Projekt 15490/01

Entwicklung und Durchführung modellhafter Methoden zur Beseitigung von Umweltschäden an den wertvollen historischen Glasfenstern der Quedlinburger Nikolaikirche (Sachsen-Anhalt)

Projektträger

Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai
Carl-Ritter-Str. 16
06484 Quedlinburg
Telefon: 03946/2545

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Wiederherstellung und Sicherung umweltgeschädigter historischer Glasmalereien aus den Jahren 1904 und 1908 in der Quedlinburger St. Nikolaikirche. Anlass waren die ortsbedingten intensiven Schadstoffeinwirkungen aus der Umwelt. Sie betrafen die Gläser und Schwarzlotmalerei der fünf farbigen Verglasungen, aber auch die Halterungssysteme. Es drohten schwerwiegende Verluste


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Sanierung der Glasmalerei unter Begleitung eines Fachgremiums und die notwendigen naturwissenschaftlichen Untersuchungen sind in einem Zeitraum von drei Jahren vorgesehen. Durch die Einrichtung einer isothermischen Schutzverglasung nach entwickelten Modellverfahren innerhalb des großen Verbundprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Nr. Az. 04281 und durch die Wiederherstellung der geschädigten Glasmalereipartien unter Aufsicht eines Fachgremiums sowie mit naturwissenschaftlichen Voruntersuchungen der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung wird eine vollständige Sanierung der Umweltschäden erwartet. Die praktischen Maßnahmen werden von zwei ausgebildeten Glasmalereirestauratoren durchgeführt. Außerdem erfolgen durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Glaszusammensetzung und dem Zustand der Malschicht.
Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu erwartende unzureichende Abstimmung der Materialien Glas und Glasmalfarbe sowie oftmals beobachtete zu geringe Einbrenntemperaturen spielen hierbei ebenso eine Rolle wie die chemischen Beständigkeiten der Malfarben, die sich in dieser Zeit durch höhere B2O3-Anteile verringern. Hierzu erfolgen auch Simulationsuntersuchungen an Modellgläsern in der Klimakammer.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des geförderten DBU-Projektes wurden zwei Fenster des südlichen Seitenschiffes der Nikolaikirche in Quedlinburg durch die Glasrestauratorin Frau Ilona Berkei bearbeitet. Es handelt sich um die Fenster s VII und s IX. Im weiteren wurden zwei vollständige Fenster des Hohen Chores der Nikolaikirche in Quedlinburg (s II und n II) sowie die Maßwerkteile des Chorabschlussfensters (I) durch den Glasrestaurator Herrn Hans-Georg Losert bearbeitet.
Zu den Maßnahmen zählten:
1. Einbau einer Schutzverglasung aus Verbund-Sicherheitsglas mit Blei-Rautenmuster in Anlehnung an historische Verglasungen auf der Nordseite der Nikolaikirche.
2. Die Restaurierung der farbigen Glasmalerei und Einbau als Vorhangfenster.
Zwischenschritte der Restaurierung:
a) Reinigung der bemalten Gläser in vier Schritten:
· 2-stündige Tränkung mit 70-%-igem Isopropylalkohol zum Abtöten des festgestellten Sporenbefalls durch Aspergillus niger
· mit auf 30 °C erwärmtes Wasser mit Spülmittelzusatz
· mit Isopropylalkohol
· mit Aceton
b) Fixierung lockerer Schwarzlotmalschichten mit Paraloid B 72 unter dem Mikroskop
c) Klebung und Ergänzung beschädigter Gläser
d) Rahmung in Kupfer-U-Profil
e) Ansetzen von Bleilappen
f) Zusätzliche Sicherung der unteren Felder durch eine in das Gewände eingelassene U-Profil-Schiene aus V4A-Stahl
3. Restaurierung der geschädigten Maß- und Stabwerke.
4. Sicherung und teilweise Erneuerung der Windeisen.
5. Einbau neuer Schwitzwasserkästen aus Blei.
6. Anfertigung einer Dokumentation.
Alle Arbeiten wurden unter Mitwirkung der BAM und Kontrolle und Anleitung durch die Arbeitsstelle des CVMA, vertreten durch Herrn Dr. Drachenberg und die örtliche Bauleitung durchgeführt.
Die naturwissenschaftlichen Begleiterscheinungen zeigten, dass alle Glassorten chemisch gut beständig und allenfalls ein leichtes Irisieren der Oberfläche aufweisen. Schäden durch Zersetzungsprozesse sind nicht eingetreten, obwohl einzelne Proben in ihrer Zusammensetzung deutlich vom Mittelwert der beständigen 19. Jahrhundert-Gläser abweichen. Dagegen sind die Malschichten an einigen Stellen , insbesondere des Fensters nII erheblich angegriffen. In den Schwarzlotfragmenten deutlich geschädigter Bereiche wurden Bleisalze (Carbonate und Sulfate) als Verwitterungsprodukte der Malschichtsubstanz nachgewiesen. Klimaschrankexperimente an Modellproben zeigten, dass alle verwendeten Malfarben bei hoher Schadstoff- und Feuchtebelastung stark korrodieren. Die den Werkstätten Losert und Berkei empfohlenen Reinigungsbehandlungen wurden bei der Restaurierung genau befolgt. Eine Besonderheit im Bestand der Nikolaikirche waren die an einigen Stellen der Südfenster aufgetretenen starken Korrosionsschäden an den Bleien im Bereich der Deckschienen. Infolge eingedrungener Feuchtigkeit zwischen Blei und Deckschiene sind hier elektrochemische Korrosionsprozesse durch den Kontakt der verschiedenen Metalle zustande gekommen, die man in frei liegenden Bereichen, wo eine schnellere Trocknung erfolgen kann, nicht findet. Vermutlich haben die ferner vorhandenen Kittreste auch eine Rolle gespielt. Bei der Materialkombination Blei-Kitt-Eisen muss vor engem Kontakt gewarnt werden, insbesondere wenn über längere Zeit Wasser hinzukommt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektarbeiten wurden durch Pressemitteilung veröffentlicht. Von der BAM liegt ein Laborbericht vor. Eine umfangreiche Publikation der naturwissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse wurde bei der Zeitschrift restauro eingereicht. Die Arbeit wird voraussichtlich im Spätsommer erscheinen.
Jährlich am 06.12. wurde der Gemeinde in einem Dankgottesdienst der Zwischenstand vorgestellt. Am diesjährigen Gottesdienst zum Namenstag werden die Endergebnisse präsentiert.


Fazit

Die im Projektantrag aufgeführten Arbeiten und Forschungen wurden im Verlauf der Projektarbeit behandelt und zu einem Ergebnis gebracht, das auch als variables Modell andernorts angewendet werden kann.

Übersicht

Fördersumme

92.032,54 €

Förderzeitraum

08.03.1999 - 08.03.2002

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik