Projekt 13028/01

Förderschwerpunkt-Biotechnologie: Verbund Sensorik in der Biotechnologie: Optimierung der Tryptophanproduktion durch Entwicklung neuartiger Biosensoren bei der Amino GmbH

Projektträger

Leibniz Universität HannoverZentrum Angewandte ChemieInstitut für Technische Chemie
Callinstr. 5
30167 Hannover
Telefon: 0511/762-2509

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei der biotechnologischen Produktion des für den Menschen essentiellen und hochwertschöpfenden L-Tryptophans im Betrieb der AMINO GmbH dienen die Aminosäure Serin, welche betriebsintern aus Zu-ckerrübenmelasse gewonnen wird, und die Chemikalie Indol als Ausgangssubstanzen, die mit dem Enzym (Biokatalysator) Tryptophansynthase zu Tryptophan umgesetzt werden. Bei dem Prozess wird nicht das hochreine Enzym eingesetzt, sondern eine Wildtypmutante von Escherichia coli verwendet, die das Enzym intrazellulär anreichert. Zur optimalen Prozessführung ist es notwendig, die Serin-, Indol- und Tryptohankonzentration zu messen, um die gesamte Reaktionskinetik und die variierende Biokatalysatoraktivität ständig zu erfassen und die Reaktandenkonzentration dementsprechend optimal einzustellen. Nur so kann in kurzer Zeit unter optimaler Katalysatornutzung und -schonung die maximale Produktivität erreicht werden, die direkt eine Umweltentlastung und Einsparung von Ressourcen mit sich bringt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZiel des Projekts ist die Entwicklung und der Einsatz eines innovativen Messsystems, mit Hilfe dessen es möglich ist, aktuelle Prozesszustände schneller zu erfassen und somit die Prozessführung dahingehend zu optimieren, dass eine maximale Raum-Zeit-Ausbeute, ein geringer Indolverbrauch sowie eine hohe Produktkonzentration gewährleistet sind. Dazu wird ein 2-D-Prozessfluorimeter an den Prozess angekoppelt, das online alle Fluorophore (unter Fluorophoren versteht man Substanzen, die beim Be-strahlen mit Licht einer bestimmten Farbe Licht einer anderen Farbe ausstrahlen) innerhalb kürzester Zeit erfassen kann. Die gewonnenen Messdaten werden mit unterschiedlichen Verfahren analysiert. Die Datenauswertung und Prozessregelung wird mit in das Projekt einbezogen, um dem komplexen Zusammenspiel von Biotransformation, Prozessmonitoring und Prozessregelung zur Maximierung der Raum-Zeit-Ausbeute im Sinne einer ressourcenschonenden Prozessführung gerecht zu werden. Durch die bereits bestehende Erfassung innerbetrieblicher Stoffströme wird eine bilanzierende Bewertung im Sinne eines betrieblichen Umweltkostenmanagments für dieses modellhaft in die Praxis umgesetzte Forschungsprojekt möglich sein: dadurch können qualitative und quantitative Umweltentlastungen oder Ressourcenschonungseffekte anhand valider Fakten festgehalten und beispielhaft dargestellt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Damit im Verlauf des Tryptophan-Produktionsprozesses im Werk der AMINO GmbH eine regelmäßige Online-HPLC-Analyse von Tryptophan und Indol möglich ist, wird durch eine Probenschlaufe am Produktionsreaktor ein kontinuierlicher Volumenstrom entnommen. Zur Messung der 2-D-Fluores-zenzspektren wurde in diesem Bypass eine Durchflussmesszelle installiert, an die durch einen Lichtleiter das Fluoreszenzspektrometer angeschlossen wird. Des Weiteren wurden auch Proben für eine Offline-HPLC-Analytik genommen. Als fluoreszierende Substanzen liegen in der Reaktionsmischung zum einen Indol und Tryptophan vor, zum anderen fluoreszierende Bestandteile der eingesetzten Serinlösung. Serin selbst fluoresziert nicht, die Fluoreszenzfarbstoffe sind Inhaltsstoffe der Zuckerrübenmelasse, die auch durch die vorhergehende chromatographische Aufreinigung nicht entfernt werden können. Durch Konzentrationsänderungen der Fluorophore im Laufe eines Prozesses ergeben sich Veränderungen der Fluoreszenzintensitäten, wobei in zwei Spektralbereichen signifikante Änderungen auftreten. Mit Hilfe geeigneter mathematischer Modelle kann eine Korrelation der Fluoreszenzspektren mit den Prozessgrößen gefunden werden. Als Referenzmessreihen konnten sowohl die Online-HPLC-Messwerte als auch die Offline-HPLC-Messwerte eingesetzt werden. Da die Offlinemesswerte in größerer Anzahl vorlagen und neben Indol und Tryptophan auch Serin gemessen wurde, wurden diese Messwerte als Referenzwerte ausgewählt.
Ein aus der Literatur bekanntes theoretisches Prozessmodell wurde herangezogen und durch Erweiterung des Modells und Anpassung der Modellparameter an die Offlinemesswerte auf den industriellen Prozess abgestimmt. Aus diesem theoretischen Modell können Prozesssimulationen erstellt werden, die den Verlauf der Prozessgrößen unter Berücksichtigung der Prozessführung darstellen. Aus dem theoretischen Modell wurden die Bedingungen einer optimale Indolkonzentration für eine optimale Produktausbeute kalkuliert, so dass bei einem bekannten Prozesszustand die Indolzugabe für eine optimale Prozessführung berechnet werden kann.
Aus den durch die Simulation erweiterten Referenzmessreihen und den korrespondierenden Fluoreszenzspektren wurden chemometrische Modelle mit dem Programm Unscrambler der Firma CAMO erstellt. Für jede der Referenzmessreihen wurde ein eigenes Partial Least Square Regression Modell erstellt. Zur Modellüberprüfung wurde die Crossvalidierung genutzt, wobei als Gütekriterium des Modells der RMSEC (Root Mean Square Error of Calibration) herangezogen wurde. Mit diesen Modellen können die Prozessgrößen aus den Fluoreszenzspektren online vorhergesagt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vortrag anlässlich der Achema 2000, Frankfurt/M., 22.05. bis 27.05.2000
Poster anlässlich der Biotechnology 2000, Berlin, 03.09. bis 08.09.2000
Vortrag anlässlich des 10. Heiligenstädter Kolloquiums, 09.10. bis 11.10.2000
Vortrag und Poster anlässlich der 19. Dechema-Jahrestagung der Biotechnologen, Leipzig, 13.03. bis 15.03.2001


Fazit

Um eine hohe Vorhersagegüte der Modelle zu erreichen, sollte eine Vielzahl von Spektren mit möglichst fehlerfreien Offlinemesswerten und aus möglichst unterschiedlichen Prozessen zur Kalibration zur Verfügung stehen. Mit jedem Prozess, dessen Fluoreszenzspektren und Referenzmesswerte in die Modellkalkulation mit eingehen, wird die Güte und Stabilität der Vorhersage verbessert.
Die Ergebnisse der Auswertung der Fluoreszenzspektren weisen darauf hin, dass es mit Hilfe chemometrischer Modelle möglich sein wird, sowohl Tryptophan als auch Indol und eventuell Serin online zu bestimmen. Dieses kann jedoch erst durch weitere Referenzmessungen und Online-Vorhersagen bestätigt werden.
Aus dem theoretischen Prozessmodell konnte eine Optimierungsstrategie entwickelt werden, die bei bekanntem Prozesszustand (Prozessbedingungen und Konzentration der Prozessgrößen) eine optimale Indolzugabe für eine hohe Raum-Zeit-Ausbeute, einen geringen Serinverlust und eine geringe Indolendkonzentration berechnet. Für den Einsatz dieser Optimierungsstrategie ist eine zuverlässige Online-Bestimmung der Prozessgrößen (Fluoreszenzmessung) wesentlich.

Übersicht

Fördersumme

188.968,37 €

Förderzeitraum

01.01.1999 - 29.08.2003

Internet

www.tci.uni-hannover.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Umweltforschung
Umwelttechnik