Projekt 12817/01

Elektromagnetische Verträglichkeit von Widerstandsschweißeinrichtungen unter arbeitsmedizinischem Gesichtspunkt

Projektträger

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule(RWTH) AachenInstitut für SchweißtechnischeFertigungsverfahren (ISF)
Pontstr. 49
52062 Aachen
Telefon: 0241/803871

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Forschungsvorhabens ist, festzustellen, ob und inwieweit die bei heutigen und zukünftigen Widerstandsschweißanlagen auftretenden magnetischen Flussdichten und Flussdichtegradienten eine Gesundheitsbeeinträchtigung oder sogar -gefährdung des Bedienpersonals darstellen. Des weiteren sollen Schwellenwerte festgelegt oder vorhandene auf Realitätsnähe untersucht werden.
Darüber hinaus sollen Konzepte zur Erniedrigung der Felder in den Arbeitsbereichen erarbeitet werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Bearbeitung des Projektes gliedert sich zunächst in drei Phasen:
1. Charakterisierung der in der Umgebung unterschiedlicher Widerstandsschweißeinrichtungen auftretenden magnetischen Felder
2. Abschätzung der Risiken aufgrund der bisherigen Literatur
3. Definition der weiteren erforderlichen experimentellen Untersuchungen zur Klärung der Sachverhalte
Die Ermittlung der Feldverteilungen wird nach Absprache mit dem FEMU am ISF durchgeführt. Hierzu wird im speziellen im Bedienfeld an verschiedenen Positionen bei gleichem Strom die Feldstärke in drei richtungsabhängigen Komponenten gemessen. Die Bewertung, im speziellen unter arbeitstechnischem Gesichtspunkt, dieser Aufnahmen findet am FEMU statt und wird anhand sachkundiger Interpretation und Übertragung bisheriger Forschungsergebnisse über die Wirkung elektromagnetischer Felder auf den Menschen durchgeführt. Hierzu wird sachbezogene Literatur gesichtet, selektiert und unter Anwendung anerkannter physikalisch/physiologischer Umrechnungsverfahren auf die Verhältnisse bei Widerstands-Schweißeinrichtungen übertragen.
Weiterhin soll anhand des Datenmaterials ein Modell erstellt werden, das Abschätzungen für auftretende Felder erlaubt. Dieses Modell soll mit weiteren Schweißungen verifiziert werden.
Für die Untersuchung der Möglichkeiten zur Verringerung oder Abschirmung der magnetischen Felder wird zum einen der Ansatz verfolgt, mit Hilfe von Materialien, die eine hohe Permeabilität und Leitfähigkeit besitzen, die hochfrequenten Anteile der Felder zu erniedrigen. Zu diesem Zweck sollen auch vorhandene Einrichtungen untersucht und durch entsprechende Messungen beurteilt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurden vier Anlagentypen untersucht: Mittelfrequenz-Gleichstrom-, Kondensator-Impuls-, Wechselstrom- und Gleichrichterverfahren. Dabei wurden die entstehenden Felder zunächst numerisch berechnet und abschließend messtechnisch überprüft. Bei der numerischen Berechnung wurde nur die sogenannte Ersatzfrequenz berücksichtigt, wohingegen bei der Messung alle Frequenzanteile bis 10 kHz aufgenom-men wurden. Mit Hilfe einer selbstentwickelten Software wurden aus den Messdaten die Maximalamplituden sowie die An- und Abstiegsgradienten extrahiert. Beim Mittelfrequenz-Gleichstromverfahren traten die größten Werte für die Amplitude mit einer Flussdichte von 25,5 mT in einer Entfernung von 25 cm von der Elektrode und Gradient mit 12,3 T/s auf.
Die Recherche zur elektromagnetischen Umweltverträglichkeit von Widerstandspunktschweißanlagen zeigte, dass sich nur sehr wenige Untersuchungen mit der Wirkung nichtsinusförmiger Magnetfelder die-ser Anlagen auf den menschlichen Organismus beschäftigt haben.
