Projekt 13062/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Entwicklung eines nachhaltigen biokatalytischen Verfahrens zur Darstellung enantiomerenreiner Wirkstoffvorstufen mit Hilfe kälteaktiver Enzyme

Projektträger

Dr. André Rieks - Labor für Enzymtechnologie GmbH
Deichstr. 25 a
25436 Uetersen
Telefon: 04122/9066-43

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Mit Hilfe kälteaktiver Lipasen oder Esterasen soll ein nachhaltig umweltgerechtes Verfahren zur Darstellung enantiomerenreiner, pharmazeutischer Wirkstoffvorstufen entwickelt werden. Besonderes Augenmerk wird dabei der Verfahrensoptimierung hinsichtlich einer Minimierung von Abfällen und Energiekosten und der Optimierung der Produktausbeuten gelten. Die im Rahmen des Vorhabens zu synthetisierenden Verbindungen stellen Schlüsselsubstanzen von hoher Gesundheitsrelevanz dar und bergen hinsichtlich ihrer vielfältigen Verwendung als Synthesevorstufen enantiomerenreiner Pharmazeutika ein immenses Marktpotenzial. Zahlreiche in enantiomerenreiner Form benötigte Medikamente, wie z. B. antivirale Wirkstoffe, Atemwegstherapeutika oder Asthmamittel, können effizient und umweltschonend aus den Schlüsselsubstanzen synthetisiert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen des Projekts soll das biokatalytische Potenzial gut charakterisierter Enzyme durch Methoden der gerichteten Evolution hinsichtlich verfahrensrelevanter Parameter (Kälteaktivität, Substratspezifität, Enantioselektivität) optimiert werden. Zusätzlich sollen anforderungsgerecht ausgewählte Lipasen oder Esterasen aus neu isolierten Psychrophilen hinsichtlich einer Verfahrenstauglichkeit getestet und gegebenenfalls in den Prozess integriert werden. Begleitend sollen alle notwendigen Aktivitäts- und Chiralanalytiken etabliert werden. Eine effiziente Darstellung der Wirkstoffvorstufen erfordert zwingend die Entwicklung eines neuen Synthese- und Produktaufbereitungsverfahrens, welches einerseits eine effektive Darstellung, andererseits eine effiziente, kostengünstige Isolierung der Verbindungen aus dem Reaktionsansatz ermöglicht. Durch eine optimierte Prozessführung sollen die Produktreinheiten und -ausbeuten signifikant verbessert werden. Das entwickelte Verfahren soll direkt in den Produktionsmaßstab umgesetzt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Frühphase des Projekts wurde in enger Absprache zwischen den Projektpartnern Rieks GmbH und Universität Greifswald genutzt, um die Modellsubstrate (Acetatester der sekundären Alkohole) in ausreichenden Mengen zu synthetisieren und die notwendige GC- und HPLC-Analytik zu etablieren. Im Rahmen eines umfangreichen Screenings wurden vom Projektpartner Universität Greifswald Esterasebibliotheken insbesondere auf Selektivität für die Modellsubstrate 3-Hydroxytetrahydrofuran und 3-Butin-2-ol getestet. Für dieses Screening wurde ein neuer, im Haus etablierter Acetat-Assay erfolgreich im Mikrotiterplatten-Maßstab eingesetzt. Es wurden ausgehend von Esterasen (BsteE, BsubE, BsubpNBE, PFEI und SDE) durch error-prone PCR zahlreiche neue Esterasebibliotheken generiert. Insgesamt wurden etwa 1500 neu generierte Klone und 5500 in Esterasebibliotheken des Arbeitskreises bereits vorhandene Varianten auf Aktivitäten gegenüber 2-Acetoxy-3-butin und Tetrahydrofuryl-3-acetat getestet. Ausgehend von den Esterasen PFEI, SDE und BsubpNBE zeigten erfreulicherweise nahezu alle in der error-prone PCR generierten Varianten hohe Aktivität gegenüber 2-Acetoxy-3-butin. Von den aktiven Klonen konnte eine Variante der PFEI als viel versprechend enantioselektiv ausgewählt, durch Sequenzierung als Dreifachmutante identifiziert und näher charakterisiert werden. Durch Quik Change wurden weitere Doppel und Einfachmutanten aus der Dreifachmutante erzeugt. Detaillierte enzymkinetische Untersuchungen führten letztlich zur Auswahl einer für das (S)-2-Acetoxy-3-butin hoch enantioselektiven Doppelmutante. Dieses im Projektverlauf bei der Universität Greifswald erfolgreich hergestellte enantioselektive Enzym wurde dem Projektpartner Rieks GmbH zur Verifizierung übergeben. Nach Optimierung der Reaktionsparameter, insbesondere einer Absenkung der Reaktionstemperatur auf 10°C, erreichte das Enzym einen stabilen 50 %-igen Umsatz mit einem E-Wert von > 90. Im Hinblick auf die großtechnische Umsetzung der Resultate erfüllt diese Enzymmutante somit entscheidende Parameter zur großtechnischen Gewinnung von enantiomerenreinen 3-Butin-2-ol. Auf Grund eines frühzeitig verfügbaren Enzym-Systems, das auch bei tiefen Temperaturen und damit verbundener hoher Selektivität ausreichend aktiv war, konnte indes für das 1-Methoxy-2-propanol die Basis zur Etablierung eines leistungsfähigen Scale-up beim Projektpartner Rieks GmbH frühzeitig geschaffen werden. Der Industriepartner UNA-Synth GmbH konnte bereits nach 6-monatiger Projektlaufzeit wesentliche Arbeiten zum Aufbau einer Anlage zur enantioselektiven Synthese und zur Produktaufbereitung beginnen. Kernstück der Entwicklungsarbeiten war dabei die Etablierung einer Extraktionsanlage zur mehrstufigen und selektiven Poduktaufbereitung und gewinnung. Diese Anlage ermöglichte im Modellsystem die Isolierung und Gewinnung der enantiomerenreinen Produkte aus dem Reaktionsgemisch durch eine Festphasen-Extraktion mittels eines selekti-ven Adsorbens und einer anschließenden stufenweise Eluierung der an die Festphase gebundenen Substanzen mit niedrig siedenden Lösemitteln. Gleichzeitig konnte ein zusätzlicher Prozessschritt zur Abtrennung der bei der Racematspaltung anfallenden Essigsäure eingespart werden. Aus ökologischer wie ökonomischer Sicht ist von besonderem Vorteil, dass die gewählte Festphase nach Regeneration wieder verwendet werden kann. Nachdem diese Arbeiten frühzeitig erfolgreich abgeschlossen waren, konnte auch das Scale-up aus dem Labormaßstab heraus früher als geplant eingeleitet werden. Bei diesem Scale-up traten keine wesentlichen unvorhersehbaren Probleme auf, sodass der biotechnologische Herstellungsprozess für (S)-1-Methoxy-2-propanol als erfolgreich etabliert und zugänglich angesehen werden kann. Hinsichtlich der Einsparung von Lösungsmitteln, der Regeneration von Festphasen-Material und der Vermeidung problematischer Phosphatpuffer wurden bei der Prozessetablierung sowohl ökologische als auch ökonomische Ansprüche berücksichtigt und evaluiert.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In der zurückliegenden Projektphase wurden von den Partnern eine Reihe internationaler Messen zur Präsentation der Zielprodukte genutzt. Hervorzuheben seien hier beispielsweise die Active Ingredients Conference 2003 in Paris oder die CPhI (Chemical and pharmaceutical ingredients) in den Jahren 2002 bis 2004 in Paris, Frankfurt a.M. und Brüssel. Des Weiteren wurden wissenschaftliche Tagungen wie das DBU-Symposium anlässlich der DECHEMA-Jahrestagung der Biotechnologen 2003 in München, die Biocat 2002 & 2004 in Hamburg, die BioPerspectives 2004 in Wiesbaden, das Tutzing Symposium 2004 (Perspektiven der Biokatalyse) sowie die Tagung Weiße Biotechnologie: Erfolgsfaktor für Innovationen und nachhaltiges Wirtschaften in der Chemischen Industrie besucht und Projektergebnisse präsentiert. Neben zahlreichen Posterbeiträgen resultieren aus dem Vorhaben 4 hochwertige Zeitschriften-Publikationen.


Fazit

Im Rahmen des Vorhabens konnte ein Verfahren zur biotechnologischen Synthese enantiomerenreiner sekundärer Alkohole erarbeitet werden. Der mittlerweile erreichte technische Stand genügt prinzipiell den Anforderungen an eine Herstellung des enantiomerenreinen sekundären Alkohols (S)-1-Methoxy-2-propanol im Kilomaßstab. Entsprechende Kampagnen zur Vermarktung des Produkts befinden sich im Status der Akquisition. Apparativ ist das Verfahren flexibel auf vergleichbare Synthesen übertragbar. Eine enantiomerenreine Herstellung der Zielsubstanzen 3-Hydroxytetrahydrofuran und 3-Butin-2-ol kann prinzipiell, basierend auf den erarbeiteten Projektergebnissen, erfolgen, sobald entsprechende enantioselektive Enzyme im präparativen Maßstab zur Verfügung stehen. Zielsetzung im Projekt war insbesondere die Integration enantioselektiver Esterasen in Verfahren zur Synthese enantiomerenreinen 3-Butin-2-ols oder 3-Hydroxytetrahydrofurans. Beim Projektpartner Universität Greifswald wurde im Rahmen einer um-fangreichen Generierung neuer Esterase-Mutanten ein gegenüber (S)-2-Acetoxy-3-butin hoch enantioselektives Enzym hergestellt und in der finalen Projektphase dem Partner Rieks GmbH übergeben. Im Projektanschluss müssten nun alle relevanten Reaktionsbedingungen dahingehend optimiert werden, dass eine maximale Enantioselektivität bei gleichzeitig hohem Umsatz an 2-Acetoxy-3-butin einen Herstellungsprozess ermöglicht. Die erfolgreiche Umsetzung der enzymatischen Racematspaltung von 1-Methoxy-2-propylacetat zur Gewinnung des enantiomerenreinen Alkohols hat die Leistungsfähigkeit der Strategie einer Reaktionsführung bei tiefen Temperaturen belegt.

Übersicht

Fördersumme

751.700,30 €

Förderzeitraum

05.12.2001 - 30.06.2005

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik