Projekt 13042/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Entwicklung innovativer Strategien zur effizienten und umweltschonenden Bekämpfung von Biofilmen in der Lebensmittelindustrie am Beispiel der Bierabfüllung

Projektträger

Universität OsnabrückFachbereich Biologie/ChemieAbt. Mikrobiologie
Barbarastr. 11
49076 Osnabrück
Telefon: 0541-969-2864

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in der Lebensmittel-herstellenden und -verarbeitenden Industrie verlangen sowohl einen hohen Aufwand an Arbeitszeit als auch an Chemikalien und Energie. Allein für den Bereich der deutschen Getränkeindustrie belegen die mit hohem Sicherheitsfaktor am hygienisch sensiblen Flaschenfüller durchgeführten Maßnahmen 20-30 % der Gesamtabfüllzeit und führen zu einem Verbrauch von über 2000 Tonnen an Reinigungs- und Desinfektionsmitteln pro Jahr. Zum Einsatz kommen quaternäre Ammoniumverbindungen, Biguanide, Hypochlorite, Laugen, nichtionische und anionische Tenside, sowie oxidierende Wirkstoffe wie Wasserstoffperoxid und Peressigsäure. Weitere Kosten werden durch die Entsorgung und durch den erhöhten Wartungsaufwand infolge der korrosiven Eigenschaften vieler R+D-Mittel verursacht.
Im Sinne eines produktionsintegrierten Umweltschutzes sollte am Beispiel der Abfüllung von Bier eine deutliche Einsparung bei den für R+D-Maßnahmen eingesetzten Ressourcen erreicht werden. Die Projektpartner legten eine 50 %ige Verringerung des Einsatzes von Bioziden und Reinigungsmitteln sowie eine 20 %ige Senkung des Energieaufwands durch eine bedarfsorientierte Dosierung und durch einen zielorientierten Einsatz als realistisches Ziel des Forschungsprojekts fest.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst war es erforderlich, den Abfüllprozess von Bier mikrobiologisch zu erfassen, um Kontaminationsquellen aufzuspüren und Eintragspfade von unerwünschten Mikroorganismen zu erkennen und zu schließen. Abfüllanlagen aus zwei Brauereien, einem mittelständischen Unternehmen und einem Großbetrieb, wurden vollständig demontiert und mikrobiologisch beprobt. Die Mikroorganismen, die die vorhandenen Biofilme bildeten, wurden mit Hilfe chemotaxonomischer (Lipidanalytik) und molekularbiologischer Methoden (rRNA-gerichteter Sonden) charakterisiert. Mit Hilfe optischer Sensoren wurde die Entwicklung (Auf- und Abbau) von Biofilmen registriert und die Effektivität von Reinigungsmaßnahmen überprüft. Der Sensor wurde darüber hinaus im Langzeiteinsatz getestet. Auf der Basis der mikrobiologischen Befunde wurden konstruktionsbedingte Änderungen an einer Abfüllanlage (hygienic design) und Modifikationen im Reinigungsprotokoll (Dosage der R+D-Mittel, Wassertemperatur) eingeführt. Die aufgrund dieser Maßnahmen erzielte Ersparnis an Arbeitszeit, Bioziden und Energie wurde von einer unabhängigen Stelle (DECHEMA) projektbegleitend quantifiziert.


Ergebnisse und Diskussion

Die umfassende mikrobiologische Analyse des Anlagenstatus durch eine Kombination mehrerer kultivierungsunabhängiger Methoden stellte ein detailliertes Bild von den tatsächlich vorhandenen Mikroorga-nismengemeinschaften zur Verfügung. Aufgrund dieser umfangreichen Daten wurde das vorherrschende Bild von der Bildung und Zusammensetzung von Biofilmen auf Abfüllanlagen in wesentlichen Teilen korrigiert und ergänzt. Als dominierende Organismen in nahezu allen untersuchten Biofilmen wurden verschiedene Fremdhefen nachgewiesen; weitere häufig nachgewiesene Organismen waren verschiedene Pseudomonas-Spezies. Trotz intensiver R+D-Maßnahmen zeigten viele der untersuchten Biofilme eine unerwartet hohe Diversität. Essigsäurebakterien, die in den bestehenden Modellen zur Biofilmbildung eine zentrale Rolle spielen, konnten nur in wenigen Fällen nachgewiesen werden. Lactobacillen spielten ebenfalls quantitativ keine Rolle in den untersuchten Biofilmen. Aufgrund der hier gewonnenen Erfahrungen gehen die Projektpartner davon aus, dass durch weitere Untersuchungen mit modernen mikrobiologischen Methoden weitere wesentliche Erkenntnisse über die Besiedlung von technischen Anlagen und die Bildung und Zusammensetzung von Biofilmen gewonnen werden können. Diese Daten werden ein erhebliches Potenzial für eine weitere Anpassung und Optimierung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen besitzen.
Der in diesem Projekt entwickelte optische Sensor zur quantitativen Detektion von Biofilmen in Echtzeit hat sich im Langzeiteinsatz über mehrere Monate bewährt. Die sich in einem Prozesswasserrohr bildenden Beläge konnten in Echtzeit detektiert werden und besondere Einflüsse, wie Reinigungsmaßnahmen, im Sensorsignal abgebildet werden. Da das Konzept dieses Sensors als überaus erfolgversprechend beurteilt wurde, wird die Weiterentwicklung und Vermarktung des Sensors in Zukunft von einer zu diesem Zweck neugegründeten Firma betreut.
Die ökologische und ökonomische Bewertung der Projektergebnisse im Rahmen der Stoffstromanalyse zeigte, dass die konstruktiven Änderungen der Anlage im Verbund mit einer Reduktion des R+D-Mitteleinsatzes zu einer Biozidreduktion von 41,5 % geführt haben. Der Energiebedarf zur Heißwasseraufbereitung konnte um ca. 40 % reduziert werden und der Gesamtwasserbrauch um 36 %. Durch die umfassende Stoffstromanalyse konnten darüber hinaus auch Einsparungen im Bereich der R+D-bezogenen Arbeitszeit von 2,5 % der Gesamtarbeitszeit nachgewiesen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde in Vorträgen auf folgenden Fachtagungen vorgestellt:
- Auftaktseminar zum Projekt, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, 17.02.2000
- Seminar Trends in der mikrobiologischen Qualitätskontrolle ANALYTIKA 2000, München, 11.04.2000
- Statusseminar zum Projekt, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, 09.11.2001
- 89. Brau- und maschinentechnische Arbeitstagung der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB), Dortmund, 13.03.2002.
- Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) Jahrestagung, Göttingen, 24.-27.03.2002
- Abschlussseminar zum Projekt, Zentrum für Umweltkommunikation, Osnabrück, 17.06.2003
- Forum for Applied Biotechnology (FAB), Gent, Belgien, 18.-19.09.2003- 90. Oktobertagung der VLB, Berlin, 06.-08.10.2003
- European Brewery Convention (EBC) Symposium Sanitary Engineering & HACCP, Bonn, 01.12.2003


Fazit

Im Bereich der lebensmittelverarbeitenden Industrie sind eine Vielzahl von Hygienisierungsmaßnahmen nicht an den aktuellen Bedarf angepasst und werden aufgrund fehlender Statusinformationen prophylaktisch hochdimensioniert eingesetzt. Ein gleichbleibend hoher Hygienestandard kann dagegen auch mit reduzierten, angepassten Maßnahmen erreicht werden, wenn mit geeigneten Methoden die Anwesenheit, die Menge und die Art der vorhandenen Mikroorganismengemeinschaften aufgeklärt wird. Die Reduzierung der Maßnahmen, bei gleichbleibend hohem Hygienestatus, bewirkt eine deutliche Reduzierung des Biozid- und Energieverbrauches und wirkt sich damit kostensenkend auf den Abfüllprozess aus.

Übersicht

Fördersumme

686.650,68 €

Förderzeitraum

01.06.1999 - 17.06.2003

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik