Projekt 15693/01

Modellvorhaben: Entwicklung von modellhaften Restaurierungsmethoden für umweltgeschädigte glasierte Ziegel und Terrakotten an national bedeutenden Kulturdenkmälern Norddeutschlands

Projektträger

Norddeutsches Zentrum für Materialkundevon Kulturgut (ZMK) e. V.
Hinüberstr. 19
30175 Hannover
Telefon: 0511/279008-30

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Glasierte grobkeramische Erzeugnisse wie glasierte Ziegelsteine oder glasierte Terrakotten wurden in Norddeutschland häufig verwendet. Die Städte wollten mit den aufwendig hergestellten glasierten Ziegeln ihre Bauwerke schmücken und ihren Reichtum demonstrieren. Ein Großteil dieser Glasuren ist von Verwitterung betroffen und zeigt heute gravierende Schäden. Aufgrund dieser massiven Schäden, die wiederum Zerstörungen am Ziegel selbst nach sich ziehen, mussten bereits zahlreiche alte glasierte Ziegel gegen neue ausgetauscht werden. Für die Zukunft ist weiter ein stetiger Verlust an glasierter Oberfläche mit der Folge der Zerstörung auch des keramischen Trägers zu befürchten.
Durch das Projekt sollten:
§ Schadensfortschritte deutlich verlangsamt bzw. verhindert werden
§ mögliche Schäden im Entstehen erkannt und deren Ausbildung verhindert werden
§ Ersatzmaterialien gefunden werden, die weitgehend an das Original angepasst und stabil gegen äußere Einflüsse sind.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Projektarbeiten gliedern sich in folgende Schwerpunkte:
1. Bestands- und Zustandsanalyse an den Modellobjekten
2. Entwicklung und Erprobung von Konsolidierungsmaterialien von Ersatzmaterialien für Glasuren
3. Modellhafte Erhaltungsmaßnahmen an ausgewählten Denkmalobjekten
4. Dokumentation der Ergebnisse und Durchführung einer Abschlussveranstaltung
Es wurden alle restauratorische Methoden zur Bestand- und Zustandserfassung eingesetzt. Die experimentellen Projektarbeiten wurden zunächst an Modellpräparaten für den keramischen Grundkörper und die Glasuren durchgeführt. Vor der praktischen Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen wurden diese an Musterflächen am Original erprobt. Alle erforderlichen naturwissenschaftlichen Methoden zur Charakterisierung und Bewertung der keramischen Materialien wurden eingesetzt. Neue Methoden für zerstörungsfreie Untersuchungen wurden erprobt.


Ergebnisse und Diskussion

Die vier Portale der St. Jakobi Kirche in Perleberg wurden als Modellobjekt für die glasierte Baukeramik, das Bürgerhaus in der Lüner Str. 3 in Lüneburg als Modellobjekt für polychromglasierte Terrakotten ausgewählt. Als Vergleichsobjekt wurde die Stiftskirche in Bützow mit seinem umlaufenden Fries aus glasierter Baukeramik, und das Bürgerhaus Am Sande 1 in Lüneburg mit seinen über 30 Terrakotta- Medaillons untersucht. Als Grundlage zur Planung und Bewertung der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen wurde eine integrale Objekterfassung durchgeführt.
Für das Gebäude in der Lüner Str. 3 wurde auf der Grundlage dieser Untersuchungen sowohl für die Terrakotten - Medaillons als auch für das Gebäude das notwendige Ausmaß der Erhaltungsmaßnahmen erkannt und formuliert. Neben den Terrakotten zeigt auch die Gebäudesubstanz gravierende Schäden. Erhaltungsmaßnahmen sind dringend erforderlich. Wie aufgrund des Gipsmörtels als Mauermörtel und Setzmörtel vermutet, spielt Gips als Schadensfaktor eine besondere Rolle. Mit der Methode der Röntgendurchstrahlung wurde erfolgreich erprobt, die Bereiche mit originalen Bleiglasuren zu erfassen. Die Möglichkeiten der Konservierung und Restaurierung der Terrakotten wurden, basierend auf den Erkenntnissen der umfangreichen Projektarbeiten, anhand der Musterrestaurierung einer Terrakotta umgesetzt.
Die Schadensanalyse der vier Portale der St. Jakobi Kirche in Perleberg zeigt eine starke Vergipsung der geschädigten Ziegel. Die digitale Nahbereichsfotographie als Vor Ort-Methode zur Zustandsbeschreibung kam hier zum Einsatz. Da diese tiefgreifende Gipsbelastung nicht ohne größeren Schaden für die Originalsubstanz entfernt werde kann, wurden Lösungen gesucht und gefunden, um mit derartig geschädigtem Material umzugehen. Hier wurde eine angepasste Schlämme eingesetzt, die die bisherige Originalsubstanz erhält, jedoch dann anstelle dieser verwittern wird. Durch geeignete Pflege- und Wartungsmaßnahmen, wird es möglich sein, die Originalsubstanz möglichst lange zu erhalten.
Nach umfangreichen Versuchen wurde an den Portalen zum ersten Mal OROMOCER® G zur Sicherung loser Glasurbereiche und als Glasurersatzmaterial eingesetzt. Eine Langzeitbeobachtung ausgewählter Musterstellen wird erfolgen. Alle Portale wurden im Projektverlauf im Sinne des denkmalpflegerischen Konzeptes, d. h. mit minimalen Eingriffen eine maximale Substanzerhaltung der glasierten und unglasierten Backsteine zu erreichen, saniert. An der Stiftskirche in Bützow, an der die Sanierung des umlaufenden Frieses zeitgleich mit den Projektarbeiten stattfand, lag der Schwerpunkt der Untersuchungen in einer Analyse der Schadensfaktoren im Sockelbereich der Kirche und in der Überprüfung der Eignung der eingesetzten glasierten Ersatzziegel im Vergleich zum Sockelmauerwerk. Die Untersuchungen zeigten, dass bei der vorhandenen Feuchte- und Salzbelastung die Ersatzziegel nicht zu einer stärkeren Belastung des Umfeldes führen, sondern dass eher umgekehrt die Sanierziegel auf Grund ihrer nur mäßigen Eignung stärker Feuchte und Salz aufnehmen werden. Sie zeigten darüber hinaus bereits beim Einbau eine starke Craquelé-Bildung, so dass keine lange schadensfreie Standzeit prognostiziert werden kann.
Die Fassade und die Terrakotten des Bürgerhauses Am Sande 1 in Lüneburg wurden untersucht. Die Ergebnisse flossen in die Sanierung der Fassade mit ein, die in den Jahren 2003 und 2004 stattfand. Für das Jahr 2005 sind restauratorische Maßnahmen an den Terrakotten in Planung.
Die umfangreichen Arbeiten der Projektpartner finden sich in 7 Diplom- und 15 Facharbeiten sowie zahlreichen Projektberichten wieder.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zum Abschluss des Gesamtprojektes wurde am 8. März 2005 im Museum für das Fürstentum Lüneburg in Lüneburg eine Abschlussveranstaltung durchgeführt. Um die Ergebnisse des Projektes einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde eine Ausstellung zusammengestellt. Auf 15 Postern werden die Projektergebnisse und die Restaurierungsarbeiten an den Objekten vorgestellt. Schauobjekte in vier Vitrinen dienen der weiteren Veranschaulichung. Sieben Publikationen zum Projekt sind veröffentlicht.


Fazit

Durch die gute Zusammenarbeit aller Projektpartner konnten deutliche Fortschritte insbesondere bezüglich von Konsolidierungs- und Ersatzmaterialien für Glasuren erzielt werden.
Die Ergebnisse der Projektarbeiten wurden insbesondere bei der Restaurierung der Portale in Perleberg und der Musterrestaurierung einer Terrakotta umgesetzt. Weitere Restaurierungsarbeiten, basierend auf den Ergebnissen des Projektes sind in Planung, so dass die Übertragung der Projektergebnisse in die Praxis bereits stattgefunden hat und weiter stattfindet.

Übersicht

Fördersumme

375.799,53 €

Förderzeitraum

25.04.2000 - 31.03.2005

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik