Projekt 12450/01

GIS – gestützte Analyse raum-zeitlicher Ausbreitungsmuster der Aujeszkyschen Krankheit

Projektträger

Hochschule VechtaInstitut für Strukturforschung und Planungin agrarischen Intensivgebieten (ISPA)
49364 Vechta
Telefon: 04441/15-344

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (ISPA) bearbeitet in Kooperation mit der Tierärztliche Hochschule Hannover und dem Veterinäramt Osnabrück seit April 1998 ein Forschungsprojekt zur Analyse raumzeitlicher Ausbreitungsmuster der Aujeszkyschen Krankheit (AK). Das Forschungsprojekt wird aus Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Ziel des Projektes ist es, einen Beitrag zur Erkennung der Ausbreitungsmuster einer seit den siebziger Jahren in Norddeutschland weitverbreiteten Tierseuche zu leisten. Das seit Mitte der neunziger Jahre von den zuständigen Veterinärämtern durchgeführte Sanierungsprogramm zur Ausrottung der Aujeszkyschen Krankheit soll auf seine Effektivität überprüft werden. Außerdem sollen Risikofaktoren für Reinfektionen bzw. für die Verzögerung von Sanierungsmaßnahmen ermittelt werden. Gegebenenfalls sollen Vorschläge für Impf- und Sanierungsmaßnahmen für zukünftig eintretende Neuausbrüche entwickelt und formuliert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1) Abgrenzung der Untersuchungsgebiete und Ermittlung der Lage der Schweinehalter
In Absprache mit Vertretern der Veterinärämter Nienburg und Osnabrück wurden Regionen innerhalb der Landkreise ausgewählt, die hinsichtlich der Verbreitung und Eradikation des AK-Virus gegenüber anderen Regionen der Landkreise auffällig waren. So wurden in den Gemeinden Stolzenau und Raddestorf (LK Nienburg) und den Gemeinden Merzen, Neuenkirchen und Voltlage (LK Osnabrück) eine stärkere Verseuchung der schweinehaltenden Betriebe festgestellt und diese als Problemgebiete der Virus-Eradikation identifiziert.
2) Aufbereitung des vorhandenen Datenbestandes
Die von den Veterinärämtern Osnabrück und Nienburg gelieferten Rohdaten mußten vor der Auswertung mittels eines Geographischen Informationssystems aufbereitet werden. Um eine kontinuierliche zeitliche Darstellung des Virusausbreitungs-Verlaufs in den Tierbeständen der ausgewählten Regionen zu erreichen, mußten die Ergebnisse der Untersuchungs- und Sanierungs-Datei miteinander kombiniert werden. Die Zusammenfügung dieser Daten gewährleistet es, den Verseuchungsgrad (Anzahl positiver und negativer Reagenten) jedes Betriebes kontinuierlich darzustellen.
Für diese Daten wurde ein zeitliches Intervall von einem Monat gewählt.
3) Integration der vorhandenen Datenbestände in ein Geographisches Informationssystem (GIS)
Die Auswertung der Datenbestände hinsichtlich des Ausbreitungsmusters der Aujeszkyschen Krankheit erfolgt unter Zuhilfenahme des Desktop-GIS ArcView™ der Firma Environmental Systems Research Institute (ESRI). Durch Verknüpfung der Dateien mit den im GIS vorliegenden Koordinaten der Betriebe ü-ber die Betriebsnummer können sowohl räumliche als auch zeitliche Phänomene dargestellt, abgefragt und analysiert werden
4) Statistische Auswertung der vorliegenden Datenbestände
Es wurden die Tierhalter- Impf- und Untersuchungsdateien der Landkreise Osnabrück und Nienburg für den gesamten Landkreis Osnabrück, den gesamten Landkreis Nienburg, sowie eine ausgewählte Regi-on im Landkreis Osnabrück (Merzen/Neuenkirchen/Voltlage) und eine ausgewählte Region im Landkreis Nienburg (Nendorf/Raddestorf) in die Auswertungen einbezogen.
Nach Aufarbeitung der vorliegenden Daten ergab sich durch diese Vorgehensweise die Möglichkeit einer regional differenzierten, aber dennoch flächendeckenden Auswertung aller Schweinebestände für den Zeitraum 1995 bis 1997, sowie eine Vergleichsmöglichkeit der vier verschiedenen Regionen (LK Osnabrück, LK Nienburg, Region Merzen/Neueukirchen/Voltlage und Region Nendorf/Raddestorf) untereinander.


Ergebnisse und Diskussion

Die zu Beginn des Projektes formulierten Ziele konnten zum größten Teil erreicht werden. Aus den gewonnenen Ergebnissen konnten wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die zukünftige Bekämpfung der Au-jeszkyschen Krankheit abgeleitet werden. Die Ergebnisse bestätigen den bisherigen Kenntnisstand über die Ver- und Ausbreitung dieser Tierseuche. Durch den insgesamt sehr umfangreichen Datenpool erreichten die Resultate einen abgesicherten Wahrscheinlichkeitswert. Endgültige Sicherheit kann aller-dings aufgrund der vielfältigen Ausbreitungsmöglichkeiten des AK-Virus nicht gewährleistet werden. Die-se ist nur durch eine sehr kosten- und zeitintensive Feld- und Laborstudie zu erbringen.
Die Auswertung der Ergebnisse lassen folgende Schlußfolgerungen zu:
· Die bezüglich einer erfolgreichen AK Sanierung gefährdeten Regionen fallen insbesondere durch eine hohe Schweinedichte, eine hohe Betriebsdichte und einen hohen Anteil an Kombibetrieben auf.
· Der Erfolg der Sanierung ist abhängig vom Betriebstyp. Betriebe mit Zucht- und Mastschweinen (Kombibetriebe) tragen bei einer mehr als 40 %-igen Intra-Herden-Prävalenz ein höheres Risiko eines Sanierungsmißerfolges.
· Entscheidend für den Sanierungserfolg ist die Zeitspanne zwischen Identifikation und Elimination der Reagenten. Je früher Reagenten erkannt werden und je schneller sie danach aus dem Bestand entfernt werden, desto größer sind die Chancen einer zügigen Sanierung.
· Die Dauer der Sanierung von einzelnen Herden und die Sanierungsdauer einer Region wird in erheblichem Maße von der Ausgangsprävalenz der AK bestimmt.
· Eine steigende Betriebsgröße beeinflußt den Erfolg der Sanierung tendenziell negativ.
· Reinfektionen sind am wahrscheinlichsten in engen Ortslagen mit einer hohen Betriebs- und Schweinedichte. Bei der Mehrzahl der reinfizierten Bestände ließen sich innerhalb eines Radius von 500 m permanent infizierte oder reinfizierte Betriebe nachweisen.
· Eine eindeutig aerogene Übertragung ließ sich in diesen Untersuchungen nicht eindeutig nachweisen, vielmehr scheint ein sogenannter Nachbarschaftsfaktor, der sich aus verschiedenen Übertragungswegen zusammensetzt, einen Einfluß zu haben.
· Für den Erfolg der Sanierung sind ein konsequentes Monitoring und eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Veterinärbehörden und Tierhaltern notwendig, um eventuellen psychologischen und öko-nomischen Resentiments seitens der Tierhalter entgegenzutreten.
· Keinen wesentlichen Einfluß auf den Erfolg der Sanierungsmaßnahmen hat die Impfhäufigkeit und die Impfdichte, wenn die Mehrzahl der Betriebe ausreichend geimpft ist.
· Die kombinierte Impfung mit Reagentenmerzung ist eine sichere Methode zur Sanierung schweinedichter Regionen von der AK. Entscheidend ist dabei auch eine möglichst schnelle Merzung der Reagenten unter einer geschlossenen Impfdecke.
Konsequenzen für zukünftige Sanierungen nach Wegfall der Flächenimpfung
a) Flächenkeulung
Eine Flächenkeulung kann nur in Gebieten mit einer geringen Schweine- und Betriebsdichte als sinnvoll angesehen werden, wobei der Radius für eine Totalausmerzung noch zu bestimmen ist.
b) Merzung der infizierten Betriebe in Kombination mit einer Ringimpfung und serologischer Kontrolle
Eine Merzung infizierter Herden in Kombination mit einer Ringimpfung erscheint sinnvoll in Regionen mit
einer hohen Schweine- und Betriebsdichte. Da in diesen Untersuchungen ein Nachbarschaftsfaktor bis zu einer Entfernung von ca. 2,5 km nachweisbar war, sollten mit einer Ringimpfung sämtliche Betriebe in einem Umkreis von 5 bis 7,5 km vor einer Übertragung des AKV geschützt werden, wobei der Impfmodus noch zu diskutieren ist. Serologische Untersuchungen sollten zunächst in einem Umkreis von 500 m um den Seuchenherd durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine Übertragung auf Nachbarbetriebe stattgefunden hat.
Die Impfmaßnahmen sollten bis zu dem Zeitpunkt beibehalten werden, an dem alle betroffenen Herden, die durch eine Ringimpfung geschützt wurden, nachweislich AK-frei sind. Treten in den geimpften Herden Reagenten auf, so sind diese unverzüglich zu merzen.
Bei Seuchenfreiheit wird eine serologische Kontrolle der Zuchtbetriebe (Vermehrungsbetriebe) in 2-monatigen Abständen empfohlen, um die Möglichkeit der Verschleppung einer AKV-Infektion in Ferkelerzeugerbetriebe zu verhindern. Ferkelerzeuger sollten in 6-monatigen Abständen untersucht werden, um die Möglichkeit der Infektion nachgeschalteter Mastbetriebe weitestgehend zu verhindern. Für Kombibetriebe wäre bei Seuchenfreiheit eine einmalige serologische Untersuchung pro Jahr ausreichend, wenn sämtliche Ferkel selbst gemästet werden, da von diesen Betrieben keine nachgeschalteten Betrie-be, an die Tiere geliefert werden, gefährdet werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Projektes GIS-gestützte Analyse raum-zeitlicher Ausbreitungsmuster der Aujeszkyschen Krankheit wurden im Verlaufe der Projekt-Laufzeit auf einigen Tagungen, die die Tierseuchenausbreitungen und deren Bekämpfung thematisierten, vorgestellt. Auf der Internationalen Fachtagung der Fachgruppe Epidemiologie und Dokumentation der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesell-schaft in Tänikon/Schweiz vom 01. bis 03. September 1999 wurden die methodischen Ansätze und die Ergebnisse ebenso präsentiert wie auf der Internationalen Fachtagung Schweinekrankheiten an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover am 02. und 03. März 2000.
Im November 1999 wurde das Projekt der Öffentlichkeit im Rahmen des Fachkolloquium an der Außen-stelle für Epidemiologie in Bakum und der Vortragsreihe Forum GIS der Hochschule Vechta vorgestellt.
Die Posteraustellungen auf der Internationalen Fachmesse Eurotier, sowie anläßlich eines Festaktes zur Eröffnung eines neuen Geeoinformatik-Labors an der Hochschule Vechta wurden ebenfalls als Fo-rum zur Veröffentlichung der Ergebnisse genutzt.
Ein Beitrag in der Zeitschrift für Vermessungswesen vom August 1999 beleuchtete die Einsatz-Möglichkeiten von Geoinformationssystemen in der Veterinärepidemiologie. Geplant ist eine weitere Veröffentlichung in einer veterinärmedizinisch ausgerichteten Zeitschrift.
Zukünftig wird eine weitergehende Kooperation des ISPA mit dem Institut für Biometrie der TiHo Hannover angestrebt. Ziel ist es, weitere Erkenntnisse über die Epidemiologie des AKV mittels weitergehender Methoden der Geostatistik zu gewinnen.

Übersicht

Fördersumme

101.235,79 €

Förderzeitraum

15.04.1998 - 08.02.2001

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik