Projekt 11472/01

Anwendung des Lasergerätes bei der Beseitigung von Umweltschäden an national wertvollen historischen Glasmalereien unter Einbeziehung mittelständischer Unternehmen (Modellvorhaben)

Projektträger

Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC)
Bronnbach 28
97877 Wertheim
Telefon: 09342/9221-703

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die fortschreitende Schädigung historischer Glasmalereien durch korrosive Umwelteinflüsse erfordert optimale Restaurierungsmaßnahmen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Reinigung der Oberflächen zu. Auf Glasgemälden sind häufig Beläge vorhanden, die mit den derzeit zur Verfügung stehenden restauratorischen Möglichkeiten weder auf chemischem noch auf mechanischem Wege entfernt werden können. Probleme bereiten vor allem feste Wettersteinkrusten, organische, durch Alterung schwer löslich gewordene Polymere sowie Biofilme, die durch das Wachstum von Mikroorganismen entstanden sind. Reinigung mittels Laser - eine Technik, die bereits für andere Kulturgüter eingesetzt wird - bietet neue Perspektiven und sollte in diesem Vorhaben zur Reinigung historischer Glasmalereien erprobt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Laboruntersuchungen wurden an Modellglasproben durchgeführt, an denen Reinigungsprobleme historischer Glasfenster simuliert wurden (feste Wettersteinkrusten, organische Überzüge, biogene Filme). Dabei war es von besonderer Bedeutung, zunächst vereinfachte Systeme zu untersuchen (Beispiel: Kruste auf Glas) bevor komplexere Bedingungen (Beispiel: Kruste und Biofilm auf Glas) einbezogen werden konnten. Die Modellgläser wurden vor und nach der Laserbehandlung charakterisiert, um die Parameter für eine effektive und vor allem schonende Reinigung zu optimieren und mögliche Langzeitfolgen auszuschließen. Zu Projektende wurden Probereinigungen an Originalgläsern vorwiegend aus Köln und Erfurt durchgeführt. An der Fachhochschule Münster wurde dazu eine Laserpilotanlage aufgebaut. Die Arbeiten zum Abtrag von Biofilmen wurden an der Universität Erlangen ausgeführt. Für die Herstellung der Modellproben und die Bewertung des Abtrags von Krusten und Konservierungsmaterialien war das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung, Außenstelle Bronnbach, verantwortlich. Das interdisziplinäre Team wurde ergänzt durch die Mitarbeit von Kunsthistorikern und Restauratoren aus Köln und Erfurt. Die Ergebnisse des Projektes wurden von dem Team aus Naturwissenschaftlern und Restauratoren kontinuierlich diskutiert und der Öffentlichkeit im Rahmen zweier Workshops vorgestellt.


Ergebnisse und Diskussion

Aus der Palette der verfügbaren Laser entschied man sich für einen Excimer-Laser, der Kurzpuls UV-Strahlung bei einer Wellenlänge von 248 nm und einer Pulsdauer von 100 ns emittiert. Dieser Lasertyp bot den günstigsten Kompromiss, um die gewünschten Beläge abzutragen ohne nennenswerte thermische Belastung des Grundmaterials, was bei korrodierten Gläsern besonders wichtig ist.
Als zusätzliche Komponente wurde ein Lichtmikroskop an die Laseranlage gekoppelt, das es dem Bearbeiter erlaubt, den Reinigungsprozess zu kontrollieren. Daneben wurden weitere Analysenmethoden er-probt, die eine Prozesskontrolle unterstützen können.
Der Bearbeiter kann die Laseranlage durch die Vorgabe von drei Parametern steuern: mit der Energiedichte (angegeben in J/cm²), der Frequenz (in Hz) und der Pulszahl. Das Zusammenwirken dieser Faktoren ist auch vom Absorptionsvermögen und dem Schichtaufbau des Substrates abhängig. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, zunächst für verschiedene Materialien Schwellenwerte zu ermitteln, die sich an der Energiedichte orientieren. Steigert man die Energiedichte bei sonst konstanten Parametern, so ergeben sich ab einem bestimmten Wert erste Veränderungen (Verfärbungen, Mikrorisse etc.). Dieser Energiewert wird als Wirkungsschwelle bezeichnet und darf bei denjenigen Materialien, die bei der Reinigung ungeschädigt erhalten bleiben müssen (Glas, Gelschicht, Malschicht), auf keinen Fall erreicht werden. Wird die Energiedichte weiter gesteigert, so wird das Material durch den Laser abgetragen. Diese Abtragsschwelle stellt für Krusten, Beschichtungen und Biofilme eine wichtige Kenngröße dar.
Will man Wettersteinschichten mit Laser abtragen, muss man nicht nur die Abtragsschwelle der Kruste kennen, sondern auch die Wirkungsschwelle des darrunterliegenden Glases. Eine besondere Schwierigkeit liegt darin, dass nicht nur die chemische Zusammensetzung der Gläser, sondern auch deren Farbe entscheidend ist, da durch sie die Wechselwirkung mit der Laserstrahlung bestimmt wird. Da die Wirkungsschwellen von Gläsern und die Abtragsschwellen von Krusten etwa in dem gleichen Bereich liegen (0,25 J/cm² bis 2,0 J/cm²), muss der Abtragsprozess genau gesteuert werden. Dies kann über die Pulszahl erfolgen, wobei der Vorgang im Lichtmikroskop verfolgt wird.
Beim Abtrag von Beschichtungen liegen die Verhältnisse etwas günstiger. Für die auf Modellproben untersuchten Polymere wurden Abtragsschwellen von meist 0,25 bis 0,5 J/cm² ermittelt. Diese Werte liegen vorwiegend unterhalb der maximalen Verträglichkeit von korrodierten Gläsern.
Bei der Laserbehandlung bemalter Gläser zeigte sich, dass die schwarze Malfarbe stark absorbiert, was eine Reinigung bemalter Flächen erschwert.
Um den Abtrag von Biofilmen untersuchen zu können, war zunächst eine Reihe von Grundlagenuntersuchungen notwendig. Hierbei wurde die Herstellung von Modellproben durch neueste Analysetechniken (confokale Laser-Scanning-Mikroskopie bzw. molekularbiologische Untersuchungen) überprüft. Zu unterscheiden sind dreidimensional aufwachsende Biofilme (Biomatten) und dünne, zweidimensional aufwachsende. Die simulierten Biofilme entsprachen hinsichtlich der Vielfalt der Mikrobenpopulation annä-hernd den Originalen. Auf den Modellproben waren zweidimensionale Biofilme auf beständigen Gläsern am einfachsten abzutragen (bei 0,5 bis 1,0 J/cm²), für dreidimensionale Biofilme auf unbeständigen Gläsern sind hingegen Energiedichten über 1,5 J/cm² erforderlich.
Die Abtrags- und Wirkungsschwellen, die an Modellproben ermittelt wurden, dienten als Richtwerte bei der Behandlung von 7 originalen Glassegmenten, die von Restauratoren ausgewählt wurden. Bei Kunstharzbeschichtungen, die bei Modellproben einfach zu entfernen waren, traten bei Originalen Probleme auf, verursacht durch Schmutzpartikel auf der Oberfläche. Als positives Beispiel ist das Ergebnis beim Abtrag von Krusteninseln zu werten, die mit Laser von Gläsern des Erfurter Domes entfernt werden konnten, was mit herkömmlichen Methoden nicht möglich ist.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Innerhalb dieses Projektes wurden zwei Veranstaltungen organisiert (in Bronnbach 1999 und in Münster 2000), zu denen sich jeweils etwa 80 Gäste angemeldet haben.
Für öffentliche Fachvorträge wurden Veranstaltungen genutzt, die speziell Laserfachleute ansprechen (Laserforum, Lacona) sowie andere, die sich an Restauratoren wenden. Bisher sind 12 Publikationen erschienen. Der Abschlussbericht ist über den IRB-Verlag (ISBN 3-8167-5614-X) zu beziehen.


Fazit

Bei der Auswahl einer Reinigungsmethode für ein bestimmtes Kunstobjekt spielen immer viele Faktoren eine Rolle: Effektivität, Zeit, Kosten, Handhabung, eventuelles Schadenspotential und mögliche Langzeitfolgen. Auch bei der Reinigung von Glasmalereien mit Lasertechnik sind diese Aspekte von großer Bedeutung. Obwohl viele Punkte hier positiv bewertet werden, bleibt die Erforschung von Möglichkeiten und Grenzen der Lasertechnik in der Glasmalereirestaurierung weiterhin eine Herausforderung.

Übersicht

Fördersumme

963.840,42 €

Förderzeitraum

23.05.1997 - 23.07.2001

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik