Projekt 14848/01

Modellhafte Beseitigung komplexer Korrosionsschäden am romanischen Wurzel-Jesse-Fenster von St. Patrokli/Soest (Nordrhein-Westfalen)

Projektträger

Kath. Kirchengemeinde St. Patrokli
Propst-Nübel-Str. 2
59494 Soest
Telefon: 05251/59741

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Wurzel-Jesse-Fenster aus St. Patrokli in Soest wurde um 1160/66 geschaffen und zählt zu den ältesten Glasmalereien Deutschlands. Auf Grund starker Korrosions- und Umweltschäden wurden die Scheiben bereits 1974 eingelagert, da nach dem damaligen Stand der Technik eine Bearbeitung nicht geraten schien. Glücklicherweise hat die Restaurierungstechnologie seither erfreuliche Fortschritte gemacht. Außerdem stehen heute noch hochqualifizierte Diplom-Glasrestauratoren zur Verfügung, so dass nun verschiedene neue Technologien nach ausführlichen, objektbezogenen Testreihen z.T. erstmalig zur Anwendung kommen sollen. Im Vordergrund des Projektes (eingebettet in ein differenziertes Restaurierungskonzept) soll die Beseitigung der komplexen Korrosionsschäden stehen, damit die kostbaren Scheiben wieder in Soest der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNach einer Untersuchungsphase, in der verschiedene neuere Technologien für die Glasmalerei-Restaurierung zu adaptieren und zu testen sind, ist es vorgesehen, die optimierten Methoden bei der Be-arbeitung des Wurzel-Jesse-Fensters aus Soest einzusetzen. Neben verschiedenen bereits bekannten und bewährten Restaurierungstechniken sollen insbesondere folgende neu zu entwickelnden Methoden nach ausführlicher Prüfung und Abwägung ihrer Vor- und Nachteile zum Einsatz kommen:
1. Ermittlung eines möglichst schonenden Verfahrens zur Abtötung von mikrobiologischem Befall, z.B.: Berührungsfreie Aerosol-Bedampfung mit Isopropanol oder Bestrahlung mit hohen Dosen von UV-Licht.
2. Anwendung von flüchtigen Bindemitteln (Cyclododecan, Trycyclen-Canphen oder Menthol) bei der Abtragung der abgetöteten Pilzmatten und Korrosionskrusten.
3. Anwendung von flüchtigen Bindemitteln als Abdeckschicht und Korrosionsabdichtung bei der Kantenanbindung von gesprungenen Gläsern.Dieses neue Verfahren wurden bislang nur vereinzelt und ohne genauere Überprüfung in der Glasmalerei-Restaurierung eingesetzt. Es steht zu erwarten, dass die Anwendung an den Soester Scheiben auch für zukünftige, komplexe Restaurierungsarbeiten an historischen Glasmalereien von großem Nutzen sein wird.


Ergebnisse und Diskussion

In Zusammenarbeit mit Dipl.-Restauratorin Frau G. Möhrle, im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Fachhochschule Köln und den Dipl.-Restauratoren, Frau Els Peumans und Herr Jürgen Albert der Glasmalerei Dr. H. Oidtmann, Linnich, wurde unter Betreuung von Frau Professor Jägers (Fachhochschule Köln) angefangen mit der Voruntersuchungsarbeiten zur Konservierung und Restaurierung des Wurzel-Jesse-Fenster St. Patrokli aus Soest.
Dipl. Restauratorin Frau G. Möhrle hat die Untersuchungen vorgeschlagen und getestet. Jede Maßnahme wurde durch die Restauratoren der Glasmalerei Oidtmann überprüft und durch eine begleitende Kommission abgestimmt und festgelegt.
1. Verfahren zur Abtötung von mikrobiologischen Befall:
Nach Analyse der unterschiedlichen Beläge wurde festgestellt, dass es sich ausschließlich um Verschmutzungspartikel und organisches Material handelte, deswegen sollten Sie von den Glasoberflächen abgenommen werden.
Die Untersuchungen zu Pilzbehandlungen haben gezeigt, dass der Einsatz von einem Aerosol Generator (Ultraschallzerstäuber AGS 2000 - mit Hilfe von Ultraschallwellen wird die Ethanollösung in ein sehr feines Aerosol umgewandelt) notwendig ist. Diese Technik stellte nicht nur eine berührungsfreie Möglichkeit dar, die gefährdeten Malschichten einer Pilzbehandlung zu unterziehen, sondern dass diese Methode auch die schonendste und gleichsam die Effektivste war. Die Abfolge einer Behandlung vor der Reinigung und zwei Ethanolbehandlungen nach der Reinigung im Abstand von 3 - 7 Ta-gen führte zu einem sehr befriedigendem Erfolg.
2. Flüchtige Bindemittel (Trycyclen-Camphen, Cyclododecan und Menthol)
Zur Anwendung von flüchtigen Bindemitteln wurden verschiedene Proben ausgeführt und bewertet. Diese Bindemittel sind unpolare, organische Verbindungen, cyclische Kohlenwasserstoffe. Sie sind nicht giftig, umweltverträglich und sind bei Raumtemperatur (20° - 25°C) in Festform. Durch ihren hohen Dampfdruck verdampfen sie rückstandsfrei.
Für das Wurzel-Jesse-Fenster aus Soest wurde dieses Verfahren, nach den Voruntersuchungen, nicht eingesetzt, da die Problematik mit lockerer Schwarzlotmalerei, Ausdünnung der Korrosionskrusten und Festigung der Malerei nicht so dramatisch war, wie vorher gedacht. Diese Maßnahmen konnten in der üblichen Art (mittels eines feinen Pinsels, unter dem Mikroskop und mit viel Geduld) und der jahrelangen Erfahrung der Glas-Restauratoren durchgeführt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Über das Wurzel-Jesse-Fenster (1160-66) aus St. Patrokli in Soest, wurde mit Herrn Dr. Korn (Westfälisches Amt für Denkmalpflege) am 29. März 2000, ein Interview von der Redaktion Mosaik, WDR, auf-genommen.
Das fertig restaurierte Fenster wurde von April 2001 bis Januar 2002 im Glasmalereimuseum Linnich der Öffentlichkeit präsentiert.
Am 22. Mai 2001 wurde ein kleines internationales Colloquium im Glasmalereimuseum Linnich abgehalten, an dem viele Experten aus dem Bereich Konservierung und Restaurierung von historischen Fenstern teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit wurde die durchgeführten Restaurierungsarbeiten vorgestellt und mit den Fachleuten diskutiert. Dabei konnten einige mittelalterliche Scheiben auch unter dem Mikro-skop genau in Augenschein genommen werden.
Das restaurierte Fenster wurde nach der Ausstellung im Glasmalereimuseum Linnich in eine klimatisierte Vitrine im Rüstkammer-Museum im Turm der St. Patrokli-Kirche in Soest eingesetzt.


Fazit

Diese Erfahrungen mit den neuen Methoden (d.h. Aerosolgenerator und den flüchtigen Bindemitteln) haben nach vielen Überprüfungen gezeigt, dass beide neuen Techniken für die Konservierung und Restaurierung von historischen Bleiverglasungen einen wertvollen Beitrag geliefert haben. Die Aerosol-Bedampfung ist sehr einsetzbar zur Behandlung von Mikroorganismen, wobei das Objekt nicht mechanisch zerstört wird, bei dem Abtrag von Mikroorganismen. Flüchtige Bindemitteln sind ebenfalls einsetzbar, obwohl da eine neuere Zusicht ausgeübt werden muss, d. h. zur Abdeckung von verschmutzten Glasoberflächen, als Festigung von lockerer Schwarzlotmalerei. Diese flüchtigen Bindemittel können in der Zukunft für andere Kommissionen zur Restaurierung von Bleiverglasungen angewandt werden. Weitere Informationen über dieses Verfahren kann man in der Diplomarbeit von Frau Dipl.-Restauratorin Frau G. Möhrle nachlesen.

Übersicht

Fördersumme

59.545,05 €

Förderzeitraum

15.01.1999 - 12.02.2002

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik