführter Untersuchungen wurden zusätzliche Felduntersuchungen durchgeführt. Es folgten Niederschlag-Abfluss-Simulationen des Gesamtgebiets unter Vorgabe historischer hochwasserverursachender Niederschlagsperioden für den Ist-Zustand des Gebiets einerseits (unter Kalibrierung der Modellrechnung an hydraulischen Messdaten) und für zukünftige Zustände unter Berücksichtigung der vorgenannten dezentralen Maßnahmen andererseits. Die ermittelten Unterschiede wurden an den Abfluss- und Wasserstandsganglinien der simulierten Hochwasserereignissen längs des Hauptgerinnes der Lausitzer Neiße verdeutlicht. Es wurde eine verallgemeinerbare Vorgehensweise entwickelt, die auch in anderen Einzugsgebieten anwendbar ist.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts bestätigen die These, dass es sowohl im Bereich der Landwirtschaft wie der Siedlungswasserwirtschaft ein bisher ungenutztes Potential zur Hochwasserreduzierung gibt, dessen künftige Nutzung zur Lösung der Hochwasserprobleme beitragen kann.
Am Beispiel des Einzugsgebiets der Lausitzer Neiße wurde das Potential und die Wirkung dezentraler Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungsgebieten und konservierender Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft auf das Hochwassergeschehen untersucht.
Im Rahmen interdisziplinärer Zusammenarbeit wurden hierzu die bodenkundlichen und landwirtschaftlichen Verhältnisse der Region erfasst und bewertet. Die Auswertung zahlreicher Feldversuche bestätigt und quantifiziert die erhöhte Infiltrationsfähigkeit konservierend bearbeiteter Böden im Vergleich zur konventionellen Bearbeitung. Außerdem werden Abhängigkeiten von der Fruchtfolge, der Jahreszeit und der Vorfeuchte festgestellt.
Die Projektion dieser Erkenntnisse auf den sächsischen Teil des Einzugsgebiets der Lausitzer Neiße mit Hilfe von Niederschlag-Abfluss-Simulationen zeigte, dass sowohl in kleinen (14 km²) als auch großen (450km²) Einzugsgebieten die Hochwasserabflüsse signifikant reduziert werden. Die Wirksamkeit dieses vorbeugenden Hochwasserschutzes wurde darüber hinaus nicht nur für kleine und mittlere Hochwasser, sondern auch für extreme Hochwasser nachgewiesen.
Beispielsweise ergeben die Berechnungen bezogen auf die Lausitzer Neiße in Höhe der Stadt Ostritz (Kloster St. Marienthal), dass durch eine konservierende Bodenbearbeitung allein im deutschen Teil des Einzugsgebiets die Abflussfülle des Gesamtgebiets bei ausgeprägten Hochwasserereignissen in einer Größenordnung von 7 % reduziert werden. Dieses ist eine beachtliche Hochwasserminderung, mit der die im Bereich Ostritz geplanten Eindeichungen und der damit zusammenhängende Verlust an Überschwemmungsfläche mehr als kompensiert werden kann.
Ausgehend von den Ergebnissen der Niederschlags-Abfluss-Simulation wurde der vorbeugende Hochwasserschutz aus der Sicht der Raumordnungsplanung betrachtet. Dabei wurden einerseits die rechtlichen und verwaltungstechnischen Aspekte vorbeugender Hochwasserschutzmaßnahmen in Deutschland, Tschechien und Polen dargestellt und andererseits für das hier untersuchte Einzugsgebiet ein raumordnerisches Umsetzungskonzept erarbeitet.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Durch den hohen Bedarf an Eingangsdaten ergab sich eine enge Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Behörden, Planern und Betroffenen bereits aus der Projektarbeit. Von den Landesumweltämtern Sachsens und Brandenburgs über die Staatlichen Umweltfachämter und die Umweltämter der Städte Görlitz und Zittau bis hin zu regionalen Verbänden, Planungsbüros und Landwirten reicht die Bandbreite derer, die über dieses Projekt informiert worden sind und ggf. mit ihren Informationen und Daten zum Gelingen beigetragen haben.
Um darüber hinaus das Forschungsvorhaben einer möglichst breiten fachlich interessierten Öffentlichkeit vorzustellen, wurde das Projekt auf Tagungen und Seminaren vorgestellt. Explizit sind in diesem Zusammenhang die Jahreskonferenz der European Geophysical Society (24.-29.4.2000), die IRMA-Fachtagung in Schwaigern (28./29.05.2001) sowie ein Seminar des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft, Dresden (25.4.2001), zu nennen. Außerdem wurde das Projekt auf der 6. Internationalen Sommerakademie (16.-21.7.2000) und dem NATO Advanced Research Workshop (8.-12.11.2001) beide in St. Marienthal/ Ostritz vorgestellt.


Fazit

Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens zeigen, dass dezentrale Maßnahmen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft und der Landwirtschaft hochwirksame Instrumente für einen vorbeugenden Hoch-wasserschutz sind, die bei der Entwicklung von Hochwasserschutzkonzepten auf jeden Fall in Betracht gezogen werden sollten. Die Größe des Speicherpotentials, das durch diese Maßnahmen erschlossen werden kann, rechtfertigt den Aufwand für die Erarbeitung einzugsgebietsweiter Hochwasserkonzepte. Die Vorgehensweise und Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens dokumentieren, dass mit modernen Planungsinstrumenten (GIS und N-A-Modelle) und in interdisziplinärer Zusammenarbeit die Grundlagen für nachhaltige Hochwasserschutzkonzepte durch dezentrale Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Übersicht

Fördersumme

348.668,34 €

Förderzeitraum

10.05.1999 - 31.12.2001

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik