Projekt 13843/01

Mobiles Fernmeßsystem für meteorologische Ausbreitungsparameter (SADRASS)

Projektträger

METEK Meteorologische Meßtechnik GmbH
Fritz-Straßmann-Str. 4
25337 Elmshorn
Telefon: 04121/4359-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Gefordert wurde die Entwicklung eines hochauflösenden Fernmessverfahrens für die atmosphärischen Ausbreitungsparameter von Schadstoffen, d.h. die Erfassung von Wind, Temperatur und Turbulenz mit einer räumlichen Auflösung von 10 m über einen Bereich vom Erdboden bis 250 m Höhe. Ziel des Projekts ist ein Messsystem, das auch in stark inhomogener Strömung, wie sie z.B. in der Nähe von Gebäuden auftritt, und unter schwierigen Messbedingungen eingesetzt werden kann. Damit sind Fernmessungen der Ausbreitungsparameter in Städten und in unmittelbarer Nähe von Emittenten wie z. B. Industrieanlagen sowie Messungen direkt an Windkraftanlagen möglich.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie bisher bekannten Doppler-Verfahren zur Bestimmung von Ausbreitungsparametern berechnen den Windvektor aus Streusignalen, die auf unterschiedlich gerichteten Sendestrahlen gewonnen werden. Der Windvektor wird also aus Messungen in räumlich getrennten Volumina zusammengesetzt. Dies ist nur zulässig, wenn räumliche Homogenität angenommen werden kann, was in der Nähe von Strömungshindernissen nicht gegeben ist. Eine zweite Schwierigkeit herkömmlicher Fernmessverfahren in der Nä-he von großen Strukturen, wie z.B. Gebäuden, ist das Echo von diesen Strukturen, da die Sendestrahlen weder von akustischen noch von elektromagnetischen Radars perfekt gebündelt werden.
Mit sogenannten Spaced Antenna Drift (SAD) Verfahren wird der Windvektor in einem gemeinsamen Volumen erfasst. Hierbei werden mehrere vertikal gerichtete Antennen als Empfänger verwendet und die empfangenen Signale miteinander korreliert. Diese Technik wurde bereits vor längerer Zeit für Radar-Windmessungen in der mittleren und höheren Atmosphäre entwickelt, sie ist aber in der bodennahen Atmosphäre bisher kaum eingesetzt worden. Das Verfahren ist im Gegensatz zu den herkömmlichen Doppler-Verfahren von der Annahme horizontaler Homogenität der Windströmung weitgehend unabhängig.
Bei dem entwickelten System wird die Streuung elektromagnetischer Wellen an den mit Schallwellen verbundenen atmosphärischen Brechungsindex-Schwankungen ausgenutzt. Das Empfangssignal liefert die Schallgeschwindigkeit in Richtung des Sendestrahls. Zusätzlich zu einem Radar wird daher eine Schallquelle benötigt. Dieses Verfahren wird als Radio Akustisches Sondierungssystem (RASS) be-zeichnet. Es wurde ursprünglich entwickelt, um aus der Schallgeschwindigkeit Temperaturprofile abzuleiten. Da die Schallgeschwindigkeit in der Atmosphäre jedoch nicht nur von der Temperatur, sondern auch vom Wind abhängt, können mit diesem Verfahren auch Windprofile bestimmt werden. Dabei können sowohl herkömmliche Doppler-Messungen mit geschwenkten Strahlen oder auch SAD-Verfahren einge-setzt werden. Windmessungen mit RASS sind bisher nur an der Universität Hamburg realisiert worden. Sie sind wegen der Dämpfung und Verdriftung der Schallwellen in der Atmosphäre auf relativ geringe Reichweiten begrenzt. Dies ist für die vorgesehene Anwendung jedoch kein Nachteil. Der große Vorzug ist dagegen, dass die RASS-Signale auch in Gegenwart starker Störechos detektiert werden können. Auf diese Weise wird der Einsatz in unmittelbarer Nähe von Strömungshindernissen ermöglicht. Die Kombination der beiden beschriebenen Prinzipien wird mit dem Arbeitstitel SADRASS zum Ausdruck gebracht.
Im ersten Arbeitsschritt wurden die Vor- und Nachteile des Doppler-RASS und des Bragg-RASS analysiert. (Im ersten Fall werden Schallimpulse verwendet, im zweiten Fall ein kontinuierliches Schallsignal.) Da sich die Konstruktion des Radars in beiden Fällen stark unterscheidet, musste hier vor Beginn der technischen Realisierung eine Entscheidung getroffen werden.
Parallel dazu wurden die zur Zeit bekannten SAD-Algorithmen im Hinblick auf ihre Eignung bewertet. Es wurde eine Liste der aussichtsreicher Verfahren aufgestellt und daraus entsprechende Anforderungen an die Konstruktion der Hardware abgeleitet. Hierbei war ein Kompromiss zwischen dem technischen Aufwand und der notwendigen Vielseitigkeit zu finden.
Vor Beginn der System-Konstruktion musste die Radarfrequenz festgelegt werden. In Frage kommende Frequenzen sind 1290 MHz oder 2450 MHz. In die Entscheidung flossen u.a. die Auswirkungen auf den Messbereich, die Messgenauigkeit, die erforderliche Sendeleistung, die Antennengröße, die mögliche Umgebungsbelästigung und die Stellungnahme der für die Betriebsgenehmigung zuständigen Regulie-rungsbehörde ein.
Das System soll zur Erleichterung des Transportes möglichst kompakt aufgebaut sein. Daher wurde der Einsatz gemeinsamer Sende- und Empfangsantennen erprobt.
Zur nachträglichen Verifizierung und Weiterentwicklung von Algorithmen wurde die Möglichkeit der Rohdatenspeicherung mit nachfolgender Datenauswertung vorgesehen. Im praktischen Einsatz wird dagegen die Berechnung der Wind-, Temperatur- und Turbulenzprofile immer on-line erfolgen. Hierfür ist eine Menü-geführte Benutzeroberfläche entwickelt worden, die u.a. auch die Visualisierung der Daten in verschiedenen Formaten sowie den bequemen Zugriff auf gespeicherte Daten unterstützt.


Ergebnisse und Diskussion

Die Voruntersuchungen zeigten, dass sich Messungen nach dem SAD-Prinzip mit einem Doppler-RASS nicht realisieren lassen und daher ein Bragg-RASS die einzige Alternative für das hier geplante Messgerät darstellt.
Ebenso zeigten die Voruntersuchungen, dass die Verwendung der Frequenz 2450 MHz keine Vorteile in technischer oder kostenbezogener Hinsicht bietet, sodass die Frequenz bei 1290 MHz gewählt wurde, mit der die größere Höhenverfügbarkeit zu erwarten ist.
Weiter zeigte der Vergleich verschiedener Algorithmen zur Bestimmung der Horizontalwindgeschwindigkeit mit Hilfe des SAD-Prinzips je nach Verfahren deutliche Unterschiede in der Stabilität der Ergebnisse.
Es wurde schließlich ein Bragg-RASS bei 1290 MHz realisiert, das als SAD-Algorithmus eine im Zeitbereich stattfindende Auswertung mit dem Namen ‚Full-Correlation-Analysis (FCA) verwendet. Dieser Algorithmus hat sich als besonders zuverlässig und stabil unter verschiedenen Messbedingungen und Signalqualitäten erwiesen.
Das System verfügt über eine Sendeantenne von 1.8 m Durchmesser sowie 4 Empfangsantennen mit einem Durchmesser von je 80 cm. Die elektromagnetische Sendeleistung beträgt etwa 100 W. Zwischen der Sende- und den Empfangsantennen befindet sich eine zentrale Schallquelle, die zusammen mit vier um diese Antennen herum angeordneten Schallquellen das für den RASS-Betrieb benötigte Schallsignal erzeugen. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese äußeren Schallquellen unverzichtbar sind, da sonst aufgrund der Verdriftung des Schallsignals bei höheren Windgeschwindigkeiten eine zu geringe Höhenverfügbarkeit erreicht worden wäre. Die Schallquellen bestehen aus 4x4 Arrays von Hornlautsprechern mit einer mittleren Leistung des einzelnen Hornstrahlers von 10 W.
Das System ist auf einem ca. 2 m x 5 m großem PKW Anhänger aufgebaut, der eine komfortable Mobilität bietet. In diesem Aufbau sind die elektromagnetischen Antennen sowie die zentrale Schallquelle fest installiert. Die vier äußeren Schallquellen sind für den Transport leicht zu demontieren und im Anhänger zu verstauen. Die gesamte Sende- und Empfangselektronik ist ebenfalls zusammen mit einem Auswerterechner im Anhänger integriert, sodass für Messkampagnen nur noch eine externe Stromversorgung (230 VAC, 16 A) benötigt wird. Zur Anbindung an andere Datenerfassungsrechner kann eine optionale Datenleitung ergänzt werden. Das System kann sowohl über einen Bedienrechner vor Ort als auch über die Datenleitung oder eine Modemverbindung bedient und gesteuert werden. Für die verschiedenen Daten-Zwischenprodukte (wie z.B. Empfangsspektren und Korrelationsfunktionen) und die meteorologischen Messergebnisse (Wind- und Temperaturprofile) existieren Visualisierungsprogramme undDarstellungsmöglichkeiten (bis hin zum On-line Ausdruck), die eine einfache Bedienung des Gerätes und kontinuierliche Überwachung der Messfunktion möglich machen.
Erste Messungen mit dem fertiggestellten Prototypen zeigen eine Signal-Verfügbarkeit über 80 % bis zu 250 m Höhe. Um eine weitere Bewertung der Qualität der Messwerte vorzunehmen, wurde im Mai 2002 in einem Windpark eine Vergleichsmesskampagne mit In-Situ-Sensoren an einem Mast durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Messungen werden im Sommer 2002 vorliegen und die Leistungsspezifikationen des Systems abschließend festlegen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Präsentationen
Das System SADRASS wurde auf der internationalen Konferenz ISARS2002 vom 24. - 28. Juni in Rom vorgestellt. Bei dieser Konferenz handelt es sich um eine Fachkonferenz über atmosphärische Fernerkundung mit akustischen Hilfsmitteln.
Regelmäßig wurde das SADRASS im Rahmen von Messebeteiligungen (AMS 2002 Orlando, Windenergy 2002 Hamburg, WWEC 2002 Berlin) interessierten Kreisen von Anwender erläutert.
Vorträge
Validierung eines Radarinterfometrie-Profilers unter Verwendung eines In-Situ-Sensors, Deutsch-Österreichisch-Schweizerische Meteorologen-Tagung, 18. - 21. 09.2001, Wien, Österreich
Ein mobiles Fernmeßsystem zum hochaufgelösten Bestimmung von Profilen des Windvektors sowie der mittleren Temperatur (SADRASS), 7. Dreiländertagung der Windtechnologischen Gesellschaft e.V., 22. und 23. 11. 2001, TU Braunschweig
Introduction to a new ground based wind and temperature profiler, COST 720, 17. - 19.06. 2002, LAquilia; Italien
SADRASS, a compact wind- and temperature profiler for difficult sites ISARS2002, 24. - 28.06.2002, Rom, Italien
Artikel in Fachzeitschriften
A mobile Remote-Sensing System for High-Resolved Wind Vector Profiles and Average Temperature Profiles (SADRASS), ESPR-Sonderheft Atmosphärische Diagnostik, Erscheinungsdatum: Ende 2002


Fazit

Mit dem SADRASS wurde ein sehr mobiles und leistungsfähiges Werkzeug zur atmosphärischen Fernerkundung geschaffen, das sich besonders für schwierige Messbedingungen und hohe Anforderungen an die zeitliche Auflösung der Messungen eignet. Erste Voruntersuchungen für eine Installation auf einer Offshore-Plattform und auch in der unmittelbaren Umgebung von Wind-Energie-Konvertern wurden erfolgreich durchgeführt und zeigen weitere Anwendungsgebiete auf, die von bisher verfügbaren atmosphärischen Fernerkundungsverfahren nicht bedient werden konnten.

Übersicht

Fördersumme

254.751,18 €

Förderzeitraum

01.03.1999 - 31.12.2001

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Umwelttechnik