Zu den bekannten Effekten elektrischer, magnetischer oder elektromagnetischer Felder beim Menschen gehören Phosphene, die Exzitation von Neuronen, Nerven und Muskeln, thermische Effekte, die Elektroporation und eventuell auch Langzeitwirkungen. Im Umgang mit dem Widerstandspunktschweißen und den dabei entstehenden niederfrequenten Magnetfeldern muss mit einem möglichen Auftreten von Phosphenen und bei sehr großen Stromstärken und geringem Abstand zur Elektrode mit einer möglichen Exzitation von Neuronen, Nerven und Muskeln gerechnet werden. Aufgrund des Frequenzbereiches und der Amplituden des induzierten Wirbelstromes können thermische Effekte und Elektroporation ausge-schlossen werden. Der Aufenthalt von Herzschrittmacherpatienten in der Nähe von sich im Betrieb befindlichen Schweißanlagen kann durch die Magnetfelder der Anlagen zu einer schweren gesundheitlichen Gefährdung aufgrund einer Fehltriggerung oder eines Ausfalls des Schrittmachers führen. Daher ist ihnen nach den gängigen Richtlinien auch der Aufenthalt in diesen Bereichen untersagt.
Die Beurteilung der beim Widerstandspunktschweißen entstehenden Magnetfelder nach den Richtlinien der ICNIRP und der Berufsgenossenschaft mit Hilfe der Spektralzerlegung des Signals zeigte, dass die abgeleiteten Grenzwerte um bis zu 2353% überschritten wurden. Hierbei wurde eine Einstufung des durchschnittlichen Arbeitsplatzes an einer Widerstandspunktschweißanlage in den Expostionsbereich ‚Berufliche Expostion (ICNIRP) bzw. ‚Berufliche Exposition < 2 h pro Tag (BVG B11) vorgenommen. Der Entwurf der BGV B11 stellt zusätzlich zur Spektralzerlegung noch eine Richtlinie zur Beurteilung gepuls-ter Felder zur Verfügung. Dieser Ansatz führt jedoch zu stark abweichenden Grenzwerten und ist noch nicht eindeutig definiert.
Da die magnetische Flussdichte sich umgekehrt proportional zum Abstand von dem Sekundärkreis der Anlage verhält, besteht die einfachste Schutzmaßnahme darin, den Aufenthaltsbereich des Arbeiters in der größtmöglichen Entfernung von den Strom führenden Teilen der Anlage festzulegen. Die beim Schweißen entstehenden Felder sollten schon in der Entwicklungsphase rechnerisch ermittelt werden. So könnte mit Hilfe von konstruktiven Maßnahmen ein Optimum zwischen Belastung des menschlichen Organismus durch magnetische Felder und der Qualität und Effektivität der Anlage erzielt werden. Mit Hilfe der Simulation kann auch ein Aufenthaltsraum für den Bediener gefunden werden, in dem die Belastung für ihn am geringsten ist.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektergebnisse wurden in einem Zwischen- sowie Abschlusskolloquium vorgestellt und in zahlreichen Artikeln in der
Fachpresse veröffentlicht.


Fazit

Beim Vergleich der Messwerte mit den Ergebnissen der numerischen Rechnung war festzustellen, dass die errechneten Werte größer als die der Messung sind. Einmal liegt es daran, dass die Simulation Werte für die nächste Nähe des Sekundärkreises liefert, wo aus geometrischen Gründen keine Messung möglich ist. In der Simulation werden keine leitenden Anlagenteile, wie z.B. Schaltschränke, berücksichtigt, was aber auch vernachlässigt werden darf. Entscheidend ist der Grund, dass bei der Simulation punktuelle Werte angegeben werden können, während bei der konkreten Messung eine Integration über eine Fläche von 100 cm2 stattfindet.
Im Ergebnis der Projektdurchführung entstand ein Tabellenwerk, das die untersuchten Anlagen und die dazugehörigen Messungen enthält.

Übersicht

Fördersumme

140.605,27 €

Förderzeitraum

01.03.1999 - 01.03.2001

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik